Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch wieder ein Urteil gegen die HUK-Coburg bekannt, die meinte, die erforderlichen Sachverständigenkosten eigenmächtig kürzen zu können. Auch dieser Versuch scheiterte kläglich. Ebenso der Angriff auf die Aktivlegitimation. Auch hier wurde die HUK-Coburg durch die Amtsrichterin des AG Halle an der Saale zurückgepfiffen. Es ist für eine Kfz-Haftpflichtversicherung und ihre Anwälte schon bedenklich, wenn diese das Grundsatzurteil zur Abtretung vom 7.6.2011 ( BGH MDR 2011, 845 = ZfS 2011, 561) nicht korrekt anwenden. Gleiches gilt für die Erstattung der Sachverständigenkosten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall. Diese sind, wenn unter anderem kein Auswahlbverschulden vorliegt, mit dem Unfallschaden unmittelbar verbundene und nach § 249 BGB auszugleichen Vermögensnachteile, soweit die vorherige Begutachtung zur Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig war (vgl. BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144). Beide BGH-Urteile werden offenbar bewußt von der HUK-Coburg ignoriert. Da hat die Versicherung aus Oberfranken aber die Rechnung ohne die Amtsrichterin am AG Halle an der Saale gemacht. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Halle (Saale) Verkündet am: 15.08.2013
Geschäfts-Nr.:
94 C 4001/12
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Firma …
Klägerin
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschland a. G., vertr. d.d.Vorstand, d.vertr.d.d. Sprecher Dr. W. Weiler, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 04.07.2013 durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 617,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus 445,47 € seit dem 01. Januar 2010, auf 172,13 € seit dem 06. Mai 2009 sowie auf 24,00 € seit dem 02. Oktober 2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 59,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.01.2013 zu zahlen.
2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistungen i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in gleicher Höhe abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
und beschlossen:
Der Streitwert wird festgesetzt auf 617,60 €.
Tatbestand
Der Kläger, ein Kfz.-Sachverständiger, verlangt aus abgetretenem Recht restliche Schadensersatzansprüche aus zwei Verkehrsunfällen.
H. L. erlitt am 10. Dezember 2009 in Halle einen Verkehrsunfall, bei welchem sein Pkw beschädigt wurde. Die Beklagte ist für den entstandenen Schaden dem Grunde nach zu Hundertprozent eintrittspflichtig.
Der Geschädigte L. hatte den Kläger beauftragt, ein Gutachten über die an seinem Fahrzeug entstandenen Schäden zu erstatten.
Der Kläger erstellte dieses Gutachten und legte darüber am 11. Dezember 2009 Rechnung in Höhe von 706,97 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K3 verwiesen.
Der Geschädigte L. trat seinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Sachverständigenkosten mit Abtretungsvereinbarung vom 10. Dezember 2009, Anlage K1 ab. Auf Blatt 11 der Akte wird Bezug genommen. Die Beklagte leistete hierauf lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 261,50 €, so dass der Kläger mit der vorliegenden Klage die Begleichung der restlichen 445,47 € begehrt.
Des Weiteren erlitt Herr A. G. am 23. März 2009 in Halle einen Verkehrsunfall, bei welchem sein Pkw geschädigt wurde. Die Beklagte ist für den dem Geschädigten G. entstandenen Schaden dem Grunde nach zu Hundertprozent eintrittspflichtig.
Der Geschädigte G. beauftragte den Kläger mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der entstandenen Schäden. Insoweit trat Herr A. G. den Kläger mit Abtretungsvereinbarung vom 09. April 2009, Anlage K4, auf Blatt 32 der Akte wird Bezug genommen, seinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Sachverständigenkosten ab. Der Kläger hatte insoweit am 14. April 2009 Rechnung über einen Gesamtbetrag von 574,92 € gelegt. Hiervon zahlte die Beklagte einen Teilbetrag in Höhe von 402,79 €. Die restlichen 172,13 € begehrt der Kläger mit der vorliegenden Klage.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 631,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 445,47 € seit dem 01. Januar 2010, auf 172,13 € seit dem 06. Mai 2009 sowie auf 24,00 € seit dem 02. Oktober 2012 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation sowie die Höhe der beanspruchten Gutachterkosten.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in Höhe von 617,60 € begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch in Höhe von 617,60 € gemäß den §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG und § 398 BGB.
Die Abtretungen vom 10.12.2009 sowie vom 09.04.2009 sind wirksam. Die Abtretung ist gemessen an den Grundsätzen des Bundesgerichtshof (Entscheidung vom 07.06.2011, Aktenzeichen VI ZR 260/10) nicht zu unbestimmt.
