Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum späten Sonntagnachmittag geben wir Euch noch ein lesenswertes Urteil aus Unterfranken bekannt. Lest das „Sahnestück“ des Amtsgerichtes Aschaffenburg gegen die HUK-VN. Nachdem es die HUK-Coburg als ersatzverpflichtete Kfz-Haftpflichtversicherung wieder einmal nicht für nötig erachtete, den vollen geschuldeten Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall zu leisten, musste der Sachverständige aus abgetretenem Recht unmittelbar gegen den Versicherten der HUK-Coburg vorgehen, wollte er nicht auf berechtigte Forderungen verzichten. Das erkennende Gericht hat sodann der VN der HUK-Coburg ins Urteil geschrieben, wie unkorrekt ihre Kfz-Haftpflichtversicherung reguliert. Bei so vielen Urteilen kann die HUK-Coburg auch nicht mehr von Einzelfällen sprechen, wie sie es durch ihren Sprecher in dem Buch „Die Angstmacher“ von Frau Krüger glaubhaft machen will. Lest aber selbst und gebt bitte vielzählig – trotz Urlaubszeit – Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und dem Autor zugesandt durch die Herren Rechtsanwälte Dr. Imhof und Partner in Aschaffenburg.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Aschaffenburg
Az.: 116 C 1790/12
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
der Herrn Sachverständiger H. H. aus A.
-Kläger-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.
gegen
Frau W. E aus G. (VN der HUK-Coburg)
-Beklagte-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D. Z. & P. aus W.
wegen Forderung
erlässt. das Amtsgericht Aschaffenburg durch die Richterin am Amtsgericht … am 23.07.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird dazu verurteilt, an den Kläger 138,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.12.2011 zu bezahlen.
2. . Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 46,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.12.2011 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 143,86 € festgesetzt.
Tatbestand
Von der Erstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
I.
1. Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte ein restlicher Schadensersatzanspruch in Form von erforderlichen erstattungsfähigen Sachverständigenkosten in Höhe von 138,76 € zu.
Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall sind als Kosten der Schadensfeststellung Teil des zu ersetzenden Schadens des Geschädigten im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und damit dem Grunde nach erstattungsfähig. Der Höhe nach ist der Ersatzanspruch allerdings auf den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache des Zedenten erforderlichen Geldbetrag beschränkt. Maßgeblich ist, ob sich die Sachverständigenkosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Erforderlicher Herstellungsaufwand sind nur diejenigen Kosten, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Dabei hat der Geschädigte im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist aber auch auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten, Rücksicht zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH NJW 2007, 1450 mit weiteren Nachweisen = DS 2007, 144).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist Erstattungsfähigkeit vorliegend zu bejahen. Der Einwand der Beklagten, die aus abgetretenem Recht als Schadensersatz geforderten Sachverständigenkosten seien der Höhe nach nicht ortsüblich und nicht angemessen, sondern überteuert, ist nicht geeignet, zu einer anderen Entscheidung zu führen. Denn tatsächlich kommt es unter schadensereatzrechtlichen Gesichtspunkten nicht darauf an, was der Unfallgeschädigte mit dem KFZ-Sachverständigen, dem hiesigen Kläger, vereinbart hat und ob sich die geforderte Vergütung im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen hält. Der Ansatz, nach der werkvertraglich geschuldeten Vergütungshöhe zu fragen, wäre nur dann richtig, wenn der Schaden, den der Kläger aus abgetretenem Recht ersetzt verlangt, in der Belastung mit einer Verbindlichkeit bestehen würde. Dann allerdings würde bei einer Ersatzpflicht der Beklagten grundsätzlich danach zu fragen sein, ob der Zedent des Klägers mit dieser Verbindlichkeit beschwert ist (RGZ, 147, 248; dazu aber auch BGH NJW 1997, 2218). Im vorliegenden Fall ist jedoch Anknüpfungspunkt zunächst nicht eine derartige Schuldbelastung, sondern der durch die Beschädigung des Unfallfahrzeugs entstandenen Schaden, den auf Kosten des Beklagten zu beseitigen der Zedent des Klägers nach § 249 Abs. 2 BGB berechtigt ist. Indem die Beklagte für die Beurteilung auch dieses Schadens maßgebend auf die Rechtsbeziehung des Geschädigten zu seinem Sachverständigen, dem Kläger, abhebt, verfehlt sie den richtigen Ansatz für den geltend gemachten Ersatzanspruch. Dieser richtet sich nach dem zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag. Die Beklagte hat danach als Schädigerin die Mittel für diejenigen Maßnahmen zur Schadensbeseitigung zur Verfügung zu stellen, die ein verständiger Geschädigter in der besonderen Lage des Zedententen des Klägers machen würde. Den so nach dem erforderlichen Aufwand objektiv bemessenen Betrag schuldet der ersatzpflichtige Schädiger, und zwar ohne Rücksicht darauf, wie der Geschädigte ihn verwendet und ob er im konkreten Fall für die Schadensbeseitigung tatsächlich mehr oder weniger aufwendet (BGH NJW 1970, 1454; BGH Versicherungsrecht 1969, 907). Dabei bildet der tatsächliche Aufwand ex post gesehen oft einen Anhalt für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen ex ante zu bemessenden Betrags i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB. Die Bestimmung hat auf die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch auf seine beschränkten Erkenntnismöglichkeiten Bedacht zu nehmen, die sich häufig im tatsächlich aufgewendeten Betrag niederschlagen. Indes ist dieser Betrag, was oft übersehen wird, der zu ersetzende Schaden (BGH NJW 1974, 34) und nicht der tatsächlich vom Geschädigten aufgewendete Betrag.
