Hallo verehrte Leserinnen und Leser des Captain-Huk-Blogs,
im neuen Jahr geht es hier sofort weiter mit einem positiven Urteil aus Rosenheim zu den restlichen Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG. In diesem Fall war es die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse, die nicht entsprechend der BGH-Rechtsprechung aus dem Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – ( =BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90) regulierte. Da die Sachverständigenkosten nicht abgetreten waren, musste der Geschädigte selbst gegen die beratungsresistente HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse klagen. Die HUK-COBURG tut so, als ob es das Urteil gegen ihren Versicherungsnehmer vor dem VI. Zivilsenat des BGH nicht gegeben hätte, dabei war und ist die HUK-COBURG doch durch das Urteil selbst involviert. Da kann man getrost von Beratungsresistenz reden. Da auch – wie in dem Rechtsstreit, das zum BGH-Verfahren VI ZR 225/13 geführt hat – in diesem Verfahren der Geschädigte selbst geklagt hat, waren die Grundsätze aus dem BGH-Verfahren VI ZR 225/13 auch hier anzuwenden. Folgerichtig hat die erkennende Amtsrichterin des AG Rosenheim bei ihrer Urteilsbegründung auch auf das BGH-Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – abgestellt. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Amtsgericht Rosenheim
Az.: 8 C 592/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
1) …
– Beklagter –
2) HUK Coburg Haftpflicht-Unterstützungs- Kasse, Martin-Greif-Str. 1, 80336 München
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch die Richterin am Amtsgericht C. auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10.09.2014 folgendes
Endurteil
1. Die Beklagten werden verurteilt, samtverbindlich an den Kläger 188,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.02.2012 zu bezahlen.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 188,71 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Die zulässige Klage erwies sich als begründet.
Die Parteien streiten über restliche Sachverständigenkosten aus dem Verkehrsunfallgeschehen vom 11.11.2011, wobei die Einstandspflicht der Beklagten unstreitig ist.
Die Beklagten wenden überhöhte Sachverständigenkosten ein.
Bislang war bereits in der überwiegenden Rechtsprechung anerkannt, dass dem Geschädigten selbst bezüglich überhöhter Vergütungen nur ein Auswahlverschulden oder die Evidenz der Überhöhung entgegengehalten werden konnte. Dies hat der BGH in seiner neuesten Entscheidung vom 11.02.2014, Aktenzeichen VI ZR 225/13, nunmehr bestätigt.
Der Geschädigte darf davon ausgehen, dass der in Rechnung gestellte Betrag grundsätzlich der zur Schadensbeseitigung erforderliche im Sinne des § 249 BGB ist. Dies bildet zudem ein wesentliches Indiz für die Schätzung des Tatrichters. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ergaben sich bei einem Gesamthonorar von 534,55 € und einem Grundhonorar von 266,00 € keine Einwände des BGH gegen die Abrechnung. Die bloße Abweichung der Nebenkosten von der BVSK-Tabelle genügen hierfür nicht. Weitere Gründe für eine Überhöhung sind im Ergebnis nicht dargelegt, zumindest ist nicht ersichtlich, inwieweit dies dem Kläger hätte evident sein müssen.
Hiergegen spricht auch der geringe Betrag, um den die Parteien streiten. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger grundsätzlich nicht zu einer Marktforschung verpflichtet ist. Soweit sich mangels anderweitiger Erkenntnisse nicht aufdrängt, dass hier ein überhöhtes Honorar verlangt wird, wobei nicht klar ist, was der Vergleichsmaßstab schlussendlich sein soll, war der Klage statt zu geben.
Die Erforderlichkeit der angefallenen Fahrtkosten kann ebenfalls nicht bestritten werden mit der Begründung, der Kläger hätte ja auch selber zum Sachverständigen fahren können. Vom Kläger kann nicht verlangt werden, dass er mit einem beschädigten Fahrzeug zum Sachverständigen fahren muss, um Kosten zu reduzieren. Zudem würde unberücksichtigt bleiben, dass dem Kläger durch die Fahrt zum Sachverständigen weitere Fahrtkosten, wie z.B. Benzinkosten, entstehen würden.
Gem. § 287 BGB geht das Gericht davon aus, dass die beanstandeten Kosten allesamt erforderlich im Sinne des § 249 BGB waren. Der Kläger ist auch nicht gehalten zum billigsten Anbieter und Sachverständigen auf dem Markt zu gehen. Auch ein preisgehobener Sachverständiger ist grundsätzlich nach § 249 BGB ersatzfähig. Da mangels Obliegenheit des Klägers zur Marktforschung von vornherein nie klar ist, auf welchen Sachverständigen man stößt, ist vorliegend weder von einem Auswahlverschulden noch von einer evidenten Überhöhung der Kosten auszugehen. Die Klage war daher in der Hauptsache zuzusprechen.
Die Zinsen ergaben sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges nachdem der klägerische Anwalt mit Schreiben vom 06.02.2012 eine Frist zur Bezahlung des restlichen Betrages bis zum 20.02.2012 gesetzt hat, §§ 286, 288 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen unter dem Gesichtspunkt der §§ 91, 713, 3 ff. ZPO, § 45 GKG.