Die geltend gemachten Schadensansprüche der Geschädigten L. sowie G. bestehen in voller Höhe. Denn der Höhe nach ist der Schadenersatzanspruch jeweils nicht zu beanstanden. Gegenstand der Abtretung sind die Schadensersatzansprüche der Unfallgeschädigten. Daher kommt es vorliegend allein darauf an, ob die jeweiligen Sachverständigenkosten zum erforderlichen Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 3 Satz 1 BGB gehören.
Dies ist jeweils zu bejahen. Denn einerseits darf ein Geschädigter auf Kosten des Schädigers nicht jeden beliebigen Preis vereinbaren, andererseits gilt, solange für den Geschädigten als Laie nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt oder dass Preis und Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich bezahlter Aufwendung bzw. Freistellung hiervon verlangen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 20. Januar 2006, Aktenzeichen 4 O 49/05).
Ein Auswahlverschulden der Geschädigten bei der Beauftragung des Klägers ist vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere gab es für die beiden Geschädigten auch keine Pflicht zur Einholung verschiedener Vergleichsangebote.
Auch aus der Aufschlüsselung der beiden gegenständlichen Rechungen der Gutachterkosten in den einzelnen Positionen Gutachtenerstellung, Lichtbilddokumentation, Lichtbilddokumentationskopie, Porto, Telefon, EDV-Kalkulationskosten, Datenbank sowie Schreibgebühren und Fahrtkosten pauschal, ergeben sich keine Beanstandungen. Insbesondere ist vorliegend auch keine Doppelabrechnung offensichtlich oder anzunehmen. Auch erscheinen die einzelnen Positionen nicht überdimensional erhöht.
Soweit der Kläger mit der vorliegenden Klage 631,60 € nicht 617,60 € einfordert, ist offensichtlich ein Rechenfehler eingetreten.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus Verzugsgesichtspunkten.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 ZPO.
Hallo, Willi Wacker,
auch in diesem Fall wurde, wie ansonsten regelmäßig feststellbar, eine Überhöhung der entstandenen Gutachterkosten behauptet. Dem ist das Gericht deutlich entgegengetreten und hat hierzu ausgeführt:
–> „Daher kommt es vorliegend allein darauf an, ob die jeweiligen Sachverständigenkosten zum erforderlichen Herstellungsaufwand gemäß § 249 Abs. 3 Satz 1 BGB gehören.“
Zur Frage eines Auswahlverschuldens und bezüglich einer Verpflichtung zur Einholung von Vergleichsangeboten hat das Gericht zutreffend ausgeführt:
–> „Ein Auswahlverschulden der Geschädigten bei der Beauftragung des Klägers ist vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere gab es für die beiden Geschädigten auch keine Pflicht zur Einholung verschiedener Vergleichsangebote.“
Anmerkung: Neben der nicht bestehenden Pflicht gibt es praktisch auch keine Möglichkeit. Außerdem ist zu beachten, dass ein Preisunterbietungswettbewerb nicht Maßstab wäre für den zu erbringenden Schadenersatz. Unsinnige Preisvergleiche sind dabei nicht Gegenstand einer schadenersatzrechtlichen Beurteilung und auch insoweit ist das Überprüfungsverbot nach den bekannten Ausführungen des BGH verständlich.
Und schließlich zu der immer wieder vorgetragenen Behauptung, es sei doppelt abgerechnet worden:
–> „Insbesondere ist vorliegend auch keine Doppelabrechnung offensichtlich oder anzunehmen. Auch erscheinen die einzelnen Positionen nicht überdimensional erhöht.“
Anmerkung: Mit solchen Behauptungen wird darauf abgezielt, das Gericht zu veranlassen, eine Überprüfung der Einzelpositionen durchzuführen, während es eigentlich nur um das Gesamthonorar unter dem Strich gehen kann und in diesem Zusammenhang um die Klärung der Frage, ob der Auftraggeber eines Gutachtens eine unterstellte Überhöhung/Unverhältnismäßigkeit hätte bemerken müssen. Die Richterin greift im konkreten Fall zu dem Begriff nicht „überdimensional“ erhöht. Synonyme hierfür wären u.a. immens, kolossal, gewaltig, riesig, gigantisch, exorbitant, astronomisch u.v.a.m.
So zeigt auch dieses Urteil deutlich, was von der behaupteten Überhöhung, die als Rechtfertigung für eine Schadenersatzkürzung herhalten muß, schadenersatzrechtlich zu halten ist. Die Antwort wißt Ihr selber.
huk123