Der Einwand der Überhöhung der Kosten kann dem Kläger auch nicht aus sonstigen Gründen entgegengehalten werden. Ein solcher Einwand führt nur dann und insoweit zu einem Kürzungsanspruch gegenüber dem Geschädigten, wenn für den Geschädigten als Laien erkennbar war, dass die geforderten Sachverständigenkosten geradezu willkürlich festgesetzt sind, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt. Hierfür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Auch hat das eingeholte Sachverständigengutachten im Gegenteil gezeigt, dass die streitgegenständlichen Kosten nicht überhöht sind, sondern sie sich in der Bandbreite des Ortsüblichen und Angemessenen halten, so dass von offensichtlicher Unangemessenheit oder Willkür keine Rede sein kann. Daneben ist anzumerken, auch wenn es darauf aus den dargelegten Gründen tatsächlich nicht ankommt, dass es nicht zu beanstanden ist, dass der Kläger, der das Sachverständigengutachten selbst erstellt hat, sein Honorar pauschaliert und an die Schadenshöhe orientiert festgesetzt hat. Dies ist vom Bundesgerichtshof ausdrücklich gebilligt worden (BGH NJW 2007, 1450).
2. Dem Kläger steht desweiteren ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlieh angefallenen Rechtsanwaltskosten aus Verzugsgesichtspunkten gemäß §§ 280, 286 BGB zu. Nachdem die für die Beklagte handelnde Haftpflichtversicherung mit Schreiben vom 31.08.2011 weitere Zahlungen endgültig und ernsthaft abgelehnt war, ist Verzug eingetreten. Die durch die anschließende Beauftragung der Klägervertreter entstandenen Rechtsanwaltskosten sind deshalb dem Grunde nach erstattungsfähig. Der Höhe nach hat das Gericht diese Rechtsanwaltskosten auf 46,41 € gekürzt. Denn der Kläger hat nicht dargelegt, weshalb die klägervertreterseits in Ansatz gebrachte 1,5er Geschäftsgebühr zuzüglich einer 0,3er Erhöhungsgebühr erforderlich war. Die Berechtigung für den Ansatz einer Erhöhungsgebühr wird nicht dargetan. Soweit eine 1,5er Gebühr in Ansatz gebracht worden ist, ist nicht schlüssig dargetan worden, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war. Zwar steht dem Rechtsanwalt gemäß § 14 I RVG bei Rahmerigebühren wie der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 ein Ermessensspielraum zu. Solange sich die vom Rechtsanwalt im Einzelfall bestimmte Gebühr innerhalb der Toleranzgrenze von 20 % bewegt, ist die Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 I 4 RVG und daher von einem ersatzpflichtigten Dritten hinzunehmen. Diese Toleranzrechtsprechung zugunsten eines Rechtsanwaltes, der eine Gebühr von mehr als 1,3 beansprucht, greift aber nur dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der Nr. 2300 für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 vorliegen (BGH NJW 2012, 2813).
3. Soweit der Kläger die Erstattung der Auskunftskosten für die Halterabfrage in Höhe von 5,10 € fordert, ist bereits nicht erkennbar, worauf diese Forderung gestützt wird. Zudem ist nicht erkennbar, weshalb es erforderlich war, eine Halterabfrage durchzuführen. Es fehlt insoweit an substantiiertem schlüssigen Sachvortrag des Klägers.
