Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
zum beginnenden Wochenende veröffentlichen wir hier noch ein Urteil aus Weißenburg in Bayern zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versicherungs AG. Die Abtretung erfolgte in diesem Fall an Erfüllungs Statt, so daß der Schuldner gegenüber dem Sachverständigen aus dem Werkvertrag von jeglicher Verpflichtung frei geworden ist. Die Leistung an Erfüllungs Statt ist einer Leistung in bar gleich zu stellen. Bis auf den „Dienstleistungsvertrag“ ist das Urteil des AG Weißenburg im wesentlichen positiv begründet, wie wir meinen; zu den Zinsen allerdings nur so – na ja. Lest aber selbst das Urteil und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker
Amtsgericht Weißenburg i. Bay.
Az.: 2 C 309/16
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
des Sachverständigen Dipl.-Ing. C. A. aus Z.
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte I. & P. aus A.
gegen
Allianz Versicherung AG, ges. vertr. d. d. Vorstand Dr. Alexander Vollert, An den Treptowers 3, 12435 Berlin
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B. aus N.
wegen Dienstleistungsvertrag
erlässt das Amtsgericht Weißenburg i. Bay. durch die Richterin R. am 30.09.2016 auf Grund des Sachstands vom 30.09.2016 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 144,59 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.07.2014 zu bezahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 70,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.06.2016 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 144,59 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Darstellung des Tatbestandes ist gemäß § 313 a Abs. 1 S. 1, 511 Abs. 2 ZPO entbehrlich.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
I.
Die zulässige Klage hat in der Sache vollumfänglich Erfolg.
1.
Der Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten aktivlegitimiert. Die Abtretung vom 12.12.2012 ist hinreichend bestimmt und wirksam. Die Abtretung erfolgte entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erfüllungshalber, sondern an Erfüllung statt (vgl. Anlage K2). Damit ist diese, auch als AGB, nicht wegen eines Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam. Der Geschädigte ist mit der Abtretung an Erfüllung statt von jeglicher Leistungspflicht freigeworden, so dass sich die Frage nach einer unangemessenen Benachteiligung, wie von der Beklagten eingewandt, gerade nicht stellt.
2.
Der Kläger hat aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Ersatz weiterer Sachverständigerkosten in der geltendgemachten Höhe.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Die von der Beklagten gegen die Höhe vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch.
Gemäß § 249 Abs. 2 BGB hat der Schädiger, und damit nach § 115 VVG auch dessen Haftpflichtversicherer, den zur Herstellung erforderlichen Aufwand zu erstatten. Dies meint Aufwendungen, welche ein verständigere, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Der Geschädigte ist hierbei gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadenbehebung zu wählen. Er ist jedoch nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Daher gehen in der Regel auch überhöhte Gutachterkosten zu Lasten des Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung.
Solange das Honorar eines Sachverständigen nicht so krass überhöht ist, dass ein für den Geschädigten leicht erkennbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt, kann der Geschädigte vom Schädiger auch die Sachverständigenkosten in voller Höhe ersetzt verlangen.
Nach objektiver Betrachtung des vorliegenden Falles ist die Vergütungsaufteilung nach Grundhonorar und Nebenkosten nicht zu beanstanden.
Auch die Strukturierung des Grundhonorars in Abhängigkeit zur Schadenshöhe ist nicht zu beanstanden und wird auch von anderen Freiberuflern, wie auch Rechtsanwälte in Abhängigkeit vom Streitwert, praktiziert.
Die Kosten für das Sachverständigengutachten in Höhe von insgesamt 1.043,75 € netto lässt in Anbetracht der Instandsetzungskosten von 8.537,73 € kein krasses Missverhältnis erkennen. Vergleicht man die mit Anlage K3 vorgelegte Rechnung des Sachverständigen mit dem Umfang des Gutachtens, welches dem Gericht als Anlage K3 ebenfalls vorliegt sind auch die Nebenkosten plausibel dargelegt.
