Mit Entscheidung vom 24.03.2009 (3 C 0415/08) wurde die HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG durch das AG Stollberg dazu verurteilt, restliches Sachverständigenhonorar an den Kläger zu erstatten. Das Gesprächsergebnis BVSK/Versicherungen?, als Schätzungsgrundlage für die Angemessenheit des SV-Honorars, wurde seitens des Gerichts abgelehnt.
Aus den Gründen:
1. Die Beklagte wirdverurteilt, an die Klägerin 181,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.04.2007 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 46,41 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der ihr aus dem Gutachterauftragauftrag vom 19.02.2007 gegen das Kfz-Sachverständigenbüro etwaig zustehende Schadenersatzansprüche.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar
Beschluss:
Der Streitwert des Verfahrens wird festgesetzt auf 181,02 EUR (§ 3, 4, 45 Abs. 1 Satz 1 und 2 GKG) .
Tatbestand
Von der Absetzung des Tatbestandes wurde abgesehen gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im Hilfsantrag in vollem Umfang begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Zahlungsanspruch auf Grund der Sachverständigenbeauftragung vom 19.02.2007 Zug um Zug gegen Abtretung der ihr aus diesem Gutachterauftrag gegebenenfalls zustehenden Schadenersatzansprüche gemäß den §§ 7 StVG, 3 Pf1VG i. V. m. §§ 249, 254, 255 BGB zu.
Die Beklagte ist der Klagerin gemaß den §§ 7 Abs 1 StVG, 3 Nr. 1 Pf 1VG, 249 ff. BGB grundsätzlich zum Ersatz des ihr aus dem Verkehrsunfall vom 15.02.2007 entstandenen Schadens in Hohe von 181,02 EUR verpflichtet.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
Gemäß § 249 Abs. 1 3GB hat der Schadenersatzpflichtige den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der finanzielle Aufwand für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zählt grundsätzlich ebenfalls zu den ersatzpflichtigen Schadenspositionen im Sinne des § 249 BGB.
Der Klägerin steht demnach ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten restlichen Sachverstandigenkosten zu, da die Beklagte insbesondere mit ihren Einwendungen, die Abrechnung der Sachverständigenkosten bewege sich nicht im Rahmen des Üblichen und sei insbesondere auch im Bezug auf die abgerechneten Nebenkosten unangemessen, nicht durchdringen kann.
Zwar kann grundsätzlich im Rahmen des Schadenersatzes nur der erforderliche Umfang nach § 249 Abs. 2 Satz .1 BGB verlangt werden; die Kosten vonSachverständigengutachten sind demnach zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (Vgl. BGH NJW 2007, 1450).
Eine Ersatzpflicht besteht in der Regel auch dann, wenn das Gutachten objektiv ungeeignet ist oder gar seine Kosten übersetzt sind (Vgl. insbesondere OLG des Landes Sachsen-Anhalt vom 20.01.2006, NJW RR 2006, 1029 ff.).
Es wird vorliegend von der Beklagten nicht angegriffen, dass die Klägerin grundsätzlich ein Gutachten eingeholt hat, lediglich die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten werden von der Beklagten in Zweifel gezogen.
Mit diesen Einwendungen kann die Beklagte jedoch gegen den Anspruch der Klägerin nicht durchgreifen, auf Grund der grundsätzlichen Ersatzpflicht von Sachverständigenkosten könnte sich die Beklagte gegen den Anspruch der Klägerin nur insoweit wenden, als das ein Verstoß der Klägerin gegen die ihr obliegende Schadenminderungspflicht gemäß § 254 BGB vorläge. Insoweit sind Sachverständigenkosten nur ausnahmsweise dann nicht erstattungspflichtig, wenn entweder ein sogenannter Bagatellschadensfall vorliegt oder wenn den Geschädigten ein Auswahlverschulden bezüglich des Kfz-Sachverständigen trifft oder wenn der Geschädigte die Unrichtigkeit des Sachverständigengutachtens selbst herbeigeführt hat.
