Mit Entscheidung vom 03.12.2014 (5 C 206/14 (14)) wurde die HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG durch das Amtsgericht Völklingen zur Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten verurteilt, die im außergerichtlichen Verfahren – wie so oft – von der HUK gekürzt wurden. Kläger in diesem Verfahren war der Geschädigte.
Wieder eine Niederlage der HUK und ein Beleg dafür, dass es auch im Saarland Tendenzen zur korrekten Rechtsprechung gibt. Der Amtsrichter „peifft“ nämlich hier auf das LG Saarbrücken und hält sich an die korrekte Rechtsprechung des OLG Saarbrücken und damit auch an die entsprechenden Entscheidungen des BGH. Recht so! Das Amtsgericht in Völklingen hat den Sachverhalt umfangreich erörtert und die Rechtslage klargestellt. Wieder ein Richter, vor dem man die Kappe ziehen kann.
Warum ignorieren eigentlich diverse andere Amtsgerichte im Saarland die Entscheidung des Saarländischen OLG sowie des BGH und ziehen es vor, die „Willkür-Rechtsprechung“ des LG Saarbrücken anzuwenden? Sehr seltsam, oder? Insbesondere wenn man sich jederzeit auf das OLG Saarbrücken berufen kann mit dem Hinweis, dass die diesbezüglichen Entscheidungen des LG in der Berufung beim OLG jeweils keinen Bestand hatten.
5 C 206/14 (14) Verkündet am 03.12.2014
Amtsgericht Völklingen
U r t e i l
I m N a m e n des V o l k e s
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, Willi-Hussong-Straße 2, 96442 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Völklingen
durch den Richter am Amtsgericht F.
im schriftlichen Verfahren mit einer Erklärungsfrist bis zum 12.11.2014
am 27.11.2014 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.334,71 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.04.2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger macht mit der Klage restliche Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten geltend.
Die Beklagte ist gegenüber dem Kläger wegen eines Verkehrsunfalls vom 26.02.2013 in voller Höhe dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet. Der Kläger hatte nach dem Unfall einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Unfallschadens beauftragt. Der Sachverständige hat mit Rechnung vom 05.03.2013 einen Betrag in Höhe von 1.834,71 € in Rechnung gestellt. Die Beklagte hat einen Betrag in Höhe von 500,00 € gegenüber dem Kläger ausgeglichen.
Der Kläger meint, dass die Beklagte zum Ausgleich der vollen Sachverständigenkosten verpflichtet sei. Der vom Sachverständigen abgerechnete Betrag sei erforderlich gewesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.334,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.04.2013 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, dass die Ansprüche des Klägers durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten in Höhe von 500 € ausreichend ausgeglichen worden seien. Die Rechnung des Sachverständigen sei deutlich überhöht. Dies sei für den Kläger auch erkennbar gewesen. Es handele sich daher bei dem Mehrbetrag nicht um erforderliche Kosten der Schadensbeseitigung, die von der Beklagten zu ersetzen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2, 18Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 VVG.
Die alleinige Haftung der Beklagtenseite ist unstreitig.
Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch des Klägers nicht nur auf den von der Beklagten bereits regulierten Betrag in Höhe von 500,00 €.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagten Anspruch auf Ersatz von Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 1.834,71 €. Unter Berücksichtigung der vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 500,00 € war daher noch ein weiterer Betrag in Höhe von 1.334,71 € zuzusprechen.
Grundsätzlich kann ein Unfallgeschädigter einen Sachverständigen mit der Schätzung des Schadens an seinem durch den Unfall beschädigten PKW beauftragen und vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen (so OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.05.2014, Az.: 4 U 61/13, mit weiteren Nachweisen).
Dabei sind als erforderlich diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (so OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.05.2014, Az.: 4 U 61/13, mit weiteren Nachweisen).
Wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch nach dem letztlich auf § 242 BGB zurückgehenden Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (so OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.05.2014, Az.: 4 U 61/13, mit weiteren Nachweisen).
Bei der Prüfung der Frage, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (so OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.05.2014, Az.: 4 U 61/13, mit weiteren Nachweisen).
Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (so OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.05 2014, Az.: 4 U 61/13, mit weiteren Nachweisen).
Es muss jedoch nach der Auffassung des Gerichts festgestellt werden, dass es dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls schlicht und einfach nicht möglich ist, sich über die entstehenden Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens vorab ausreichend zu informieren.
Selbst wenn der Geschädigte zwei oder drei Sachverständige anrufen würde, würde es ihm nicht gelingen, ausreichende Angaben und insbesondere aussagekräftige Angebote bezüglich der entstehenden Kosten zu erhalten.
