Amtsrichterin des AG München verurteilt HUK-COBURG zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten als Restschadensersatz mit Urteil vom 31.3.2014 – 334 C 33574/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

zum Wochenbegnn geben wir Euch wieder einmal hier ein positives Urteil aus München zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG bekannt. Man könnte das Urteil der Amtsrichterin der 334. Zivilabteilung des AG München fast schon nahezu perfekt bezeichnen, wenn nicht wieder die „Gebühren“ des Sachverständigen angesprochen wären. Wir können uns diesbezüglich nur immer wiederholen: der Sachverständige berechnet Kosten und keine Gebühren. Aber auch in den Schreiben der HUK-COBURG und in den Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten kommt immer wieder dieser falsche Begriff „Gebühren“ vor. Lest selbst das Urteil und gebt bitte Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und eingereicht durch die Kanzlei Michael Brand aus München.

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker

Amtsgericht München

Az.: 334 C 33574/13

NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

eriässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht W. am 31.03.2014 auf Grund des Sachstands vom 31.03.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1.          Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 232,66 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.07.2012 zu bezahlen.

2.          Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.          Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.          Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die Klage ist vollumfänglich begründet.

Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens sind grundsätzlich gemäß § 249 BGB ersatzfähjg. Dabei ist gemäß § 249 BGB entscheidend, welche Aufwendungen „ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und geboten halten darf“ (BGHZ 115, 364/369).

Bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, die ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH vom 11.2.2014, VI ZR 225/13).

Dabei ist der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Unfallgeschädigten. Die Sachverständigenkosten sind daher in der Regel voll erstattungsfähig, es sei denn die Rechnung wäre in einer Weise überhöht, dass selbst die Klägerin als Laiin die Überhöhung erkennen hätte müssen und als wirtschaftlich denkender Mensch die Sachverständigenrechnung nicht bezahlt hätte. Solange der Geschädigte also den Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen wahrt, sind weder der Schädiger noch das Gericht berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen. Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars (vgl. LG München 1, 17 S 24136/10 vom 13.1.2012 m. w. N.). Insbesondere ist das Gericht auch nicht berechtigt, anhand einer Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten zu kürzen (BGH vom 11.2.2014, VI ZR 225/13 ).

Es ist nicht die Aufgabe des Geschädigten, Preisvergleiche anzustellen oder etwa den billigsten Sachverständigen auszuwählen (so auch BGH NJW 2007, 1450; so auch Landgericht München I, Urteil vom 01.09.2011, 19 S 7874/11). Selbst wenn die Rechnung insgesamt oder einzelne Positionen tatsächlich überteuert sein sollten, trägt das Risiko hierfür grundsätzlich nicht der Geschädigte. Auf eine Auseinandersetzung mit dem Gutachter muss er sich insoweit nicht einlassen (vgl. z.B. AG Bochum, Urteil vom 6.12.1995, 70 C 514/95). Es ist also nicht die Aufgabe des Geschädigten, einzelne Positionen der Rechnung nach Überhöhung/Plausibiiität zu durchforsten.

Die Gesamtgebühren von 849,66 € netto erscheinen im Hinblick auf die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten in Höhe von brutto 4.360,83 € und den hier zusätzlich noch zu treffenden Feststellungen zum Wiederbeschaffungswert nicht als so unangemessen hoch, dass die Klägerin als Laiin bei der Bezahlung gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht des § 254 BGB verstoßen hätte.

Auch bezüglich der vorliegend im Streit stehenden Nebenkosten kann das Gericht keinen Verstoß der Klägerin gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB erkennen. Allein der Umstand, dass die vom Gutachter abgerechneten Nebenkosten die sich aus der BVSK ergebenden Höchstsätze gegebenenfalls überschreiten, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Klägerin bei der Bezahlung der Rechnung gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit verstoßen hat. Insbesondere aber musste der Klägerin bei Empfang der Rechnung nicht bewusst sein, welche Tätigkeiten vom Grundhonorar nach der Honorarumfrage des Sachverständigenverbandes mitumfasst sein sollten. So dürfte der normale Laie in Bezug auf Sachverständigenkosten von dem Begriff der „Audatex-Abfrage“ noch nicht gehört haben, geschweige denn wissen müssen, dass diese normalerweise vom Grundhonorar umfasst ist.

