Amtsrichterin des AG Mitte in Berlin verurteilt die Zurich Versicherung zur Zahlung restlichen Schadensersatzes im Falle eines Fiktivabrechners mit Urteil vom 23.8.2013 -110 C 3377/12-.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend geben wir Euch noch ein Urteil des Amtsgerichtes Mitte in Berlin bekannt. Wie so oft ging es um die fiktive Abrechnung eines Unfallschadens. Eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung war dieses Mal die Zurich Versicherung. Zutreffend hat die erkennende Amtsrichterin beim AG Mitte entschieden, dass der gekürzte Betrag im Prüfbericht nicht ausreicht, den Geschädigten auf die Alternativwerkstatt zu verweisen. Der Beweis der Gleichwertigkeit ist durch die Beklagte nicht erbracht. Der BGH hat ausdrücklich entschieden, dass der Schädiger und sein Versicherer die Beweislast tragen für die Behauptung, dass der vom Schädiger genannte Reparaturbetrieb die im Gutachten aufgeführten Arbeiten gleichwertig durchführen kann. Hier im entscheidenden Fall hat die Beklagte das noch nicht einmal dargelegt. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch Frau Rechtsanwältin Simeonova, 10787 Berlin. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Mitte
Im Namen des Volkes
Urteil

Geschäftsnummer: 110 C 3377/12                                           verkündet am: 23.08.2013

In dem Rechtsstreit

des Herrn …

Klägers,

gegen

die Zürich Insurance plc Niederlassung für Deutschland, vertreten durch d. Patrick Manley (Chief Executive Officer), Regionaldirektion Berlin, Rankestraße 5 – 6, 10789 Berlin,

Beklagte,

wegen Schadensersatzes aus Verkehrsunfall

hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 110, Littenstraße 12 -17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 09.08.2013 durch die Richterin am Amtsgericht …

f ü r  R e c h t  e r k a n n t :

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.091,28 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Juli 2012 zu zahlen sowie den Kläger von der Verpflichtung zur Zahlung der Rechnung Nr. … vom 2. Oktober 2012 in Höhe von 204,20 € gegenüber Rechtsanwältin … freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen … , der bei einem Verkehrsunfall am 24. Juni 2012 mit dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … beschädigt wurde. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.

Der vom Kläger beauftragte Sachverständige ermittelte erforderliche Reparaturkosten in Höhe von 9.593,07 €.

Nachdem die Beklagte dem Kläger Reparaturkosten in Höhe von 7.521,743 € netto erstattet hat, begehrt der Kläger von der Beklagten Ersatz weiterer Reparaturkosten.

Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm ein Anspruch auf Ersatz der gesamten im Gutachten des Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten zustehe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. an den Kläger 2.091,28 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Juli 2012 zu zahlen;

2. den Kläger von der Verpflichtung zur Zahlung der Rechnung Nr. … vom 12. Oktober 2012 in Höhe von 204,20 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klage gegenüber Rechtsanwältin … freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, eine ordnungsgemäße Reparatur sei bei der Firma …  GmbH zum Preis von insgesamt 7.521,74 € möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz weiterer Reparaturkosten gemäß §§ 7, 17 StVG; 823 BGB, 115 VVG in Höhe von 2.091,28 €.

Der Kläger kann von der Beklagten Ersatz der gesamten im Gutachten des Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 9.593,07 € netto verlangen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten die Stundenverrechnungssätze der BMW-Niederlassung Berlin berücksichtigt. Auch der BGH hat in seinem sogenannten Porsche-Urteil entschieden, dass der Geschädigte, der fiktive Reparaturkosten abrechnet, der Schadensberechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrundelegen darf (BGH in NJW 2003, 2086).

