Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
die Reise zu den Urteilsorten geht weiter. Wir bleiben in Bayern und fahren nach Ansbach. Der zuständige Richter der 2. Zivilabteilung des AG Ansbach hatte über restliche Sachverständigenkosten zu entscheiden, die die hinter dem Schädiger stehende Kfz-Haftpflichtversicherung nicht ersetzt hatte. Bei der Kfz-Haftpflichtversicherung handelte es sich um die HUK-Coburg-Versicherung. Der Schädiger, dessen Fahrzeug bei der HUK-Coburg haftpflichtversichert war, verursachte am 11.4.2011 einen Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug des Geschädigten nicht unerheblich beschädigt wurde. Der Geschädigte beauftragte den klagenden Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachten. zwischen dem Geschädigten und dem Kläger kam es zum Abschluss einer Abtretungsvereinbarung. Der Sachverständige klagte bei dem Schädiger die von der HUK nicht erstatteten Sachverständigenkosten ein. Mit Erfolg, wie das Urteil des AG Ansbach beweist. Im Rechtsstreit trug der von der HUK gestellte Anwalt vor, das erforderliche Sachverständigenhonorar bestimme sich nach dem Gesprächsergebnis der HUK-Coburg mit dem BVSK. Dem ist das Gericht mit Entschiedenheit entgegen getreten. Das Gericht ist der zutreffenden Ansicht, dass sich ein Geschädigter nicht auf dieses Gesprächsergebnis verweisen lassen muss, weil es keine üblichen Preise beinhaltet. Auf Sondervereinbarungen muss sich ein Geschädigter seit dem VW-Urteil des BGH nicht verweisen lassen. Im übrigen hat das Gericht hinsichtlich des Gesprächsergebnisses als Schätzgrundlage auch kartellrechtliche Bedenken. Dieser Auffassung folgen zutreffenderweise immer mehr Gerichte. Hier nun das Urteil. Gebt bitte Eure Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Amtsgericht Ansbach
Az.: 2 C 141/12
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
Kfz-Sachverständiger
– Kläger –
gegen
HUK-VN
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Ansbach durch den Richter … am 17.08.2012 auf Grund des Sachstands vom 17.08.2012 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 181,48 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.01.2012 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 181,48 € festgesetzt.
Tatbestand
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf weitere 181,48 € gem. §§ 398, 823 Abs. 1, 631 Abs. 1 BGB zu.
Unstreitig haftet die Beklagte für die Ansprüche aus dem Unfallereignis gegenüber Herrn … , die dem Kläger unstreitig abgetreten wurden.
Streitig ist zwischen den Parteien nur noch die Höhe der Sachverständigenvergütung.
Der Kläger erstellte gem. Auftrag des Herrn … vom 11.04.2011 ein Schadensgutachten und stellte Gutachterkosten in Höhe 647,48 € mit Rechnung vom 12.04.2011 in Rechnung. Hierauf zahlte die Haftpflichtversicherung der Beklagten 466,00 € .
Gem. § 249 BGB hat die Beklagte den Geldbetrag zu ersetzen, der zur Herstellung des Zustandes erforderlich ist, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Hierzu zählen grundsätzlich auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens, sofern die Begutachtung erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Palandt, BGB, 71. Auflage, § 249 Rn. 58). Dies ist bei einem Sachschaden in Höhe von 3.257,59 € der Fall.
Der Geschädigte hat mit dem Sachverständigen eine Honorarvereinbarung geschlossen. Diese Honorarvereinbarung befand sich auf der Rückseite des vom Geschädigten unterzeichneten Auftrages zur Gutachtenerstellung. Auf der Vorderseite heißt es: „Ich beauftrage gem. umseitigen Werkvertrag mit Honorarvereinbarung das Sachverständigenbüro … mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens.“ Das Gericht hat daher keinerlei Zweifel an Zustandekommen und Wirksamkeit der Honorarvereinbarung. Ob der Geschädigte sich bei Auftragsunterzeichnung über die Kostenhöhe Gedanken gemacht hat und die auf der Rückseite abgedruckte Kostentabelle über Grundhonorar und einzelne Nebenkosten durchgelesen hat, hat auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung keinen Einfluss. Der Sachverständige hat die Erstellung des Gutachtens zu den von ihm auf der Rückseite aufgeführten Kosten angeboten und der Geschädigte hat dies ausdrücklich angenommen. Auf die Einvernahme des Geschädigten als Zeugen kam es daher aus Sicht des Gerichts nicht mehr an.
