Das historische Grundsatzurteil des VI. Zivilsenates des BGH zur Wertverbesserung bei Neu für Alt (BGH Revisionsurteil vom 24.3.1959 – VI ZR 90/58 -).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

zum Wochenbeginn stellen wir Euch hier ein historisches Grundsatzurteil des VI. Zivilsenates des BGH aus dem Jahr 1959 zum Thema Wertverbesserung (NfA) im Rahmen des Schadensersatzprozesses vor. Zu Recht hatte der VI. Zivilsenat damals unter Bezugnahme auf die Motive zum BGB und die Rechtsprechung des Reichsgerichts in Zivilsachen auf die Bedeutung des § 249 BGB hingewiesen. Nach § 249 Satz 1 BGB a. F. (heute § 249 I BGB) hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wann der zum Ersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann nach § 249 S. 2 BGB a.F. (heute § 249 II 1 BGB) der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Auch der Anspruch auf Geldentschädigung ist ein Anspruch auf Wiederherstellung des vormaligen Zustandes, wie er vor dem Schadensereignis bestanden hat, nur nicht in der Form der unmittelbaren Leistung des Schuldners, sondern in der Form einer durch eine Geldzahlung des Schuldners vermittelten Selbstbefriedigung des Gläubigers (RGZ 71, 212, 214). Für beide Alternativen des § 249 BGB gilt gleichermaßen, daß die Herstellung des früheren Zustandes die Versetzung des an seinem Vermögen Beschädigten in die gleiche wirtschaftliche Vermögenslage bedeutet, wie sie ohne den Eintritt des zum Ersatze verpflichtenden Umstandes bestanden haben würde (RGZ 91, 104, 106; 126, 401, 403). Das Gesetz stellt es nicht auf die Herstellung genau des gleichen Zustandes ab, wie er vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses bestanden hat, sondern es kommt darauf an, wie sich der wirtschaftliche Zustand des Geschädigten ohne das schadensstiftende Ereignis darstellen würde (vgl. RGZ 131, 158, 178; 143, 267, 274). Die danach erforderliche Vermögensvergleichung spiegelt den Grundgedanken des Schadensersatzrechts wieder, zu erreichen, daß der Geschädigte durch die Ersatzleistung nicht ärmer und nicht reicher gemacht werde. Zwar hat das Gesetz die Fallgestaltung „Neu für alt“ nicht explizit geregelt, aber die Rechtsprechung hatte dazu bereits ausführlich entschieden. So ist es auch heute noch. Bemerkenswert ist, dass der VI. Zivilsenat bereits im Jahr 1959 den Fall des heutigen § 249 II 1 BGB als Fall der Wiederherstellung ansieht. Das spiegelt sich auch in der Entscheidung vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 in Rn. 10 wieder. Wenn die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung bei den zu ersetzenden Sachverständigenkosten meint, diese seien überhöht, so tritt keine Vermögensmehrung bei dem Geschädigten ein, denn dieser hat den berechneten – und angeblich zu teuren – Sachverständigenkostenbetrag an den Sachverständigen zu bezahlen, weil ihn eine Belastung mit der Zahlungsverpflichtung trifft. Auch aus diesem Grunde kann das Argument der Kfz-Versicherer mit den zu teuren Sachverständigenkosten widerlegt werden. Im Übrigen sollte sich der VI. Zivilsenat in der jetzigen Zusammensetzung der früheren – zutreffenden – Rechtsprechung besinnen. Immerhin gibt es das Rechtsinstitut des Vorteilsausgleichs. Lest selbst die Grundsatzentscheidung des VI. Zivilsenats zum Ausgleichsanspruchs bei Wertverbesserung und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

VI ZR 90/58                                                                                  Verkündet am: 24. März 1959

in dem Rechtsstreit

hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 1959 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Prof. Dr. Meiß sowie der Bundesrichter Dr. Kleinewefers, Dr. Engels, Hanebeck und Dr. Hauß

für Recht erkannt:

