Der 6. Zivilsenat hatte sich mit dem Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer auseinander zu setzen, für den Fall, dass ein Reparaturschaden vorliegt, der Geschädigte aber wie hier das beschädigte Fahrzeug nicht reparieren lässt sondern ein höherwertiges „Neufahrzeug“ anschafft. Nach der derzeitigen Rechtslage meine ich, ist das Urteil seitens der BGH-Richter korrekt begründet. Auch was den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung und Fahrzeug-Sicherstellungskosten betrifft, ist den Ausführungen der Richter zu folgen.
Wer das Urteil allerdings aufmerksam liest, der wird zwangsläufig die sich aus § 249 BGB Abs. 2 Satz 2 BGB – Umsatzsteuer ist nur zu erstatten, wenn diese tatsächlich anfällt – ergebende Ungleichbehandlung erkennen. Nur wer ein „Neufahrzeug“ beim Händler kauft, hat nach § 249 BGB Abs. 2 Satz 2 BGB Anspruch auf den Umsatzsteuer-Betrag, der sich aus den kalkulierten Reparaturkosten ergibt. Wer sein Fahrzeug von Privat kauft jedoch nicht und wer seinen Schaden fiktiv abrechnet, der bekäme den Umsatzsteuerbetrag ebenfalls nicht erstattet, wenn er vom Schadensersatz z.B. ein Fahrrad beim Händler erwerben würde!
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 363/11 Verkündet am:
. 5. Februar 2013
in dem Rechtsstreit
Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht, und rechnet er den Schaden konkret auf der Grundlage der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs ab, steht ihm ein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist.
Der Anspruch ist auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Durchführung der notwendigen Reparatur angefallen wäre.
BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 – VI ZR 363/11 – LG Potsdam
. AG Luckenwalde
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 10. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 16. November 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte hat dem Kläger unstreitig den bei einem Verkehrsunfall am 20. Dezember 2009 entstandenen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen. Die Parteien streiten um die Ersatzfähigkeit geltend gemachter Umsatzsteuer, Nutzungsausfallentschädigung und Standkosten.
Das Fahrzeug des Klägers war nach dem Unfall nicht mehr fahrbereit und nicht mehr verkehrssicher. Die Scheiben waren zerbrochen. Es wurde, nachdem es zunächst bis zum 22. Dezember 2009 von der Polizei sichergestellt und untergestellt worden war, in eine Werkstatt geschleppt und dort zur Begutachtung und Schadensfeststellung durch einen Sachverständigen belassen. Der Kläger beauftragte den Sachverständigen am 23. Dezember 2009.
Das vom Sachverständigen erstellte Gutachten erreichte den Kläger am 4. oder 5. Januar 2010. In dem Gutachten wurden Reparaturkosten in Höhe von 9.768,94 € netto zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 1.856,10 € kalkuliert. Der Sachverständige bezifferte den Restwert auf 12.600 € und den Wiederbeschaffungswert auf 30.000 € (brutto). Der Kläger ließ sein Fahrzeug nicht reparieren, sondern verkaufte es und erwarb unter dem 7. Januar 2010 ein Ersatzfahrzeug zum Kaufpreis von 25.592,44 € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 4.862,56 €. Die Beklagte regulierte den Fahrzeugschaden auf der Basis der Nettoreparaturkosten und zahlte für 16 Tage Nutzungsausfall in Höhe von täglich 59 €.
Der Kläger hat Zahlung der auf Reparaturkostenbasis kalkulierten Umsatzsteuer (1.856,10 €), restliche Standgebühren in Höhe von 71,39 € und Nutzungsausfall für weitere 10 Tage in Höhe von 590 € verlangt.
Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt im Wesentlichen aus:
Der Kläger habe einen Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer in Höhe von 1.856,10 € gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich aufgewendeten Umsatzsteuerbeträge seien auch dann erstattungsfähig, wenn keine Umsatzsteuer auf die Reparatur angefallen sei, weil der Geschädigte auf der Basis fiktiver Reparaturkosten abrechne. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließe der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer zwar nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen sei. Nach dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung sei die Umsatzsteuer aber bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden zu ersetzen. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB könne die Restitution durch Herstellung der beschädigten Sache selbst oder durch Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Ersatzsache erfolgen. Erforderlich sei lediglich, dass die Umsatzsteuer zur Herstellung im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB angefallen sei. Eine Einschränkung auf eine bestimmte Art und Weise der Herstellung enthalte die Vorschrift nicht. Nach der Gesetzesbegründung solle der Geschädigte den Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer auch dann nicht verlieren, wenn er das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletze und nicht den zumutbaren Weg zur Schadensbeseitigung wähle, der den geringsten Aufwand erfordere, wenn auch auf dem von ihm gewählten Weg Umsatzsteuer anfalle. So liege der Fall hier. Der Anspruch sei jedoch auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Wahl des wirtschaftlich günstigeren Weges angefallen wäre.
Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für weitere zehn Tage, nämlich für den Zeitraum vom 6. bis zum 15. Januar 2010 in Höhe von insgesamt 590 €. Der Geschädigte, der das Fahrzeug nicht reparieren lasse, sondern auf Basis fiktiver Reparaturkosten abrechne, könne nur für den Zeitraum eines tatsächlichen Ausfalls Entschädigung verlangen, wenn ein Nutzungswille bestehe. Das Fahrzeug des Klägers sei nicht fahrbereit und deshalb tatsächlich nicht nutzbar gewesen. Es habe auch ein Nutzungswille bestanden. Insoweit habe sich der Kläger zumindest konkludent die Aussage der Zeugin N. zu Eigen gemacht, wonach ein Kraftfahrzeug benötigt worden sei und sich der Kläger und die Zeugin nur durch Überlassung des Fahrzeugs des Vaters hätten behelfen können. Der Anspruch habe für die im Gutachten angegebene Reparaturdauer, beginnend ab Zugang des Gutachtens, bestanden. Bei fiktiver Schadensberechnung könne der Geschädigte für die im Gutachten veranschlagte Zeit Nutzungsentschädigung verlangen. Der Kläger habe jedoch zunächst den Zugang des Gutachtens abwarten können, um zu entscheiden, ob er das Fahrzeug reparieren lasse oder Ersatz beschaffe. Für den Zeitraum bis zum Zugang des Gutachtens könne er unabhängig davon, welche Art des Schadensersatzes er am Ende wähle, Entschädigung verlangen. Ausgehend vom Zugang des Gutachtens am Montag, dem 4. Januar 2010, und einer Reparaturdauer von acht Werktagen laut Gutachten stehe ihm eine Nutzungsentschädigung mindestens bis einschließlich 15. Januar 2010 zu (acht Arbeitstage zzgl. Wochenende).
Auch die Standgebühren in Höhe von 71,39 € seien zu ersetzen. Die Standgebühren stellten einen unfallbedingten Schaden dar. Der Kläger habe das Fahrzeug, welches nicht mehr fahrbereit gewesen sei und dessen Scheiben zerstört gewesen seien, nicht auf der Straße stehenlassen können, sondern habe es unterstellen müssen. Dabei sei es naheliegend gewesen, das Fahrzeug in eine Werkstatt zu bringen. Dass der Kläger von vornherein nicht vorgehabt hätte, das Fahrzeug reparieren zu lassen, sei Spekulation.
II.
Die dagegen gerichtete Revision ist unbegründet.
1. Mit Recht bejaht das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der anteiligen Umsatzsteuer.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats stehen dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung: Die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines „gleichwertigen“ Ersatzfahrzeugs. Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution hat der Geschädigte jedoch grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert. Dieses sogenannte Wirtschaftlichkeitspostulat findet gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB seinen gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff des Schadens selbst. Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll der Geschädigte an dem Schadensfall nicht „verdienen“ (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2003 – VI ZR 393/02, BGHZ 154, 395, 397 f.; vom 15. Februar 2005 – VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161, 164 f.; vom 7. Juni 2005 – VI ZR 192/04, BGHZ 163, 180, 184; vom 6. März 2007 – VI ZR 120/06, BGHZ 171, 287 Rn. 6; vom 22. September 2009 – VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 Rn. 7).
b) Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot hätte sich der Kläger für eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis entscheiden müssen. Allerdings steht es dem Geschädigten frei, dem Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen, sondern statt einer wirtschaftlich gebotenen Reparatur eine höherwertige Ersatzsache zu erwerben. In diesem Fall kann er aber nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot die (tatsächlich angefallenen) Kosten der Ersatzbeschaffung nur bis zur Höhe der Reparaturkosten verlangen, weil eine Reparatur den geringsten Aufwand zur Schadensbeseitigung erforderte.
c) Damit ist allerdings die Frage, ob der Kläger unter den Umständen des vorliegenden Falls den Ersatz anteiliger Umsatzsteuer verlangen kann, noch nicht beantwortet.
Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mit dieser durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I 2674) eingeführten gesetzlichen Regelung wollte der Gesetzgeber nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustands tatsächlich angefallen ist. In diesen Fällen kommt es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat.
Bei der fiktiven Schadensabrechnung nach einer Beschädigung von Sachen entfällt nach der Absicht des Gesetzgebers die fiktive Umsatzsteuer als zu ersetzender Schadensposten. Umsatzsteuer soll nur noch ersetzt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat. Sie soll hingegen nicht mehr ersetzt werden können, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt.
Fällt dafür allerdings tatsächlich Umsatzsteuer an, so ist diese im angefallenen Umfang zu ersetzen. Fällt für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache – etwa beim Kauf von privat – keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen. In diesem Fall ist sie auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, weil § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit die Dispositionsfreiheit begrenzt. Dementsprechend hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer dann nicht erfolgt, wenn der Geschädigte weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur hat durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 22. September 2009 – VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 Rn. 11 mwN).
d) So liegt der Streitfall indes nicht. Hier handelt es sich um eine konkrete Schadensabrechnung auf der Grundlage der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs. Zuzüglich zum Kaufpreis in Höhe von 25.592,44 € hat der Kläger darauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 4.862,56 € bezahlt. Zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ist also tatsächlich Umsatzsteuer angefallen. Zwar ist der tatsächlich aufgewendete Umsatzsteuerbetrag höher als der, der bei Durchführung der Reparatur angefallen wäre. Der Kläger verlangt aber auch nicht Ersatz dieses höheren Betrages, sondern nur Ersatz der Umsatzsteuer, die bei Durchführung einer Reparatur angefallen wäre (vgl. zu dieser Fallgestaltung z.B. LG Arnsberg, NJW 2011, 158 f.; LG Aschaffenburg, zfs 2011, 563 f.; LG Saarbrücken, Urteil vom 21. Mai 2010 – 13 S 5/10, juris Rn. 20 ff.; BeckOK BGB/Schubert, Stand: 1. März 2011, § 249 Rn. 242; MünchKomm-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 468; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 249 Rn. 26; Jahn-ke in Burmann/Hess/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 249 Rn. 267; K. Schneider in Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 30. ErgLief., 5. Sachschaden/B. Der Fahrzeugschaden im Einzelnen, Rn. 73; Schiemann/Haug, VersR 2006, 160, 165 f. bei Fn. 53, 54).
e) Unter den Umständen des Streitfalls ist dies nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Revision findet keine Kombination von konkreter und fiktiver Schadensabrechnung statt. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/7752 S. 24):
„Nach der Neuregelung bleibt auch die Möglichkeit bestehen, dem von der Rechtsprechung konkretisierten Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen, sondern eine andere Art der Wiederherstellung zu wählen und auf der Basis der wirtschaftlich gebotenen Wiederherstellung fiktiv abzurechnen. So kann der Geschädigte nach wie vor etwa eine höherwertige Ersatzsache anschaffen. Er kann auch statt einer wirtschaftlich gebotenen Reparatur Ersatz beschaffen oder statt einer wirtschaftlich gebotenen Ersatzbeschaffung eine Reparatur vornehmen. In jedem Fall kann er jedoch wie bisher nur die Kosten für die wirtschaftlich gebotene Wiederherstellung verlangen.
