Hallo Captain-Huk-Leser, mein Aufruf um Übersendung von Urteilen ist in Niedersachsen auf fruchtbaren Boden gefallen. Mir wurde von dem Anwaltsbüro Dr. Imhof und Partner aus Aschaffenburg das nachstehend aufgeführte Urteil gegen den VN der HUK-Coburg vom AG Wolfsburg übersandt. Wie gehabt, kürzt die HUK-Coburg die Sachverständigenkosten. Letzten Endes muss dann der Versicherungsnehmer der HUK-Coburg dafür gerade stehen, wie das Urteil beweist. Folgerichtig hat der Sachverständige aus abgetretenem Recht nicht die Versicherung in Coburg, sondern ihren VN verklagt – und gewonnen. Lest selbst und gebt Eure Kommentare – trotz Urlaubszeit – ab.
Amtsgericht
Wolfsburg Anlage zum Protokoll vom 25.03.2011
Geschäfts-Nr.:
22 C 58/11
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn Dipl.-Ing. M. aus W.
Kläger
gegen
Herrn B.T.aus S.
Beklagter
hat das Amtsgericht Wolfsburg auf die mündliche Verhandlung vom 25.03.2011 durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt
1.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 217,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2009 zu zahlen.
2.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
4.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Darstellung des
Tatbestandes
entfällt gemäß § 313 a ZPO Abs. 1 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die Klage war zulässig und überwiegend begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlichen Sachverständnigenhonorars in ausgeurteilter Höhe gemäß §§ 7 Abs. 1 StvG, 823 Abs. 1, 249, 398 BGB.
Von dem abgetretenen Schadensersatzanspruch des Klägers sind die Kosten der Schadensfeststellung als Teil des zu ersetzenden Schadens umfasst. Die Kosten für ein insoweit eingeholtes Sachverständigengutachten sind dabei zu ersetzen, soweit sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren.
Der Beauftragung des Klägers durch den Unfallgeschädigten lag unbestritten eine Honorarvereinbarung zugrunde. Durch diese Vereinbarung entstandene Kosten sind grundsätzlich von dem Schadensersatzanspruch des Unfallgeschädigten umfasst.
Das Gericht hatte hier somit nicht darüber zu entscheiden, ob eine übliche Vergütung als vereinbart zugrunde zu legen war (§ 632 Abs. 2 BGB) sondern ob der Unfallgeschädigte (Zedent) durch die Auswahl konkret des Klägers als Sachverständigen und die konkret getroffene Honorarvereinbarung gegen seine Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB verstoßen hat.
Einen solchen Verstoß hat das erkennende Gericht nicht feststellen können.
Die Vereinbarung eines Grundhonorars, welches sich nach klägerischem Vortrag und ausweislich der Rechnung vom 07.09.2009 in Abhängigkeit zur festgestellten Schadenshöhe errechnet, ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH NJW 2006, 2472, NJW 2007, 1450). Bei dem zugrunde zu legenden Gutachten handelt es sich um ein Routinegutachten zur Feststellung der Schadenshöhe zur Geltendmachung gegenüber der Haftpflichtversicherung des Schädigers. In solchen Fällen kann das vereinbarte Honorar durch Zugrundelegung des tatsächlichen Zeitaufwandes für die Gutachtenerstellung auf Grundlage der festgestellten Schadenshöhe vereinbart werden.
Weder das Grundhonorar noch die geltend gemachten Nebenkosten mit Ausnahme der Kopiekosten sind dabei dem Grunde und der Höhe nach zu beanstanden.
Der Kläger hat substantiiiert dargelegt, dass sowohl das Grundhonorar als auch die Einzelpositionen für die Nebenkosten sich im Honorarrahmen gemäß Honorarumfragen der Berufsverbände BVSK e. V. und VKS e.V. befinden. Die Zugrundelegung dieser Honorarumfragen zur Bemessung einer Honorarvereinbarung ist dabei grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die Parteien der Honorarvereinbarung müssen sich nicht auf zwischen der Haftpflichtversicherung des Schädigers und einem Berufsverband festgelegte Taxen verweisen lassen (vgl. BGH NJW – RR 2007,123).