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München mit dem Sitz in Augsburg vom 25. Februar 1958 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision werden den Klägern auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die beklagte Ehefrau, K. St., die mit ihrem Ehemann, dem Mitbeklagten A. St. seit 1949 im Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft lebt, hat am 1. April 1956 das landwirtschaftliche Anwesen der ihr benachbarten Kläger vorsätzlich in Brand gesetzt. Sie ist wegen dieser Tat rechtskräftig zu Strafe verurteilt worden. Durch den Brand entstand erheblicher Sachschaden an Gebäuden und Mobilien. Das mit dem Wohnhaus zusammenhängende Wirtschaftsgebäude, bestehend aus Rinderstall und Scheune, sowie dessen Anbauten, nämlich Holz- und Wagenschuppen, Strohschuppen und Schweinestall, fielen samt den Futtervorräten und verschiedenen Gerätschaften dem Feuer zum Opfer. Auch am Wohnhaus entstand ein Brandschaden, weil die durchgehenden Dachlatten das Feuer in den Dachstuhl des Wohnhauses geleitet hatten.

Für den den Klägern entstandenen Mobiliarschaden ist zum überwiegenden Teil die H.-Feuerversicherung eingetreten; zum Ersatz des durch die Versicherung nicht gedeckten Schadens in Höhe von 534 DM sind die Beklagten durch das landgerichtliche Urteil, das insoweit rechtskräftig geworden ist, verurteilt worden.

Die Parteien streiten nurmehr um den Schadensersatz für die durch den Brand teils zerstörten, teils beschädigten Gebäude. Die B. Versicherungskammer hat die zur Instandsetzung der Gebäude erforderlichen Kosten mit 27.120 DM berechnet und die Entschädigung nach den Zeitwert auf 21.463 DM festgesetzt, wobei bei der Entschädigung für den Holz- und Wagenschuppen sowie für den Strohschuppen wegen geringer Unterversicherung 100 bzw. 150 DM abgesetzt worden sind. Den Differenzbetrag in Höhe von 5.657 DM fordern die Kläger von den Beklagten.

Das Landgericht hat den Anspruch nur insoweit für gerechtfertig erachtet, als die Entschädigung von der B. Versicherungskammer wegen der Unterversicherung gekürzt worden ist, und den Klägern wegen der Gebäudeschaden einen Betrag von 250 DM zugesprochen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Kläger als die Geschädigten dürften nicht durch die Schadenersatzleistung wirtschaftlich besser gestellt werden als vor der Schadenszufügung; darum müßten sie, da die wiederaufgebauten Gebäude einen größeren Wert als zur Zeit des Schadensfalles hätten, sich einen Abzug „neu für alt“ gefallen lassen. Diesen Abzug hat das Landgericht in Anwendung des § 287 ZPO ebenso hoch bemessen, wie ihn die B.. Versicherungskammer bei der Festsetzung der Entschädigung errechnet hat. Die Berufung der Kläger blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, um deren Zurückweisung die Beklagten bitten, verfolgen die Kläger ihren früheren Antrag auf vollen Ersatz des Unterschiedes zwischen dem Zeitwert und den Wiederherstellungskosten der brandgeschädigten Gebäude weiter.

Entscheidungsgründe:

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

1. Frei von Rechtsirrtum ist die Auffassung des Berufungsgerichts, daß bei der Bemessung des Schadensersatzes für die Beschädigung oder Zerstörung einer durch den Gebrauch und die Zeitdauer im Wert gesunkenen oder gar schon vorher schadhaften Sache grundsätzlich ein Abzug zwecks Berücksichtigung des Unterschiedes von alt und neu zu machen, sei und daß dies auch im vorliegenden Falle gelte.

