Mit Urteil vom 16.12.2009 (1 C 596/08) hat das Amtsgericht Freyung die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.519,41 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und schließt die Fraunhofer Tabelle aus.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Aufgrund der Aussage der Zeugin X steht fest, dass sie Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs ist. Sie hat dieses Auto vor etwa 6 Jahren von ihrer Schwägerin geschenkt bekommen Angemeldet ist das Fahrzeug auf Frau Y, offensichtlich als Gegenleistung dafür, dass sich Frau X um Frau Y kümmert und diese nicht im rechtlichen, sondern im tatsächlichen Sinne betreut. Steuer und Versicherung werden nun wieder nicht von Frau Y bezahlt, der hierzu die Genehmigung des rechtlichen Betreuers fehlt, sondern von einem Herrn Z, dem Lebensgefährten der Frau Y.
Diese Sachlage ist zwar zunächst durchaus außergewöhnlich und erklärt die objektiv falschen ursprünglichen Angaben zur Anmietung. Im Endergebnis wurde das Fahrzeug angemietet von Frau X der Eigentümerin, wobei wegen der Tatsache, dass Frau Y als Halterin eingetragen ist, die Beteiligten irrtümlich zunächst davon ausgehen, die Zeugin X habe das Fahrzeug als Vertreterin für die pro-forma-Halterin Yangemietet.
Die Zeugin X hat zu den Einzelheiten der Anmietung darüber hinaus erklärt, sie habe ihr beschädigtes Fahrzeug in die Werkstatt A nach Höhenbrunn gebracht. B habe zu ihr gesagt, da kriege sie einen Leihwagen und Ahabe dann alles abgewickelt, ohne dass darüber gesprochen worden sei, was ein Leihwagen koste. Wenn er das gesagt hätte, dann hätte sie den Leihwagen nicht genommen, aber wirklich nicht.
Die Zeugin ist mit dem angemieteten Fahrzeug 860 km gefahren, was eine durchschnittliche tägliche Fahrleistung von 45 km ergibt. Die Zeugin hat also offensichtlich, nachdem ihr einmal ein Mietwagen zur Verfügung gestellt worden ist, sich nicht erheblich eingeschränkt, sondern offensichtlich ihre übliche Fahrten in gewohntem Umfang fortgesetzt.
Der Geschädigte Kfz-Eigentümer kann sich grundsätzlich unabhängig davon einen Ersatzwagen mieten, ob er darauf angewiesen ist, MüKo-Oetker, § 249 BGB, RdNr. 400 m.w.N.
Die völlig fehlende Aufklärung über die voraussichtlich entstehenden Kosten des Mietwagens führen dazu nicht dazu, dass ein Mietfahrzeug überhaupt nicht zu ersetzen ist, sondern führen allenfalls zu einer Reduzierung auf den tatsächlich erforderlichen Aufwand.
Damit reduziert sich die Kernfrage des Verfahrens wieder auf die altbekannte Problematik Schwacke contra Fraunhofer.
Der BGH hat in der Entscheidung NJW 2009, S. 58 ff entschieden, dass es dem Tatrichter im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten Schätzungsermessens freisteht, ob er zur Bestimmung der Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten auf den Schwacke-Mietpreisspiegel abstellt, wobei der BGH auf die unterschiedliche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte hinweist. So hat sich OLG München, DAR 2009, S. 36 ff., für den Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008 des Fraunhofer Instituts entschieden, das OLG Karlsruhe, VersR 2008, S. 92, dagegen für den Schwacke-Mietpreisspiegel.
Das Amtsgericht Freyung hat bisher den Schwacke-Mietpreisspiegel entsprechend der Rechtsprechung des BGH als geeignete Schätzgrundlage herangezogen und für maßgeblich erachtet. Nach Auffassung des Gerichts ist die Fraunhofer Liste für den örtlichen Raum als weniger geeignet anzusehen, denn bei Fraunhofer ist die Abstufung nach Postleitzahlenbereichen deutlich großflächiger, so dass die Besonderheiten des Bayerischen Waldes, in dem die großen, überörtlichen Vermieter fehlen, nicht ausreichend berücksichtigt sind. Diese örtlichen Besonderheiten müssen berücksichtigt werden. So, wie auf dem Oktoberfest die Maß Bier deutlich teurer ist als auf der Herbstdult in Passau und auf dem Volksfest in Freyung wieder noch billiger als in Passau, so ist es in der Lebenswirklichkeit so, dass andere Produkte und Leistungen wie hier die Mietwagenkosten bei größerer Konkurrenz der Anbieter in der Großstadt deutlich billiger sind als auf dem Land.
Deswegen hält das Gericht die Schwacke-Liste für die geeignetere Schätzgrundlage, so AG Freyung 3 C 148/09. Zwar mag das Amtsgericht Passau zwischenzeitlich überwiegend die Fraunhofer Liste heranziehen. Es muss aber hier berücksichtigt werden, dass die großen, überörtlichen Anbieter wie z B. Sixt und Avis, die die Zahlen der Fraunhofer Liste in wesentlichem Ausmaß beeinflussen, zwar in Passau, nicht jedoch im Landkreis Freyung-Grafenau vertreten sind. Auch das Landgericht Passau hat mit Urteil vom 05.03.2009 3 S 167/07 entschieden, dass das Gericht im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens der Schwacke-Liste den Vorzug vor der Fraunhofer Liste geben kann.
Unstreitig handelt es sich bei dem beschädigten PKW der Zeugin X um einen Golf II 1,4 I, New Orleans, der ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Anlage K1 = Auszug aus der Super-Schwacke-Liste in die Mietwagenklasse 02 (nicht 03) einzuordnen ist.
Auch die Beklagte akzeptiert eine Einstufung in die Mietwagenklasse 2. Bei einer Einstufung in Gruppe 2 ergeben sich nach Schwacke die Tagespauschale mit 106,-€, die 3-Tages-Pauschale mit 316,-€ und die Wochenpauschale mit 590,-€, so dass sich insoweit 1.708,–€ ergeben. Die weiteren Positionen Haftungsbefreiung, Zustellung, Winterreifen, bleiben auch für die Gruppe 2 gleich, so dass sich weitere 736,60 € ergeben, so dass bei einer Abrechnung nach Schwacke-Liste sich ein Wert von 2 444,60 € ergibt. Hierauf sind bezahlt 661,89 €, so dass sich ein noch offener Betrag in Höhe von 1.782,71 € ergäbe. Mit den eingeklagten 1.519,41 € bewegt sich der Kläger daher noch unter dem Schwacke-Tarif, so dass seine Abrechnung auch unter dem Gesichtspunkt einer Einstufung in die Mietwagengruppe 2 nicht zu beanstanden ist.
Kosten: § 91 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.
Soweit – königlich-bayerisch – das AG Freyung.