Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch wieder ein Urteil mit einem anderen Thema bekannt. Dieses Mal ist es ein Urteil zu den Kosten einer Reparaturbestätigung durch den Sachverständigen. Es war die R+V-Versicherung, die der Klägerin meinte, mit der Beauftragung des Sachverständigen zur Erstellung der Reparaturbestätigung einen Verstoß gegen die Schadensgeringhaltungspflicht entgegenhalten zu können. Wozu alles die Schadensgeringhaltungspflicht gemäß § 254 II BGB herhalten soll? Wenn der Geschädigte in Eigenregie repariert, wozu er berechtigt ist, dann kann er die sach- und fachgerechte durchgeführte Reparatur nur durch die Reparaturbestätigung eines Sachverständigen, am besten des Sachverständigen, der auch das Schadensgutachten gefertigt hat, belegen. Insoweit handelt es sich bei den Kosten der Reparaturbestätigung um notwendige Wiederherstellungskosten im Sinne des § 249 II BGB. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch die Kanzlei Andreas Gursch aus Böblingen. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
4 C 712/13
Amtsgericht
Stuttgart-Bad Cannstatt
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
R+V Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand Dr. Norbert Rollinger, Mittlerer Pfad 24, 70499 Stuttgart
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt
durch die Richterin am Amtsgericht …
am 29.05.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von dem Gebührenanspruch des Ingenieurbüros … für die Reparaturbestätigung vom 12.12.2012 in Höhe von 35,00 € freizustellen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 35,00 € festgesetzt.
Auf einen Tatbestand wird gemäß § 495 a ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte zu 100 % für die beim Verkehrsunfall am 18.11.2012 bei der Klägerin eingetretenen Schäden haftet.
Die Klägerin hat ihr beschädigtes Fahrzeug in Eigenregie repariert und sich sodann vom Sachverständigen die Reparatur bestätigen lassen.
Der Klägerin steht gemäß § 249 BGB ein Anspruch auf Freistellung von den noch offenen Sachverständigenkosten auch insoweit zu, als es sich um eine Forderung des Sachverständigen für die Erstellung einer Reparaturbestätigung handelt.
Grundsätzlich sind im Wege des Schadensersatzes sämtliche Vermögensnachteile zu ersetzen, die durch das schädigende Ereignis entstanden sind. Dazu gehören auch Kosten eines Sachverständigen, soweit diese erforderlich und zweckmäßig waren.
Der Geschädigte kann jedoch nur das ersetzt verlangen, was aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheint. Dabei ist die spezielle Situation des Geschädigten zu berücksichtigen.
Danach sind auch die Folgeschäden zu ersetzen, die aufgrund eines adäquaten Ursachenzusammenhangs aufgrund des schädigenden Ereignisses eingetreten sind. Hierzu gehören auch die Kosten einer Reparaturbestätigung, wenn die Reparatur des Fahrzeugs in Eigenregie durchgeführt wurde.
Der Geschädigte kann immer wieder in die Lage kommen, dass er die Durchführung der Reparatur nachweisen muss, sei es bei einem Weiterverkauf des Fahrzeugs oder auch bei einem neuen Schadensereignis. In diesem Fall kann er die Durchführung der Reparatur nicht durch die Vorlage einer Rechnung einer Fachwerkstätte nachweisen. Es entspricht durchaus dem wirtschaftlichen und verständigen Denken des Geschädigten, sich für diese Fälle eine Reparaturbestätigung durch einen Sachverständigen ausstellen zu lassen.
Die Klägerin hat insoweit auch nicht gegen ihre Schadensminderungspflichten aus § 254 BGB verstoßen.
Zwar war die Vorlage einer Reparaturbestätigung für die Geltendmachung eines Nutzungsausfallschadens vorliegend nicht erforderlich, da die Beklagte zu keinem Zeitpunkt das Entstehen eines Nutzungsausfalls bestritten hatte, die Klägerin benötigt die Reparaturbestätigung aber auch, um für die Zukunft eine einfache Nachweismöglichkeit der Durchführung der Reparatur zu haben.