a) Nach § 249 Satz 1 BGB hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wann der zum Ersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen Verletzung einer Person oder, wie im vorliegenden Falle, wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann nach § 249 S. 2 BGB der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen; einen solchen Anspruch machen die Kläger geltend. Auch der Anspruch auf Goldentschädigung ist ein Anspruch auf Herstellung, nur nicht in der Form der unmittelbaren Leistung des Schuldners, sondern in der Form einer durch eine Geldzahlung des Schuldners vermittelten Selbstbefriedigung des Gläubigers (RGZ 71, 212, 214). Für beide Alternativen des § 249 BGB gilt gleichermaßen, daß die Herstellung des früheren Zustandes die Versetzung des an seinem Vermögen Beschädigten in die gleiche wirtschaftliche Vermögenslage bedeutet, wie sie ohne den Eintritt des zum Ersatze verpflichtenden Umstandes bestanden haben würde (RGZ 91, 104, 106; 126, 401, 403). Das Gesetz stellt es nicht auf die Herstellung genau des gleichen Zustandes ab, wie er vor, dem Eintritt des schädigenden Ereignisses bestanden hat, sondern es kommt darauf an, wie sich der wirtschaftliche Zustand des Geschädigten ohne das schadensstiftende Ereignis darstellen würde (vgl. RGZ 131, 158, 178; 143, 267, 274). Die danach erforderliche Vermögensvergleichung spiegelt den Grundgedanken des Schadensersatzrechts wieder, zu erreichen, daß der Geschädigte durch die Ersatzleistung nicht ärmer und nicht reicher gemacht werde. Wenn auch der Revision zuzugeben ist, daß im Bürgerlichen Gesetzbuch besondere Vorschriften über die Berücksichtigung des Unterschiedes zwischen alt und neu bei Schadenersatzleistung nicht enthalten sind, so trifft es doch entgegen der Ansicht der Revision keineswegs zu, daß das Bürgerliche Gesetzbuch diesen Unterschied nicht beachtet wissen wollte. Der Gesetzgeber hat es nur nicht für nötig befunden, eine gesetzliche Regelung darüber zu treffen, weil, wie in den Motiven zu den Entwurfe eines BGB (Amtliche Ausgabe, Bd. II 1888, zu § 218 S. 18 f) zum Ausdruck kommt, die Praxis schon bisher befriedigende Lösungen dieser Frage gefunden habe und auch künftig finden werde. Dort ist ausgeführt:

„Die Entscheidung der Frage, ob und inwiefern bei Schadensersatzansprüchen der Vorteil, welcher dem Beschädigten durch den schadenbringenden Umstand zugefallen ist, von der Ersatzsumme in Abrechnung zu bringen sei (compensatio lucri et damni), muß der Rechtswissenschaft und Praxis überlassen werden. … Es versteht sich wohl von selbst, … daß, wenn aus einer und derselben Maßregel oder aus einem Komplexe von Maßregeln, für welche dieselbe Person einzustehen hat, schädliche und nützliche Folgen entstanden sind, diese nicht voneinander getrennt werden dürfen, sondern auf das Gesamtresultat gesehen werden muß. Allein der Versuch einer Entscheidung der Frage durch einen Ausspruph im Gesetze wäre insbesondere für Deliktsfälle bedenklich. Ihre Lösung hängt wesentlich mit der Feststellung des Schadensbegriffes zusammen, welche ohnedies nicht für alle Fälle nach allen möglichen auch sonst zweifelhaften Seiten hin durch das Gesetz erfolgen kann … Die Praxis wird, uneingeengt durch eine gesetzliche Vorschrift, auch fernerhin im Einzelfalle sich zurecht finden.“

Damals lag bereits die – in den Motiven zum BGB (a.a.O. S. 19 Fußnote 1) auch angeführte – Entscheidung des Reichsoberhandelsgerichts (ROHG XXIII Nr. 116) vor, die eine Berücksichtigung des Unterschiedes von alt und neu bei Schadensersatzansprüchen grundsätzlich für angezeigt hält. Ergibt sich somit, daß eine solche Vorteilsausgleichung bereits vom Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuchs ins Auge gefaßt worden ist und dem System des bürgerlichen Rechts innewohnt (RGZ 54, 137, 140 f; OLG Hamburg MDR 1952, 224; Palandt, BGB 17. Aufl. 1958, Vorbem. 7 vor § 249; BGB – RGRK, 10. Aufl. 1953, Vorbem. 5 vor §§ 249-255; Staudinger, 9. Aufl. 1930, Vorbem. III 3 zu §§ 249-255, § 251 Anm. I 3; Erman, BGB 2. Aufl. 1958, § 249 Anm. 9 a) b) i); Soergel, BGB 8. Aufl. 1952, § 249 Anm. IV, § 251 Anm. 1; Cantzler „Die Vorteilsausgleichung beim Schadensersatzanspruch“ in AcP 156, 29 ff; Voß VersR 1956, 143), so kann es dahinstehen, ob die in den §§ 710 Abs. 3, 872 HGB; §§ 86, 141 Abs. 2 VVG; § 85 BSchG getroffenen Regelungen der Berücksichtigung eines sich aus dem Unterschiede zwischen alt und neu ergebenden Minderwertes einen allgemeinen Grundgedanken enthalten (wie Fischer, Der Schaden nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, Jena 1903, S. 203 in Bezug auf §§ 710, 872 HGB meint), oder ob es sich um auf ihre Materie beschränkte Spezialvorschriften handelt, die anderweitig keine analoge Anwendung finden können.

