Das Amtsgericht Witten (NRW) hat mit Urteil vom 20.10.2008 (2 C 405/08) auf die Klage des Sachverständigen R. den VN der HUK-Coburg verurteilt, an den Kläger 289,96 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 39,00 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.
Aus den Gründen:
Die zulässige Klage ist auch vollumfänglich begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch aus abgetretenem Recht als Schadensersatz nach dem Verkehrsunfall der Zedentin vom 24.09.2007 gem. §§ 7 StVG, 249, 398 BGB zu. Der Kläger ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger. Die durch den Verkehrsunfall vom 24.09.2007 Geschädigte beauftragte den Kläger mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Unstreitig hat die Beklagte der Zedentin alle im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfall entstandenen Kosten zu erstatten, zu diesen zählen auch die restlichen Sachverständigenkosten, welche der Kläger aus abgetretenem Recht geltend macht.
Im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB ist der Schädiger verpflichtet, dem Geschädigten jeglichen erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung zu erstatten. Hierzu zählen grundsätzlich auch die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens, mit dessen Hilfe die Schadenshöhe beziffert werden kann. Vorliegend wurde die Gutachtertätigkeit des Klägers mit 898,69 € berechnet. Die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung hat darauf lediglich einen Betrag in Höhe von 608,73 € gezahlt, so dass der Differenzbetrag mit der Klage geltend gemacht wurde. Die geltend gemachten Restsachverständigenkosten sind als erforderlicher Schadensersatz gem. § 249 BGB zu ersetzen mit der Geltendmachung auch dieser Kosten verstößt die Zedentin des Klägers nicht gegen eine ihr grundsätzlich obliegende Pflicht zur Schadensminderung. Die Honorarforderung des Sachverständigen stellt eine übliche Vergütung und damit einen erforderlichen Betrag zur Schadensbeseitigung dar. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Geschädigte eines Unfalles lediglich verpflichtet, im Rahmen des ihm zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg zur Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Der Geschädigte ist dabei, insbesondere hinsichtlich der Auswahl eines Sachverständigen nicht verpflichtet, einen möglichst preiswerten Sachverständigen zu wählen. Bezogen auf die Auswahl des Sachverständigen ist dabei, im Unterschied zur Problematik der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges, zu berücksichtigen, dass es dem Geschädigten regelmäßig überhaupt nicht möglich ist, die erforderlichen Kosten für ein Gutachten auch nur annähernd zu überblicken, da ihm ebenso regelmäßig vollkommen unbekannt ist, wie hoch der Schaden an seinem Fahrzeug überhaupt ist. Der Geschädigte kann nicht überblicken, ob möglicherweise die Feststellung eines relativ geringen Sachschadens zu höheren Kosten führt, wenn der Sachverständige sein Honorar zum Beispiel auf Zeitbasis errechnet oder möglicherweise die anhand einer Honorartabelle ermittelten Kosten davon abweichen, weil auch die Ermittlung eines geringen Schadens mit einem nicht unerheblichen Zeitaufwand verbunden sein kann. Zu dieser Feststellung war auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens, wie seitens der Beklagten beantragt, nicht erforderlich. Im Rahmen des § 287 ZPO konnte das Gericht die erforderlichen Kosten schätzen, wobei es möglich ist, auf den Erfahrungsbereich der Vielzahl der zu beurteilenden Verkehrsunfälle zurückzugreifen. Es mag zwar im regionalen Bereich Sachverständige geben, die Gutachten zu günstigeren Konditionen erstellen als dies durch den Kläger geschieht. Im Ergebnis liegen die vom Kläger begehrten Kosten aber nicht soweit außerhalb des Schwankungsbereiches dessen, was üblicherweise von Sachverständigen im regionalen Raum begehrt wird, so dass Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit der Rechnung nicht vorliegen. Die Beklagte war daher antragsgemäß zu verurteilen. Die geltend gemachten Nebenforderungen ergeben sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.
So das überzeugende Urteil der Amtsrichterin der 2. Zivilabteilung des Amtsgerichtes Witten.
Uups?
Hat der Richter hier vielleicht die Angemessenheit (nach BVSK) „vergessen“?
Wohl eher nicht. § 249 BGB, ex ante Betrachtung und Schätzung nach § 287 ZPO. Ich denke, das Gericht hat hier sehr gute Arbeit geleistet. Möglicherweise mit Hilfe eines schlüssigen Sachvortrages des Klägervertreters. Vielen Dank nach Witten und weiter so im Sinne des Gesetzes.
Hi Hunter,
dank eines guten Sachvortrages des Klägervertreters hat das angerufene Gericht genau folgerichtig geprüft. Im Rahmen des § 249 BGB kommt es auf die „Angemessenheit“ nicht an. Dieses Wort steht nicht im Gesetzestext des § 249 BGB. Warum sollte daher ein Amtsrichter etwas prüfen, was gar nicht Tatbestandvoraussetzung ist. Ein sehr schönes Urteil, das die Amtsrichterin im Ruhrgebiet erlassen hat.
Ein schönes Wochenende noch.
„Ein sehr schönes Urteil, das die Amtsrichterin im Ruhrgebiet erlassen hat.“
Da hatte ich in der Eile wohl etwas überlesen.
Frauenpower aus dem „Pott“ – Respekt!
Und vielleicht noch eins. Während die Herren der Schöpfung sich in unsinniger Haarspalterei ergiessen, warum die Angemessenheit im Schadensersatzprozess plötzlich Thema sein sollte, zeigen die Frauen an der Front, wie das Schadensersatzrecht RICHTIG und zwar unter ex anter Betrachtung anzuwenden ist.