Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
wieder einmal war es die HUK-COBURG, die die berechneten Sachverständigenkosten gekürzt hatte. Folgerichtig wurde wegen des Differenzbetrages nicht meehr die HUK-COBBURG, sondern ihr Versicherungsnehmer als Unfallverursacher gerichtlich in Anspruch genommen. Da die restlichen Schverständigenkosten erfüllungshalber abgetreten waren, klagte der Sachverständige aus abgetretenem Recht den Restschadensersatz des Geschädigten bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Zweibrücken ein. Und wieder einmal musste ein Versicherungsnehmer der HUK-COBURG erfahren, dass seine Kfz-Haftpflichtversicherung mit dem blanken Schild nicht nach Recht und Gesetz den von ihm angerichteten Schaden reguliert hatte. Wieder einmal erfuhr ein Versicherter der HUK-COBURG, dass seine Versicherung aus Coburg Versichertengelder unnütz vergeudet hat, indem nutzlose Prozesse um gekürzte Sachverständigenkosten geführt und verloren wurden. Zu den gekürzten Sachverständigenkosten kommen jetzt noch die Anwalts- und Gerichtskosten hinzu. So werden Gelder der Versicherten verbrannt. Wir finden das nur noch peinlich für eine große Kfz-Haftpflichtversicherung. Aber dieses Urteil ergänzt wiederum die Sammlung der Urteile gegen die HUK-COBURG und ihre Versicherungsnehmer. Lest selbst das Urteil des AG Zweibrücken und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
1 C 82/15
Amtsgericht
Zweibrücken
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin
gegen
Beklagter
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Zweibrücken durch die Richterin am Landgericht B.-L. am 19.08.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1, Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 113,17 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.08.2014 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der weiteren Sachverständigenkosten in Höhe von 113,17 € aus §§ 7, § 18 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 249, 398 BGB.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Grundsätzlich sind auch die Kosten der Schadensfeststellung Teil des nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzenden Schadens, mithin auch die Kosten von Sachverständigengutachten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH, Urteil vom 23.12.2007, Az. VI ZR 67/06, 1450; Urteil vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13; Urteil vom 22.07.2014, Az. VI ZR 357/13, jeweils rech. in JURIS). Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei, er kann jedoch nach § 249 Abs. 2 BGB vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen, Dabei ist der Geschädigte aber nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch dem Rechtsgedanken des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Jedoch darf hierbei nicht das Grundanliegen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB aus den Augen verloren werden. dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll (BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13).
Zum Zweck der Erstellung eines Schadensgutachtens, welches regelmäßig von der Haftpflichtversicherung des Schädigers vorausgesetzt wird, darf sich der Geschädigte daher damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren KfZ-Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH a.a.O. sowie im Urteil vom 22.07.2014, Az. VI ZR 357/13), Der Bundesgerichtshof hat in Abkehr seiner Rechtsprechung vom Urteil vom 11,02.2014 (Az. VI 225/13) im Urteil vom 22.07.2014 (Az. VI ZR 357/13) darauf hingewiesen, dass der Geschädigte seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast nicht schon allein durch die Vorlage der Rechnung des in Anspruch genommenen Sachverständigen (so noch im Urteil vom 11.02.2014), sondern ausschließlich durch Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen genügt. Damit bildet (ex post gesehen) ausschließlich der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Vorliegend hat jedoch nicht der Geschädigte, sondern die hinter dem Beklagten stehende Haftpflichtversicherung unstreitig auf die Rechnung des Sachverständigen 600,006 gezahlt. Nachdem gerade die Begleichung der Rechnung jedoch ein wesentliches Indizmoment darstellt, da der Geschädigte damit bestätigt, dass die entsprechende Preisvereinbarung getroffen wurde und die für ihn nicht vorhersehbaren Kosten nicht einfach auf den Schädiger abgewälzt werden sollen, ist die Indizwirkung der Angemessenheit der Kosten damit vorliegend entfallen.
Dem Geschädigten steht damit ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Schadensgutachten, bestehend aus dem Grundhonorar und den tatsächlich entstandenen Nebenkosten zu, wenn und soweit diese nicht deutlich überhöht sind und dies für den Geschädigten erkennbar ist. Zumindest letzteres war vorliegend nicht der Fall.
Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt vom Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (BGHZ 132, 373, 376 m.w.N.). Aus dem Grundanliegen des § 249 BGB den Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers einen möglichst vollständigen Schadensausgleich zukommen zu lassen, folgt für die Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, dass eine subjektbezogene Scha-densbetrachtung anzustellen ist, d.h. es ist Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten nehmen, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten (vgl. BGHZ 132, 373, 376/377; 163, 362, 365 jew. m.w.N.).
Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Zwar verbleibt ihm das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl, BGH VersR 2007, 560), Weil es jedoch im Gegensatz etwa zu dem Bereich des Mietwagengeschäfts bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten, geschweige denn an allgemein zugänglichen Preislisten, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, mithin an verbindlichen Richtgrößen für die Honorarbemessung fehlt (vgl. Roß NZV 2001, 321, 322 m.w.N), wird der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Erst wenn für ihn als Laie erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Honorarberechnung missachtet, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung verlangen (OLG Hamm NZV 2001, 433; DAR 1997, 275; OLG Nürnberg OLGR 2002, 471; LG Berlin NZV 2004, 635, 637; Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., 3. Kap. Rdn. 121, jew. m.w.N.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz der restlichen streitgegenständlichen Sachverständigengebühren zu.
Der Umstand, dass sich die Abrechnung an der Schadenshöhe orientiert und ohne Rücksicht auf den Zeitaufwand erfolgt ist, ist unbedenklich. Eine solche an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars trägt nämlich dem Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH VersR 2007, 560; LG Zweibrücken, Urteil vom 18.10.2011, AZ. 3 S 3/11).
Eine von der Beklagten behauptete gleichwohl vorliegende Überhöhung der Kosten war für den Geschädigten jedenfalls nicht erkennbar.
Sonstige besondere Umstände, aus welchen die Geschädigte von vomeherein den Schluss hätte ziehen können, dass der Sachverständige im Verhältnis zum konkret entstandenen Unfalischa-den ein Honorar verlangt, das die in der Branche üblichen Sätze deutlich übersteigt, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Schließlich hat auch die Beklagte zur Frage der Erkennbarkeit einer möglichen Überhöhung des Honorars nichts vorgetragen.
Dass der Sachverständige Leistungen in Rechnung gestellt hätte, die er tatsächlich nicht erbracht hat, ist ebenfalls nicht dargetan.
Zwar hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten, dass die Fahrtkosten angefallen sind sowie die Erforderlichkeit in Frage gestellt; die Klägerin hat jedoch mit mit Schriftsatz vom 02.04.2015 substantiiert dargelegt, dass im Rahmen der Sachverständigenbegutachtung eine Besichtigung des Kfz stattgefunden habe, wobei der Sachverständige nach Zweibrücken fahren musste, um das dort abgestellte Fahrzeug zu besichtigen. Dass für diese Fahrt insgesamt 2 km angefallen sind, ist für das Gericht ohne Weiteres nachvollziehbar. Die Beklagte hat diesen substantiierten Sachvortrag nicht mehr bestritten.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288 Abs. 1, 286 BGB.
Der Klageanspruch war daher mit der Koslenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO vollumfänglich zuzusprechen; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist § 708 Nr. 11, 713 ZPO entnommen.
B.-L.
Richterin am Landgericht
Beschluss
Der Streitwert wird auf 113,17 € festgesetzt.