Soweit die Beklagte meint der Kläger müsse sich auf einen von der Beklagten ausgewählten Reparaturbetrieb verweisen lassen, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar hat der BGH unter anderem mit Urteil vom 21. Oktober 2009 (VI ZR 53/09) ausgeführt, dass der Schädiger dem Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen kann, wenn die Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Der Verweis auf eine konkrete günstigere Reparaturmöglichkeit setzt jedoch voraus, dass dem Geschädigten insoweit ein annahmefähiges Angebot der betreffenden Werkstatt unterbreitet wird. Die rein mathematische Neuberechnung des vom Geschädigten eingereichten Gutachtens mittels Einsetzen eines niedrigeren Wertes für die Stundenverrechnungssätze stellt keinen zulässigen Verweis auf eine konkret bestehende Möglichkeit zur Durchführung einer ganz bestimmten Reparatur zu günstigeren Bedingungen dar (LG Berlin, Urteil vom 13. Juli 2011, 42 0 22/10). Alleine anhand des Namens und der mitgeteilten Stundenverrechnungssätze kann der Geschädigte nämlich nicht erkennen, ob die angegebene Werkstatt tatsächlich in der vom Sachverständigen vorgesehenen Art und Weise repariert.

Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Freistellung von weiteren vorprozessualen Rechtsanwaltskosten.

Der Zinsanspruch des Klägers ist gemäß §§ 286, 288 BGB begründet. Hinsichtlich des geltend gemachten Freistellungsanspruchs steht dem Kläger jedoch kein Anspruch auf Verzugszinsen zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 ZPO.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

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5 Antworten zu Amtsrichterin des AG Mitte in Berlin verurteilt die Zurich Versicherung zur Zahlung restlichen Schadensersatzes im Falle eines Fiktivabrechners mit Urteil vom 23.8.2013 -110 C 3377/12-.

  1. Bruno Reimöller sagt:

    Hey Willi,

    so ganz verstehe ich die Urteilssumme bezüglich der fiktiven Reparaturkosten nicht. Der Gutachter hatte laut Tatbestand des Urteils die Reparaturkosten kalkuliert mit 9.593,07 Euro.
    Die Versicherung hat aufgrund der Preise der Firma … gezahlt 7.521,74 Euro.
    Die Differenz beträgt: 2.071,33 Euro.
    Ausgeurteilt wurden: 2.091,28 Euro.
    Die Differenz von knapp 20 Euro ist mir nicht verständlich. Kann jemand das erklären?
    Grüße
    Bruno Reimöller

  2. RAin Simeonova sagt:

    @ Bruno Reimöller
    Sie haben aber sehr aufmerksam gelesen!
    Die 20 € sind die Auslagenpauschale, die die Zurich außergerichtlich nicht gezahlt hat. Die 0,05 € resultieren aus einem Rechenfehler der Zurich im außergerichtlichen Abrechnungsschreiben, den ich leider so in die Klage aufgenommen und erst auf Ihren Hinweis bemerkt habe.
    Im Übrigen hat die Gegenseite gegen das Urteil Berufung eingelegt. Über den Ausgang werde ich berichten.
    Simeonova

  3. Bruno Reimöller sagt:

    Sehr geehrte Frau Simeonova,

    bei den regulierungspflichtigen Versicherungen muss man bei der Schadensregulierung immer besonders aufmerksam lesen. Dies gilt nicht nur für die HUK-Coburg, sondern auch für die Zurich.

    Zu welcher Berufungskammer ist der Rechtsstreit in der 2. Instanz gelangt? Mit der 42. Zivilkammer wären Sie ja gut bedient. Denn die 42. Zivilkammer hat bereits die Voraussetzungen der zumutbaren Verweisung entschieden (vgl. LG Berlin Urt. v. 13.7.2011 – 42 O 22/10 -). Mit diesem Urteil hat das LG Berlin bereits sauber entschieden, dass es nicht nur auf die niedrigeren Stundensätze ankommt, sondern auch, welche Arbeitszeit, welche Ersatzteile benötigt wird, um eine gleichwertige Reparatur, so wie sie im Gutachten kalkuliert wude, durchzuführen.

  4. RAin Simeonova sagt:

    Es ist die 41. Berufungskammer. Irgendwelche Erfahrungen?

  5. Bruno Reimöller sagt:

    Habe keine Erfahrungen. Vielleicht können die hier mitlesenden Berliner Kollegen was berichten.

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