Hierfür stand ihr im vorliegenden Rechtsstreit auch keine einfachere oder billigere Möglichkeiten zur Verfügung. Das Fahrzeug war am Unterboden beschädigt, sodass es nicht ohne Weiteres möglich war, die Durchführung der Reparatur mittels selbst gemachter Fotos nachzuweisen. Das Fahrzeug musste dazu auf den Prüfstand. Diese Arbeiten hat der Sachverständige durchgeführt. Der hierfür geltend gemachte Aufwand mit 35,00 € wäre auch bei einer Werkstatt bzw. bei der Beklagten angefallen.
Da nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung die fiktive Abrechnung des Schadens akzeptiert wird, muss der Geschädigte auch bei einer in Eigenregie durchgeführten Reparatur im Ergebnis gleichgestellt werden, wie wenn er die Reparatur bei einer Fachwerkstätte hat durchführen lassen. Auch ihm muss der einfache Nachweis der Durchführung der Reparatur möglich sein.
Nach alle dem war der Klage statt zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, danach waren der unterliegenden Partei die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 713 ZPO.
Urteilsliste “Reparaturbestätigung” zum Download >>>>>
Siehe auch: CH-Beitrag vom 08.01.2014
Ein Urteil,das zu einer Bewußtseinserweiterung führen sollte, es sei denn, man weiß schon alles.
Peter C.
@ Willi Wacker
„Schadensgeringhaltungspflicht gemäß § 254 II BGB“. Was ist das denn?
Um Aufklärung wird gebeten.
Grüße aus dem Wilden Süden
Gottlob Häberle
Hallo Gottlob Häberle,
Schadensgeringhaltungspflicht ist genau das gleiche wie Schadensminderungspflicht. Der Begriff der Schadensgeringhaltung erscheint aber logischer, da ein einmal eingetretener Schaden nicht mehr gemindert werden kann.
Hat gemäß § 254 I BGB bei der Entstehung eines Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden von der einen oder von der anderen Seite verursacht worden ist.
Das gilt gemäß § 254 Abs. 2 BGB auch dann, wenn sich das Verschulden der Geschädigten darauf beschränkt, dass er er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines besonders hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu MINDERN.
Da man aber einen einmal eigetretenen Schaden nicht mindern kann, ist der Begriff der „Schadensminderungspflicht“ eigentlich irreführend. Besser sollte daher der Begriff „Schadensgeringhaltungspflicht“ gebraucht werden.
Gemäß § 254 II BB ist grundsätzlich der Geschädigte verpflichtet, wenn es für ihn zumutbar ist, Schadensausweitungen abzuwenden. Das Gleiche gilt, einen einmal eingetretenen Schaden so gering wie es dem Geschädigten zumutbar ist zu halten. Dies gilt aber nur, wenn der Geschädigte die Schadenausweitung bzw. -geringhaltung beeinflussen kann. Kann er nicht mehr eingreifen und nimmt der Schaden immer größere Formen an, so kann grundsätzlich dem Geschädigten auch keine verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht vorgeworfen werden.
Diese Schadensgeriinghaltungspflicht wird natürlich von den eintrittspflichtigen Versicherern als Hebel benutzt, um sich der vollen Schadensersatzleistung zu entledigen. Der Geschädigte trägt doch eine Mitschuld. Das oder Ähnliches ist doch in jüngster Zeit immer wieder zu hören. Das gilt aber nur dann, wenn es der Geschädigte unterlassen hat, den Schädiger auf Schadensausweitungen oder besonders hohe Schäden hinzuweisen. Hat er z.B. den Schädiger darauf hingewiesen, dass er finanziell nicht in der Lage isrt, den beschädigten Wagen zu reparieren und deshalb auf den Geldbetrag i.S.d. § 249 II BGB angwiesen ist, die Versicherung jedoch nicht zahlt, kann sie keine verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht mehr geltend machen, denn sie ist auf die Schadensausweitung durch höhere Nutzungsausfallentschädigung oder längere Mietzeiten hingewiesen worde. So hat z.B. das LG Hamburg mit Urteil vom 30.3.2012 – 302 O 265/11 – eine Nutzungsausfallentschädigung für 472 Tage (!!!) zugesprochen.
Ich hoffe, ich habe nun genügend Aufklärungsarbeit geleistet.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Hallo Willi Wacker,
vielen Dank für Deine Aufklärungsarbeit.
Ich kann die Begriffen „Schadensminderungspflicht“ oder „Schadensgeringhaltungspflicht“ allerdings im Gesetzestext leider nicht finden.
