Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
von Karlsruhe geht es zurück ins Ruhrgebiet. Nachfolgend gebe ich Euch ein Sachverständigenkostenurteil des Amtsgerichts Witten bekannt. Obwohl der Prozessbevollmächtigte der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung immer wieder versuchte, mit seinen Schriftsätzen das Augenmerk auf die werkvertragliche Seite des Sachverständigenvertrages zu lenken, ist dieser Versuch gescheitert. Bei dem Prozessbevollmächtigten der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung handelte es sich um den sonst in HUK-Rechtsstreiten beauftragten Anwalt. Ob die HUK-Coburg ihn nicht mehr mag? Auf jeden Fall ist der erkennende Amtsrichter aus Witten an der Ruhr nicht auf die werkvertraglichen Gesichtspunkte hereingefallen. Denn Schadensersatz bleibt Schadensersatz, auch wenn der Schadensersatzanspruch an den Sachverständigen abgetreten wird. Lest also das Urteil des AG Witten zum Sachverständigenresthonorar und gebt sodann Eure Kommentare bekannt.
Viele Grüße und eine schöne Woche
Euer Willi Wacker
2 C 1330/12 Verkündet am 08.03.2013
Amtsgericht Witten
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
Kfz-Sachverständiger
Klägers,
gegen
die DA Deutsche Allgemeine Versicherung Aktiengesellschaft, gesetzlich vertreten durch den Vorsitzenden des Vorstandes Joachim Abel, Oberstedter Straße 14, 61440 Oberursel,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Witten
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO am 08.03.2013
durch den Richter am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 47,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.09.2012 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 39,00 € zu zahlen.
lm Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
Auf eine Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a, 495 a ZPO verzichtet.
Die Klage ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG, 398 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 47,95 € im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 14.03.2012 in Witten, bei dem das Fahrzeug des Zedenten durch den zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten pflichtversicherten PKW in allein schuldhafter und zurechenbarer Weise beschädigt wurde.
Die Haftung der Beklagten gegenüber dem geschädigten Zedenten zu 100 Prozent ist zwischen den Parteien unstreitig. Zu den damit zu ersetzenden Schadenspositionen zählen unzweifelhaft auch die Kosten von Sachverständigengutachten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH, NJW 2007, Seite 1450, 1451).
Der Einwand der Beklagten, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, geht ins Leere. Der Zedent hat im Rahmen der Auftragserteilung mögliche Forderungen aus dem Unfallereignis auf Erstattung von Sachverständigenkosten zur Ermittlung der Schadenshöhe ausweislich der bei der Gerichtsakte befindlichen Vertragsurkunde an den Kläger abgetreten. Diese Abtretung ist rechtlich keinen Bedenken ausgesetzt, insbesondere hat die Beklagte auch nicht die Eigentümerstellung des Zedenten am verunfallten PKW bestritten.
Hinsichtlich der Höhe des vom Kläger zu begehrenden Honorars vereinbarten der Zedent und der Kläger, dass dieses nach der Honorarliste des Klägers berechnet werden solle, die auf der Rückseite der Vertragsurkunde abgedruckt war. Nach Erstellung des Gutachtens rechnete der Kläger seine Leistungen dahingehend ab, dass er nach seiner Honorarliste ein Grundhonorar von 422,00 € in Ansatz brachte. Zudem brachte er, ebenfalls strikt orientiert an seiner Honorarliste, Fahrtkosten in Höhe von 20,00 € Fotokosten in Höhe von 37,60 €, Portokosten pp. in Höhe von 17,00 € sowie Restwertermittlungskosten in Höhe von 17,50 € in Ansatz. Zum Nettobetrag von 550,10 € war die Mehrwertsteuer in Höhe von 104,52 € zu addieren. Auf den Gesamtbruttobetrag von 654,62 € zahlte die Beklagte außergerichtlich lediglich 606,67 €.
