Amtsgericht Neu-Ulm verurteilt HUK-VN zur Zahlung restlichen SV-Honorars

Das AG Neu-Ulm hat mit Endurteil vom 17.04.2008 – 1 C 934/07 – den Unfallverursacher zur Zahlung restlichen SV-Honorars i. H. v. 96,25 € nebst Zinsen verurteilt. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig und vollumfänglich begründet.Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht aufgrund des Verkehrsunfalles vom 24.03.2007 ge­gen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 96,25 € aus §§ 398, 249 BGB i. V. m. § 7 Abs. 1 StVG zu. Der klagende SV ist auch aktivlegitimiert. Die von der Zedentin erklärte Abtretung der Forderung gegen den Beklagten ist nicht wegen Ver­stoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG i. V. m. § 134 BGB nichtig.

Nach der Rechtsprechung des BGH bedarf allerdings ein Sachverständiger, der es geschäftsmäßig übernimmt, für unfallge­schädigte Kunden die Schadensregulierung durchzuführen, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG und zwar auch dann, wenn er sich die Schadensersatzforderungen erfüllungshalber abtreten lässt und die eingezogenen Beträge auf seine Forderungen an die Kunden verrechnet. Dabei ist nicht allein auf den Wortlaut der Vereinbarung, sondern auf die gesamten Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen. Geht es dem SV im Wesentlichen darum, die durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, besorgt er keine Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit. Ein solcher Fall liegt dann nicht vor, wenn nach der Geschäftspraxis des SV die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen werden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen werden, denn damit werden den Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst zu kümmern hätten (vgl. BGH Urteil vom 26.10.2004, Az. VI ZR 300/03).

Unter Zugrundelegung dessen liegt kein Verstoß gegen das RBerG im zu entscheidenden Fall vor. Zwischen den Parteien ist unstreitig geblieben, dass der Kläger die Zedentin mit Schreiben vom 29.03.2007 ergebnislos zur Zahlung des Restbetrags aufgefordert hat. Es ist dann aber nicht ersichtlich, welche weitergehenden Maßnahmen er gegenüber der Zedentin hätte ergreifen können,bzw. müssen. Es ist auch allgemein anerkannt, dass der Sicherungsfall nicht erst dann eintritt, wenn der Zedent gerichtlich auf Zahlung in Anspruch genommen worden ist. Vielmehr genügt es, wenn der Zedent – wie vorliegend – trotz Zahlungsaufforderung nicht leistet. Wenn aber der Sicherungsfall eingetreten ist, erschließt sich dem Gericht nicht, weshalb es dem Kläger verwehrt sein sollte, aus der vereinbarten Sicherungsabtretung gegen den Beklagten vorzugehen. Ferner bezieht sich die mit der Zedentin vereinbarte Abtretung nicht auf sämtl. Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall, sondern nur auf Schadensersatzansprüche in Höhe des in der Sachverständigen-Rechnung ausgewiesenen Endbetrags. Auch dies spricht gegen eine umfassende Besorgung fremder Angelegenheiten (vgl. BGH Urteil vom 26.10.2004, Az. VI ZR 300/03).

Die der Zedentin in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten waren auch in voller Höhe erforderlich i. S. d. § 249 BGB.
Gem. §249 BGB kann der Geschädigte verlangen, dass derjenige Zustand hergestellt wird, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte statt der Herstellung den hierfür “erforderlichen“ Geldbetrag verlangen. Als “erforderlich im Sinne des § 249 BGB“ sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung ansehen darf, wobei auf seine spezielle Situation und seine Erkenntnismöglichkeiten Rücksicht zu nehmen ist (BGH Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06). Unproblematisch als erforderlich anzusehen ist die Sachverständigenvergütung, die ein SV bei fehlender Honorarvereinbarung von seinem Vertragspartner verlangen kann. Vorliegend hat der Kläger mit der Zedentin unstreitig keine Preisvereinbarung getroffen. Auch steht zwischen den Parteien unstreitig fest, dass sich eine übliche Vergütung i. S. d. § 632 BGB bislang noch nicht herausgebildet hat. Unter diesen Umständen hatte der Kläger die Höhe der Sachverständigengebühren nach §§ 315, 316 BGB nach billigem Ermessen zu bestimmen. Dieser Anforderung kam der Kläger nach. Die Vergütung des SV darf sich an der Schadenshöhe orientieren (BGH Urteil vom 04.04.2006 NJW 2006, 2472). Der BGH führt aus, dass für die Berechnung der Vergütung der Gegenstand und die Schwierigkeit der Werkleistung sowie insbesondere die von den Vertragsparteien verfolgten Interessen maßgebend sind. Das Gutachten dient normalerweise dazu, einen Schadensersatzan­spruch durchzusetzen. Deshalb überschreitet ein SV bei Routinegutachten den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum bei der Bemessung seines Honorars grundsätzlich nicht, wenn er dieses an der Schadenshöhe orientiert. Ob die Vergütung angemessen und erforderlich ist, kann anhand der Honorarbefragung des BVSK ermittelt werden. Sofern sich das Grundhonorar innerhalb des Honorarkorridors hält, kann es jedenfalls in der Höhe nicht beanstandet werden. Die vereinbarte Vergütung ist auch fällig. Für die Fälligkeit ist unerheblich, ob die Rechnung prüf­fähig ist. Fehlende Prüffähigkeit begründet lediglich ein Zurückbehaltungsrecht (vgl. LG Mann­heim, Urteil vom 30.06.2006, Az. 1 S 2/06).

