Amtsrichterin des AG Coburg verurteilt mit überzeugender Begründung die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 6.8.2014 – 11 C 748/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

die HUK-COBURG bemüht zur Stützung ihrer Sachverständigenkostenkürzungen häufig Urteile des AG Coburg, die ihre Rechtsansicht bestätigen. Ich bin gespannt, ob in Zukunft die HUK-COBURG auch das nachfolgend veröffentlichte Urteil des „Heimatgerichtes“ zitieren wird? Vermutlich nicht! Völlig korrekt und unter Bezugnahme auf das grundlegende Sachverständigenkostenurteil des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – hat die zuständige Amtsrichterin die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter a.G. in Coburg zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten verurteilt. Das Urteil verdient Respekt. Lest daher das völlig korrekte Schmankerl-Urteil aus der „Höhle des Löwen“ gegen die HUK-COBURG, bei dem die vollständigen Sachverständigenkosten – ohne wenn und aber – zugesprochen wurden, und gebt anschließend bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Coburg

Az.: 11 C 748/14

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G. in Coburg, vertreten durch d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler u.a., Bahnhofsplatz, 96444 Coburg

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht Coburg durch die Richterin am Amtsgericht … am 06.08.2014 auf Grund des Sachstands vom 06.08.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 104,09 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.04.2014 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 104,09 € festgesetzt.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die Beklagten streiten um den Ersatz restlicher Sachverständigenkosten auf Grundlage eines Verkehrsunfalls.

Die Klägerin ist Halterin und Eigentümerin des am Unfalltag gefahrenen Pkw Typ Rower 25, amtliches Kennzeichen STL-… . Die Beklagte ist die Haftpflichtversicherung des anderen Unfallbeteiligten. Die Haftung dem Grund nach ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Die Klägerin beauftragte nach dem Unfallereignis das Sachverständigenbüro … mit der Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens. Der Sachverständige ermittelte Netto-Reparaturkosten in Höhe von 1.319,23 €.

Seine Leistung hat der Sachverständige am 14.03.2014 abgerechnet und hierfür 574,92 € brutto verlangt.

Die Beklagte regulierte die Sachverständigenkosten bis auf eine Differenz von 104,09 €.

Die zulässige Klage ist umfänglich begründet.

Aufgrund des Verkehrsunfalls vom xx.03.2014, für den die Beklagte dem Grunde nach unstreitig vollständig eintrittspflichtig ist, steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 104,09 € gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 249 ff. BGB gegen die Beklagte zu.

Die mit Rechnung des Sachverständigen vom 14.03.2014 abgerechneten Sachverständigenkosten in Höhe von 574,92 € sind in voller Höhe erstattungsfähig.

I.

Die Klägerin durfte einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an ihrem durch den Unfall beschädigten Pkw beauftragen und kann gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB von der Beklagten als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen (vgl. BGH vom 11.02.2014, VI ZR 225/13 Rand-Nr. 7).

Als erforderlich anzusehen sind dabei diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Dabei ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, das heißt Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnisse und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen.

Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch die Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet dabei gemäß § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Etwas anderes gilt nur dann, wenn für den Geschädigten deutlich erkennbar ein erheblich über den üblichen Preisen liegende Honorarsatz angesetzt wurde und dies für den Geschädigten erkennbar war. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes eine maßgebende Rolle. Dabei ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass der Geschädigte zu Marktrecherchen nicht verpflichtet ist (BGH aaO, LG Stuttgart v. 16.07.2014,13 S 54/14).

II.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind der Klägerin die restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 104,09 € zu erstatten, denn hierüber hat der eingeschaltete Sachverständige eine Rechnung erstellt und der Beklagten ist es nicht gelungen, darzulegen, dass die Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen hat.

Der Sachverständige stellt insgesamt 574,92 € in Rechnung, bestehend aus einem Grundhonorar und diverser Nebenkosten.

Der Klägerin war es insofern auch nicht anhand des von der Beklagten als Anlage 1 vorgelegten Tableau über Sachverständigenkosten möglich zu erkennen, dass dieser Betrag überhöht sein könnte.

Bei dem abgerechneten Brutto-Rechnungsbetrag von 574,92 € ist dem Honorartableau der Beklagten zu entnehmen, dass ein solcher bei einer Schadenshöhe bis 3.000,00 € angemessen sein soll.

Dies allein genügt jedoch nicht, einen Verstoß der Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht festzustellen, denn die Klägerin hat keine Maßnahmen unterlassen, die ein ordentlicher und verständig denkender Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte. Die Klägerin ist nicht gehalten, das von der Beklagten selbst entwickelte Tableau zur Angemessenheit von Sachverständigenkosten zur Grundlage ihrer Beauftragung zu machen. Dies mag ein Indiz für die Angemessenheit des Sachverständigenhonorars sein, jedoch gibt es noch eine Vielzahl von weiteren Indizien. Unter anderem muss sich der abgerechnete Aufwand auch, wie vorliegend, in einem vertretbaren Verhältnis zur Schadenshöhe bewegen (Palandt/Grünberg, § 249 BGB, Rand Nr. 58). Das abgerechnete Sachverständigenhonorar beträgt 43 % des Schadensbetrages. Es mag zwar am oberen Rand des Erstattungsfähigen sein, jedoch geht das Gericht noch gerade davon aus, dass aus Sicht des Geschädigten das Verhältnis zwischen Schadenshöhe und Sachverständigenkosten gewahrt ist.

Denn auch unter Hinzuziehung der BSVK-Honorarbefragung kann -unabhängig von der Frage, dass der Geschädigte die BSVK-Honorarbefragung nicht kennen musste- eine evidente Überschreitung nicht erkannt werden.

Das abgerechnete Grundhonorar des Sachverständigen liegt 15 % über dem arithmetischen Mittel zwischen HB II und HB IV der BSVK-Honorarbefragung 2013 für den entsprechenden Netto-Schaden.

Das Gericht nimmt eine evidente Überschreitung jedenfalls dann nicht an, wenn die Gutachtenkosten die BSVK-Honorarbefragung nicht mehr als 25 % überschreiten.

Darüber hinaus ist es dem Kläger nicht abzuverlangen, dass eine Honorarrecherche betreibt, um einen Sachverständigen zu finden, der bereit ist, auf Grundlage der von der Beklagten als angemessen angesehenen Honorarbeträge ein Gutachten zu erstellen (vgl. hierzu BGH aaO, Rn. 10). Bei dem von der Beklagten aufgestellten Honorartableau mag es sich um eine arbeitsinterne Vorgabe handeln, die jedoch keinesfalls allgemein verbindlich ist und bei der Bestimmung des angemessenen Sachverständigenhonorars im Einzelfall vom Geschädigten – bei der Beauftragung des Sachverständigen bzw. von diesem – bei der Abrechnung – verbindlich zugrunde zu legen wären.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. Franz E. sagt:

    Das Urteil des BGH mit dem Az. VI ZR 225/13 setzt sich immer mehr durch.
    In fast jedem der SV-Kosten-Urteile wird jetzt ds BGH-Urteil angegeben.
    Noch einmal Dank an die Prozessbevollmächtigten in allen Instanzen.

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