Amtsrichter der 113. Zivilabteilung des AG Leipzig verwirft das Gesprächsergebnis BVSK / HUK-Coburg und verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 4.1.2012 – 113 C 5249/11 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

von Nordrhein-Westfalen nach Sachsen. Hier nun ein weiteres Sachverständigenkostenurteil aus Leipzig. Wieder einmal musste gegen die HUK-Coburg gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden, weil diese Versicherung nicht nach Recht und Gesetz regulieren wollte. Aber der Sachverständige, an den der Schadensersatz auf Erstattung der Sachverständigenkosten abgetreten war, gab sich mit gekürzten sachverständigenkosten nicht zufrieden – zu Recht, wie ihm das angerufene Gericht bestätigte. Das von der Beklagten schon wieder ins Gespräch gebrachte „Gesprächsergebnis zwischen BVSK und HUK-Coburg“ wurde vom Gericht verworfen. Es ist kein Maßstab, an dem ein schadensrechtlich erforderlicher Geldbetrag gemessen werden kann, denn bei dem Gesprächsergebnis handelt es sich um eine Sondervereinbarung, deren Preise der BGH als nicht marktgerecht verworfen hat. 

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Euer Willi Wacker

Amtsgericht
Leipzig

Aktenzeichen: 113 C 5249/11

Verkündet am: 04.01.2012

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G. in Coburg, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg,

– Beklagte –

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Leipzig durch

Richter am Amtsgericht …

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2011 am 04.01.2012

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 634,10 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 08.07.2010 sowie als Nebenforderung 3,00 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird festgesetzt bis zu einem Wert von 900,00 €.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Gutachterkosten aus abgetretenem Recht.

Am 26.04.2010 wurde das damals im Eigentum des Herrn stehende Kraftfahrzeug durch den Fahrer eines bei der Beklagten Haftpflichtversicherten Kraftfahrzeuges allein schuldhaft im Straßenverkehr beschädigt. Der Geschädigte Herr beauftragte am 26.04.2010 die Klägerin mit der Begutachtung der Unfallschäden und die Erstellung eines entsprechenden Schadensgutachtens zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche bei der Beklagten.

Mit Sicherungsabtretung vom 26.04.2010 trat der Geschädigte schriftlich seine Schadensersatzansprüche auf Ersatz der Gutachtenvergütung aus dem genannten Unfallereignis an die Klägerin ab. Die Klägerin hat das Gutachten erstellt. Sie stellte dem Geschädigten die Vergütung von insgesamt 1.005,60 € in Rechnung.

Mit Schreiben vom 04.05,2010 teilte die Beklagte mit, den Rechnungsbetrag nicht vollständig ersetzen zu können. Sie zahlte nur 371,50 €. Daraufhin mahnte die Klägerin den Geschädigten mit Schreiben vom 18.06.2010 zur Begleichung des offenen Rechnungsbetrages.

Die Klägerin trug vor, dass bereits bei Vertragsabschluss das Honorar vereinbart worden wäre. Die Berechnung des vereinbarten Honorars könne die Beklagte anhand der ihr vorliegenden Honorartabelle auf der Rückseite der Auftragserteilung sowie der Rechnung ohne weiteres nachvollziehen.

Bei einer getroffenen Honorarvereinbarung sei das vereinbarte und entsprechend der Vereinbarung abgerechnete Honorar ohne weiteres zu zahlen bzw. zu ersetzen. Auf ein etwaiges Bestreiten der Billigkeit im Sinne von § 315 BGB oder der Ortsüblichkeit und Angemessenheit komme es nicht an, weil das Honorar nicht danach zu ermitteln gewesen wäre.

Die Beklagte habe dem Geschädigten die Gutachterkosten zu ersetzen. Anhaltspunkte für die Verletzung einer Schadensminderungspflicht durch den Geschädigten trage sie nicht vor, es gebe auch keine. Die Beklagte könne dem Anspruch allenfalls werkvertragliche Einwendungen entgegenhalten, wenn sie sich diese abtreten lasse. Eine solche Abtretung gäbe es jedoch nicht.