Lediglich Personen, die sich ständig mit der Angemessenheit von Sachverständigenkosten beschäftigen, fällt auf, dass der Sachverständige im konkreten Fall im Vergleich zu anderen Sachverständigen teuer ist. Der Klägerin als Laiin in dieser Hinsicht, welche zudem nicht verpflichtet war, Preisvergleiche anzustellen, um einen möglichst günstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH NJW 2007, 1450), musste dies nicht auffallen.

Es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass sich der Klägerin eine Überhöhung der Gebühren des Sachverständigen hätte aufdrängen müssen mit der Folge, dass sie dessen Rechnung hätte zurückweisen müssen.

Die Klägerin kann daher die Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten verlangen. Die Klage ist begründet.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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4 Antworten zu Amtsrichterin des AG München verurteilt HUK-COBURG zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten als Restschadensersatz mit Urteil vom 31.3.2014 – 334 C 33574/13 -.

  1. G.v.H. sagt:

    Hallo, Willi,
    die Richterin des AG München hat zutreffend das in den Entscheidungsgründen zusammengetragen, was schadenersatzrechtlich von Bedeutung ist. ich erlaube mir allerdings zu einigen Passagen dieses Urteils doch noch einige Anmerkungen, wie folgt:

    „Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH vom 11.2.2014, VI ZR 225/13).“

    Anmerkung : Dieses „Zugeständnis“ ist realitätsfremd, denn wie soll ein in der Sache unbedarfter Geschädigter „Marktforschung“ betreiben ? Wäre denn ein „honorargünstigerer“ Sachverständiger auch gleichermaßen qualifiziert und unabhängig und käme er in den Prognosen seines Gutachtens zu den gleichen Ergebnissen ? Da lässt sich beispielsweise die immer wieder so arg strapazierte Üblichkeit oder Ortsüblichkeit gerade nicht feststellen. Er kann also, selbst wenn er wollte, überhaupt keine Marktforschung betreiben, denn das, was abgerechnet wird, steht erst fest, wenn die Arbeit getan ist. Also nix mit „Kostenvoranschlägen“. Und jetzt mal etwas aus der Praxis: Muss er einen anderen „preisgünstigeren“ Sachverständigen nur deshalb bevorzugen, weil dieser einen Fotostuckpreis von 1,80 € – 2,50 € abrechnet und behauptet, die EDV-Kosten wären im Grundhonorar schon enthalten (Werbung für Billigheimer) ? Muss er einen angeblich unabhängigen „Sachverständigen“ in Anspruch nehmen, der ansonsten sein Auftragsvolumen auch durch Versicherungsaufträge sichert ?
    Muss er einen Sachverständigen beauftragen der 2,50 € für Lichtbildnutzung abrechnet und mit dieser Position der gegnerischen Versicherung signalisiert, dass es ihr erlaubt wird, die Fotos aus dem Gutachten zwecks Restwertoptimierung in die Restwertbörse einstellen zu dürfen ?

    Nächstes Zitat:

    „Selbst wenn die Rechnung insgesamt oder einzelne Positionen tatsächlich überteuert sein sollten, trägt das Risiko hierfür grundsätzlich nicht der Geschädigte. Auf eine Auseinandersetzung mit dem Gutachter muss er sich insoweit nicht einlassen (vgl. z.B. AG Bochum, Urteil vom 6.12.1995, 70 C 514/95). Es ist also nicht die Aufgabe des Geschädigten, einzelne Positionen der Rechnung nach Überhöhung/Plausibilität zu durchforsten.“

    Wenn der Geschädigte etwas nicht muss, frage ich mich, warum dann immer wieder gegenläufig eine umfangreiche Kommentierung dazu dargeboten wird. In der Tat hat seinerzeit schon das AG Bochum
    die Frage auf den Punkt gebracht, wie richtig von der hier zuständigen Richterein angemerkt.