b) Die Revision irrt, wenn sie meint, vorliegend könne eine Vorteilsausgleichung in Form eines Abzuges „neu für alt“ deshalb nicht in Betracht kommen, weil nicht dasselbe Ereignis den Klägern zugleich Nachteil und Vorteil gebracht habe, sondern der Nachteil durch die Brandstiftung, der Vorteil aber durch den Wiederaufbau der Gebäude erwachsen sei. Die Vorteilsausgleichung stellt einen Faktor der Schadensberechnung dar (vgl. RGZ 103, 406, 408). Es ist hierfür nicht erforderlich, daß die schädigende Handlung unmittelbar auch den Vorteil zur Entstehung gebracht hat, sondern es genügt, daß Schaden und Vorteil aus mehreren, der äußeren Erscheinung nach selbstständigen Ereignissen fließen, sofern nur nach dem natürlichen Ablauf der Dinge das schädigende Ereignis allgemein geeignet war, derartige Vorteile mit sich zu bringen, und der Zusammenhang nicht so lose ist, daß er nach vernünftiger Lebensauffassung keine Berücksichtigung mehr verdient (BGHZ 8, 325, 329; RGZ 133, 221, 223; 146, 275, 278; vgl. Cantzler, AcP 156, 42, der hier von einem Bedingungszusammenhang spricht). So gesehen, bestehen keine Bedenken dagegen, daß der den Klägern durch die Herstellung der vom Brand beschädigten bzw. zerstörten Baulichkeiten infolge der Verwandlung von alt in neu erwachsene Vorteil adaequat kausal durch die schädigende Handlung, die Brandstiftung, verursacht ist.

c) Der erkennende Senat hat bereits in den Urteilen BGHZ 8, 325 und 10, 107 darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber, wie oben unter 1 a) näher dargelegt ist, die Entscheidung, welcher Vorteil anzurechnen sei, der Rechtsprechung überlassen hat; in diesen beiden Entscheidungen kommt weiter zum Ausdruck, daß in jedem einzelnen Falle zu prüfen ist, ob eine Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadenersatzpflicht entspricht. Das bedeutet aber nicht, daß es sich dabei um eine Tatfrage handelt, wie die Beklagten andeuten, wobei sie – zu Unrecht – die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zulassung der Revision in Zweifel ziehen. Es handelt sich vielmehr darum, daß bei der Entscheidung über die Anrechenbarkeit eines Vorteils als einer Rechtsfrage eine Gesamtschau über die Interessenlage vorzunehmen ist, wie sie durch das schädigende Ereignis zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten besteht. Der Grundsatz, daß ein durch die Schädigungshandlung adaequat kausal verursachter Vorteil anzurechnen sei, kann nämlich nicht ausnahmslos gelten; es müssen die Grenzen der Zumutbarkeit beachtet werden. Einerseits soll der Schadensersatz grundsätzlich nicht zu einer wirtschaftlichen Besserstellung des Geschädigten führen, andererseits soll aber der Schädiger nicht unbillig begünstigt werden (BGHZ 10, 107, 108; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse 15. Bearb. 1958, § 17 II 1 a (S. 85); vgl. auch SchlH OLG MDR 1952, 747). Unzumutbar ist entgegen der Ansicht der Revision die Anrechnung eines sich aus der Verwandlung von alt in neu ergebenden Vorteils nicht schon dann, wenn dem Geschädigten eine Ausgabe, die er sonst nicht gemacht hätte, aufgezwungen wird, weil sich die Ausbesserung oder Herstellung der beschädigten Sache nur in einer gegenüber dem Zustand zur Zeit der Schädigung werterhöhten Art durchführen läßt. Denn dem Kostenzuschuss, den vorliegend die Kläger für den Wiederaufbau der brandgeschädigten Baulichkeiten aufwenden müssen, steht der Wortzuwachs der Gebäude, ihre erhöhte Lebensdauer und eine Hinausschiebung künftig nötig werdender Reparaturen gegenüber. Besondere Umstände, welche für die Frage der Zumutbarkeit bedeutsam sein könnten, etwa daß die Kläger wirtschaftlich nicht in der Lage wären, die erforderlichen Mehrkosten aufzubringen, liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor und werden auch von der Revision nicht ins Feld geführt.

2. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Frage der Anrechnung eines durch Verwandlung von alt in neu erlangten Vorteils bei langlebigen Wirtschaftsgütern grundsätzlich anders zu entscheiden sein sollte als bei kurzlebigen. Zunächst hat diese Einteilung der Wirtschaftsgüter nach ihrer Lebensdauer keinen Niederschlag in System des bürgerlichen Rechts gefunden, sondern sie beruht auf einer wirtschaftlichen, dort allerdings sehr bedeutsamen Betrachtungsweise und wirkt sich auch im Steuerrecht aus. Für die zivilrechtliche Beurteilung ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, der Unterschied kein prinzipieller, sondern ein gradueller. Soweit die Revision meint, für den Eigentümer langlebiger Wirtschaftsgüter sei nicht der Verkehrswert, sondern der Gebrauchswert entscheidend, und damit etwa andeuten will, daß es bei den kurzlebigen Wirtschaftsgütern auf den Verkehrswert ankäme, so ist dazu zu sagen, daß auch bei diesen nicht einfach der bloße Verkaufswert der (alten) Sache vor ihrer Beschädigung zugrunde zu legen ist, sondern ihr Wert gerade für den Geschädigten. Eine Ersetzung der alten durch eine neue Sache wirkt sich gleichermaßen bei Sachen mit langer wie mit kurzer Lebensdauer aus, nämlich im Sinne eines Vermögenszuwachses, einer Bereicherung des Geschädigten, falls ein Abzug „neu für alt“ nicht vorgenommen würde. Gestiegene Materialpreise und Arbeitslöhne beim Wiederaufbau sind allerdings bei der Bemessung des Ersatzsanspruchs nach § 249 Abs. 2 BGB dem Schädiger anzulasten (RGZ 98, 55; 102, 143); das ändert aber nichts daran, daß die Bereicherung des Geschädigten, die in dem Wertzuwachs der wiedererrichteten Gebäude, nunmehr neu statt alt, ihren Niederschlag gefunden hat, auszugleichen ist, weil sonst der Geschädigte eine über seinen Schaden hinausgehende Entschädigung erhielte (Abw. Oertmann LZ 1916, 1513 unter Aufgabe seiner früheren Meinung).

Ob und inwieweit Nachteile, die sich aus den Notwendigkeiten ergeben könnten, daß der Geschädigte zu einem Wiederaufbau von Gebäuden einen Kostenanteil aufwenden muß, etwa Zinsen für aufgenommene Darlehen, Zinsverluste für angesammeltes Kapital, steuerliche Nachteile und dergl. bei der Bemessung eines Abzuges „neu für alt“ gesondert zu berücksichtigen wären, bedarf im vorliegenden Falle keiner Entscheidung, weil es insoweit an einem substantiierten Vorbringen mangelt.

3. Es mögen Fälle denkbar sein, in denen die Ausbesserung eines Gebäudes nach einer Beschädigung nicht zu einer Wertsteigerung desselben und damit nicht zu einer wirtschaftlichen Besserstellung des Geschädigten führt. Ein solcher Fall ist von dem Oberlandesgericht Oldenburg in seiner im VersR 1954, 182 veröffentlichten Entscheidung angenommen worden, auf welche sich die Revision für ihren Rechtsstandpunkt beruft. Die Revision rügt in diesen Zusammenhänge, die Kläger hätten ausdrücklich, auch in der Berufungsbegründung, vorgetragen, daß die Wiederherstellung der Gebäude in gleicher Beschaffenheit wie vor dem Schadensfall 27.120,- DM gekostet hätte, also die gleiche Summe, die von der B.. Versicherungskammer als zur Wiederherstellung der Gebäude erforderliche Kosten angesetzt worden sei; diesen Vortrag habe das Berufungsgericht außer Betracht gelassen. Indessen hat bereits das Landgericht diesen Vortrag als nicht schlüssig bezeichnet, weil eine Wiederherstellung in der alten Form, d.h. mit den zeitbedingten Abnützungen und Verschlechterungen garnicht möglich sei. Diesem – im Berufungsurteil aufgeführten – Standpunkt des Landgerichts hat sich das Berufungsgericht angeschlossen und ausgeführt, daß bei der Zerstörung oder Beschädigung einer alten oder durch den Gebrauch abgenutzten und entwerteten Sache die Herstellung desselben Zustandes natürlich nicht möglich sei. Diese Beurteilung des Parteivorbringens der Kläger über die mögliche Art und Weise des Wiederaufbaues bzw. der Herstellung der brandgeschädigten Baulichkeiten, wofür die Revision auf einen Beweisantritt auch nicht verwiesen hat, hält sich im Rahmen der dem Tatrichter zukommenden freien Würdigung des Prozesstoffes (§ 286 ZPO) und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Da das angefochtene Urteil auch im übrigen Rechtsfehler nicht erkennen läßt, war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Senatspräsident Prof. Dr. Meiß                  Dr. Kleinewefers                       Engels
.     ist beurlaubt und daher
.  verhindert zu unterzeichnen.
.           Dr. Kleinewefers