Die schadensersatzrechtlich erforderlichen Sachverständigenkosten seien zu ersetzen. Das seien diejenigen, die das marktübliche nicht unbillig überschreiten würden. Die für den Geschädigten notwendigen Kosten seien die, die man auf dem lokalen freien Markt aufwenden müsse. Es käme allenfalls darauf an, ob die vorliegenden Kosten diese unbillig überschreiten würden. Die Beklagte trage dies nicht einmal konkret vor. Es finde sich nicht der substantiier-te Vortrag, die Kosten der Gutachten der Klägerin würden die Spanne der Kosten anderer Anbieter auf dem lokalten Markt unbillig überschreiten.

Auch hinsichtlich der Nebenkosten gelte, dass diese, wenn sie vereinbart seien, zu ersetzen wären. Es sei denn, es könne eine Verletzung der Schadensminderungspflicht der Geschädigten oder der Sittenwidrigkeit der Honorarabrede bei den Nebenkosten festgestellt werden. Dies liege jedoch nicht vor.

Die Beklagte sei zur Zahlung angemahnt worden. Sie befinde sich mit der Zahlung in Verzug.

Die Klägerin stellte folgenden Antrag:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 634,10 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gern, §241 Abs. 1 BGB hieraus seit dem 08.07.2010 sowie als Nebenforderung 3,00 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

Die Beklagte stellte folgende Anträge:

1. Die Klage wird abgewesen.

2. Die Kosten werden der Klägerin auferlegt.

Die Beklagte trug vor, dass gem. § 249 Abs, 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB nur der zur Schadensbeseitigung „erforderliche“ Geldbetrag zu leisten sei. Nach Auffassung der Beklagten komme es nicht darauf an, welcher Preis vereinbart worden wäre. Es sei nur der angemessene und übliche Betrag der objektiv üblicherweise für eine solche Leistung aufzuwenden sei, zu ersetzen. In der Konsequenz bedeutet dies wiederum, dass eine Leistungsklage, die auf die Zahlung des zur Schadensersatzleistung erforderlichen Geldbetrages gerichtet sei, nicht zu einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Gutachter vorzutragen sei, sondern vielmehr zur Darlegung der Begründetheit zunächst und grundlegend dazu vorzutragen wäre, welcher Betrag in der betreffenden Region üblicherweise aufzuwenden sei, um die betreffende Leistung zu erhalten und dass der geforderte Betrag dem entspräche. Dazu würde in der Klageschrift nichts vorgetragen.

Vorliegend sei auch daraufhinzuweisen, dass die geltend gemachten Gutachterkosten außerhalb jeglichen Verhältnisses zur Schadenshöhe stünden.

Auch müsse der Geschädigte im Hinblick auf die Erlangung eines kostengünstigen Gutachtens zwar keine Marktforschung betreiben, aber sich dennoch erkundigen, wo er kostengünstig ein derartiges Gutachten erlangen könnte.

Die Berechtigung der der in der Gutachtenrechnung geltend gemachten Nebenkosten würde vorsorglich ebenfalls bestritten. Nebenkosten seien gewinnneutral nach dem tatsächlichen Aufwand und zu dem nicht pauschal abzurechnen – anderenfalls müssten die dann nur fälschlich als „Nebenkosten“ bezeichneten Beträge – als weiteres verstecktes Honorar angesehen werden und seien bei einem Preisvergleich dann in jedem Fall zum Grundhonorar hinzu zu addieren.

Die geltend gemachten Kosten für Fotos, Schreibkosten, Kopierkosten, Porto / Telefon seien absolut überhöht.

Der Seitens der Beklagten gleichwohl regulierte Betrag von 371,50 € beruhe auf dem sogenannten „Gesprächsergebnis BVSK/Versicherungen“, die als Empfehlung für Honorarberechnungen Verwendung finde. Eine darüberhinausgehende Forderung sei absolut unberechtigt.

Das Gericht hat keinen weiteren Beweis erhoben.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten aus abgetretenem Recht Anspruch auf restliche Gutachterkosten als Schadensersatz gem. § 3 Pflichtversicherungsgesetz.

Die 100 %ige Einstandspflicht der Beklagten für Schadensersatzansprüche des Geschädigten … aus dem Unfallereignis vom 26.04.2010 ist unstreitig.