Nachdem sich sowohl das Grundhonorar als auch die einzelnen Nebenkostenpauschalen im Rahmen dieser Honorarumfragen nach dem substantiierten klägerischen Vortrag befinden, ist nicht erkennbar, inwieweit der Zedent als Laie gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen haben soll, auch wenn die getroffene Honorarvereinbarung gegebenenfalls übersetzt sein sollte.
Auch die Vereinbarung der Fahrtpauschale ist nicht zu beanstanden. Dem Zedenten ist auch im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht zuzugestehen, einen Sachverständigen im Umkreis von bis zu 20 km zu beauftragen.
Ausweislich des vorgelegten Sachverständigengutachtens wurden 20 Digitalfarbfotos als Fotoanlage beigefügt, wovon 16 Originallichtbilder in Rechnung gestellt wurden.
Auch mit der Vereinbarung eines Honorars für 15 Seiten Schreibkosten für ein Standartgutachten hat der Zedent nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen.
Anders sieht es jedoch aus bei der Position für 40 Seiten Kopien. Weder aus dem Gutachten noch aus sonstigen Umständen ist ersichtlich, wofür die 40 Seiten Kopien erforderlich gewesen sein sollten. Der Kläger hat auf die entsprechende Rüge des Beklagten hierzu nicht substantiiert vorgetragen. Die insoweit geltend gemachten Kosten waren daher nicht erstattungsfähig.
Die Klagforderung war daher um diese Position in Höhe von 30,00 € netto, mithin auf 778,50 € zu kürzen. Abzüglich der geleisteten Zahlung von 561,33 € verbleibt eine berechtigte Restforderung von 217,17 €.
Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280, 288, 286 BGB, nachdem der Mahnbescheid am 28.12.2009 zugestellt wurde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Berufung war nicht gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen.
…
Richterin am Amtsgericht
Ausgefertigt Wolfsburg, 29.03.2011
So und jetzt Eure Kommentare bitte.
@
„Auch die Vereinbarung der Fahrtpauschale ist nicht zu beanstanden. Dem Zedenten ist auch im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht zuzugestehen, einen Sachverständigen im Umkreis von bis zu 20 km zu beauftragen.“
„Anders sieht es jedoch aus bei der Position für 40 Seiten Kopien. Weder aus dem Gutachten noch aus sonstigen Umständen ist ersichtlich, wofür die 40 Seiten Kopien erforderlich gewesen sein sollten. Der Kläger hat auf die entsprechende Rüge des Beklagten hierzu nicht substantiiert vorgetragen. Die insoweit geltend gemachten Kosten waren daher nicht erstattungsfähig.“
Hallo Willi,
es mag schon sein dass der VN hier auf seine Versicherung nicht mehr gut zu sprechen ist, aber wesentlich schädlicher schätze ich die oben im Urteil aufgelisteten Positionen “ 20Km Umkreis “ und „40 Seiten Kopien“ ein.
Das heisst also für die Versicherer, dass nach der gültigen Rechtsprechung nur ein SV (des Vertrauens) aus dem Umkreis von 20 Km beauftragt werden darf.
Mit den 40 Kopien, welche ganz klar als die erforderlichen zwei GA-Kopien für den Auftraggeber einzuordnen sind,verhält es sich genauso.
Da argumentiert das Gericht in unverständlicher u. falscher Weise gegen übliche und auch nicht zu beanstandende Dienstleistungen und schafft mit diesem fragwürdigen Urteil damit wieder einen neuen Kriegsschauplatz , weil sich bestimmte Versicherungen nun dazu legitimiert fühlen die Wegstrecken infrage zu stellen und die Kopierkosten zu streichen.
Schade dass das Gericht so unbedacht handelt u.den SV (die SV) um berechtigt angesetzte Kosten per Urteil schädigt.
