Während die Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten doch eigentlich geklärt ist, kommt es wegen der Kosten des Kostenvoranschlages immer wieder zu Rechtsstreiten, zumal die eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherer immer häufiger statt eines Gutachtens nur einen Kostenvoranschlag wünschen. Diesem Ansinnen müssen die Geschädigten zwar nicht folgen, insbesondere dann nicht, wenn es sich nicht um einen sog. Bagatellschaden bis ca. 715,– € handelt, der eine oder andere Geschädigte läßt dennoch nur einen Kostenvoranschlag erstellen. Diesem Ansinnen ist mit Zustimmung der Beklagten auch der Geschädigte gefolgt und hat bei der Reparaturwerkstatt einen Kostenvoranschlag eingeholt. Hierfür hat die Reparaturwerkstatt 90,– € berechnet. Nunmehr will die Beklagte diese Kosten nicht bezahlen. Der Geschädgte hat seinen Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Kostenvoranschlagskosten an die Reparaturwerkstatt abgetreten, die die Abtretung angenommen hat. Die Reparaturwerkstatt klagt nunmehr. Mit Erfolg. Das Urteil wurde erwirkt durch die RAe. Barth u. Gursch aus Böblingen. Lest aber selbst.
Aktenz. 18 C 1575/11
Amtsgericht Stuttgart
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Firma …. – Klägerin –
g e g e n
HDI Direkt Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand Dr. H.-P. Roß, Heilbronner Strasse 158, 70191 Stuttgart – Beklagte –
hat das Amtsgericht Stuttgart durch den Richter … am 10.6.2011 ohne mündliche Verhandlung gem. § 495 a ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 90,– € nebst Zinsern zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von dem Gebührenanspruch ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von 39,– € freizustellen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 90,– € festgesetzt.
Tatbestand
entfällt nach § 313a Abs. 1 ZPO
Entscheidungsgründe
(abgekürzt gem. § 495a ZPO)
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat dargelegt und belegt, dass ihr aus abgetretenem Recht ein Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 90,– € für einen vom Zedenten in Auftrag gegebenen Kostenvoranschlag zusteht.
Der Zedent (Altgläubiger) ist Geschädigter des Verkehrsunfalls, für den der Versicherungsnehmer der Beklagten unstreitig haftet. Mit Zustimmung der Beklagten hat der Zedent vor der Reparatur seines beschädigten Fahrzeuges durch die Klägerin bei dieser einen Kostenvoranschlag eingeholt. Diese Kosten stehen nunmehr hier im Streit.
Der von der Beklagtenseite her geäußerten Absicht, dass eine Kostenerstattung deshalb nicht in Betracht komme, weil die Kosten bei einem späteren Reparaturauftrag der Werkstatt wieder angerechnet würden, und es damit an einem Schaden fehle, kann nicht gefolgt werden. Es ist mit der Schadensminderungspflicht nicht in Einklang zu bringen, wenn der Unfallgeschädigte, der zum Nachweis seines Unfallschadens kein teures Sachverständigengutachten, sondern nur einen Kostenvoranschlag einholt, diese Kosten hierfür nicht erhalten soll.
Die Nebenforderungen sind aus Verzugsgrundsätzen geschuldet, §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläifige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
So das Urteil des Richters des AG Stuttgart zur Erstattungspflicht der Kosten des Kostenvoranschlages. Was sagt ihr dazu?
Hi Willi Wacker,
das Urteil ist völlig korrekt und sollte einem größeren Leserkreis bekannt gegeben werden. Wer als Versicherung zunächst nur einen KV statt ein GA haben will, und damit SV-Kosten erspart, der muss eben die KV-Kosten zahlen. Ganz umsonst kriegt die Versicherung das nicht.
Das Urteil wird einen größeren Leserkreis finden, denn Kollege Gursch hat es – vielen Dank dafür! – an mehrere Multiplikatoren geschickt.
Die Verbreitung des Urteils klappt ja ungemein gut. Im Schadenfixblog ist das Urteil auch schon bekannt gegeben.
Grüße
Bruno Reimöller