In diesen Fällen kommt es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat. Auch wenn der Geschädigte das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletzt und nicht den zumutbaren Weg zur Schadensbeseitigung wählt, der den geringeren Aufwand erfordert, so verliert er damit nicht den Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer, wenn auf dem von ihm gewählten Weg Umsatzsteuer anfällt. Sein Anspruch ist jedoch auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei dem wirtschaftlich günstigeren Weg angefallen wäre:
Fällt bei der konkreten Wiederherstellung Umsatzsteuer auf das Entgelt für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung an (§ 10 Abs. 1 UStG), kann sie bis zur Höhe des Umsatzsteuerbetrages verlangt werden, der bei der wirtschaftlich günstigeren Wiederherstellung angefallen wäre, gleichviel, ob bei dieser Abrechnung auf der Basis des wirtschaftlich günstigeren Weges ebenfalls das Entgelt für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung (§ 10 Abs. 1 UStG) oder die Differenz zwischen Händlereinkaufs- und Händlerverkaufspreis (§ 25a UStG) als Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer zugrunde gelegt wird.“
Im Streitfall war die Reparatur die wirtschaftlich günstigere Wiederherstellung. Deshalb kann der Kläger Ersatz der Umsatzsteuer in der begehrten Höhe verlangen.
2. Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers auf Ersatz weiteren Nutzungsausfallschadens.
a) Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger für eine zügige Regulierung des Unfalls unter Berücksichtigung der Weihnachtstage und des Jahreswechsels das Erforderliche getan.
Der Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls besteht für die erforderliche Ausfallzeit, d.h. für die notwendige Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungsdauer zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und gegebenenfalls einer angemessenen Überlegungszeit (vgl. Jahnke in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 249 BGB Rn. 167 ff. mwN). Die vom Berufungsgericht angenommene Ausfallzeit bis zum 15. Januar 2010 ist angesichts der getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die Feiertage zu Weihnachten und zum Jahreswechsel und die Wochenenden sowie des erst Anfang Januar zugänglichen schriftlichen Gutachtens nicht zu beanstanden. Die Revision zeigt nicht Parteivortrag auf, wonach das Ersatzfahrzeug dem Kläger – abweichend von der von ihm behaupteten Ausfallzeit – bereits früher zur Verfügung stand. Dem Vortrag der Beklagten, auf den die Revision verweist, lässt sich auch nicht entnehmen, dass für den Kläger die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen am 23. Dezember 2009 eine ausreichend sichere Beurteilungsgrundlage bildeten, die ihn hätten veranlassen müssen, auch ohne schriftliches Gutachten die Entscheidung darüber zu treffen, ob ein Reparaturauftrag zu erteilen oder ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen war.
b) Dass, wie die Revision geltend macht, der Kläger die Möglichkeit hatte, zur Überbrückung des Fahrzeugausfalls kostenfrei auf das Fahrzeug seines Vaters zuzugreifen, beseitigt den eingetretenen Schaden nicht. Nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB wird der Schädiger nicht durch eine (freiwillige) Leistung Dritter entlastet, die ihm nach dem Sinn der schadensrechtlichen Vorschriften nicht zugute kommen soll. Dies gilt auch für den Nutzungsausfallschaden (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1970 – VI ZR 108/68, NJW 1970, 1120, 1122; vom 19. November 1974 – VI ZR 197/73, VersR 1975, 261, 262; OLG Koblenz, Schaden-Praxis 2012, 259 f.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 251 Rn. 80 f.). Insofern ist die Senatsrechtsprechung, wonach Nutzungsausfall für ein beschädigtes Kraftfahrzeug nicht fordern kann, wer (selbst) über mindestens ein zweites derzeit ungenutztes Fahrzeug verfügt, dessen ersatzweiser Einsatz ihm zuzumuten ist (Senatsurteil vom 14. Oktober 1975 – VI ZR 255/74, NJW 1976, 286), nicht einschlägig (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1974 – VI ZR 197/73, aaO).
3. Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der restlichen Standkosten.