Selbstverständlich hat der Geschädigte Anspruch darauf auf 3 GA Exemplare (Original u.Kopie zum Anwalt) 1Kopie als Arbeitsexemplar für den Geschädigten.
Warten wir es ab bis dieses Urteil erstmalig u. wirksam im Schadenmanagemant gegen die SV quasi als Waffe eingesetzt wird.
Hallo DerHukflüsterer,
hinsichtlich der drei Gutachten gebe ich Die recht. Der Geschädigte hat Anspruch darauf, dass ihm eogentlich sogar drei mit Lichtbildern versehene GA erstellt werden. Ursprünglich wird eine Ausfertigung mit Lichtbildern an die Versicherung gesandt. Eine Ausfertigung behält der RA zunächst in seinen Akten. Die dritte Ausfertigung behält der Geschädigte. Wie wir alle wissen, wird nach dem Einscannen die der Versicherung übersandte Ausfertigung vernichtet, ist als also weg. Damit gibt es dann nur noch zwei Ausfertigungen. Jetzt muss Klage erhoben werden. Nach der BGH-Rechtsprechung ist das GA eines qualifizierten SV ausreichende Schätzgrundlage für den besonders freigestellten Tatrichter nach § 287 ZPO. Also muss das GA, das der RA in Händen hat, jetzt zum Gericht gesandt werden. Damit wären dann schon zwei GA weg, ohne dass noch eine mit Lichtbildern versehene Ausfertigung vorläge. Daher ist es erforderlich, dass auch ein drittes GA mit Lichtbildern erstellt wird, weil die Versicherungen ja bekanntlich Eigentumsverletzungen an den GA begehen, §§ 823 I und II BGB.
20 km kann in Ballungsräumen und Großstädten ein Problem sein. Das will ich auch nicht von der Hand weisen. Auch auf dem flachen Land in der Nähe von Wolfsburg mögen 20 km zu kurz sein. Auch insoweit gebe ich Dir recht.
Aber gehe bitte davon aus, dass ich nicht jedes Urteil, das ich hier veröffentliche, in allen Details unbedenklich finde. Grund der Veröffentlichung ist doch der, dass die HUK-Coburg den berechtigten Schadensersatzanspruch des Geschädigten, hier in der Form des abgetretenen Anspruchs, kürzt und dann der VN dieser Coburger Firma das auslöffeln muss, was ihm seine, ach so gute, Versicherung eingebrockt hat. Darüber hinaus hat er noch Zinsen und Anwalts- und Gerichtskosten zu zahlen. Prima Versicherung, oder? Das war doch das Hauptthema.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
AG Wolfsburg verurteilt mit Urteil vom 25.3.2011 – 22 C 58/11 – den VN der HUK-Coburg zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten, die vorher seine Versicherung gekürzt hatte.
Donnerstag, 28.07.2011 um 21:10 von Willi Wacker
Guten Tag, Willi Wacker,
auch dieses Urteil enthält wieder einige interessante Aspekte, wenn eingangs z.B. ausgeführt wird:
„Von dem abgetretenen Schadensersatzanspruch des Klägers sind die Kosten der Schadensfeststellung als Teil des zu ersetzenden Schadens umfasst.
Die Kosten für ein insoweit eingeholtes Sachverständigengutachten sind dabei zu ersetzen, soweit sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren.“
Daraus resultieren doch zumindest 2 Fragen:
1) Welche aufgegeben Kosten sollen denn nach Ansicht der HUK-COBURG nicht zur Schadenfeststellung gehören ?
2) Warum sollen hier gerade Kosten in Höhe von 217,17 € zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen sein ? Und welche Leistungsinhalte lt. Abrechnung sind davon in welchem Umfang betroffen ?
Wäre es nicht Sache der HUK-COBURG, das dem Gericht darzulegen ?
Wenn dem so ist, warum wird das nicht immer wieder in den Vordergrund gestellt ?
In diesem Urteil wird auch eine Honorarvereinbarung angemerkt, die ja ansonsten kaum Beachtung findet. Da der Inhalt dieser Vereinbarung aus den Entscheidungsgründen nicht ersichtlich ist, sollte man sich dazu eine Anmerkung zunächst ersparen.
