Amtsgericht Münster verurteilt LVM Versicherung Münster zur Zahlung des Sachverständigenhonorares aus abgetretenem Recht (4 C 4939/08 vom 01.04.2009)

Die Amtsrichterin der 4. Zivilabteilung des AG Münster hat mit Urteil vom 01.04.2009 die LVM verurteilt, an den klagenden Sachverständigen aus abgetretenem Recht 1.226,77€ nebst Zinsen zu zahlen sowie weitere 186,24€. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreites (Az.: 4 C 4939/08 vom 01.04.2009).

Tatbestand:

Der Kläger macht aus abgetretenem Recht seinen Honoraranspruch für die Erstellung eines Gutachtens gegen den Beklagten geltend.
Der Kläger ist Gutachter für Automobiltechnik und Unfallanalytik. Nach dem am 13.12.2007 bei einem Unfall das Fahrzeug eines Herrn H. beschädigt wurde, woran allein den Versicherungsnehmer des Beklagten die Schuld traf, hat Herr H. am 14.12.2007 den Kläger mit der Erstellung eines Gutachtens zur Beweissicherung beauftragt Die Vergütung zwischen dem Kläger und Herrn H. wurde schriftlich vereinbart einschließlich einer Sicherungsabtretung Unter dem 17.12.2007 erstellte der Kläger sein Gutachten und rechnete ebenfalls mit Rechnung vom 17.12.2007 sein Honorar in Höhe von 1.226,77 € ab. Der Beklagte regulierte den Schaden des Herrn H. entsprechend des Gutachtens. Das Honorar des Klägers erstattete der Beklagte nicht.