Mit Recht stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass ein nicht mehr fahrbereites Kraftfahrzeug mit zerstörten Scheiben nicht irgendwo auf der Straße abgestellt werden kann, sondern untergestellt werden muss. Das sichere Unterstellen in einer Kfz-Werkstatt ist eine nahe liegende und angemessene Maßnahme. Die dafür anfallenden Kosten sind erstattungsfähig. Dass sie diejenigen übersteigen, die für eine gewerbliche Abstellmöglichkeit, etwa in einem Parkhaus, angefallen wären, hat die für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) darlegungs- und beweispflichtige Beklagte auch mit der Revision nicht konkret vorgetragen. Entgegen den Ausführungen der Revision ist es nicht Sache des Klägers, insoweit Ermittlungen anzustellen und deren Ergebnis vorzutragen. Der Zeitraum des Verbleibs des Fahrzeugs ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts angesichts der Feiertage zu Weihnachten und zum Jahreswechsel und der Wochenenden sowie des erst Anfang Januar zugänglichen schriftlichen Gutachtens nicht zu beanstanden.
Galke Zoll Wellner
. Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
AG Luckenwalde, Entscheidung vom 07.04.2011 – 12 C 414/10 –
LG Potsdam, Entscheidung vom 16.11.2011 – 7 S 49/11 –
Ich denke, hier ist die rechtliche Einordnung dieses lang erwarteten Urteils nicht erkannt worden.
Abzugrenzen ist es von VI ZR 91/04 und zu VI ZR 312/08:
VI ZR 91/04: Totalschaden, der Geschädigte schafft ab und kauft von privat. Versicherer zieht aus WBW die MwSt raus mit der These, der Geschädigte habe ja keine MwSt ausgegeben, weil Privatkauf.
Dazu der BGH: Der Geschädigte hat k o n k r e t, also durch Ersatzbeschaffung, restituiert (= den alten Zustand wieder hergestellt). Weil k e i n F i k t i v f a l l, ist das kein Anwendungsfall des § 249 II 2 BGB, der nach dem Willen des Gesetzgebers entgegen seinem Wortlaut nur für die fiktive Abrechnung gilt (siehe die Ausführungen dazu im Urteil). Also Erstattung des Brutto-WBW.
Manchmal liest man: „Mehrwertsteuer ist ohnehin nur zu erstatten, wenn sie auch tatsächlich anfällt.“ Dem Irrtum war der Versicherer auch erlegen. Kam ihn teuer. Richtig muss der Satz lauten: „Mehrwertsteuer ist bei fiktiver Abrechnung ohnehin nur zu erstatten, wenn sie auch tatsächlich anfällt.“
VI ZR 312/08: Fall beginnt wie im aktuellen Urteil, nämlich Reparaturschaden. Geschädigter schafft ab und kauft Ersatz von privat. Da hat der BGH aus mir nicht ganz nachvollziehbaren, weil nicht dargelegten Gründen die Repkosten nur netto zugesprochen.
Eine logische Begründung wäre: Weil das ein Reparaturfall ist, rechnet der Geschädigte die Reparaturkosten fiktiv ab. Unter den Umständen eines Reparaturfalles ist wegen des Wirtschaftlichkeitsgebotes die Ersatzbeschaffung keine gleichartige, sondern ein andere Restitution, also keine konkrete Schadenbeseitigung. Folglich keine MwSt, weil keine angefallen. Überzeugt mich aber nicht.
Und nun das aktuelle Urteil: Wie vor ein Reparaturfall, aber Ersatzkauf mit ausgewiesener MwSt. Demnach auch ein Fiktivfall, jedoch MwSt ausgegeben. Zwar ist dann beim Reparaturfall die Ersatzbeschaffung auch keine gleichartige Restitution. Aber die ausgegebene „Kauf“-Mehrwertsteuer ist der „Reparatur“-Mehrwertsteuer gleichwertig, das steht, wie vom BGH ausdrücklich zitiert, in der Gesetzesbegründung. Wenn die Mehrwertsteuer für den Ersatzkauf ausgegeben wird, muss die Reparaturmehrwertsteuer bis zu deren Höhe wieder aufgefüllt werden.