Guten Tag, Willi Wacker,
zwar bin ich kein Jurist, aber die Kürze des Urteils begeistert mich dennoch. Da hat mal wieder eine Richterin dem das Thema verfehlenden Beklagtenvortrag der HUK-COBURG-Versicherung ein schnelles Ende angedeihen lassen. Unmißverständlich:
„Da mangels Obliegenheit des Klägers zur Marktforschung von vornherein nie klar ist, auf welchen Sachverständigen man stößt, ist vorliegend weder von einem Auswahlverschulden noch von einer evidenten Überhöhung der Kosten auszugehen.“
Das ist doch mal eine fesche Feststellung ohne jedwedes Herumgeeiere-
Unfallschaden-Service-Partner
Sehr geehrter Herr W.W.,
die markige Einleitung der Entscheidungsgründe ist überzeugend formuliert, wenn es dort heißt:
„Bislang war bereits in der überwiegenden Rechtsprechung anerkannt, dass dem Geschädigten selbst bezüglich überhöhter Vergütungen nur ein Auswahlverschulden oder die Evidenz der Überhöhung entgegengehalten werden konnte. Dies hat der BGH in seiner neuesten Entscheidung vom 11.02.2014, Aktenzeichen VI ZR 225/13, nunmehr bestätigt.“
Bei Klagen gegen den Schädiger sollte man diesem dieses Urteil nicht vorenthalten, weil es gut verständlich ist, wie auch nicht das Urteil in eigener Sache abklärend zu unwahren und ehrabschneidenden Behauptungen des Versicherers.
Mit den besten Grüßen
und guten Wünschen
zum neuen Jahr 2015
BORIS
Hallo, Willi,
wenn hier schon diverse Passagen der Entscheidungsgründe herausgestellt werden, so will ich hierzu auch noch mit einer kleinen Anmerkung beitragen zu dem folgenden Absatz:
“ Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger grundsätzlich nicht zu einer Marktforschung verpflichtet ist. Soweit sich mangels anderweitiger Erkenntnisse nicht aufdrängt, dass hier ein überhöhtes Honorar verlangt wird, wobei nicht klar ist, was der Vergleichsmaßstab schlussendlich sein soll, war der Klage statt zu geben.“
Diese Ausführungen der Richterin bedeuten doch, dass eben nicht das unberücksichtigt bleiben darf, was die HUK-COBURG generell völlig unberücksichtigt lässt.Wenn der Kläger aber nicht zu einer Marktforschung verpflichtet ist, was übrigens auch nicht machbar und zumutbar wäre, frage ich mich, wofür er einen nicht erbringbaren Nachweis erbringen soll, von dem eine korrekte und vollständige Regulierung der Gutachterkosten abhängig gemacht werden könnte. Da lt. BGH somit auch überhöhte bzw. nicht angemessene Gutachterkosten zu regulieren wären, reduziert sich die Klärung auf die Beantwortung der Frage, ob der Geschädigte nicht eine „Überhöhung“, sondern eine behauptete Nichterforderlichkeit hätte erkennen können. Da hat die Richterin bezüglich einer behaupteten Überhöhung zutreffend angemerkt, dass nicht klar sei, was der Vergleichsmasstab schlussendlich sein soll, womit sie den Nagel auf den Kopf getroffen hat, denn das hauseigene Honorartableau HUK-Coburg 2012 ist aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht als Vergleichsmaßstab geeignet, weil hiermit Relationen quasi erfunden worden sind, die mit der tatsächlichen Marksituation nicht in Übereinstimmung zu bringen sind, wenn unterstellt wird, das Sachverständigenhonorar sei in Abhängigkeit von der Schadenhöhe pauschal ein „Einheitshonorar“ ohne Berücksichtigung von Honorarbandbreiten. Dieses Konstrukt ist nicht mehr als eine gezinkte Karte mit der versucht wird , das hauseigene Honorartableau HUK-Coburg 2012 zu adeln und mit Hilfe geneigter Gerichte in den Rang einer Gebührenordnung zu expedieren. Wenn das auch von den Gerichten erst einmal erkannt wird, sieht m.E. die Abarbeitung solcher Rechtstreitigkeiten ganz anders aus als bisher.
L.v.A.
Die Ausführungen des Gerichts und die angeschlossenen Kommentare zeigen doch deutlich, dass weder die Frage der Angemessenheit noch die Frage der Erforderlichkeit durch ein Sachverständigengutachten verifiziert werden kann, zumindest nicht in der schadenersatzrechtlichen Betrachtung. Jedoch auch in werkvertraglicher Hinsicht ergeben sich gravierende Probleme, weil beispielsweise eine notwendige Vollerhebung überhaupt nicht möglich ist und die beweissichernde Funktion eines Schadengutachtens wertmäßig unberücksichtigt bleibt. Wenn aber ein Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten wird, so zeigt dies mehr oder weniger deutlich doch nur, dass nicht auf die Situation des Geschädigten ex ante abgestellt wird, sondern einer anderen Betrachtungsweise ex post der Vorzug eingeräumt wird und da frage ich mich, wie sich das miteinander verträgt ? Läßt sich per „Gutachten“ klären, welche Sichtweite der Geschädigte haben müsste ?
De facto