Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
heute geben wir Euch noch ein positives Urteil aus Rosenheim zu den Sachverständigenkosten bekannt. In diesem Fall war es die DA Direkt, die meinte es der HUK-COBURG nachmachen zu müssen. Und prompt ist auch sie mit ihrem Versicherten zusammen verurteilt worden, den gekürzten Betrag mit Zinsen und Kosten nachzuzahlen. In den Urteilsgründen folgt der erkennende Amtsrichter E. des AG Rosenheim der Rechtsprechung des BGH aus dem Grundsatzurteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (= BGH DAR 2014, 194 = DS 2014, 90 = MDR 2014, 401 = NJW 2014, 1947 = NZV 2014, 255 = r+s 2014, 203 = VersR 2014, 474), obwohl er das entscheidende BGH-Urteil nicht zitiert. Trotzdem eine prima Entscheidung, wie wir meinen. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Rosenheim
Az.: 8 C 643/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
1) …
– Beklagte –
2) DA Direkt Deutsche Allgemeine Versicherung AG, Oberstedter Str. 14, 61440 Oberursel
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch den Richteram Amtsgericht E. am 18.08.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Sachverständigen … , auf dessen Gutachterrechnung … vom 17.12.2013 einen Betrag von weiteren 78,06 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.04.2014 zu bezahlen.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 78,06 € festgesetzt.
(abgekürzt § 313 a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Die Parteien streiten über restliche Gutachterkosten aus Verkehrsunfallgeschehen vom 12.12.2013. Die zulässige Klage erwies sich als begründet.
Die Beklagtenpartei wendet sich vorliegend gegen die Höhe der Sachverständigenkosten. Zum einen seien die Positionen nicht erforderlich gewesen, zum anderen die Kosten zum Teil im Grundhonorar enthalten oder jedenfalls überhöht.
1.
Das Gericht geht ohne Weiteres von der Erforderlichkeit der abgerechneten Positionen aus. Es dürfte unstreitig erforderlich gewesen sein, ein Gutachten in Schriftform nebst Anfertigung von Lichtbildern unter Verwendung von EDV und Telefon inklusive der Restwertermittlung und einer Fahrt zu erstatten. Das Anfertigen von Fotos ist jedoch zum Zwecke der Beweissicherung, um ein Beispiel herauszugreifen, ohne Weiteres erforderlich im Rechtssinne des § 249 BGB. Auch muss das Fahrzeug hierzu besichtigt werden, was die Fahrtkosten erforderlich werden lässt.
Letztlich wendet sich die Beklagtenseite gar nicht gegen die Erforderlichkeit der einzelnen Kosten, sondern gegen die Abrechnung derselben.
2.
Einwendungen der Höhe nach können dem Geschädigten jedoch nur dann entgegengehalten werden, sofern ihn ein Auswahlverschulden trifft oder eine evidente Überhöhung der Sachverständigenrechnung nachweisbar ist.
Für ein Auswahlverschulden ist beklagtenseits schon nichts vorgetragen. Eine evidente Überhöhung scheidet vorliegend aus.
Dies folgt schon daraus, dass eine Überhöhung für den Laien nur äußerst schwer feststellbar ist, da dieser zu einer „Marktforschung“ bzw. zum Preisvergleich nicht verpflichtet ist. Er kann jeden beliebigen Gutachter in seiner Nähe auswählen. Die Evidenz der Überhöhung scheitert bereits am verweigerten Zahlbetrag von 78,06 €. Angesichts der Gesamtrechnung von über 1.000 € kann vorliegend eine Evidenz für den Laien rechtlich nicht nachvollzogen werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass beispielsweise eine Telefon- und Portopauschale von 15 € durchaus im Rahmen der allgemeinen Unkostenpauschale sowie der Rechsanwaltsgebührenpauschale von 20 € ist, und damit nicht überhöht sein kann.
Die Differenz von 78,06 € schrumpft, je mehr Beträge auch der Höhe nach zugesprochen werden können. So man also die 15 € Telefonkosten hinzurechnet, beträgt die unterstellte Überhöhung nur noch 68,06 €, so dass dies immer mehr für einen Laien nicht erkennbar ist.