Hierzu hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte jedoch keinerlei Vortrag gehalten. Von der Beklagten wird weder zu einem etwaigen Auswahlverschulden der Klagerin vorgetragen noch liegt eine der weiteren Fallkonstellationen vorliegend vor.
Auf Grund dessen verbleibt es bei dem Grundsatz, dass dem Geschädigten der volle Sachverständigenaufwand als Schadenersatzanspruch zusteht und sich der Geschädigte, selbst wenn die Rechnung des Sachverständigen überhöht ist, hiervon keine Abzüge entgegenhalten lassen muss. Insoweit trägt nicht der Geschädigte, sondern der Schädiger hier Risiken einer eventuell uberhöhten Sachverständigenrechnung.
Es kommt im Rahmen des geltendgemachten Schadenersatzanspruches auch nicht darauf an, ob das geltend gemachte Sachverständigenhonorar noch als übliche Vergütung im Sinne des § 632 BGB angesehen werden kann. Auch dies folgt daraus, dass der Schädiger das Risiko einer überhöhten Gebührenrechnung trägt, wenn diese nicht gänzlich, aus dem Rahmen fällt. Insbesondere ist dem Geschädigten nicht aufzuerlegen, vor der Beauftragung eines Sachverständigen mehrere Angebote einzuholen und gar Preisvergleiche im Sinne einer Marktforschung zu betreiben.
Der Klägerin ist vorliegend auch kein Verstoß gegen die ihr obliegende Schadenminderungspflicht vorzuwerfen, da insbesondere sich ihr keine Anhaltspunkte aufdrängen mussten, dass die geltend gemachten Sachverständigenkosten überhöht oder unangemessen sind. Sie hat keine Veranlassung gehabt, an der Richtigkeit der ihr gegenüber geltend gemachten Gebührenrechnung aus dem mit dem Sachverständigen geschlossenen Werkvertrag zu zweifeln. Es ist mittlerweile in der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass der Gutachter seine Vergütung nach billigem Ermessen bestimmen kann und insbesondere den Gegenstandswert zu Grunde legen kann (Vgl. BGH vom 23.01.2007, NJW 2007, 1450 ff.).
Insoweit kommt es im Rahmen der Prüfung eines etwaigen Verstosses gegen die Schadensminderungspflicht der Klägerin nicht darauf an, ob die Klägerin mit dem Sachverstädigen ein bestimmtes Honorar vertraglich vereinbart hat oder ob dieser sein Honorar nach billigem Ermessen im Rahmen des § 315 BGB bestimmt hat. Es liegen vorliegend keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden der Klägerin bei der Beauftragung des Sachverständigen vor. Insbesondere ergibt sich aus der Höhe des geltend‘ gemachten Sachverständigenhonorars kein derartiges Missverhältnis zur Schadenshöhe, dass der Klägerin vorliegend Zweifel an der Gutachterrechnung hätten kommen müssen. Insoweit ist insbesondere zu beachten, dass es keine allgemein gültigen Gebührentabellen für alle Sachverständigen gibt, an denen die Klägerin dieses geltend gemachte Sachverständigenhonorar hätte messen können. Insoweit ergibt sich jedoch aus der von der Klägerin vorgelegten Tabelle BVSK-Honorarbefragung 2005/2006, dass sich das geltend gemachte Sachverst&ndigenhonorar sowohl hinsichtlich des Grundhonorares als auch hinsichtlich der weiter geltend gemachten Nebenkosten noch im Rahmen des dort genannten Honorarkorridors bewegt. Damit liegt das Sachverständigenhonorar im Rahmen dessen, was zwischen 40 % und 60 % der befragten Sachverständigen berechnen. Auf Grund dieser Tatsache kann jedoch gerade dann nicht der Schluss gefolgert werden, dass der Klägerin sich hätten Anhaltspunkte im Hinblick auf die geltend gemachten Sachverständigenkosten ergeben müssen. Da der Klägerin es weder zugemutet werden kann, Vergleichsangebote einzuholen, noch ihr bekannt sein dürfte, dass Sachverständige zum Teil sehr unterschiedliche Gebühren abrechnen, kann der Klägerin hieraus auch keinerlei Auswahlverschulden angelastet werden.