Die Sachverständigengebühren werden von vielen Sachverständigen anhand der Höhe des Schadens pauschal berechnet. Da aber die Höhe des Schadens zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen noch nicht feststeht, ist eine Feststellung der voraussichtlich entstehenden Gebühren des Sachverständigen praktisch ausgeschlossen. Dies gilt auch bezüglich der Sachverständigen, die nicht pauschal nach der Höhe des Schadens abrechnen. Auch der Zeitaufwand, nach dem diese Sachverständigen abrechnen, steht nämlich bei der Beauftragung des Sachverständigen nicht fest. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls kann regelmäßig nicht selbst schätzen, welchen Zeitaufwand der Sachverständige für die Erstellung des Gutachtens benötigt. Auch der Sachverständige selbst kann vor der Besichtigung des Wagens den wahrscheinlichen Zeitaufwand nicht angeben, weil sich erst bei der Besichtigung des Wagens der tatsächliche Umfang des Schadens zeigt.
Es ist einem Geschädigten auch nicht zuzumuten, vor der Beauftragung eines Sachverständigen mit dem Fahrzeug eine Werkstatt aufzusuchen, um dort die ungefähre Schadenshöhe in Erfahrung zu bringen. Unabhängig davon, dass ungefähre Angaben einer Werkstatt auch nicht wirklich weiterhelfen würden, würde der Geschädigte mit einer solchen Vorgehensweise auch Gefahr laufen, weitere Kosten zu verursachen. Die meisten Werkstätten werden nämlich kaum bereit sein, eine Kostenschätzung ohne entsprechende Bezahlung zu erstellen. Immerhin ist eine derartige Schätzung für eine Werkstatt mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden, weil vor einer Schätzung der Schadenshöhe erst der Umfang der Beschädigungen festgestellt werden müsste.
Es kann auch nicht unterstellt werden, dass der Geschädigte vor der Beauftragung eines Sachverständigen ohnehin eine Werkstatt aufsucht. Vielmehr ist es so, dass viele Geschädigte nach einem Unfall zunächst einen Rechtsanwalt aufsuchen, der dann darauf hinweist, dass der Schadensumfang durch einen Sachverständigen festgestellt werden muss.
Im Ergebnis hat ein Geschädigter regelmäßig praktisch keine Möglichkeiten, die tatsächlich entstehenden Sachverständigengebühren vor der Beauftragung des Sachverständigen zu ermitteln.
Vor diesem Hintergrund ist dem Geschädigten aber auch ein Vergleich mit den Gebühren anderer Sachverständiger nicht möglich.
Der Geschädigte könnte lediglich in Erfahrung bringen, ob von dem jeweiligen Sachverständigen die Gebühren pauschal oder nach dem Zeitaufwand berechnet werden. Aus diesen Feststellungen können jedoch keine Rückschlüsse auf die Höhe der späteren Rechnung gezogen werden.
Unter Berücksichtigung dieser Schwierigkeiten ist nach der Auffassung des Gerichts der von dem Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag jedenfalls im Verhältnis zum Kläger als erforderlicher Herstellungsaufwand anzusehen.
Ob die streitgegenständlichen Sachverständigengebühren objektiv überhöht sind oder nicht, kann nach dem oben Gesagten vorliegend dahinstehen.
Wie oben dargelegt konnte der Kläger im vornherein nicht erkennen, dass der Sachverständige evtl. überhöhte Kosten abrechnen würde.
Auch nach der Vorlage der Rechnung des Sachverständigen musste der Kläger keine Bedenken bezüglich der Höhe der Rechnung des Sachverständigen haben.
Dem Kläger kann nicht vorgeworfen werden, dass er nicht über umfangreiche rechtliche Kenntnisse bezüglich der Abrechnung von Sachverständigengebühren verfügt. Über ein derartiges Spezialwissen (verschiedene Abrechnungsmöglichkeiten, Konsequenzen der BVSK-Honorarbefragung) verfügen praktisch nur in diesem Bereich tätige Juristen und Sachverständige. Es muss nicht weiter erörtert werden, dass bei einem „Normalbürger“, es muss auf den verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten und nicht auf Juristen abgestellt werden, derartige Kenntnisse nicht ansatzweise vorhanden sind.
Dem Schädiger verbleibt in jedem Falle die Möglichkeit darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte. Allein der Umstand, dass die vom Schadensgutachter vorliegend abgerechneten Kosten evtl. zu hoch sind, rechtfertigt die Annahme eines solchen Verstoßes des Klägers allerdings nicht (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.05.2014, Az.: 4 U 61/13, mit weiteren Nachweisen).
Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Absatz 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 11, 1. Alt, 711 ZPO.
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 1.334,71 € festgesetzt.
Rechtsbehelfsbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht Saarbrücken, Franz-Josef-Röder-Straße 15, 66119 Saarbrücken.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 € übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.
Die Entscheidung kann bezüglich der Festsetzung des Streitwertes mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Völklingen, Karl-Janssen-Straße 35, 66333 Völklingen eingeht.
Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden.
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zu diesem Beschluss zugelassen hat.
Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
F. ,
Richter am Amtsgericht