Dem Kläger steht daher der geltend gemachte Anspruch – auch der Höhe nach – zu.

So das Urteil des AG Neu-Ulm.

Die erkennende Richterin hat sauber die Frage der Aktivlegitimation im Rahmen der Prüfung des Rechtsberatungsgesetzes durchgeführt. Ebenso hat das Gericht sauber die Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB herausgearbeitet. Einziger Wermutstropfen ist immer noch der Hinweis auf die m. E. nicht maßgebliche BVSK-Honorarbefragung.

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10 Antworten zu Amtsgericht Neu-Ulm verurteilt HUK-VN zur Zahlung restlichen SV-Honorars

  1. SV Eiserbeck sagt:

    Hallo,
    es gibt aber auch Amtsgerichte die einem das Leben noch schwerer machen.
    Ich klage zur Zeit vor dem Amtsgericht Halle/Saale gegen die HUK-Coburg wegen restlichem Honorar. Es sind gerade mal ca. 50,00 Euro, aber bei der HUK ist mir die Summe egal, weil die jede Rechnung kürzen. Nun hat das Amtsgericht in Halle beschlossen, es soll ein Gutachten über das erforderliche Honorar eingeholt werden, aber nur dann, wenn ich 500,00 Euro Vorschuss für dieses Gutachten leiste. Werde ich auch tun, aber ich habe Bedenken wegen diesem Gutachter, da der auch aus Halle ist und die HUK dort ein großes Schadensbüro hat. Ich wäre allen sehr dankbar, die mir noch ein wenig Munition geben könnten, da wir ja dem Gericht immer noch was schreiben können.
    Denkt die HUK wirklich, dass man bei dieser Taktiererei aufgibt?

    Schönes Wochenende noch

  2. Hunter sagt:

    Hallo Herr Eiserbeck,

    der zuständige Richter am Amtsgericht Halle/Saale macht Ihnen das Leben nicht nur schwer, sondern hat darüber hinaus keinen blassen Schimmer vom Schadensersatzrecht.
    Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Höhe des Sachverständigenhonorares im Schadensersatzprozess wurde zwar schon des öfteren praktiziert, ist jedoch der grösste Humbug aller Zeiten.

    Die richtige Betrachtung eines Sachverständigenhonorares im Schadensersatzprozesss können Sie z.B. dem Urteil des AG Fürth im Odenwald vom 15.04.2008 (1 C 36/08 (10)) entnehmen.

    Auch das LG Saarbrücken hat am 08.05.2008 (11 S 231/07) klar zum Ausdruck gebracht, dass es sich um einen Rechtsfehler handelt, wenn der Amtsrichter im Schadensersatzprozess die Höhe des Sachverständigenhonorares bzw., wie dort geschehen, einzelne Positionen analysiert.
    Ebenso LG Saarbrücken vom 21.02.2008 (11 S 130/07) zum gleichen Thema.

    Grundlage hierzu ist stets die Betrachtung aus schadensersatzrechtlicher Sicht. Siehe auch BGH-Urteil – VI ZR 67/06 – vom 23.02.2007, in dem klar zum Ausdruck gebracht wurde, dass es im Schadensersatzprozess dem Schädiger als auch dem zuständigen Gericht verboten ist, die Höhe des Sachverständigenhonorares zu "zerlegen".
    Diese Möglichkeit besteht bestenfalls im Rechtsverhältnis Geschädigter/Sachverständiger aus dem hierbei zugrunde liegenden Werkvertrag.

    Sofern kein Auswahlverschulden des Geschädigten vorliegt und das SV-Honorar zum Zeitpunkt der Beauftragung (ex ante) für einen Laien sichtbar nicht in einem auffallenden Missverhältnis zur gebotenen Leistung steht, hat der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer dem Geschädigten das Sachverständigenhonorar ohne wenn und aber zu ersetzen und kann sich dann, wenn er der Meinung sein sollte, das Honorar sei nicht angemessen, die Rechte des Geschädigten aus dem Werkvertrag abtreten lassen und den Sachverständigen auf Rückzahlung vermeintlich überhöhter Beträge in Anspruch nehmen bzw. verklagen.

    Wenn der Richter also nicht einmal bei nachträglicher Betrachtung, durch Vorlage der Rechnung, (ex post) erkennen kann, ob die Höhe des SV-Honorar der Leistung angemessen ist (-indem er ein Gutachten zur Überprüfung des SV-Honorares in Auftrag geben will-), wurde hierdurch doch schon mehr als ein Beweis erbracht, dass ein Laie nicht in der Lage sein konnte, die Berechtigung des Sachverständigenhonorares bereits bei der Beauftragung einzuschätzen.