Die von der Beklagten vorgelegte Tabelle über Gesprächsergebnisse BVSK Versicherungen gibt zwar andere Werte für Sachverständigenhonorare wieder, dies dürfte jedoch ebenfalls der Klägerin nicht bekannt gewesen sein, zudem ist fraglich, inwieweit der beauftragte Sachverständige überhaupt an dieses Gesprächsergebnis gebunden wäre. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, hätte dies jedoch nach den o. g. Grundsätzen keinerlei Auswirkungen auf den Schadenersatzanspruch der Klägerin, da diese auf Grund fehlenden Auswahlverschuldens selbst bei einer Überhöhung der geltend gemachten Sachverständigengebühren diese in vollem Umfang als Schadenersatz gegenüber der Beklagten geltend machen kann.
Dies führt vorliegend auch nicht zu einem unbilligem Ergebnis, da nach der Überzeugung des Gerichts die Klägerin im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht nach §§ 249, 254 BGB die ihr etwaig zustehenden Schadenersatzansprüche an die Beklagte abtreten muss. Insoweit obliegt es dann der Beklagten, die von ihr erhobenen Einwendungen hinsichtlich der Üblichkeit und Angemessenheit des geltend gemachten Sachverständigenhonorars im Wege eines Schadenersatzanspruches direkt gegenüber dem Sachverständigen geltend zu machen.
Dieses Abtretungsrecht der Beklagten gegenüber der Klägerin steht ihr gemäß den §§ 273 BGB, 255 BGB analog zu, insoweit muss die Klägerin im Rahmen der ihr obliegenden Schadensminderungspflicht ihre etwaig zustehende Schadenersatzansprüche an die Beklagte abtreten. Dies führt vorliegend zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung der Beklagten gegen Abtretung etwaiger Schadenersatzansprüche, insoweit kann dann die Beklagte auch kein etwaiges Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich vermeintlicher Schadenersatzansprüche wegen überhöhter Sachverständigenrechnung der Klägerin entgegenhalten.
Der weiter geltendgemachte Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB.
Die weiter geltendgemachten Rechtsanwaltsgebühren ergeben sich aus den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB und errechnen sich wie folgt:
Gegenstandswert
Geschaftsgebühr Nr. 2300 VVRVG 32,05 EUR
Pauschale für Post und
Telekommunikation Nr. 7002 VVRVG 6,50 EUR
zuzüglich MwSt 7,41 EUR
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zusammen 46,41 EUR
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die ausgesprochene Klageabweisung im Übrigen auf Grund der Verurteilung hinsichtlich des gestellten Hilfsantrages führt nicht zu einer Kostentragungspflicht der Klägerin, da insoweit die hilfsweise beantragte Zug-um-Zug-Verurteilung nicht als Unterliegen dergestalt sich auswirkt, dass dadurch höhere Kosten veranlasst worden wären.
Die Entscheidung im Hilfsantrag führt insbesondere nicht zu einer Streitwerterhöhung, da diesbezüglich Haupt- und Hilfsantrag den gleichen Verfahrensgegenstand betreffen, so dass es gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG sich nicht streitwerterhöhend auswirkt. Auch stellt die Verurteilung lediglich Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Schadenersatzansprüche eine verhältnismäßig geringfügige Abweichung vom Hauptantrag dar, da dieser abzutretende Schadenersatzanspruch nach einem vollem Obsiegen der Klägerin für diese ohnehin wertlos, da nicht durchsetzbar, ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 3, 4 ZPO i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG. Die Entscheidung über den gestellten Hilf santrag führt nicht zu einer Streitwerterhöhung, da insoweit Haupt- und Hilfsantrag denselben Streitgegenstand betreffen.