Ungeachtet dessen lautet der § 254 „Mitverschulden“ wie von Dir zitiert: „Hat gemäß § 254 I BGB bei der Entstehung eines Schadens….“.
Das „…bei der Entstehung…“ ist maßgeblich, alles andere ist m. E. reine Interpretation. Wenn gleich auch von vielen Gerichten m. E. völlig überbewertet und falsch interpretiert.
Der §254 lautet auch nicht Mitwirkung oder Mithilfe oder Mitarbeit oder Beihilfe oder sonstigen Blödsinn.
Nur mal – zugegebener Maßen ein wenig provokant – zum nachdenken in den Raum gestellt.
Grüße aus dem Wilden Süden
Gottlob Häberle
Hallo Gottlob Häberle,
im Gesetz, d.h. in § 254 BGB steht das Wort „Schadensminderungspflicht“ nicht ausdrücklich. Aber wie ich bereits in meinem kommentar um 15.59 h ausgeführt hatte, steht darin, dass sich der Ersatz des Schadens an den Verursachungsquoten orientiert, wenn der Geschädigte es unterlassen hat, den Schaden zu MINDERN. Hier ist das Wort „Schadenminderung“ angegeben. Insoweit ist doch in § 254 „Schadensminderungspflicht“ aufgeführt.
Nur ist dabei nicht bedacht, dass ein einmal entstandener Schaden nicht gemindert werden kann. Einen einmal eingetretenen Schaden kann man nicht rückwärts abspüulen lassen, dass er kleiner wird. Deshalb ist der Begriff „Schadensminderung“ m.E. irreführend. Besser ist daher der Begriff „Schadensgeringhaltung“. Dahinter steckt, dass ein eingetretener Schaden nicht bewußt und künstlich ausgedeht und erweitert werden soll, wenn man es verhindern kann. Wenn das allerdings nicht möglich und zumutbar ist, muss der Schädiger eben auch den größeren, ausgedehnten Schaden ausgleichen. Wer nicht rechtzeitig den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag zur Verfügung stellt, muss eben damit rechnen, dass sicuh die Mietzeit des Ersatzfahrzeuges vergrößert. Wer nicht rechtzeitig den erforderlichen Geldbetrag leistet, der muss damit rechnen, dass höhere unfallbedingte Kreditkosten und -zinsen anfallen, usw.
Die Überschrift ist nur redaktionell erfolgt. In § 254 BGB sind die Folgen eines Mitverschuldens bzw. einer Mitverursachung des Schadens geregelt.
Den Inhalt in § 254 BGB würde ich allerdings nicht als Blödsinn ansehen. Es ist schon ein wichtiger Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch.
Mit freundlichen Grüßen in den Wilden Süden
Willi Wacker
Hallo Willi Wacker,
„Den Inhalt in § 254 BGB würde ich allerdings nicht als Blödsinn ansehen“.
Das hat auch niemand getan. Die Interpretationen hierzu sind häufig Blödsinn.
Grüße aus dem Wilden Süden
Gottlob Häberle
@ Gottlob Häberle “Schadensgeringhaltungspflicht gemäß § 254 II BGB”. Was ist das denn?
Was das ist, im Schadenersatzprozess nach einem Verkehrsunfall einfach nur Schwachsinn. Oder was zum nachplappern ohne selbst zu denken.
Niemand kann seinen Schaden am PKW nach einem Unfall mindern! Was er kann, ist Ansprüche geltend machen, die entweder aus den Schaden resultieren oder möglicherweise gar nichts mit dem Schadensereignis zu tun haben, sprich nach § 249 BGB zu ersetzen oder abzuweisen sind. Die Sachverständigenkosten zum Nachweis der Reparatur sind Folgekosten des Unfalls. Nicht mehr aber auch nicht weniger.
@ Willi Wacker
„Deshalb ist der Begriff “Schadensminderung” m.E. irreführend. Besser ist daher der Begriff “Schadensgeringhaltung”. Dahinter steckt, dass ein eingetretener Schaden nicht bewußt und künstlich ausgedeht und erweitert werden soll, wenn man es verhindern kann. “
Schadenvergrößerungsverbot, Schadenausweitungsverbot fände ich persönlich trefflicher.