.                                                    Hanebeck                                    Dr. Hauß

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3 Antworten zu Das historische Grundsatzurteil des VI. Zivilsenates des BGH zur Wertverbesserung bei Neu für Alt (BGH Revisionsurteil vom 24.3.1959 – VI ZR 90/58 -).

  1. Ra. Bayern sagt:

    Bemerkenswert sind die Sätze im Abschnitt a: „…Für beide Alternativen des § 249 BGB gilt gleichermaßen, daß die Herstellung des früheren Zustandes die Versetzung des an seinem Vermögen Beschädigten in die gleiche wirtschaftliche Vermögenslage bedeutet, wie sie ohne den Eintritt des zum Ersatze verpflichtenden Umstandes bestanden haben würde (RGZ 91, 104, 106; 126, 401, 403). Das Gesetz stellt es nicht auf die Herstellung genau des gleichen Zustandes ab, wie er vor, dem Eintritt des schädigenden Ereignisses bestanden hat, sondern es kommt darauf an, wie sich der wirtschaftliche Zustand des Geschädigten ohne das schadensstiftende Ereignis darstellen würde (vgl. RGZ 131, 158, 178; 143, 267, 274)…“.
    Das bedeutet doch, dass der Geschädigte nach dem Unfall so gestellt werden muss, als ob das Schadensereignis Unfall nicht passiert sei. Ohne den Unfallschaden hätte der Geschädigte zur Beweis sichernden Feststellung des Schadens keinen Sachverständigen beauftragt. Da er nicht verpflichtet ist, eine Marktforschung nach dem preisgünstigsten Gutachter anzustellen, er selbst aber auch keinen Einfluss auf die Sachverständigenkosten hat, sind die Sachverständigenkosten in der vom Sachverständigen berechneten Höhe als ein unmittelbar mit dem Schaden verbundener und gemäß § 249 I BGB n. F. auszugleichender Vermögensnachteil.

    Auch der Vergleich der Vermögenssituation vor dem Schadensereignis und nachher ist beachtenswert. Vor dem Unfall war der Geschädigte, weil keine Veranlassung dazu bestand, nicht mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Sachverständigen belastet. Nach dem Unfall und der sich daraus ergebenden Beweissicherung für den Geschägten legte der Sachverständige seine Rechnung, die das Vermögen des Geschädigten in Höhe der Rechnung belastete. Mithin ist auch nach dieser Sicht der Rechnungsbetrag der Vermögensnachteil bei dem Geschädigten, gleichhültig ob die Rechnung beglichen wurde oder noch nicht. Der Vermögensnachteil ist bereits eingetreten.

    Wenn sich der VI. Zivilsenat in der heutigen Besetzung mit Richter Wellner der Rechtsprechung des VI. Zivilsenates erinnern würde, die sich letztlich auf die bereits damals gefestigte Rechtsprechung des RG in Zivilsachen stützte, wäre heute vieles einfacher und die jetzige BGH-Rechtsprechung nachvollziehbarer. Die damaligen Senatsmitglieder waren auch nicht dümmer als die jetzige Besetzung des VI. Zivilsenats. Vielmehr hatten die damaligen Begründungen wenigstens noch Hand und Fuß.

    Das obige Urteil kann daher auf alle Unfallschäden bezogen werden.