Der Kläger hat auch Anspruch auf Zahlung des Restbetrages. Soweit die Beklagte einwendet, die Kosten für die Erstellung des Gutachtens seien übersetzt, geht dieser Einwand ins Leere. Der Kläger und der Zedent haben im Rahmen der Vertragsfreiheit zur Berechnung des klägerischen Honorars die Anwendung der vom Kläger verwendeten Honorarliste. Zur Berechnung der Vergütungshöhe ist eine derartige Vereinbarung rechtlich unbedenklich (ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichtes, vgl. ferner die Nachweise bei BGH, NJW 2007, Seite 1450, 1451). Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei, hierzu zählt auch die Auswahl eines geeigneten Sachverständigen zur Feststellung der Schadenshöhe. Dabei ist der Geschädigte nicht zur Markterforschung hinsichtlich des günstigsten Sachverständigenverpflichtet. Aus diesem Grund kann auch die Berechnung des Schadens nicht grundsätzlich von etwaigen rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeiten, z. B. einer überhöhten Honorarforderung des Sachverständigen, abhängig gemacht werden (BGHZ 61, Seite 34, 348). Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (BGH, Versicherungsrecht 2004, Seite 1189, 1190). Die vorgenannten Ausführen gelten entsprechend für die zwischen dem Zedenten und dem Kläger vereinbarten Nebenkosten.
Diese Grundsätze hat der Kläger bei der Ermittlung seines Honorars vorliegend eingehalten. Es sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, däss sich die auf der vertraglichen Vereinbarung abgerechnete Honorarforderung nicht im Rahmen des angemessenen hält. Das möglicherweise ein anderer Sachverständiger das Gutachten kostengünstiger erstellt hätte, möglicherweise bei einer Abrechnung nach Zeitaufwand, steht dem nicht entgegen. Vor diesem Hintergrund kam es auf den Beweisantritt der Beklagten, die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Bemessung des angemessenen Honorars, nicht an. Abschließend ist insoweit festzustellen, dass auch sonst keine Umstände ersichtlich sind, dass die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Zedenten und dem Kläger in irgendeiner Weise der Höhe nach rechtlichen Bedenken, auch ggf. im Rahmen des § 242 BGB, ausgesetzt ist.
Der Kläger hat zudem noch Anspruch auf Zahlung von 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den titulierten Betrag seit dem 01.09.2012 gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 BGB. Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 1 BGB, infolge des Schreibens vom 23.08. unter Fristsetzung zum 31.08.2012 befindet sich die Beklagte seit dem vorgenannten Zeitpunkt in Verzug.
Letztlich hat der Kläger noch Anspruch auf Zahlung von 39,00 € außergerichtlicher Anwaltskosten gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Bei einem Streitwert von 47,95 € beläuft sich eine 1,3 Geschäftsgebühr nach der Ziffer 2300 der W zum RVG auf 32,50 €, hinzu kommt die anteilige Auslagenpauschale nachder Ziffer 7002 der W zum RVG in Höhe von 6,50 €.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Ein weitergehender Verzugsschaden besteht nicht, Verzug trat erst nach Ablauf der im Schreiben vom 23.08.2012 gesetzten Frist ein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung auf § 511 Abs. 4 ZPO.
Der Streitwert wird auf 47,95 € festgesetzt.
„Bei dem Prozessbevollmächtigten der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung handelte es sich um den sonst in HUK-Rechtsstreiten beauftragten Anwalt. Ob die HUK-Coburg ihn nicht mehr mag?“
Ich denke, dass das Klagevolumen zum Sachverständigenhonorar nach Einführung des Honorartableaus der HUK generell um ca. 80% geschrumpft ist. Die fehlenden 80% Umsatz bei den HUK Fällen muss man irgendwie wieder reinholen, wenn der Kanzleibetrieb auf 100% ausgerichtet ist?
Zurich, DEVK, DA u.a. sind anscheinend so doof, sich auf ein Abenteuer einzulassen, an dem sich schon die HUK seit Jahrzehnten erfolglos die Zähne ausgebissen hat? Gewinnen kann dabei nur deren Anwalt aus Kölle.
Harry,
das könnte sein, denn nach der Einführung des HUK-Honorartableaus haben sich bei der HUK-Coburg die (Rest-)Sachverständigenkostenprozesse verringert. Die HUK macht offenbar einen Lernprozess durch. Damit die Kanzliei des Kollegen „Fleischer“ oder ähnlich wegen des geringerern Prozessaufkommens nicht leidet, springen offensichtlich die anderen Versicherungen ein und füllen die entstandenen Lücken wieder auf? Kann aber auch sein, dass die HUK-Coburg dank der negativen Urteile, die durch den Kollegen aus K. überall in Deutschland eingespielt wurden, die Nase voll hatte. Verschiedentlich wird die HUK nämlich durch andere Anwälte vertreten. Letztlich ist es aber auch müßig diese Frage zu beantworten. Es kann dahin gestellt bleiben.