    Übrigens ist mir persönlich kein einziger Fall bekannt, bei dem die HUK den Weg des Honorarregresses beschritten hat.

    Warum wohl?

    Müsste Ihr Anwalt aber alles wissen, wenn er bei CH mitliest?!

  3. Nofretete sagt:

    @SV Eiserbeck

    Hunter hat Ihnen die erforderliche Argumentation gegeben. Sicherheitshalber sollten Sie aber auch auf den vom Gericht eingeschlagenen Weg reagieren. Lassen Sie Ihren Rechtsanwalt an das Gericht schreiben, dass das Gericht vom beauftragen Sachverständigen vor der Gutachtenbearbeitung Erklärungen zu folgenden Fragen verlangen soll:

    1. Welche Honoraruntersuchungen hat er SELBST durchgeführt?
    2. Welche Honoraruntersuchungen sind ihm IM DETAIL bekannt?
    3. Hat er in der Vergangenheit für die HUK gearbeitet?

    Schon bei den ersten beiden Fragen dürfte eine Vielzahl von Sachverständigen, die Honorargutachten erstellen, zugeben müssen, dass sie eigentlich keine echte Ahnung haben. Da gerichtliche Sachverständige VOR der Auftragsbearbeitung prüfen müssen, ob der Auftrag in ihr Sachgebiet fällt, macht sich ein Sachverständiger, der das Gericht nicht über seine Unkenntnis/Unfähigkeit informiert, schadensersatzpflichtig bzw. verliert seinen Vergütungsanspruch.

  4. SV Eiserbeck sagt:

    Danke für alle Hinweise, habe heute schon wieder das nächste Kürzungsschreiben von der HUK im Briefkasten gehabt. Trotzdem wird der Kampf nicht aufgegeben.

    Schönes Restwochenende noch

  5. Andreas sagt:

    Hallo Herr Kollege,

    Sie können natürlich auch verlangen, dass ein für dieses Sachgebiet öffentlich bestellter und vereidigter SV beauftragt wird, denn diese gibt es und daher sind sie zu bevorzugen.

    Wenn der beauftragte SV „nur“ öbuv für Schäden und Bewertung ist, hat das nichts mit Honoraren zu tun.

    Grüße

    Andreas

  6. Hunter sagt:

    Man kann bzw. muss nachdrücklich verlangen, dass in der Angelegenheit des Herrn Eiserbeck überhaupt kein Sachverständiger zu beauftragen ist und der Richter gemäß ZPO gefälligst selbst entscheidet, ob der Geschädigte bei Beauftragung des Sachverständigen als Laie erkennen konnte, s.o……………..

    Schadensersatzrecht = keinerlei Rechtsgrundlage zur Überprüfung der Höhe des Sachverständigenhonorares!

    Alles andere ist Nonsens.

  7. Andreas sagt:

    Hallo Hunter,

    natürlich ist alles andere Nonsens. Aber wenn der Richter nicht will, will er nicht! Und bei 50,- Euro ist das auch nicht berufungsfähig, wenn er es nicht extra berufungsfähig machen will.

    So und jetzt? Da hat der Sachverständige zwar Recht, bringt ihm aber nix, weil er verloren hat.

    Wenn also schon ein SV, dann einer, der dafür öbuv ist. Der wird dann nämlich schon entsprechendes in seinem Gutachten mitteilen. Und wenn’s die HUK dann halt nochmal 500,- kostet, weil sie verloren hat, ist es umso besser.

    Grüße

    Andreas

  8. Hunter sagt:

    Natürlich braucht man heutzutage bei Gericht stets einen Plan B.
    Wenn der Richter entgegen aller Appelle an die Rechtsvernunft doch auf ein Honorargutachten bestehen sollte, sind die obigen Vorschläge natürlich sehr hilfreich und zutreffend.

    Hält möglicherweise manchen Richter davon ab, „auf die Schnelle“ irgend ein Gutachten in Auftrag zu geben.

    Zur Festigung der Rechtsprechung im Sinne des Schadensersatzrechtes sollte Plan B jedoch nur bei gerichtlicher Uneinsichtigkeit zum Zuge kommen.

  9. SV sagt:

    Kompliziert wird es, wenn der Richter für Familienrecht zum Richter für Verkehrsrecht wird und der Richter für Verkehrsrecht zum Familienrichter. Daher kommen mir hier eure Ausführungen gerade recht. Diese gehen am Montag umgehend an den Anwalt unseres gemeinsamen Kunden.

    Mann hat es nicht leicht, aber leicht hat es einen – das ist in unserem Fall der passende Spruch.

    Habt Dank!

    SV

  10. downunder sagt:

    hi sv
    wir wünschen viel erfog und bitten vom ergebnis zu berichten.ganz wichtig in ihrem fall sind die hier eingestellten urteile der bochumer gerichte und das urteil des olg naumburg!besonders prägnant auch:GEIGEL,der haftpflichtprozess,kap.3,rz 110 ff.
    didgeridoos,play loud

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