Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek hat mit Urteil vom 31.03.2006 (716 C 85/05) gegen die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG wie folgt entschieden:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 884,32 € nebst Zinsen sowie weitere 397,78 € zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Parteien streiten über die Ersatzpflicht der Beklagten für Sachverständigenkosten, eine Reparaturkostenrechnung und sog. UPE-Aufschläge nach einem Verkehrsunfall, der in Hamburg am 07.09.2005 stattfand und an dem das Fahrzeug des Klägers durch ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug beschädigt wurde. Nach dem Unfall war das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte dem Kläger dem Grunde nach für den entstandenen Schaden zu 100% haftet.
Der Kläger ließ den an seinem Fahrzeug entstandenen Schaden durch das Sachverständigenbüro B. gutachterlich feststellen. Der Sachverständige stellte einen Reparaturaufwand von 8.266,06 € fest. Hiervon entfielen auf sog. UPE-Aufschläge, die in Fachwerkstätten für die Vorratshaltung von Ersatzteilen berechnet werden, wenn hierdurch die Reparaturdauer verkürzt wird, 397,78 €. Für das Schadensgutachten stellte der Sachverständige einen Betrag von 833,04 € in Rechnung.
Der Kläger ließ sein Fahrzeug anschließend reparieren. Vor Beendigung der Reparatur bat der Kläger die Beklagte um Mitteilung, ob die Beklagte zur Begleichung des geltend gemachten Nutungsausfalls eine kostenpflichtige Reparaturbestätigung benötigt. Nachdem keine Verweisung auf eine kostengünstigere Variante erfolgte, ließ der Kläger eine Reparaturbestätigung erstellen, für die der Sachverständige weitere 46,20 € in Rechnung stellte.
Der Kläger sandte die Rechnungen zur Regulierung an die Beklagte. Die Beklagte beglich die Reparaturkosten abzüglich der UPE-Aufschläge und verweigerte wegen enthaltener Pauschalpositionen den Ausgleich der Sachverständigenrechnungen.
Der Kläger beglich zur Vermeidung klageweiser Inanspruchnahme durch den Sachverständigen die Rechnungen des Sachverständigen B. aus eigenen Mitteln. Er verlangte sodann unter gleichzeitigem Angebot der Abtretung eigener Regressansprüche gegenüber dem Sachverständigen erneut Zahlung von der Beklagten, welches die Beklagte erneut ablehnte.
Die Beklagte war der Ansicht, die Kostenrechnungen des Sachverständigen B. sei überhöht. Anstelle der Vergütung nach Schadenshöhe sei eine Abrechnung nach Zeitaufwand notwendig gewesen.
Aus diesem Grunde seien die Rechnungen des Sachverständigen nicht prüffähig und damit nicht fällig. UPE-Aufschläge stünden dem Geschädigten nicht bei einer fiktiven Reparaturkostenabrechnung zu.
Die Klage ist zulässig und hat Erfolg.
Der Kläger kann von der Beklagten Ersatz des ihm durch den Verkehrsunfall entstandenen Schadens ersetzt verlangen. Dies ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig. Zu den ersatzfähigen Schäden zählen auch die geltend gemachten Zahlungsansprüche.
Erstattungsfähig sind gemäß § 249 BGB die zur Herstellung erforderlichen Kosten. Dies sind zunächst die zur Wiederherstellung aufzuwendenden Kosten, mithin die Reparaturkosten, sofern der Geschädigte die Sache reparieren lässt und weiter nutzt. Dabei kann der Geschädigte der Schadensberechnung auch ein Reparaturgutachten zugrunde legen. Dies gilt selbst dann, wenn die Reparatur fachgerecht durchgeführt und der Rechnungsbetrag erheblich niedriger ist (BGH NJW 2003, 2085). Zu den Reparaturkosten zählen damit auch bei einer fiktiv durchgeführten Schadensberechnung die UPE-Aufschläge. Ihr Abzug würde die Abrechnung auf Gutachterbasis unzulässigerweise mit der auf Rechnungsbasis vermengen (Rosinentheorie, vgl. 0LG Köln, DAR 2001, 405). Das Schadensgutachten ist durch die Hinzurechnung der UPE-Aufschläge auch nicht überhöht. UPE-Aufschläge fallen bei einer Reparatur des Fahrzeugs in Hamburg stets an und sind damit erforderlich für deren Durchführung. Eine kostengünstigere Reparaturmöglichkeit ohne UPE-Aufschläge außerhalb Hamburgs ist angesichts der hierfür anfallenden Verbringungskosten nicht ersichtlich und wurde von der Beklagten auch nicht dargelegt.
