Amtsrichterin des AG Rosenheim verurteilt Zurich Insurance wegen restlicher Sachverständigenkosten mit Endurteil vom 3.12.2013 – 10 C 1978/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

da haben wir es wieder, das Problem mit dem Freistellungsanspruch und der Verurteilung zur Freistellung. In dem Fall, dass der Schuldner die geforderte Leistung endgültig und ernsthaft verweigert, verwandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um. Abgesehen davon hat die zuständige Amtsrichterin am AG Rosenheim ein blitzsauberes Sachverständigenrestkostenurteil gegen die Zurich Vers. verkündet. Damit hat ein weiteres Gericht, das nach § 249 BGB sauber begründet und ausschließlich die Sicht des Geschädigten in den Vordergrund stellt, entschieden. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und einen schönen 4. Advent
Willi Wacker

Amtsgericht Rosenheim

Az.: 10 C 1978/13

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte E., R., W. in Rosenheim,

gegen

Zurich Insurance p!c NfD, vertr.d.d. Hauptbevollmächtigten der NfD Ralph Brand, Poppelsdorfer Allee 25-33, 53115 Bonn

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt M. B. in Köln

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch die Richterin am Amtsgericht … am 03.12.2013 auf Grund des Sachstands vom 19.11.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von restlichen Gutachterkosten laut Rechnung des Sachverständigen … vom 06.03.2013 zur Gutachten-Nr.: … aus dem Schadensfall vom xx.02.2013 vor dem Anwesen Eichwald 1 in Schechen in Höhe von 97,58 € freizustellen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 97,58 € festgesetzt.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in voller Höhe begründet.

I. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aufgrund eines Verkehrsunfalls vom xx.02.2013 in Schechen hat.

Streitig ist zwischen den Parteien lediglich die Übernahme restlicher Sachverständigenkosten. Es sind Sachverständigenkosten in Höhe von 824,43 € angefallen, die Beklagte hat einen Teilbetrag in Höhe von 726,85 € reguliert.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass auch die restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 97,58 € von der Beklagten zu tragen sind. Es kann hierbei offen bleiben, ob das Sachverständigenhonorar überhöht ist oder nicht, da auch im Falle einer Überhöhung das Sachverständigenhonorar von der Beklagten als Haftpflichtversicherung des Schädigers zu bezahlen ist.

„Auch wenn das vereinbarte oder vom Sachverständigen eindeutig festgesetzte Entgelt objektiv überhöht ist, ist es bei der gewohnten und subjektiven Schadensbetrachtung regelmäßig als der erforderliche Aufwand anzuerkennen“ (Erhard, Verkehrsrecht aktuell 2007, 217). „Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können dem Geschädigten gegenüber nur erhoben werden, wenn ihn ein Ausfallverschulden trifft oder die Überhöhung derart evident ist, dass eine Beanstandung von ihm verlangt werden muss. Der Geschädigte ist insbesondere nicht verpflichtet, vor der Auftragserteilung Preisvergleiche anzustellen. Hält der Ersatzpflichtige die Vergütung für überhöht, kann er vom Geschädigten analog § 255 BGB Abtretung seiner Ansprüche gegen den Sachverständigen verlangen. Es ist grundsätzlich allein Sache des Haftpflichtversicherers, sich mit dem Sachverständigen wegen dessen Rechnungsforderung auseinander zu setzen.“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, 1 U 246/07). „Nur bei einer ihn persönlich ohne weiteres erkennbaren Überteuerung muss sich der Geschädigte eine Kürzung gefallen lassen.“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008).

Unter Annahme dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall der Anspruch in voller Höhe gegeben. Ein Auswahlverschulden der Klägerin ist nicht ersichtlich. Ein solches ist von der Beklagten auch nicht vorgetragen worden. Es hegt auch keine derartig evidente Überhöhung vor, dass eine Beanstandung von der Klägerin verlangt werden muss. Diesbezüglich hat die Beklagte vorgetragen, dass die Überhöhung der Forderung für einen Laien ohne weiteres erkennbar sei. Dieser Ansicht folgt das Gericht nicht. Unstreitig ist die Klägerin Laie hinsichtlich der Gebühren von Sachverständigen. Bei Betrachtung der mit der Klageschrift vom 26.08.2013 eingereichten Sachverständigenrechnung vom 06.03.2013 ist nach Ansicht des Gerichts nicht evident ersichtlich, ob die abgerechneten Kosten überhöht sind. Auch die entscheidende Richterin hätte hier eine ins Auge springende Überhöhung der Nebenkosten nicht erkannt. Dies zeigt sich auch daraus, dass die Parteien ja gerade über die Überhöhung streiten. Somit ist eine Überhöhung gerade nicht eindeutig und kann auch nicht ohne weiteres auf den ersten Blick erkannt werden. Soweit die beklagte Partei die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Erkennens der Überhöhung der Forderung für einen Laien beantragt, ist dem nicht stattzugeben. Gefragt ist hier gerade die Kenntnis eines Laien und nicht eines Sachverständigen. Insofern hilft eine sachverständige Begutachtung nicht weiter, da ein Sachverständiger ja gerade kein Laie ist und somit auch nicht die Sicht eines Laien beurteilen kann.

Auch unter Berücksichtigung der zitierten Entscheidung des Amtsgerichts München vom 31.07.2013 (Az. 332 C 3432/13), ändert sich nichts, da das Amtsgericht München gerade die hier zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 16.06.2008, wonach lediglich bei einer evidenten Überhöhung eine Beanstandung durch den Geschädigten verlangt werden kann, nicht berücksichtigt. Somit bleibt es hier bei dem Grundsatz, dass der Schädiger gegenüber dem Geschädigten keine Einwendungen hinsichtlich der Höhe der Gutachterrechnung geltend machen kann, sondern sich diesbezüglich mit dem Sachverständigen auseinandersetzen muss. Ob tatsächlich eine Überhöhung vorliegt, kann offenbleiben, da jedenfalls keine evidente Überhöhung gegeben ist. Der Klageanspruch war somit zuzusprechen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits sind gem. § 91 ZPO von der Beklagten zu tragen.

III. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

IV. Die beantragte Zulassung der Berufung war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die hierzu prüfenden Rechtsfragen sind vom OLG Düsseldorf mit der Entscheidung vom 15.06.2008 bereits entschieden worden.

V. Der Streitwert war gem. § 3 ZPO nach richterlichem Ermessen in Höhe der Klageforderung festzusetzen.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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Eine Antwort zu Amtsrichterin des AG Rosenheim verurteilt Zurich Insurance wegen restlicher Sachverständigenkosten mit Endurteil vom 3.12.2013 – 10 C 1978/13 -.

  1. R. Reintges sagt:

    @ Unstreitig ist die Klägerin Laie hinsichtlich der Gebühren von Sachverständigen.

    Leider hat auch die Richterin in Rosenheim wieder den Begriff „Gebühren“ bei den Sachverständigenkosten gebraucht. Ohne diesen Fehler hätte es sich um ein hervorragendes Urteil gehandelt, weil sie gut die subjektive Sicht des Geschädigten herausgestellt hat. Das andere ist der fehlerhafte Freistellungsanspruch. Auf den hat W.W. aber bereits im Vorwort hingewiesen. Ganz fehlerfreie Urteile wird es wohl kaum geben.
    Trotzdem einen schönen 4. Advent.

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