Schadensminderungspflicht ist aber für die Versicherungswirtschaft viel lukrativer, weil dieser Begriff dem man beim Geschädigten mit erhobenen Finger anführt, oft einen Verzicht zahlreicher Rechtsansprüche auslöst. (Mietwagen, Nutzungsausfall, RA, SV Wertminderung u. dergleichen.)
Die Vergangenheit hat uns gelehrt, wer solche Begrifflichkeiten in die Gesetze kreiert hat. Na wer wohl?
@ virus
Anders allerdings § 254 II BGB:
@ Hirnbeiss „Schadenvergrößerungsverbot, Schadenausweitungsverbot fände ich persönlich trefflicher.“
Der/ein Schädiger ist in der Pflicht nach § 249 BGB den entstandenen Schaden zu ersetzten. Er hat mir dabei nicht vorzuschreiben, wie ich mit meinen Sach- bzw. Geldwerten umzugehen habe.
Wenn es verboten sein soll, den Anspruch des Geschädigten nach dem Schadensereignis zu vergrößern bzw. auszuweiten, dann trifft dieses Verbot allein den Schädiger bzw. dessen Versicherer!
Um – aus meiner Sicht unpassenden – Beispiel von W.W zu bleiben: „Der Geschädigte trägt doch eine Mitschuld. Das oder Ähnliches ist doch in jüngster Zeit immer wieder zu hören. Das gilt aber nur dann, wenn es der Geschädigte unterlassen hat, den Schädiger auf Schadensausweitungen oder besonders hohe Schäden hinzuweisen. Hat er z.B. den Schädiger darauf hingewiesen, dass er finanziell nicht in der Lage ist, den beschädigten Wagen zu reparieren und deshalb auf den Geldbetrag i.S.d. § 249 II BGB angwiesen ist, die Versicherung jedoch nicht zahlt, kann sie keine Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht mehr geltend machen, denn sie ist auf die Schadensausweitung durch höhere Nutzungsausfallentschädigung oder längere Mietzeiten hingewiesen wurde.
Wieso muss ich dem Schädiger mitteilen, dass ich nicht genug Geld auf der Kasse habe, um den von mir nicht verursachten Schaden vorzufinanzieren. Selbst wenn ich den Schaden vorfinanzieren könnte, warum sollte ich das tun müssen? Und, warum ich das nicht tue bzw. nicht tun will, dass geht den Schädiger doch nichts an. Verzögert der Schädiger/H-Versicherer die Schadensersatzzahlungen zu Unrecht, dann weitet allein er den Schaden des Anspruchstellers aus. Dessen zusätzlichen Anspruch hat dann die Versichertengemeinschaft des jeweiligen Versicherers zu tragen. Der Schädiger/Versicherer ist somit seiner Schadensminderungspflicht, wenn man es so bezeichnen will, nicht nachgekommen.
Ich freue mich, dass dieses Urteil – trotz Urlaubszeit im ganzen Bundesgebiet – zu reger Kommentierung geführt hat. Allerdings muss ich Virus erwidern, dass er offensichtlich immer noch nicht verstanden hat, was Schadensersatz und Geringhaltung des Schadens bedeutet.
Sicherlich kann ein am Fahrzeug eingetretener Schaden nicht gemindert werden. Darauf hatte ich auch schon hingewiesen. Allerdings kann der Schaden am Fahrzeug sich ausweiten, nämlich dann, wenn ich das Fahrzeug mit Inhalt, dessen Fenster unfallbedingt zerborsten sind, im Regen stehen lasse, so dass die im Fahrzeug befindlichen Gegenstände auch noch beschädigt werden. Das soll jetzt nur ein Beispiel sein, wie der Geschädigte verpflichtet sein kann, den Schaden gering zu halten, wenn er es beeinflussen kann und es ihm zumutbar ist. Wenn er nach demm Unfall ins Krankenhaus gebracht wurde, dann kann er das natürlich nicht.
Die Argumentation von Hirnbeiss finde ich auch gut. Schadensausweitungsverbot oder -vergrößerungsverbot sind gute Begriffe für das, was unter Umständen der Geschädigte nach dem unverschuldeten Unfall nicht darf. Das ergibt sich aus § 254 BGB.
Einfach fordern, so gehtt es allerdings nicht, denn der Schädsiger und der Geschädigte stehen in einem gesetzlichen Schuldverhältnis. In einem solchen hat jeder Rechte und Pflichten. Sicherlich hat der Geschädigte das Recht Schadensersatz für die Beschädigung des Unfallfahrzeuges zu fordern. Allerdings hat er auch die Verpflichtung, wenn er am Zustandekommen des Unfalls eine Mitschuld trägt, dass er auch einen Teil der Sachverständigenkosten trägt. Das hat eindeutig der BGH entschieden, und zwar in zwei Verfahren (vgl. BGH VersR 2012, 201 u.a.) .
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die Sachverständigenkosten, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche erforderlich und zweckmäßig ist, erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 II BGB sind (vgl. BGH VersR 2007, 560). Die Sachverständigenkosten können allerdings auch zu dem unmittelbar mit dem Schaden verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen gehören, wenn eine vorherige Begutachtung erforderlich und zweckmäßig ist. (vgl. BGH DS 2007, 144).
Die Sachverständigenkosten sind daher eine unmittelbar mit dem Schaden verbundene Schadensposition oder notwendiger (Wieder-)Herstellungsaufwand. Gleiches gilt für die Kosten der sachverständigen Reparaturbestätigung nach einer Reparatur in Eigenleistung.
Schadensfolgekosten unterliegen übrigens unstreitig der Schadensgeringhaltung, denn sie haben mit dem einmal eingetretenen Unfallschaden am Fahrzeug nichts direkt zu tun. Dem Geschädigten ist es bei diesen Schadenspositionen verboten, den Schaden auszuweiten, wenn man es beeinflussen kann.
@ Willi Wacker,
„Schadensfolgekosten unterliegen übrigens unstreitig der Schadensgeringhaltung“
Wo stehen die Begriffe „Schadengeringhaltung“, „Schadensminderungspflicht“ usw. in § 254 Mitverschulden? Ich habs immer noch nicht gefunden.
Ich lese im Wesentlichen: „Hat …. bei der Entstehung eines Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt….“.
Nochmals zur Verdeutlichung: „…bei der Entstehung…
Insofern würde ich Virus in dessen Argumetation schon beipflichten, denn alles Andere – nach der Entstehung des Schadens – kann nicht mitverschuldet werden, sondern ist vielmehr als erforderlich zu betrachten.
Klingelingelingts???
Grüße aus dem Wilden Süden
Gottlob Häberle
Hallo Gottlob Häberle,
noch einmal. In § 254 BGB steht das Mitverursachen eines Schaden (Abs. 1 des § 254 BGB). Gleichzeitig steht auch in Abs. 2 des § 254 BGB , dass der das gleiche gilt wie bei der Mitverursachung des Schadens, wenn der Geschädigte es unterlassen hat den Schaden abzuwenden oder zu mindern (§ 254 II BGB). Hier ist ausdrücklich das Wort „MINDERN“ angegeben. Da man aber einen Schaden nicht mindern kann, bedeutet dies einen Schaden „gering halten“.
Diese Schadensgeringhaltung oder von mir aus Schadensminderung liegt immer dann vor, wenn der Geschädigte es in der Hand hat, ob sich ein einmal eingetretener, vom Schädiger zu vetretender Schaden auweitet oder nicht. Im Rahmen des ihm Zumutbaren ist es dem Geschädigten auferlegt, die Schadensausweitung nicht eintreten zu lassen.
Beispiel sind die Mietwagenkosten nach einem Unfall. Der Unfallschaden an dem Fahrzeug ist eingetreten und kann auch nicht mehr gemindert werden. Diesen Schaden stellt ein qualifizierter Gutachter fest. Damit sind aber nicht sämtliche Schäden festgelegt. Wenn an dem Unfallfahrzeug die Scheiben zerstört sind und in dem Fahrzeug noch Gegenstände sich befinden, hat der Geschädigte, wenn er dazu in der Lage ist, die Gegenstände vor weiterer Beschädigung zu bewahren. Er darf nicht, wie Virus irrig meint, die Hände in den Schoß legen. Auch muss er bei der Anmietung des Ersatzfahrzeugs darauf achten, dass ein der Rechtsprechung entsprechender Tarif gewählt wird. Ansonsten hat er, wie hier oftmals bei den Mietwagenurteilen angegeben, die Mehrkostzen selbst zu tragen. Da muss er gegebenenfalls auch seine Kreditkarte einsetzen. Da kommt es sehr wohl auch auf die finanzielle Seite des Geschädigten an. Es würde aber zu weit führen, alle Punkte der Mitwirkung des Geschädigten hier aufzuführen.