Allerdings, das scheint mir klar, muss es sich bei der mehrwertsteuerbelasteten Ausgabe um eine Schadenbeseitigungsmaßnahme gehandelt haben. Ob der Kauf eines Fahrrades, einer Einbauküche oder einer Saunahütte, also jeder beliebige mehrwertsteuerbelastete Kauf, bei einem Schaden am Auto die „Wiederherstellung des vorherigen Zustandes ist“, würde ich dann doch deutlich bezweifeln.
@ Otting
so isses!
Danke für diesen korrekten Beitrag.
Am Ende führt aber die Einschränkung der Mwst-Erstattung nur für eine Schadensbeseitigungsausgabe zu einer Einschränkung der Dispositionsfreiheit.
Das alte Beispiel:wenn ich mir statt eines neuen Ferrari eine neue Rolex kaufe,dann erhalte ich keinen Mwst-Ersatz,da das dann keine Schadensbeseitigung für den geschrotteten Ferrari darstellt….usw.
Wir sind uns doch einig,dass die Neuregelung des §249 II,2 BGB vor mittlerweile über zehn Jahren dogmatisch ein absoluter Lobbyistenschrott gewesen ist.
Und ständig testen die Versicherer nicht nur die Sattelfestigkeit unserer vier-Punkte-Justizministerin,sondern auch diejenige der Richterinnen und Richter auf Kosten der Versichertengemeinschaft.
Erst jüngst musste ein Gericht darüber entscheiden,ob der Fiktivabrechner nicht an den Sozialabgabenanteilen der Stundensätze zu Unrecht „verdiente“,spräche man ihm diese zu.Das Urteil war ein groteskes Geholpere und – eher zufällig – im Ergebnis richtig.
Ich will Sie nicht kritisieren,aber ich vermisse bei Ihren Beiträgen etwas die Dogmatik.
In den 70ern und 80ern mag es ausreichend gewesen sein,BGH-Entscheidungen zu zitieren,denn die waren regelmässig hervorragend dogmatisch hergeleitet.
Heute haben wir – ich habe aufgehört zu zählen – sicher über 60 BGH-Urteile alleine zur Mietwagenkostenerstattung.
Sattelfest geht anders.
Man muss daher schon manchmal tiefer argumentieren und damit dann auchmal das -scheinbar- dünnere Eis betreten,anstatt generell nur Urteile zu zitieren.
Ich bin überzeugt,dass Sie das können;trauen Sie sich!
@ Otting: VI ZR 91/04: Totalschaden, der Geschädigte schafft ab und kauft von privat. Versicherer zieht aus WBW die MwSt raus mit der These, der Geschädigte habe ja keine MwSt ausgegeben, weil Privatkauf.
Was für eine Volksverdummung!
Denn, hat er keine MwSt. ausgegeben oder war die Steuer nur nicht ausgewiesen, weil der Verkäufer als Privatperson weder vorsteuerabzugsberechtigt noch umsatzsteuerpflichtig ist?
Erklärung: Der Privatmann kauft ein (Neu)Fahrzeug vom Händler für 119.000 Euro (100.000 Fahrzeugwert-Netto plus 19 % MwSt.). Nach 12 Wochen hat er keine Lust mehr auf das schöne Auto oder er hat gemerkt, dass er sich das Auto eigentlich gar nicht leisten kann. Darum verkauft er es an seine Freundin weiter. Glaubt hier wirklich jemand, dass der Erstkäufer vor lauter Liebe auf 19.000 Euro gezahlte Umsatzsteuer auf den Kaufpreis und dann noch auf den Wertverlust des Fahrzeuges, weil das gute Stück ja nun gebraucht ist, verzichtet?
@ virus
Er hat keine MWSt. ausgegeben. Weil der Kauf eines Autos von privat kein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft ist.
