Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachfolgend geben wir Euch heute auch noch ein Urteil aus Wolfsburg zu den Sachverständigenkosten gegen die VN der HUK-COBURG bekannt. Weil die HUK-COBURG als eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung ihrer Schadensersatzleistungspflicht nicht in vollem Maße nachkam, obwohl eine volle Haftung bestand, nahm das Unfallopfer mit qualifizierter anwaltlicher Hilfe die Unfallverursacherin, die VN der HUK-COBURG, persönlich wegen des restlichen Schadensersatzes in Anspruch. Durch diese Maßnahme erfährt auch die Versicherte, dass sie nicht bei einer so guten Versicherung versichert ist, wie die Werbung der HUK-COBURG immer Glauben machen will. So erfährt der Versicherte auch, dass seine Versicherung Schadensersatzansprüche des Geschädigten rechtswidrig kürzt. Das hätte er von seiner HUK-COBURG auch nicht gedacht? Es ist aber so, wie er aus dem Urteil, das ihn zur Zahlung restlicher Schadensersatzbeträge verurteilt, erfahren muss. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht
Wolfsburg
23 C 107/14
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Frau M. G. aus W.
Klägerin
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.
gegen
Frau C. D. aus W.
Beklagter
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. u. P. aus H.
hat das Amtsgericht Wolfsburg mit Zustimmung beider Parteien im schriftlichen Verfahren gemäß §495 a ZPO am 23.01.2015 durch den Richter am Amtsgericht D. für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 146,87 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12.11.2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 146,87 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin fordert restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 12.10.2013, bei welchem ihr Pkw Renault Megane Scenic Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen … beschädigt wurde.
Die vollständige Einstandspflicht der Beklagten für die der Klägerin entstandenen Schäden ist grundsätzlich unstreitig.
Am 15.10.2013 beauftragte die Klägerin den Kfz-Sachverständigen … mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. In seinem Gutachten schätzte der Sachverständige die Wiederherstellungskosten auf 9.000,- EUR und den Wiederbeschaffungswert auf 700,- EUR. Offensichtlich ist er von einem Totalschaden ausgegangen. Für seine Tätigkeit berechnete der Sachverständige 438,87 EUR. Die Klägerin ließ die Haftpflichtversicherung der Beklagen, die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs-AG, am 28.10.2013 unter Fristsetzung zum 11.11.2013 auch zum Ersatz der Gutachterkosten auffordern. Die Haftpflichtversicherung zahlte hierauf aber nur 292,- EUR, sodass ein Restbetrag von 146,87 EUR verblieben ist, den die Klägerin nun einfordert.
Die Parteien streiten darum, ob die Gutachterkosten angemessen sind und ob der Klägerin durch die Beauftragung des Gutachters ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht anzulasten ist. Insoweit haben sich die Parteien durch zahlreiche Schriftsätze ausgetauscht, auf deren Inhalt verwiesen wird.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung des restlichen Sachverständigenhonorars aus §§ 7 oder 18 StVG, 823, 249 BGB.
Grundsätzlich sind die einem Geschädigten im Rahmen der Abwicklung eines Verkehrsunfallschadens erstattungsfähig, sofern der Schädiger dem Grunde nach einstandspflichtig ist, was hier der Fall ist.
Der Geschädigte kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass es preiswertere Sachverständige gebe, die in Anspruch hätten genommen werden können, es sei denn, ihm ist ausnahmsweise ein Verschulden bei der Auswahl des Sachverständigen anzulasten, weil er hätte erkennen können und müssen, dass der Sachverständige überzogene Honorarforderungen stellt. In der Regel wird ein Geschädigter dies aber weder erkennen können noch erkennen müssen, den er wird sich mit der Frage, was ein Sachverständiger hier abrechnen darf und was nicht, zuvor kaum beschäftigt haben. Dazu kommt, dass in der Regel eine zeitnahe Begutachtung des Fahrzeuges erforderlich ist, um den Schaden gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung geltend machen zu können und um das Fahrzeug entweder reparieren lassen oder für Ersatz sorgen zu können.
Im vorliegenden Fall gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Klägerin auf dem Gebiet der berechtigten oder nicht berechtigten Honorarforderungen von Sachverständigen irgendwelche Kenntnisse hatte. Sie hat daher wohl kaum beurteilen können, ob der Sachverständige Lukassek das Gutachten nun preiswert oder überteuert erstatten würde. Insbesondere dürfte sich kaum in der Lage gewesen sein, die angemessenen Forderungen für Fahrtkosten, Digitalfotos und Kopierkosten zu beurteilen, zumal sie in der misslichen Lage, Geschädigte eines Verkehrsunfalls geworden zu sein, hierauf überhaupt nicht weiter geachtet haben wird, was verständlich ist. Auch wenn die Sachverständige also ein Honorar gefordert haben sollte, welches über dem üblichen Honorar läge, wäre ihr kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht anzulasten. Die einzige Frage, die man sich hier stellen könnte, ist die, warum die Klägerin einen Sachverständigen aus A-W. beauftragt hat und nicht einen Sachverständigen aus W. oder der näheren Umgebung. Auch dies kann aber durchaus berechtigte Gründe haben, möglicherweise auf einer Empfehlung beruhen. Außerdem wird man hier angesichts des Umstandes, dass ein Totalschaden vorgelegen haben dürfte, nicht von einem Bagatellschaden ausgehen dürfen, der es der Klägerin vielleicht doch nahe gelegt hätte, sich mit der Erstellung und Einreichung eines Reparaturkostenvoranschlages zu begnügen.
Die Zinsforderung beruht auf §§ 280, 286 BGB.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
„… verurteilt kostenpflichtig“ – wie denn sonst? Vgl. auch § 91 Abs. I ZPO.