Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum Montagvormittag geben wir Euch hier ein umfangreich begründetes Positiv-Urteil aus Kaiserslautern zu den Sachverständigenkosten aus einem unverschuldeten Verkehrsunfall, die der Kfz-Sachverständige aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG geltend macht, bekannt. In den Entscheidungsgründen geht die erkennende Amtsrichterin bewußt auf die neuerliche Rechtsprechung des BGH zu den Sachverständigenkosten ein und nimmt Bezug auf das BGH-Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 -. Bei dem entschiedenen BGH-Verfahren war ja auch die HUK-COBURG involviert. Insoweit ist die HUK-COBURG bestens über die Rechtsprechung des BGH informiert. Gleichwohl wird immer noch auf der alten Masche herumargumentiert. Lest selbst nd gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Aktenzeichen:
2 C 1459/13
Amtsgericht
Kaiserslautern
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK Coburg Haftplicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., vertreten d.d. Vorstand Dr. Weiler, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg
– Beklagte –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Kaiserslautern durch die Richterin am Amtsgericht … am 14.05.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 237,32 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.11.2011 zu bezahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Voltstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4, Die Berufung wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Die klagende Partei hat ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 237,32 € gemäß §§7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.
Dje grundsätzliche Haftung der Beklagten aus dem Verkehrsunfall vom 20.10.2011 in Kaiserslautern für Schäden der klagenden Partei steht zwischen den Parteien fest.
Die Beklagte hat auch die volle Höhe der Gutachterkosten gemäß Rechnung der Klägerin vom 25.10.2011 in Höhe von 237.32 € brutto zu ersetzen. Abzüglich der bereite gezahlten 640,00 € ergibt sich die Klagesumme.
Der Geschädigte hat die Forderung wirksam an die Klägerin abgetreten. Der Geschädigte ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
Der Einwand der Beklagten, dass die über den erstatteten Betrag hinausgehenden Gutachterkosten nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB seien, greift nicht durch.
Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu dem mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gem. § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteil, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist (BGH, zuletzt Urt. v. 11.02.2014, VI ZR 225/13 (BGH DS 2014, 90 m.w.N.) ; LG Kaiserslautem, Urteil vom 14.06.2013, Az. 3 O 837/12). Dass die Einschaltung eines Sachverständigen geboten war, wird nicht bestritten.
Auch die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, da sie noch dem unterfallen, was ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist regelmäßig nicht verpflichtet, sich nach dem günstigsten Sachverständigen zu erkundigen. Im Rahmen seiner Schadensmirtderungspflicht ist der Geschädigte vielmehr gehalten, sich zügig um die Schadensermittlung und -behebung zu kümmern, um Kosten für Nutzungsausfallentschädigung bzw. Mietwagen gering zu halten. Eine umfassende Erkundigungspflicht würde dem zuwider laufen. Dem Geschädigten ist es in diesem Zusammenhang nicht zuzumuten, „Marktforschung“ zu betreiben und vor Beauftragung eines Sachverständigen mehrere Kostenvoranschläge einzuholen; er trägt jedoch das Risiko, dass sich das Gutachten dann im Prozess als zu teuer erweist (BGH a.a.O. Rn 7, BGH Urteil vom 12.05.2005, Az. VI ZR 132/04, NJW 2005, S. 3134 f; LG Kaiserslautern, Urteil vom 14.06.2013, Az. 3 0 837/12; LG Saarbrücken, Urteil vom 10.02.2011, Az. 13 S 26/11, S. 6). Zudem ist ein vorab durchgeführter Preisvergleich häufig wenig hilfreich, da sich das Preisgeflecht der Sachverständigenhonorierung nicht ohne weiteres vergleichen lässt, da nicht nur Unterschiede im Grundhonorar bestehen, sondern auch in den Nebenkosten.
Der Geschädigte kann grundsätzlich den vollen Ausgleich der Gutachterkosten verlangen, soweit für ihn als Laien nicht erkennbar ist, dass der Preis und Leistung des Sachverständigen in einem auffälligen Mißverhältnis zueinander stehen und ihm insoweit ein Auswahlverschulden zur Last fällt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensbeseitigungsaufwandes eine maßgebliche Rolle (BGH a.a.O. Rn 8, LG Kaiserslautern a.a.o.). Für den Geschädigten als Laien ist im Maßstab eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen regelmäßig nicht erkennbar, dass eine Rechnung eines Sachverständigen – das Vorbringen der Beklagtenseite als zutreffend unterstellt – überhöht sein könnte. Denn anders als etwa bei Mietwagenkosten, bei denen der Geschädigte zum einen die Angebote anderer Anbieter unschwer telefonisch oder im Internet überprüfen kann und zum anderen schon anhand der Tagespreise deutlich überhöhte Tarife bei Aufbringung der erforderlichen Sorgfalt erkennen kann, sind dem Durchschnittsgeschädigten bei Sachverstandigen weder die Tarife noch deren Berechnungsmethoden auch nur in Ansätzen bekannt (daher hat der Bundesgerichtshof die Übertragung der Grundsätze zu Mietwagenkosten auf Sachverständigenkosten auch ausdrücklich verneint, BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06, BGH DS 2007, 144 ff = NJW 2007, S, 1450, 1462). Eine solche Erkennbarkeit dürfte erst dann in Betracht kommen, wenn dem Geschädigten in anderer Weise bekannt war, dass der von ihm gewählte Sachverständige unverhältnismäßig teuer ist. Das ist vorliegend nicht der Fall. Eine Erkennbarkeit einer möglichen Überhöhung der Sachverständigenkosten für den Geschädigten ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ohne gegenteilige Anhaltspunkte kann der Geschädigte grundsätzlich davon ausgehen, dass sich der Sachverständige im Rahmen des ihm eingeräumten billigen Ermessens bei der Bemessung seiner Sachverständigenvergütung hält. Es ist dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, ohne konkreten Anlass eine genaue Aufschlüsselung der vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten zu verlangen, oder es gar auf einen Rechtsstreit mit dem Sachverständigen hinsichtlich der Angemessenheit dieser Kosten ankommen zu lassen. Hat demgemäß der Geschädigte keinen Hinweis darauf, dass die für das Gutachten in Rechnung gestellten Kosten völlig aus dem üblichen Rahmen fallen bzw. in keinerlei vernünftigen Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen, so kann er diese Kosten vom Schädiger ersetzt verlangen (OLG Nürnberg, VRS 103 S. 321 ff.).