Natürlich ist irgendwann einmal von irgendjemandem für das Auto Umsatzsteuer bezahlt worden (sowohl für das beschädigte Auto als auch für das Auto, das als Ersatz gekauft wurde), aber eben nicht vom Geschädigten bei der Herstellung des ursprünglichen Zustandes…
Hallo Virus,
der BGH hat ja gerade die Ansicht der Kfz-Versicherung gerade gerückt. Bei konkreter Abrechnung ist grds. MWSt. zu erstatten. Und bei VI ZR 91/04 lag eine konkrete Abrechnung vor, weil durch Ersatzvornahme Schaden beseitigt. Bei VI ZR 312/08 liegt auch Ersatzvornahme vor, bei der aber keine USt. anfiel, daher die fiktiven Abrechnung ohne USt. Bei dem aktuellen Fall ist die an sich wirtschaftlich sinnvolle Reparatur durch Ersatzvornahme mit MWSt. ersetzt. Daher konkrete Abrechnung mit MWSt., allerdings MWSt. auf an sich wirtschaftlich sinnvolle Reparatur begrenzt.
@Willi
so è Mehrwertsteuergeschwurbel kapiert doch kä Sau mehr!
@ Otting:Manchmal liest man: “Mehrwertsteuer ist ohnehin nur zu erstatten, wenn sie auch tatsächlich anfällt.” Dem Irrtum war der Versicherer auch erlegen. Kam ihn teuer. Richtig muss der Satz lauten: “Mehrwertsteuer ist bei fiktiver Abrechnung ohnehin nur zu erstatten, wenn sie auch tatsächlich anfällt.
bgh:” Entgegen der Ansicht der Revision findet keine Kombination von konkreter und fiktiver Schadensabrechnung statt.
@Belzisch:Bei beispilsweise Listennotierungen von 30150,- E Händlerverkauf und 25700,-E Händlereinkauf sind 4450,-E Handelsspanne enthalten.
bgh:Fällt bei der konkreten Wiederherstellung Umsatzsteuer auf das Entgelt für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung an (§ 10 Abs. 1 UStG), kann sie bis zur Höhe des Umsatzsteuerbetrages verlangt werden, der bei der wirtschaftlich günstigeren Wiederherstellung angefallen wäre, gleichviel, ob bei dieser Abrechnung auf der Basis des wirtschaftlich günstigeren Weges ebenfalls das Entgelt für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung (§ 10 Abs. 1 UStG) oder die Differenz zwischen Händlereinkaufs- und Händlerverkaufspreis (§ 25a UStG) als Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer zugrunde gelegt wird.”
Also bei einem Kauf vom Händler ohne ausweisbare Umsatzsteuer (§ 25a UStG) sind hier nur 710,50 E Umsatzsteuer in der Beispielhandelsspanne enthalten, trotzdem muß die Versicherung die 1856,10 E laut Reparaturprognose in solchen Fällen g l e i c h v i e l bezahlen.
@ urteilsleser
zu Ihrem ersten Kommentar:
Schauen Sie sich noch einmal die Urteilsbegründung in der VI ZR 91/04 an. Dann verstehen Sie, was ich meinte.
zu Ihrem zweiten Kommentar:
„gleichviel, ob“ ist eine etwas altertümliche Formulierung für „gleichgültig, ob“. Ihre Auslegung „gleich viel“ trifft sicher nicht zu. Mehr Wehrwertsteuer, als (bei Differenzbesteuerung geschätzt) ausgegeben gibt es nicht. In Ihrem Beispiel wäre also bei 710,50 Euro schluss. Wer aber richtig teuer kauft und viel mehr Mehrwertsteuer ausgibt, bekommt maximal so viel, wie in der Reparaturprognose steckt.
@urteilsleser
des gläwwich,sooo iss des!
Da keff ich mir en Ferrari un blädder fo dene hunnerdneunzehdausend Euroh alleens neunzehdausend fer die drecks Umsatzsteuer hin—und-?— was bekomm ich von der drecks Versicherung?—1856,10 Euronen fer mein alde drecks Obbl!
Genau so hab ich mir des fei scho gedachd!
Und den Differenzumsatz von 17143,90 den versteuert die drecks Versicherung dann in der drecks Gellert-Therme.
Ich glääb, da bleibich doch lieber bei meim Obbl unn rebarier den selber.