Zu den notwendigen Aufwendungen zählen darüber hinaus die Sachverständigenkosten, die zur Schadensermittlung und seiner Geltendmachung gegenüber der Versicherung erforderlich sind. Über die grundsätzliche Erforderlichkeit eines Sachverständigengutachtens besteht für den vorliegenden Rechtsstreit zwischen den Parteien Einigkeit. Entgegen der Auffassung der Beklagten waren die vorliegend geltend gemachten Sachverständigenkosten aber auch der Höhe nach erforderlich.
Als erforderlich sind nämlich grundsätzlich diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (BGHZ 61, 346, 349 f.). Der Geschädigte ist dabei zwar unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen (BGHZ 132, 373, 375 m.w.N.), dieser Schadensminderungspflicht ist er aber nachgekommen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Geschädigte die geltend gemachten Sachverständigenkosten im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen für willkürlich, überhöht und nicht marktüblich halten konnte.
Eine Verpflichtung des Geschädigten vor Beauftragung eines Sachverständigen eine sogenannte Marktforschung zu betreiben, besteht auch nach der Rechtsprechung des BGH zu Unfallersatztarifen nicht (vgl. auch AG Hamburg Urteil vom 11.01.2006, -54A C 100/05-).
Allein aus der Höhe des Kostenbetrages ergibt sich auch nicht, dass die Kosten für die Begutachtung willkürlich und überhöht wären. Jedenfalls ist nicht ohne weiteres erkennbar, dass eine Abrechnung nach Zeitaufwand zu einem günstigeren Gutachten führen würde. Es ist auch gerichtsbekannt, dass die von der Beklagten angeführte Stundenvergütung gem. § 3 ZSEG von 52,00 € je Stunde üblicherweise auch nicht von den Sachverständigen zugrunde gelegt wird, die nach Zeitaufwand berechnen, sondern ein höherer Stundensatz vereinbart wird.
In Anbetracht dessen stellen sich die in Rechnung gestellten 838,04 € nicht als erkennbar überhöht oder unwirtschaftlich dar. Die Sachverständigenkosten konnten mithin aus Sicht des Geschädigten als erforderlich im Sinne des § 249 BGB angesehen werden und sind daher dem Kläger zu erstatten.
Zu den durch den Schaden entstandenen und von der Beklagten zu erstattenden Kosten zählt darüber hinaus auch die Reparaturkostenbestätigung und deren Kosten. Über diese Reparaturbestätigung wird die Dauer des Nutzungsausfallens belegt. Der Kläger hatte sich bei der Beklagten vor deren Ausstellung erkundigt, ob sie im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Nutzungsausfall auf eine Reparaturbestätigung besteht. Da die Beklagte hierauf nicht reagiert hat, musste der Kläger sie für seine zweckentsprechende Rechtsverfolgung als notwendig und erforderlich erachten.
Der Klage war daher in vollem Umfange stattzugeben.
So das Urteil des Amtsgerichtes Hamburg-Wandsbek.
Urteilsliste “Fiktive Abrechnung u. SV-Honorar/Reparaturbestätigung” zum Download >>>>>
Hi Willi,
wieder ein schönes Honorarurteil, dieses Mal wieder aus dem Norden. Machen Sie weiter so. Wie ich erfahren habe, soll in den Fachanwaltsseminaren für Verkehrsrechtsanwälte auf die Urteilssammlung von Captain-HUK hingewiesen worden sein.
MfG
Friedhelm S.
Hi Willi Wacker, da versteh noch einer die Geschädigten, welche trotz Hinweis und Zusammenrechnung des entgangenen Anspruchs sagen: Das nächste mal, ja da gehe ich zum Anwalt.
Biste Sprachlos!
Virus
Hallo Virus,
Sie wissen doch: Wenn es gekracht hat, zuerst zum Anwalt, dann zum SV, den der qualifizierte, im Verkehrsschadensrecht erfahrene Anwalt bestimmt sofort benennen kann. Dann ist der Geschädigte in guten Händen. Dann kommen auch die hier im Blog veröffentlichten Urteile heraus.
Ein schönes Wochenende im Wald
Ihr Willi wacker