Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum Wochenanfang veröffentlichen wir wieder einmal ein Urteil gegen die HUK-COBURG. Wieder einmal gig es um gekürzzte Sachverständigenkosten, bei denen die HUK-COBURG – trotz des Grundsatzurteils des BGH vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – (=BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144) – meinte, immer noch die berechneten Sachverständigenkosten eigenmächtig kürzen zu können. Diese Eigenmacht der HUK-COBURG wurde – zu Recht – von der zuständigen Amtsrichterin der 333. Zivilabteilung des AG München insoweit bestraft, als die HUK-COBURG verurteilt wurde, die vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten als restlichen Schadensersatz aus dem Unfallereignis in Gilching zu zahlen. Und jetzt kamen mit dem Urteil auch noch Anwalts- und Gerichtskoten sowie Zinsen hinzu. Wiederum ein wahrlich nicht wirtschaftliches Unterfangen, wie wir meinen. Weil die BGH-Rechtsprechung klar und deutlich gegen die HUK-COBURG sprach, konnte sich die Münchner Amtsrichterin auch in ihrem Urteil vom 29.7.2013 kurz halten. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch die Kanzlei Michael Brand aus München.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht München
Az.: 333 C 9530/13
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
…
– Beklagter –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht B. auf Grund des Sachstands vom 29.07.2013 folgendes
Endurteil
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 106,26 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.03.2013 zu bezahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Entscheidungsgründe
(495 a ZPO)
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klagepartei hat Anspruch auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus dem Verkehrsunfall vom xx.01.2013 in Gilching gem. §§ 7, 17 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB, 1, 3 PflG in Höhe von 106,26. Auf die Honorarrechnung des Sachverständigen in Höhe von Euro 772,65 hat die Beklagte außergerichtlich lediglich Euro 666,39 erstattet.
Gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Schadiger dem Geschädigten den Betrag zu ersetzen, der zur Wiederherstellung der ursprünglichen Vermögenslage erforderlich ist. Das Sachverständigenhonorar, das der Geschädigte aufwenden musste um den entstandenen Schaden zu ermitteln, ist danach grundsätzlich erstatttungsfähig (BGH NJW 2007, 1450). Hierbei gilt, dass der Geschädigte keine Marktforschung betreiben muss, um einen möglichst günstigen Sachverständigen zu ermitteln.
Die Geltendmachung weiterer Sachverständigenkosten widerspricht nicht der Schadensminderungspflicht der Geschädigten gemäß § 254 Abs.2 Satz 1 BGB.
Der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, sodass die Sachverständigenkosten sellbst bei überhöhter Rechnung erstattungsfähig sind. Die Grenze der Erstattungsfähigkeit liegt dort, wo der Preis offensichtlich unangemessen ist und und erheblich über dem Durchschnitt sämtlicher in Betracht kommender Sachverständigen liegt.
Die vorliegende Rechnung ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere nicht willkürlich und dergestalt unangemessen überhöht.
Die Nebenfordearungen ergeben sich aus §§ 280, 286 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11 ZPO.
Kurz, knapp und bündig. So kann es gehen.
Und dann auch noch der entscheidende Satz, dass „der Sachverständige nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist, sodass die Sachverständigenkosten sellbst bei überhöhter Rechnung erstattungsfähig sind“.
Behauptete Fehler gehen also nicht zu Lasten des Geschädigten.
Vielmehr ist entsprechend BGHZ 63, 182, der für die Werkstatt entschieden hatte, davon auszugehen, dass der Sachverständige Erfüllungsgehilfe des Schädigers ist. Die immer wieder von den Versicherungen behaupteten Fehler des Gutachters gehen daher zu Lasten des Schädigers.
Dieser ist aber nicht rechtlos, sondern kann seine vermeintlichen Bereicherungsansprüche im Wege des Vorteilsausgleichs geltend machen.
Hallo,Willi Wacker,
ein präziser Einstieg in den Entscheidungsgründen, denn § 249 BGB steht zunächst im Fokus. Es geht alternativ nicht um die Herstellung einer anderen Vermögenslage nach den Vorstellungen des kürzenden Versicherers, denn Zustand A, der wieder herzustellen ist, ist nicht ohne weiteres mit einem anderen Zustand B identisch, den der Versicherer des Schädigers für angemessen und ausreichend hält.
„Der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, sodass die Sachverständigenkosten sellbst bei überhöhter Rechnung erstattungsfähig sind.“
Mit einer in den Kürzungsschreiben irrtumserregend behaupteten Beweislastumkehr, versucht der HUK-Coburg-Versicherer diese Rechtslage auszublenden, denn das Sachverständigenhonorar, das der Geschädigte aufwenden musste, um den entstandenen Schaden zu ermitteln, ist danach grundsätzlich erstatttungsfähig (BGH NJW 2007, 1450).
Wichtig ist dann aber auch noch der Hinweis:
„Die Geltendmachung weiterer Sachverständigenkosten widerspricht nicht der Schadensminderungspflicht der Geschädigten gemäß § 254 Abs.2 Satz 1 BGB.“
Auch diese Rechtslage scheint indes dem HUK-COBURG-Versicherer nicht entscheidungserheblich zu. sein.
Das Ganze endet mit der nachvollziehbaren Feststellung und dem Zirkelschluß der Richterin:
„Die Grenze der Erstattungsfähigkeit liegt dort, wo der Preis offensichtlich unangemessen ist und und erheblich über dem Durchschnitt sämtlicher in Betracht kommender Sachverständigen liegt.“
Da hat nun wiederum die inzwischen wohl etwas verwirrte Versicherung den Nachweis zu führen, dass dem so ist und den wird sie mit ihrem hauseigenen Tableau wohl kaum glaubhaft verdeutlichen können, denn „Richtpreise“ einer Interessengruppe sind keine im Verkehr geltenden Bewertungsmaßstäbe bzw. im Verkehr geltenden Wertmaßstäbe. Der immer wieder erneute Versuch
der HUK-COBURG-Versicherung, den Schadenersatz unabhängig vom individuellen Schaden des Geschädigten zu bestimmen, verstößt nicht nur eklatant gegen § 249 S. 1 BGB, sondern ist logisch und damit notwendig auch sachlich unmöglich, denn einen vom Schaden unabhängigen Schadenersatz und einen anderen Beurteilungsmaßstab des Schadenersatzes als den des eigetretenen Schadens gibt es nicht. „Richtpreise“ von Autoversicherern sind weder objektiv noch haben sie etwas mit einem zu ersetzenden Schaden zu tun.
„Die vorliegende Rechnung ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere nicht willkürlich und dergestalt unangemessen überhöht.“
Und das ist nach der vom Versicherer behaupteten Unangemessenheit ein angemessener Abschluss im Einklang mit der prägnanten Kürze dieses Urteils.
BORIS
Hallo, Boris,
was gehen einen Geschädigten und ein über dessen Schadenersatzanspruch urteilendes Gericht die vermeintlichen“Bewertungsmaßstäbe“ von Autoversicherern an ? Mit welcher rechtlichen Begründung sollten die Unfallopfer diese zu ihrem Nachteil gegen sich gelten lassen müssen ?
Klaus H.