  2. R-REPORT-AKTUELL sagt:

    @Ra. Bayern
    Die Bestimmung des Schadenersatzes nach Angemessenheits- bzw. Billigkeitserwägungen ist mit der in § 249 BGB vorausgesetzten Abhängigkeit des geschuldeten Ausgleichs vom eingetretenen Schaden nicht zu vereinbaren. Die „Zubilligung“ von Schadenersatz verstößt gegen § 249 BGB. Mit einer Gebundenheit der hier immer wieder kritisch ausgeleuchteten Rechtsprechung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) ist das nicht zu vereinbaren. In der Rechtsprechung wird versucht, die Einzelfallentscheidungen durch „Fallgruppenbildung“ zu verallgemeinern. Durch solche Fallgruppen soll § 249 BGB und seine Anwendung offenbar ersetzt werden. Damit wird gerichtlichen Urteilen der nach eine gesetzesähnliche Bedeutung beigemessen, was mit der im Grundgesetz bestimmten Gewaltenteilung nicht zu vereinbaren ist. An die Stelle des subjektiven Wertens wäre deshalb in schadenersatzrechtlicher Beschränkung methodisches Erkennen veranlasst, weil allein auf einer solchen Grundlage die mit den Regelungen der Bürgerlichen Gesetzbuches übereinstimmt, eine gesetzesgemäße Anwendung der §§ 249 ff. BGB möglich ist.

    Ersichtlich bereitet es jedoch nicht gerade wenigen Richterinnen und Richtern beachtenswerte Schwierigkeiten, von dem Schaden und seiner Erkenntnis die Schadenersatzpflicht und die Erkenntnis ihres Inhalts zu unterscheiden. Der Inhalt der Schadenersatzverpflichtung besteht darin, den Schaden des Ersatzberechtigten auszugleichen. A l l e i n dieser Inhalt ist Gegenstand der in den §§ 249 ff. BGB getroffenen Regelungen, die über den Schadensbegriff selbst keine unmittelbare Aussage enthalten.

    Der Inhalt der der Schadenersatzpflicht besteht bekanntlich nach § 249 S. 1 BGB in der Herstellung eines Zustandes, der bei Nichteintritt des schädigenden Ereignisses bestehen würde. Er betrifft danach nicht den Ausgleich irgendeines anderen Zustandes, der beispielsweise im Wege einer nicht veranlassten „Schätzung“ auf § 287 ZPO gestützt wird. Es ist vor diesem Hintergrund nicht möglich, den Inhalt der Schadenersatzverpflichtung ohne Bezug auf den real eingetretenen Schaden zu erkennen oder gar das Bedingungsverhältnis umzukehren. Auch nach § 249 S. 2 BGB muss bei der Bestimmung des Inhalts der Schadenersatzpflicht unberücksichtigt bleiben, ob der Geschädigte Herstellungskosten aufgewendet hat oder nicht (So auch BGH NJW 1958, 627).

    Damit wird deutlich, dass der Inhalt der Schadenersatzpflicht sich auf den Ausgleich des Schadens richtet, d.h. auf die Herstellung des individuellen Zustands, der demjenigen entspricht, der bei Nichteintritt des Schadens bestehen würde. Damit enthält die Regelung des § 249 S.1 BGB nicht nur eine Aussage über Art und Weise der Schadenersatzleistung, sondern bestimmt auch den allgemeinen Inhalt der Schadenersatzverpflichtung.

    Damit sollte aber auch deutlich werden, dass das immer wieder auftauchende Instrumentarium mit Abstellung auf § 249 S. 2 BGB, § 287 ZPO, werkvertraglich fokussierte „Überprüfung“, Vergleich mit dem JVEG und Honorarerhebungen von Berufsverbänden der Kfz-Sachverständigen nicht geeignet ist, der den Gerichten angetragenen Aufgabenstellung zu entsprechen. Die Favorisierung als „moderne“ Rechtsprechung kann darüber nicht hinwegtäuschen.-

    R-REPORT-AKTUELL

  3. virus sagt:

    @ – „moderne“ Rechtsprechung – ist das Mittel zum Zweck, einen sterbenden Rechtsstaat so lange wie möglich am Leben zu erhalten. Wobei der „modernen“ Rechtsprechung zunehmend eine „moderne“ Gesetzgebung vorangestellt wird.

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