Wichtig erscheint mir in diesem Urteil folgende Passage:
„Das Gericht hatte hier somit nicht darüber zu entscheiden, ob eine übliche Vergütung als vereinbart zugrunde zu legen war (§ 632 Abs. 2 BGB), sondern ob der Unfallgeschädigte (Zedent) durch die Auswahl konkret des Klägers als Sachverständigen und die konkret getroffene Honorarvereinbarung gegen seine Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB verstoßen hat.“
Das schon fast übliche Gerangel um die Frage der sog. Üblichkeit ist hier mit zutreffenden Argumenten, aber auch mit gesundem Menschenverstand, als schadenersatzrechtlich bedeutungslos zur Seite gestellt worden, zumal § 249 BGB eine solche Randbedingung nicht beinhaltet.
Allerdings ist auch hier wieder einmal interessant, dass die HUK-COBURG dem Unfallopfer offenbar keinen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht anlastet, gleichwohl aber auf einem ungesattelten Pferd das Rennen für sich entscheiden wollte.
Es muß einmal ganz deutlich herausgestellt werden, dass im Zusammenhang mit gekürzten Schadenersatzansprüchen die damit befaßten Gerichte sich immer wieder zu irgendwelchen Rechenoperationen veranlaßt sehen und zwar im Zusammenhang mit der Üblichkeits-und Erforderlichkeitsfrage. § 249 BGB kann zu einer solchen vermeintlichen Erforderlichkeit keinen Anlaß geben und das sollte spätestens mit Zuordnung der heranziehbaren BGH-Entscheidungen auch ausreichend nachvollziehbar sein.
Die HUK-COBURG beschränkt sich in diesem von ihr arrangierten Verwirrspiel letztlich darauf, eine billige Schadenverteilung durch das Gericht anzustreben, was dazu führen würde, dass dem Unfallopfer sein im Zeitpunkt des Schadeneintritts nach § 249 S. 1 enstandener Schadenersatzanspruch zum Teil abgesprochen wird.
Mit welchem Recht hält sich eigentlich die HUK-COBURG für befugt, dem Geschädigten ex post nur einen bestimmten Betrag an Sachverständigenkosten zubilligen zu wollen und ihm damit das Risiko anzulasten, sich auf eine Dienstleistungserbringung unbestimmter Güte und möglicherweise anderer nachteiliger Eigenschaften beschränken zu müssen ?
Obwohl der BGH ausreichend eindeutig einer solchen Betrachtungsweise in den bekannten Urteilen entgegengetreten ist, gibt es hin und wieder auch andere Beurteilungsansätze die den Schädiger gesetzwidrig begünstigen und ihn in der Absicht bestärken, mit Hilfe der Gerichte eine Art „Gebührenordnung“ nach eigenen Gutdünken einzuführen.
Mit freundlichen Grüßen
K.W.
@ Willi Wacker
„Aber gehe bitte davon aus, dass ich nicht jedes Urteil, das ich hier veröffentliche, in allen Details unbedenklich finde. Grund der Veröffentlichung ist doch der, dass die HUK-Coburg den berechtigten Schadensersatzanspruch des Geschädigten, hier in der Form des abgetretenen Anspruchs, kürzt und dann der VN dieser Coburger Firma das auslöffeln muss, was ihm seine, ach so gute, Versicherung eingebrockt hat. “
Hi Willi,
wenn DU die Urteilsveröffentlichung durch Dich als Vorwurf auffasst, ist das nicht beabsichtigt.Ich weise lediglich auf den Nutzen des Urteilsspruches für die Versicherungen hin.
In Zukunft können die Geschädigten in einem ersten Anschreiben, der Schädigerversicherung nach Einreichung des GA auf diese „nicht erstattungsfähigen Beträge“ hingewiesen werden mit dementsprechenden Abzügen.
Mit solchen fehlerhaften Urteilen können alle Geschädigte verunsichert werden auch wenn es eine Ausnahme darstellt.