Darüber hinaus kann die Vergütung auch nicht als unangemessen hoch eingestuft werden. Schon der Umstand, dass sich die im Streit stehende Sachverständigenhonorierung innerhalb des Preiskorridors der Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. für die Jahre 2010/2011 bewegt, spricht gegen deren Unangemessenheit (LG Saarbrücken, Urteil vom 10.02.2011, Az. 13 S 109/10; Urteil vom 30.05.08, 13 S 20/08). Hierbei wird klargestellt, dass die Befragung der BVSK-Mitglieder nicht als starrer Maßstab verstanden wird, sondern lediglich als Orientierungshilfe, um die Fälle einzugrenzen, die jedenfalls nicht völlig aus dem Rahmen fallen. Sowohl das von dem Sachverständigen berechnete Grundhonorar als auch die in Rechnung gestellten Nebenkosten liegen innerhalb des sogenannten Honorarbereichs V der BVSK-Honorarbefragung, in dem 50 bis 60 % der befragten Sachverständigen abrechnen.
Ebenso wenig bestehen Bedenken gegen eine Abrechnung der Nebenkosten neben der Pauschalierung des Grundhonorars (vgl. auch; LG Kaiserslautern, Urteil vom 14.06.2013, Az. 3 O 837/12). Es ist nicht ersichtlich, warum die Arbeitsleistung nicht pauschal abgerechnet werden soll und daneben noch die tatsächlich angefallenen Auslagen. Diese Abrechnungsart ist nicht zu beanstanden, zumal sie auch von Gebührenordnungen wie zum Beispiel dem RVG gewählt wird. Außerdem sind derartige Feinheiten der Abrechnung für einen verständigen Laien nicht zu erkennen. Zwar mag es vordergründig zutreffen, dass Kosten von 2,48 €/1,65 € für ein Bild oder 3,60 € als Schreibkosten jedenfalls für Personen, die öfters mit Abrechnungen von Sachverständigen zu tun haben, hoch erscheinen. Das gilt aber nur bei isolierter Betrachtung dieser Positionen. Für einen Laien ist – auch im Maßstab eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen – regelmäßig nicht nachzuvollziehen, welche sonstigen Kostenaufwendungen hinter der Fertigung von Fotos, deren Einfügung in das Gutachten und dem Ausdruck stehen (vgl. AG Hamburg-Altona, Urteil vom 26.09.2011, Az. 314a C 91/11, NJW-RR 2012, S, 231). Gleiches gilt für Schreibkosten und Fahrtkosten. Insoweit gehen die Einwendungen der Beklagtenseite, dass Nebenkosten wie Fahrkosten, Kosten der Restwertermittlung, Schreibkosten, Porto- und Telefonkosten sowie Fotokosten erhöht sein sollen bzw. gänzlich nicht zu erstatten seien, ins Leere.
Ein Anspruch auf die Erstattung von Kosten einer Halteranfrage besteht nicht, da auf das Bestreiten der Beklagten kein substantiierter Sachvortrag dazu erfolgte, warum diese Anfrage nötig gewesen sein soll.
Der Zinsanspruch ergibt sich am §§ 280 Abs. 1 und 2; 286 Abs. 1, 285 Abs. 1 BGB.
II.
Die Kostenentscheidung ergeht aus § 92 Abs. 2 Nr 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Berufung war nicht zulassen, da die Angelegenheit weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Fortbildung des Rechts erforderlich ist. Der BGH hat zuletzt am 11.2.2014 unter AZ VI ZR 225/13 über einen ähnlichen Fall entschieden. Das Landgericht Kaiserslautern hat mit Beschlüssen vom 14.1. Und 24.2.2014 unter AZ 1 S 126/13 nach 8 C 730/13 entsprechend entschieden und damit die bisherige Rechtssprechung bestätigt.