Angesichts der Honorarvereinbarung besteht daher gem. § 631 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf die vereinbarte Vergütung und es kommt nicht mehr auf die übliche Vergütung nach § 632 Abs. 2 BGB an. Das Gericht sieht daher keinen Anlass die Sachverständigenkosten anhand der BVSK-Befragung/VKS-Befragung zu ermitteln.
Auch die Erstattungsfähigkeit der Nebenkosten und deren Höhe waren zwischen den Parteien vereinbart.
Soweit die Beklagten bestritten haben, dass Auslagen angefallen sind, stellt dies lediglich ein pauschales Bestreiten dar und ist insoweit unbeachtlich (Thomas/Putzo, ZPO, 30. Auflage, § 138 Rn. 16). Jedenfalls hat der Kläger glaubhaft dargelegt, dass die Nebenkosten angefallen sind. Diese sind auch nicht übersetzt und zur Überzeugung des Gerichts waren die Auslagen auch für die Erstellung des Gutachtens erforderlich.
Der Geschädigte hat auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Gem. § 249 Abs. 2 BGB können als erforderlicher Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangt werden, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH, NJW 2005, 1108), Allerdings ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preiswerten Sachverständigen ausfindig zu machen. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht läge daher nur dann vor, wenn die abgerechneten Sachverständigenkosten des Klägers für den Geschädigten erkennbar deutlich über den ortsüblichen Sachverständigenkosten lägen. Dies ist hier ersichtlich nicht der Fall.
Den erforderlichen Herstellungsaufwand schätzt das Gericht im Rahmen des § 287 ZPO anhand der BVSK-Befragung 2010/2011. Diese stellt eine taugliche Schätzgrundlage dar (vgl. AG Dortmund, Urteil v. 24.01.2011, Az. 423 C 11179/10). Nicht abzustellen ist hingegen auf das beklagtenseite angegebene BVSK-Gesprächsergebnis. Hierauf muss sich ein Geschädigter nicht verweisen lassen. Es bestehen auch erhebliche kartellrechtliche Bedenken dagegen, wenn der Berufsverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen und Haftpflichtversicherer für Dritte bindende Preisabsprachen treffen will.
Wie der BGH (NJW 06, 2472) ausgeführt hat, bewegt sich regemäßig die übliche Vergütung auf dem Markt innerhalb einer bestehenden Bandbreite. Diese Spanne ermittelt das Gericht anhand der BVSK-Befragung 2010/2011. Insoweit erscheint die Liste eine geeignete Bemessungsgrundlage zur Bestimmung des marktüblichen Preises.
Wie aus der klägerseits vorgelegten Anlage K 8 ersichtlich, halten sich sämtliche in Ansatz gebrachten Positionen innerhalb des Rahmens. Auf die Anlage K 8 wird ausdrücklich Bezug genommen. Die geltend gemachten Kosten sind daher keinesfalls überhöht.
Die Verurteilung zur Zahlung der Zinsen gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Die Beklagte befand sich nach der Fristsetzung zum 18.01.2012 ab 19.01.2012 in Verzug.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.
Wurde der Versicherungsnehmerin der HUK eigentlich eine Abschrift des Urteils per guter Fee zugestellt?
Ansonsten wäre der HUK auch diese Bauchlandung wieder ziemlich egal. Ab in den Keller zu den anderen mehreren tausend „Leichen“ und gut ist.
Und wie immer eine fehlerhafte Begründung: Schätzung nach 287 ZPO auf Grundlage der BVSK-Honorarbefragung trotz Vorlage einer Honorarvereinbarung.
Das Gericht hat im Schadensersatzprozess – insbesondere bei Vorlage einer Honorarvereinbarung – nicht den erforderlichen Wiederherstellungsaufwand zu schätzen, sondern nur zu prüfen, ob das Gutachten zum erforderlichen Wiederherstellungsaufwand gehört.