Selbst bei den Sachverständigenkosten wirkt sich ein Mitverschulden des Geschädigten, der dann eigentlich teilweise gar kein Geschädigter mehr ist, aus. Trifft den Geschädigten ein Mitverursachungsanteil am Unfall, so kann er auch nur der Quote entsprechend die Sachverständigenkosten beanspruchen (vgl. BGH VI ZR 133/11 – ). Schadensfolgekosten sind z.B. die Mietwagenkosten. Bei der Anmietung habe ich u.U. meine Kreditkarte einzusetzen. Ich habe u.U. eine vorfinanzierung vorzunehmen. Alles das sind pflichten, die der Geschädigte hat. Da nutzt es nichts, dem Schädiger gegenüber zu erklären, dass ihn die finanziellen Mittel nichts angehen. Das Gegenteil ist sehr wohl richtig. Der Geschädigte muss die Mietwagenkosten mindern, wenn er dazu in der Lage ist.
Auch bei den Sachverständigenkosten muss der Geschädigte den Schaden mindern. Er darf z.B. nicht in Hamburg wohnend bei einem normalen Unfallschaden in Hamburg einen besonders qualifizierten Sachverständigen aus München beauftragen. Auch das ist Schadensgeringhaltungspflicht.
Mit freundlichen Grüßen in den Wilden Süden
Willi Wacker
@ Herrn Häberle
Hier ein alter Juristentrick: einfach mal einen Absatz weiter lesen 😉
@Willi Wacker
„Auch bei den Sachverständigenkosten muss der Geschädigte den Schaden mindern. Er darf z.B. nicht in Hamburg wohnend bei einem normalen Unfallschaden in Hamburg einen besonders qualifizierten Sachverständigen aus München beauftragen. Auch das ist Schadensgeringhaltungspflicht.“
Da muss ich aber entschieden widersprechen. Natürlich kann der Geschäigte einen Sachverständigen seines Vertrauens beauftragen. Egal wo auch immer. Demzufolge auch bei einem Schaden in Hamburg einen Sachverständigen aus München. Er kann nur nicht die Mehrkosten als Schadensersatz geltend machen, die durch die räumliche Trennung entstehen.
Hallo Karle,
da der Geschädigte doch nach einem Unfall gar nichts zahlen möchte, ging ich davon aus, dass er auch nicht die Mehrkosten tragen will.
Ansonsten bin ich bei Dir.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
@ RA Schepers
„Hier ein alter Juristentrick: einfach mal einen Absatz weiter lesen“
Ich kann die Absätze weiter lesen so weit ich will, ich finde in den Absätzen keine Begrifflichkeiten wie „Schadensminderungspflicht“, „Schadensgeringhaltungspflicht“.
„Der Schaden muß nicht in einem Augenblick entstehen, die Entstehung des Schadens kann sich auch über einen längeren Zeitraum hinziehen…“ – Wo steht das denn nun schon wieder?
Vielleicht können Sie Ihren alten Juristentrick präzisieren und mitteilen, wo Sie das alles lesen was Sie da so schreiben. Hierfür vorab vielen Dank.
Bis dahin bleibe ich dabei. Das ist alles Interpretationssache. Und Interpretation lässt Freiraum für Argumentation.
Vielleicht haben sich hier die Juristen, die die alten Juristentrick nicht kennen, von der Versicherungswirtschaft über Jahrzehnte hinweg auf eine falsche Fährte locken lassen…?
Grüße aus dem Wilden Süden
Gottlob Häberle
@ Herr Häberle
Das mit dem „mindern“ steht im § 254 II BGB, ich hatte es 2x zitiert. Vielleicht sollten Sie sich mal eine aktuellere Ausgabe des BGB zulegen. Wenn ich es richtig überblicke, müßte eine Fassung ab 1896 oder später ausreichen 😉
Daß der Schaden nicht in einem Augenblick entstehen muß, steht so nicht ausdrücklich im Gesetz, sondern ergibt sich aus dem Sinn der gesetzlichen Regelung. § 249 I BGB:
Es gibt
1. den zum Ersatz verpflichtenden Umstand und
2. die daraus resultierende Veränderung des Zustandes.