Darüberhinaus ist nicht ersichtlich, was der Vergleichsmaßstab der Beklagtenseite sein soll. Die BVSK-Tabelle für sich alleine würde nicht genügen. Auch der Vergleich mit normalen Preisstrukturen geht vorliegend fehl, vielmehr kann der Sachverständige verlangen, was ortsüblich und angemessen ist.
Vorliegend ist die vom Sachverständigen … beanstandete Abrechnungsweise noch als ortsüblich und angemessen zu bezeichnen. Derartige Abrechnungen werden vielfach auch von Gericht entschieden, so dass sie als ortsüblich und angemessen anzusehen sind.
3.
Auch die Argumentation, dass einige Positionen bereits im Grundhonorar enthalten sind, geht fehl. Schon die Prämisse, dass der Sachverständige ein schriftliches Gutachten schuldet, verfängt nicht, da es für den Auftraggeber auch möglicherweise genügen könnte, eine mündliche Auskunft zu erhalten. Eine schriftliche Ausfertigung wird nur deshalb erforderlich, weil sich die gegnerischen Versicherer nicht auf mündliche Auskünfte verlassen wollen. Für den Auftraggeber kann es daher genügend sein, eine mündliche Ausarbeitung zu bekommen, die schriftliche Ausarbeitung wird jedoch nur und gerade deshalb erforderlich, weil das Gutachten einer dritten Person vorgelegt werden muss.
Dass diese Kosten Mehrkosten darstellen und daher auch den Aufwand erhöhen können, der nicht ohne Weiteres vom Grundhonorar umfasst ist, drängt sich hiernach auf.
Was der Sachverständige mit seinem Grundhonorar schuldet, ist unter anderem auch Vereinbarungssache der Parteien, bis zur Grenze der Schadensminderungspflicht. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass über Nebenkosten an sich selbstverständlich erscheinende Leistungen plötzlich einen eigenen Betragswert erhalten. Dies ist aber, wie dargestellt, schon nicht unüblich oder unangemessen. Diese Berechnungsform wurde auch vom Bundesgerichtshof nicht beanstandet. Es kann den Sachverständigen nicht zum Nachteil gereichen, ihre Kalkulation der Kosten und Nebenkosten teilweise offenzulegen. Würde man eine andere Praxis einführen, würden schlicht und ergreifend die Grundhonorare um den entsprechenden Betrag großzügig erhöht werden, was zu einer wiederum neuen aber auch ortsüblichen und angemessenen Abrechnungsweise führen würde.
Nachdem jedoch die Einwendungen dem Kläger der Höhe nach nicht entgegengehalten werden können, und die einzelnen Positionen als die jeweilige erforderliche Tätigkeit des Sachverständigen anerkennenswert war, war der Klage kostenpflichtig stattzugeben.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen unter dem Gesichtspunkt der §§ 91, 713, 3 ff ZPO, 45 GKG.
„Dem Gläubiger steht es frei,sich von mehreren Schädigern denjenigen auszuwählen,von dem er Ersatz fordert“ (BGH NJW-RR 1997,654(655)
Der Direktanspruch des PflVersG führt zu einer gesetzlichen Gesamtschuld von Fahrer,Halter und Haftpflichtversicherung,nicht aber zu einer notwendigen,sondern nur zu einer einfachen Streitgenossenschaft.(vgl.BGH Z 63,51)
Mittlerweile ist es vor dem Hintergrund allgegenwärtiger Anspruchsverkürzungen durch Versicherungen mitunter zielführender, anstatt der Versicherung den Halter des Schädigerfahrzeuges aus der Anspruchsgrundlage des §7 StVG in Anspruch zu nehmen.
Die KFZ-Zulassungsstellen erteilen verlässliche Halterauskünfte für 5,50€.
Ist eine Zentralrufauskunft wirklich nötig?
Muss man ernsthaft den Haftpflichtversicherer des Schädigerfahrzeuges noch in Erfahrung bringen?
Macht die positive Bonitätsauskunft über den Halter nicht Informationen über den Versicherer des Schädigerfahrzeuges schlicht überflüssig?