    „Lediglich Personen, die sich ständig mit der Angemessenheit von Sachverständigenkosten beschäftigen, fällt auf, dass der Sachverständige im konkreten Fall im Vergleich zu anderen Sachverständigen teuer ist.“

    Die Frage der Angemessenheit ist schadenersatzrechtlich nicht relevant und ob der Sachverständige in Relation zu den Abrechnungsmodalitäten anderer Sachverständiger „teuer“ ist, wage ich als Insider noch nicht einmal zu beurteilen. Es ist im Beurteilungsansatz immer eine Frage der Randbedingungen, die ich für eine Bewertung der Eigenschaft „teuer“ berücksichtige.

    Jedoch ansonsten, bis auf den Ausrutscher mit den Gebühren, ein recht sorgfältig erstelltes Urteil, das es verdient, dass es „Im Namen des Volkes “ abgesetzt wurde.

    G.v.H.

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo G.v.H.,
    in der Tat handelt es sich bei der 334. Zivilabteilung des AG München um eine Spezialzivilabteilung für Unfallsachen. Die zuständige Amtsrichterin hat bereits seit einiger Zeit herausragende Urteile bezüglich der Sachverständigenkosten ausgeurteilt. So z.B. Urt. v. 24.6.2013 – 334 C 4124/13 -; AG München Urt. v. 30.4.2014 – 334 C 2229/14 – und Urt. v. 1.10.2014 – 334 C 22127/14 -. Dieser Blog berichtete bereits drüber.
    Auch der Verweis auf das Urteil des AG Bochum zeugt von ihrer Kenntnis der Materie.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  3. Iven Hanske sagt:

    Sorry, wann hat der Regulierer mal Rückrad und streitet im Vorteilsausgleichverfahren, auf eigenes Risiko, über seine Behauptung? Nie, denn der Regulierer kann diese nicht begründen!

  4. Willi Wacker sagt:

    Hallo Iven Hanske,
    in der Tat. Konsequenz aus einhundertprozentiger Haftung ist, vollen Schadensersatz zu leisten. Das hat der BGH bereits in dem auch hier immer wieder betonten Urteil BGHZ 63, 182 für die Werkstattkosten entschieden. Gleiches gilt für die Sachverständigenkosten (vgl. BGH DS 2007, 144).

    Wenn der Ersatzpflichtige meint, der von ihm geleistete volle Schadensersatz sei überhöht, so ist er gleichwohl nicht rechtlos, denn er kann sich im Wege des Vorteilsausgleichs den angeblichen Bereicherungsansprucch abtreten lassen, damit er gegenüber dem angeblich Bereicherten wegen ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB vorgehen kann. Allerdings trägt dann der Schädiger die Drlegungs- und Beweislast für die behauptete Bereicherung.

    Ebenso trägt der Schädiger, wenn er dem Geschädigten die Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht gemäß § 254 BGB vorwirft, für diese Behauptung die Darlegungs- und Beweislast. Das hat der BGH in der Entscheidung vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (=BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014,90) klargestellt. Und das kann nur immer wieder wiederholt werden. Die von der HUK-COBURG gebrachte Behauptung, der Geschädigte müsse darlegen, dass der über dem von der HUK-COBURG gezahlten Betrag hinausgehende Differenzbetrag erforderlich sei, ist schlichtweg falsch und widerspricht eindeutig dem BGH. Aber so ist die HUK-COBURG. Ruhig was Falsches behaupten und damit unbedarfte Geschädigte verunsichern. Peinlich für eine derart große Versicherung, die die größte Kfz-Versicherung sein will. Von der HUK-COBURG wird die Rechtslage bewußt – und amit vorsätzlich – verfälscht. Es besteht daher auch insoweit der Verdacht des Betruges zum Nachteil des Geschädigten und zum Vorteil der Versicherung.

    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

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