4. Die zuerkannten Verzugszinsen beruhen auf §§ 286, 288 BGB.
II.
Die Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in den §§ 92, Abs. 2 Ziffer 1, 708 Ziffer 11, 711, 713 ZPO.
Ja mei, Willi Wacker,
da zeigt sichs wieder, dass es die Bayern doch können gute Urteile zu verfassen. Bekanntlich zählt Unterfranken noch zu Bayern. Wahrlich ein lesenswertes Urteil. Verbeugung vor der Amtsrichterin.
Servus
Aigner Alois
Hi,W.W.,
das ist von den Entscheidungsgründen her ein zweifelsohne beachtliches Urteil und zwar auch in der Absage, was die fabulösen Rechtsvorstellungen der bekannten Versicherung betrifft. Insbesondere nachfolgende Abschnitte der Entscheidungsgründe kann jeder verstehen:
„Der Einwand der Beklagten, die aus abgetretenem Recht als Schadensersatz geforderten Sachverständigenkosten seien der Höhe nach nicht ortsüblich und nicht angemessen, sondern überteuert, ist nicht geeignet, zu einer anderen Entscheidung zu führen. Denn tatsächlich kommt es unter schadensereatzrechtlichen Gesichtspunkten nicht darauf an, was der Unfallgeschädigte mit dem KFZ-Sachverständigen, dem hiesigen Kläger, vereinbart hat und ob sich die geforderte Vergütung im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen hält.“
“ Indem die Beklagte für die Beurteilung auch dieses Schadens maßgebend auf die Rechtsbeziehung des Geschädigten zu seinem Sachverständigen, dem Kläger, abhebt, verfehlt sie den richtigen Ansatz für den geltend gemachten Ersatzanspruch. Dieser richtet sich nach dem zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag.“
“ Dabei bildet der tatsächliche Aufwand ex post gesehen oft einen Anhalt für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen ex ante zu bemessenden Betrags i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB. Die Bestimmung hat auf die besonderen Umstände des Geschädigten, mitunter auch auf seine beschränkten Erkenntnismöglichkeiten Bedacht zu nehmen, die sich häufig im tatsächlich aufgewendeten Betrag niederschlagen. Indes ist dieser Betrag, was oft übersehen wird, der zu ersetzende Schaden (BGH NJW 1974, 34) und nicht der tatsächlich vom Geschädigten aufgewendete Betrag.“
Gruß
Oliver G.
Hi Willi
der Kostenfestsetzungsbeschluss wird in Kürze ebenfalls hier veröffentlicht werden.
Ich verspreche schon jetzt eine Bombenüberraschung.
MfkG Lutz Imhof
Guten Morgen,
das wir uns alle nun schon seit Jahren mit der HUK rumschlagen um an unser vollständiges Honorar zu kommen, ist ja nichts neues, aber immer noch sehr ärgerlich. Obwohl mein Anwalt das schon als eine Art Sport sieht.
Aber neuerdings macht die Allianz dieses Spiel ganz massiv. Hat auch jemand die Erfahrung gemacht, dass in letzter Zeit die Allianz den gleichen Weg wie die HUK beschreitet? Die kürzen aber nicht mal so um 100-200 Euro, nein – bei einem GA aus jüngster Zeit liegt die Kürzung bei über 600 Euro und ich kann nicht mal erkennen auf was bezahlt wurde, da der gezahlte Betrag 83,53 Euro ist und mit nichts verglichen werden kann. Der Schaden war nicht unerheblich und mein Honorar hat sich in den letzten 2 Jahren nicht geändert, Kunde erhält immer eine Honoratabelle und bestätigt diese auch mit der Unterschrift auf der Abtretung. Ich werde berichten, wie die Sache ausgeht.
Schönen und erfolgreichen Dienstag
Gruß G. Eiserbeck
Hallo Herr Eiserbeck,
die Allianz auf Dumm-Fang!
Denn ohne Begründung bzw. Bezug auf Urteile, da schwimmen der Allianz doch gewaltig die Felle weg.
Natürlich gilt auch hier wie bei der HUK, Verursacher um Zahlung bitten. Und noch ein Tipp, wer sich auf Diskussionen einlassen will, immer persönlich an den „Chef“ vom Ganzen wenden. Dieser sitzt z. B. für den Osten Deutschlands in Leipzig (Herr Dr. K. (K steht für eine alte Berufsbezeichnung – Herstellung von Holzkohle).