Wenn der Zutand wiederherzustellen ist, der ohne den zum Ersatz verpflichtenden bestehen würde, ist alles abzuändern, was durch den zum Ersatz verpflichtenden Umstand an Änderungen eingetreten ist, und nicht nur das, was sofort eingetreten ist.
2 Beispiele:
Unfallopfer erleidet eine kleine Fleischwunde, einen Kratzer oder ähnliches. Mit der Zeit entzündet sich die Wunde. Die Entzündung ist Unfallfolge, muß vom Schädiger ebenfalls ersetzt werden, obwohl die Wunde beim Unfall noch nicht entzündet war.
Durch den Unfall wird der Tank beschädigt. Krafstoff läuft aus, gelangt ins Erdreich und versickert. Das Erdreich muß abgetragen werden. Die Kosten trägt der Schädiger, obwohl beim Unfall selber das Erdreich noch nicht mit Kraftstoff durchtränkt war.
Übrigens, im Gesetz steht auch nicht ausdrücklich drin, daß Schaden nur das ist, was zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses sofort vorliegt.
§ 254 Mitverschulden →
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Stochern wir nicht im Nebel, bleiben wir bei diesem Urteil. Dass in der Regel nach einer Eigenreparatur dem jeweiligen Versicherer diese nachgewiesen werden muss, das ist doch unbestritten. Daher bedarf es somit zur Prüfung des geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht des § 254 BGB Satz 2. Auch sollte der Versicherer immer damit rechnen, dass der/ein Anspruchsteller – möglicherweise aus Erfahrung – entsprechend vorsorglich handeln wird.
Dazu noch ein Hinweis. Wird ein Fahrzeugschaden fiktiv abgerechnet, lässt der Versicherer das Fahrzeug incl. des Schadenumfanges in die, meines Erachtens rechtswidrige HIS-Datei registrieren,
„weil möglicherweise ein späterer Fahrzeugbesitzer diesen Schaden ein 2. Mal geltend machen könnte“.
Daher ist praktisch jeder Fiktivabrechner sehr gut beraten, die durchgeführte Eigenreparatur zumindest fotografisch, besser wie hier mittels Fachmann, zu dokumentieren.
Urteile zum § 254 BGB können hier nachgelesen werden: http://openjur.de/g/bgb/254.html
@ virus
„Stochern wir nicht im Nebel, bleiben wir bei diesem Urteil. Dass in der Regel nach einer Eigenreparatur dem jeweiligen Versicherer diese nachgewiesen werden muss, das ist doch unbestritten. “
Es ist kein Stochern im Nebel, wenn hier versucht wird einigen Kommentatoren die Bedeutung des § 254 BGB zu erläutern. Sicherlich muss der Geschädigte, will er den Nutzungsausfall geltend machen oder die ordnungsgemäße sach- und fachgerechte Reparatur entsprechend der Vorgaben im Gutachten nachweisen, muss er entsprechen darlegen und gegebenenfalls beweisen. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der Geschädigte. Diesen Beweis kann er durch selbst gefertigte Lichtbilder oder eben mit der Reparaturbestätigung führen. Führt er den Beweis durch die kostenpflichtige Reparaturbestätigung, so hat der Geschädigte mit der Beauftragung derselben eine neue Schadensposition veranlasst zu Lasten des Schädigers. Man könnte auch sagen, mit der Reparaturbestätigung ist der bisherige Wiederherstellungsaufwand (sprich: Reparaturkosten gemäß Gutachten) ausgeweitet worden auf eine weitere Schadensposition, nämlich die Reparaturbestätigung. Wie im gesamten Schadensersatzrecht ist der Geschädigte aber auch bei der Schadensposition „Reparaturbestätigung“ gehalten, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, wenn er auf die Höhe der Kosten Einfluss nehmen kann. Insoweit muss er verhindern, soweit er Einfluss nehmen kann, dass sich der Schaden ins Uferlose ausweitet. Das ist der Gedanke des § 254 BGB.
Aus der Liste der Urteile zur Schadensgeringhaltung oder Schadensminderung ist im übrigen ersichtlich, was der Gesetzgeber mit diesem Paragrafen erreichen wollte.