Ein krasses Missverhältnis, welches dem Geschädigten sofort hätte ins Auge springen müssen liegt jedenfalls nicht vor. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte selbst lediglich von einer Kostenübersetzung in Höhe von nur 144,59 € ausgeht. Dies sind gerade einmal 14 % der geltendgemachten Kosten für das Gutachten.
Der Tatrichter ist bei der Bemessung des der Schadenshöhe nach § 287 BGB gehalten, seiner Schätzung tragfähige Anknüpfungspunkte zu Grunde zu legen. Dies ändert aber nichts daran, dass es einer solchen Schätzung nur Bedarf, wenn die Sachverständigenkosten in einem krassen Missverhältnis zu der erbrachten Leistung stehen, so dass eine Übersetzung der Kosten für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar ist. Fehlt es hieran, sind die Kosten nicht zu schätzen sondern als erforderlicher Herstellungsaufwand in voller Höhe zu ersetzen. So liegt es in diesem Fall (vgl. Oben).
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass aus Sicht des Geschädigten, auf welche es maßgeblich ankommt, keine evidente Überteuerung vorliegt.
3.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
Der Kläger orderte die Beklagte mit Schreiben vom 10.07.2014 mit Fristsetzung bis 28.07.2014 auf, so dass sich die Beklagte seit 29.07.2016 in Verzug befindet. Aufgrund der Nichtzahlung innerhalb der vorgenannten Frist seitens der Beklagten beauftragte der Kläger seine Prozessbevollmächtigten mit der Durchsetzung seiner Forderung. Demnach hat der Kläger gegen die Beklagten Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in der geltend gemachten Höhe 1,3 Gebühr aus 144,59 €, mithin 58,80 € zuzüglich 11,70 € Auslagenpauschale).
Der Zinsanspruch ergibt sich hinsichtlich der Hauptforderung aus §§ 280,286, 288 BGB.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht ab 14.06.2016. Nach §§ 288, 291 BGB. Entgegen dem Vortrag des Klägers wurde die Beklagte mit Schreiben vom 01.10.2014 nicht unter Fristsetzung zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aufgefordert. Dort wurde lediglich letztmals zur Zahlung der Hauptforderung aufgefordert. Damit besteht eine Zinsanspruch nach §§ 288, 291 BGB ab Eingang der Akte bei Gericht, somit ab 14.06.2016. Eine weitere Rückbeziehung als der vorgenannte kommt nicht in Betracht, da die Abgabe des Verfahrens (6.6.2016 mit Eingang 14.06.2016) an das Streitgericht hier nicht alsbald nach Eingang des Widerspruchs (25.11.2015) stattfand. Die Klage war diesbezüglich abzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
„Der Tatrichter ist bei der Bemessung des der Schadenshöhe nach § 287 BGB gehalten, seiner Schätzung tragfähige Anknüpfungspunkte zu Grunde zu legen.
Dies ändert aber nichts daran, dass es einer solchen Schätzung nur Bedarf, wenn die Sachverständigenkosten in einem krassen Missverhältnis zu der erbrachten Leistung stehen, so dass eine Übersetzung der Kosten für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar ist. Fehlt es hieran, sind die Kosten nicht zu schätzen sondern als erforderlicher Herstellungsaufwand in voller Höhe zu ersetzen. So liegt es in diesem Fall (vgl. oben).“
Dies bedeutet doch: Schätzung erst dann veranlasst, wenn eine krasse Überhöhung vorliegt. Das ist aber bei der prozentual abgreifbaren Kürzungsbandbreite nicht gegeben und so kann man denn auch besser das BGH-Überprüfungsverbot verstehen. Es wäre vielleicht sinnvoll, wenn neben Urteilen der CH-Redaktion auch die Kürzungsschreiben der einzelnen Versicherungen zur Verfügung gestellt würden, damit man einmal mehr den Argumentations-und Rechtfertigungskatalog auswerten kann, weil da schon entscheidungserheblich ein Angelpunkt liegt. Oder habt Ihr alternativ noch förderlichere Vorschläge?
HR