Es dürfte unstreitig sein, dass es sich bei den Kosten des Sachverständigengutachtens um Kosten handelt, die im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Die Rechnung vom 27.04.2010 der Klägerin ist nachvollziehbar, insbesondere, da die Gebührentabelle vorliegt.

Im Verhältnis zum Geschädigten ist der Schädiger bzw. die Versicherung verpflichtet, Sachverständigenkosten auch dann zu bezahlen, wenn diese tatsächlich überhöht sind. Dem Geschädigten trifft vor der Beauftragung des Sachverständigen keine Erkundigungspflicht. Üblicherweise und gegenteiliges lässt sich aus dem Verfahren nicht erkennen, hat der Geschädigte erstmals einen Unfall erlitten, so dass ihm üblicherweise gar nicht bekannt ist, wieviele Sachverständigenbüros es überhaupt gibt und zu welchen Tarifen diese jeweils arbeiten. Es ist ein wesentlicher Unterschied darin zu sehen, ob der Geschädigte sich um einen Mietwagen bemüht und ihm selbiges zu einem sogenannten Unfallersatztarif angeboten bekommt, oder ob die Beauftragung eines Sachverständigen betrifft. Es dürfte gerichtsbekannt sein, dass Mietwagenunternehmen über die verschiedenen Medien Werbung betreiben, für die Anmietung von Fahrzeugen zu recht günstigen Tarifen. Wie die Bekagtenseite darauf hinweist, hat der BGH festgestellt, dass im allgemeinen davon auszugehen ist, dass der Geschädigte nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstößt, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem „Unfallersatztarif“ anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, solange dies dem Geschädigten nicht ohne weiteres erkennbar war.

Einen Tarif für Sachverständige, der unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird, gibt es nicht und kann die Beklagte auch nicht benennen.

Das von der Beklagten vorgelegte Gesprächsergebnis BVSK-Versicherung ist nicht als Schätzungsgrundlage geeignet. Darin wird eindeutig ausgeführt, dass vorstehende Tabelle keine verbindliche Preisempfehlung für Sachverständige darstellt und desweiteren wird unter 4. dort wie folgt formuliert: „Die vorgenannte Tabelle basiert auf der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009. Nebenkosten wurde in pauschalisierter Form berücksichtigt.“ Dies bedeutet, dass im Einzerfall durch die Pauschale konkrete Rechnungsbeträge nach unten oder oben abweichen können, ohne dass dies bei der Prüfung der Angemessenheit des Honorars berücksichtigt werden kann. Dies ist jedoch für jede Gebührenordnung, die sich an der Schadenshöhe orientiert, typisch.

Es ist nicht erkennbar, dass der für die Erstellung des Gutachtens erforderliche Aufwand völlig außer Verhältnis zu den abgerechneten Kosten ist. Dies betrifft auch die Höhe der Nebenkosten. Es wird diesbezüglich auf die Entscheidung des erkennenden Gerichtes verwiesen, die beiden Parteien des Rechtsstreites bekannt sind.

Die Klägerin hat entsprechend der §§ 280, 286, 288 BGB Anspruch auf Verzugszins und Verzugsschaden wie ausgeurteilt. Sie blieben dem Grund und der Höhe nach unbestritten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, entsprechend dem Unterliegen der Beklagten.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, 713 ZPO, die Höhe des Streitwertes gem. § 3 ZPO, aus der Höhe der geltend gemachten Forderung.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Andreas Essen sagt:

    Hi Willi,
    ich dachte das Gesprächsergebnis sei tot, nachdem der Fuchs mit der Kartellbehörde so einen Ärger hatte, und jetzt taucht das neuere Gesprächsergebnis wieder auf. Ist doch merkwürdig, oder?
    Entweder geht der Fuchs nur halbherzig gegen die HUK vor oder da liegt wieder eine gemeinsame Sache vor? Ich glaub den Aussagen von Fuchs nicht mehr.
    Aber die Richter bewerten das Gesprächsergebnis schon richtig. Es ist eine Sondervereinbarung, auf deren Preise nicht verwiesen werden darf, siehe das VW-Urteil. Was für die Referenzwerkstätten als Partner der HUK-Coburg gilt, das gilt auch für den „Honorar-Partner“ BVSK.

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