Das soll es dann aber auch gewesen sein.
Zu den Sachverständigenkosten bei einem sogenannten Bagatellschaden und der Pflicht, den Schaden gering zu halten und zu § 254 BGB hat gerade die Berufungskammer des Landgerichts Darmstadt eine interessante Entscheidung verkündet, die demnächst hier auch veröffentlicht wird. Da hatte die HUK-Coburg auch eingewandt, dass bei einem Schaden von 402,01 € brutto und einem Wiederbeschaffungswert von 300,– € und einem Restwert von 20,– € die berechneten Sachverständigenkosten von insgesamt 324,28 € als erforderlicher Wiederherstellungsaufwand angesehen werden muss und zu ersetzen ist (LG Darmstadt Urt. v. 5.7.2013 – 6 S 34/13 – ). Der von der HUK-Coburg erhobene Einwand, es läge bei der Beauftragung des Sachverständigen ein Verstoß gegen § 254 BGB vor, wurde klar von der Berufungskammer abgebügelt, zu Recht wie ich meine.
Also demnächst hier im Blog.
mit freundlichen Grüßen und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
Hei Willi,
nich lang schnacken, erwähntes Urteil hier einstellen!
Willi Wacker says:
3. August 2013 at 16:49
…“Da hatte die HUK-Coburg auch eingewandt, dass bei einem Schaden von 402,01 € brutto und einem Wiederbeschaffungswert von 300,– € und einem Restwert von 20,– € die berechneten Sachverständigenkosten von insgesamt 324,28 € als erforderlicher Wiederherstellungsaufwand angesehen werden muss und zu ersetzen ist (LG Darmstadt Urt. v. 5.7.2013 – 6 S 34/13 – ). Der von der HUK-Coburg erhobene Einwand, es läge bei der Beauftragung des Sachverständigen ein Verstoß gegen § 254 BGB vor, wurde klar von der Berufungskammer abgebügelt, zu Recht wie ich meine.“
Hi Willi,
abgesehen davon, dass es keine Bagatelleschadengrenze gibt (bzw. nicht geben kann) lassen sich Juristen gerne von Zahlen verleiten welche nichts aber auch gar nichts über den Schadenumfang aussagen!
In diesem Fall kann man doch nicht von einem „Bagatelleschaden ausgehen, wo doch klar ersichtlich ist, dass das Geschädigtenfahrzeug einen Wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hat.
Dass 1. dies bis ca. 19 Tage Leihwagen,oder Nutzungsausfall auslöst.
Dass 2. dies eine Ab u.-Anmeldepauschale auslöst.
Dass 3. dies Verwertungskosten auslöst, USW..
Dass 4. hier grundsätzlich ein SV all diese Werte festlegen muss, weil es der Geschädigte nicht kann!
Dass 5. 3 Restwertangebote einzuholen sind.
Hier kann man nicht mit der € 715.- Grenze argumentieren, weil hier technisch u. schadenersatzrechtlich eine völlig andere Situation gegeben ist. Für mich ist diese angesprochene Gerichtsentscheidung völlig normal und einem gesunden Menschenverstand folgend absolut richtig.
Hallo SV F. Hiltscher,
ich bin doch ganz bei Dir. Ich hatte doch nur den – unsinnigen – Einwand der Versicherung angegeben. In diesem Fall war der Geschädigte schon wegen des offensichtlichen wirtschaftlichen Totalschadens berechtigt, ein Gutchten durch einen von ihm beauftragten qualifizierten Kfz-Sachverständigen erstellen zu lassen. Die Fragen des Wiederbeschaffungswertes und des Restwertes auf dem regionalen Markt, die Wiederbeschaffungszeit und weiteres muss der Geschädigte durch einen Sachverständigen seiner Wahl beantworten lassen. Eine kostengünstigere Variante lag ebenfalls nicht vor. Ein Kostenvoranschlag oder ähnliches reicht in diesem Fall nicht aus.
Du hast die Unsinnigkeit des Einwandes verstanden. Hat aber auch der unbedarfte Geschädigte Mustermann das verstanden, oder läßt er sich durch – unsinnige – Einwände der Versicherungen blenden, bzw. wie die Autorin Krüger zutreffend feststellt: abzocken!?
Noch einen schönen Sonntag
Willi Wacker