Am 23.01.2008 forderte der Beklagte den Kläger auf, Nachweis im Hinblick auf das vom Kläger bezifferte Restwertangebot in Höhe von 2.500,00 € für das beschädigte Kfz, einen Pkw Skoda des Typs Octavia Kombi Ambiente, Erstzulassung Oktober 2004 mit einem Kilometerstand von 44.000 Km zu übergeben. Dem kam der Kläger zunächst nicht nach. Erst nachdem die Beklagten auch weiterhin die Zahlung ablehnte, überreichte dieser mit Schreiben vom 01.08.2008 drei Restwertangebote, wie sie der Beklagte der Klageerwiederung beigefügt hat (Blatt 49, 50, 51 der Akte). Die Restwertangebote belaufen sich über 2.500,00 € vom Autohaus B., die den Wagen letztendlich gekauft haben. Das Angebot datiert vom 18.12.2007. Desweiteren gibt es ein weiteres Angebot vom 18.12.2007 der Firma N. über 2.500,00  € und ein undatiertes Angebot des Skoda-Servicepartner S. von 2.750,00 € mit dem Zusatz: verbindlich nach Besichtigung.
Gleichwohl lehnte der Beklagte weiterhin die Zahlung des Honorars ab. Auch der Geschädigte Herr H. lehnte die Zahlung gegenüber dem Kläger ab.
Am 10.10.2008 glich der Kläger die Kosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 186,24 € aus.
Der Kläger behauptet, den Restwert in ordnungsgemäßer Weise ermittelt zu haben. Er habe zunächst mündlich mehr als drei Angebote eingeholt, die sich alle im Rahmen von 2.500,00 € bewegten. Auch habe er darüber hinaus eigene Berechnungen durchgeführt, die ebenfalls diese Größenordnung erreichten. Im Hinblick auf die Eile des Schadensfalls – es sei kurz vor Weihnachten gewesen – habe er bei denen, die dann auch ihr Angebot verschriftlicht hätten, zuvor mündlich angefragt. Ein Tag später hätten diese dann schriftlich ihr Restwertangebot gemacht. Soweit der Beklagte behaupte, er habe die Angebote nicht zuvor zur Erstellung des Gutachtens eingeholt, sei dies unzutreffend. Auch seien drei Angebote ausreichend. Im Übrigen macht der Kläger geltend, dass der Kläger nicht verpflichtet sei, auf einem speziellen Markt das Auto zum Verkauf anzubieten, insbesondere unter Zuhilfenahme des lnternets. Eine derartige Verpflichtung treffe ihn nicht. Der von ihm ermittelte Preis sei der auf dem regionalen Markt üblicherweise zu erzielende Preis. Die Verteidigung des Beklagten, die allein in der Aufrechnung bestehe, greife nicht durch. Der Beklagte sei bereits nicht in den Schutzbereich des zwischen dem Kläger und seinem Auftraggeber geschlossenen Werkvertrages einbezogen. Schlussendlich habe der Kläger aber keine Pflichtverletzung begangen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.226,77 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2008 zu zahlen sowie an den Kläger 186,24 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2008 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.
Dem Beklagten stünden Schadensersatzansprüche in Höhe von 2.730,00 € gegen den Kläger zu. Mit diesem Anspruch werde aufgerechnet. Hintergrund sei, dass unter Berücksichtigung der Grundsätze über die Schutzwirkung zugunsten Dritter dem Beklagten ein Schaden dadurch entstanden sei, dass er habe auf der Grundlage der unzutreffenden Ausführungen des Klägers zum Restwertangebot abrechnen müssen. Der Restwert sei vom Kläger mit 2.500,00€ erkennbar zu niedrig ermittelt worden. Auf dem allgemeinen regionalen Markt sei problemlos ein Restwert in Höhe von 5.230,00 € erzeilbar gewesen. Anhaltspunkt dafür sei, dass der Beklagte selber das Fahrzeug des Gutachtens ins Internet eingestellt habe bei Auto-Online. Es seien 16 Angebote eingegangen, die ausnahmslos 2.500,00 € überstiegen hätten, wobei zwei Angebote über 6.000,00 € und insgesamt 10 über 5.000,00 € gelegen hätten. Ein Angebot stamme von einer Firma aus Gronau und habe sich über 5.230,00 € verhalten.
Da der Kläger auch auf erste Anforderung die von ihm behaupteten Restwertangebote nicht beigefügt habe, werde bestritten, dass dieser vor Erstellung des Gutachtens überhaupt drei Restwertangebote eingeholt habe, wobei drei Angebote nicht ausreichend seien.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 04.03.2009 durch Vernehmung der Zeugen Edmund N., Klaus S. und Erika B.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die jeweiligen Sitzungsniederschriften Der Kläger hat dazu behauptet, eigene rechnerische Ermittlungen getätigt zu haben und darüber hinaus mehr als drei Angebote bei regionalen Kfz-Händlern eingeholt zu haben, wobei er drei nach mündlicher Angabe einen Tag später sich habe schriftlich geben lassen. Jedoch bereits vor Gutachtenerstellung habe er diese mündliche eingeholt. Nach seinem eigenen Sachvortrag hat er damit eine Vertragspflichtverletzung nicht begangen.
Der Beklagte hat den Beweis einer objektiven Pflichtverletzung des Klägers nicht geführt.
Die Zeugen N., S. und B. haben bekundet, dass sie nur auf Anfrage ein Angebot abgeben hätten, es nicht im Nachhinein quasi auf Bitten des Klägers erstellt worden sei. Die Zeugen B. und S. konnten bestätigen, dass die Angaben auf den Angeboten ihre Unterschrift enthalten. Der Zeuge N. hat bei seiner Bekundung allerdings eingeräumt, ein sehr niedriges Angebot abgegeben zu haben. Gleichzeitig machte er geltend, dass er jedenfalls zu diesem Preis gekauft hätte, da es für ihn kein Risiko dargestellt hätte. Der Zeuge S. erklärte auf Vorhalt, dass er nach wie vor bei seiner Angabe von 2.750,00 € verbleibe. Auch die Zeugin B. erklärte, dass das Angebot nach Besichtigung abgegeben worden sei.
Ausgehend davon, dass den Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründende Tatsache der objektiven Pflichtverletzung des Klägers trifft, hat dieser nicht beweisen konnen, dass der Klager nicht seien Pflichten nachgekommen ist, dass heißt die Restwertangebote, auf die sich der Kläger berufen hat, auf dem allgemeinen Markt tatsächlich nicht eingeholt hat (vergl. LG Kaiserslautern, a.a.O.; OLG Köln NJW-RR 2005, 26f).
Auch sind Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen in Übereinstimmung mit dem Kläger bewusst niedrige Angaben machen, nicht ersichtlich. Wie aus den zitierten Vergleichsfällen der Rechtssprechung erkennbar ist, gehen auch bei den dort zugrunde liegenden Fällen die Angaben zu den Restwertangeboten erheblichst auseinander. Hintergrund sind jeweils unterschiedliche Interessen der Beteiligten. Da dem Kläger jedoch nur dieselbe Verpflichtung trifft, wie sie den Geschädigten trifft, nämlich auf dem regionalen Markt drei Angebote einzuholen, geht das Risiko, dass über andere Börsen deutlich hohere Restwertangebote gegebenenfalls zu erzielen wären, zu Lasten des Beklagten als Versicherer.
Ein Sachverständigengutachten zur Frage des Restwertangebotes auf dem regional örtlichen Markt brauchte das Gericht nicht einzuholen. Selbst wenn ein Sachverständiger einen anderen Wert ermittelt, kann nicht erkannt werden, dass der Kläger, nach dem feststeht, dass er drei Restwertangebote eingeholt hat, gegen seine Pflicht bei der Erstellung eines Gutachtens verstoßen hat.
Nach alledem steht dem Beklagten ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch nicht zur Seite, sodass die Klage begründet ist.
Ausgehend hiervon ist der Beklagte auch verpflichtet, für die vorgerichtliche Tätigkeit die Gebühren zu ersetzen in Höhe von 186,24 €. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich im Weiteren gemäß § 280, 286 BGB bzgl. der Haupforderung. Bzgl. der Nebenforderung war er zurück zu weisen mangels schlüssiger Darlegung.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

So die Amtsrichterin der 4. Zivilabteilung des AG Münster.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, Haftpflichtschaden, LVM Versicherung, Rechtsanwaltskosten, Restwert - Restwertbörse, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Amtsgericht Münster verurteilt LVM Versicherung Münster zur Zahlung des Sachverständigenhonorares aus abgetretenem Recht (4 C 4939/08 vom 01.04.2009)

  1. Werkstatt-Freund sagt:

    Hi Willi,
    ein erfreulich klares Sachverständigenhonorarurteil. Es gibt sie also doch noch. Zwischenzeitlich hatte ich den Eindruck, die Rechtstreite über Sachverständigenhonorare nehmen ab. Vielleicht lernen die Versicherungen doch, dachte ich. Jetzt zeigt sich, dass es doch weiter geht.
    MfG
    Werkstatt-Freund

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert