Verehrte Leserschaft,
nach längerer Zeit stelle ich wieder ein Urteil ein, das sich mit dem Sachverständigenhonorar beschäftigt. Beim Lesen des Urteils wird man an einigen Stellen nur den Kopf schütteln können. Zum bessern Verständnis hier der Vorgang in Kürze:
Durch einen Unfall wurde ein Fahrzeug beschädigt und hierüber ein Schadengutachten erstattet. Der LVM kürzte die Kostenrechnung um brutto 5,71 €. Normalerweise würde man einen solchen Betrag aus betriebswirtschaftlichen Gründen ausbuchen, denn wer länger als zwei Minuten über die Kürzung nachdenkt, hat bereits Verlust gemacht. Aber beim LVM war es eine besondere Situation, sodass vor dem zuständigen AG Bruchsal geklagt werden musste.
Die dortige Richterin am AG Fuchs vergaloppierte sich dermaßen, trotz richtigen Klägervortrags, sodass sie plötzlich in der mündlichen Verhandlung mit verschiedensten Schätzgrundlagen kam (die Urteilsreihe zum 287 ZPO wäre damals schon sehr hilfreich gewesen), die nicht nur alle der Art nach entkräftet wurden, sondern es wurde sogar aufgezeigt, dass dann, wenn die Richterin sie wenigstens richtig anwenden würde, der abgerechnete Honorarbetrag sogar viel zu gering ist. Das war der Richterin jedoch herzlich egal, ließ aber durch sanften Druck die Berufung zu.
Deswegen durfte sich das LG Karlsruhe mit der Sache beschäftigen. Durch unsinnige Einwendungen der Gegenseite waren dann sogar zwei Verhandlungen nötig, wobei einmal das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet war. Gott sei Dank ist Karlsruhe immer eine Reise wert…
Interessant war in diesem Zusammenhang die Einführung des Berichterstatters in die zweite Verhandlung. Es wurde herausgestellt, dass man die Rechtsprechung des BGH, dass das JVEG eine vernünftige Schätzgrundlage sei, anzweifele und nicht nachvollziehen könne, unabhängig, ob mit einem Aufschlag von 20% oder ohne Aufschlag.
Einzig die dann doch wieder vorgenommene (und unnötige) Plausibilitätskontrolle trübt das Gesamtbild. Allerdings halte ich das Urteil insgesamt für gut, stellt es doch folgendes heraus:
Eine Abtretung erfüllungshalber ändert den Rechtscharakter einer Forderung nicht.
Ist eine Preisvereinbarung getroffen worden, so kann die Versicherung diese nicht einseitig torpedieren.
Das JVEG ist keine geeignete Schätzgrundlage für Privataufträge.
Aktenzeichen:
19 S 44/16
4 C 283/15 AG Bruchsal
Landgericht Karlsruhe
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Kfz-Sachverständigenbüro …
– Klägerin und Berufungsklägerin –
Prozessbevollmächtigte:
AWK
gegen
VN des LVM
– Beklagter und Berufungsbeklagter –
Prozessbevollmächtigte:
AWK durch LVM beauftragt
wegen Schadensersatzes
hat das Landgericht Karlsruhe – Zivilkammer XIX – durch den Präsidenten des Landgerichts Müller, den Richter am Landgericht Schüßler und den Richter am Landgericht Graner aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.05.2017 für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Bruchsal vom 20.04.2016, Az. 4 C 283/15, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31.01.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht restliche Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall. Im Streit steht ausschließlich die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Nebenkosten.
Am 02.10.2013 gegen 22.30 Uhr wurde der Pkw der Geschädigten beschädigt, indem er auf der BAB 5 zwischen der Ausfahrt Bruchsal und der Raststätte Bruchsal über eine Anhänger-Plane fuhr. Die Anhänger-Plane hatte der Beklagte mangels ausreichender Sicherung auf der BAB 5 verloren, weshalb dieser für den entstandenen Schaden vollständig einzustehen hat.
Die Geschädigte beauftragte am 15.10.2013 das klägerische Sachverständigenbüro, ein Gutachten zur Schadenshöhe zu erstellen. Außerdem trat die Geschädigte ihren Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten aus dem genannten Unfall erfüllungshalber gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeugs in Höhe der Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer unwiderruflich an die Klägerin ab. Auf der Vorderseite des den Auftrag und die Abtretung enthaltenen Schriftstücks (AS I, 83) befindet sich der Hinweis: „Bitte beachten Sie unsere umseitig abgedruckten AGB.“
Die auf der Rückseite des Schriftstücks befindlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin lauten hinsichtlich des Sachverständigenhonorars wie folgt:
„Das Sachverständigenhonorar berechnet sich bei Schadensgutachten auf Grundlage der Schadenhöhe und setzt sich aus einem Grundhonorar und Nebenkosten zusammen. Die Honorartabelle des AN ist zu den üblichen Geschäftszeiten in den Büroräumen einsehbar. Ein Auszug der Honorartabelle ist ebenfalls auf der Homepage http://… des AN verfügbar. Als Schadenshöhe sind im Reparaturfall die ausgewiesenen Nettoreparaturkosten zuzüglich einer Wertminderung maßgebend. Bei einem Totalschaden ist der Bruttowiederbeschaffungswert des Fahrzeuges
unmittelbar vor dem Schadensereignis die Berechnungsgrundlage. (…)“.
Die damals gültige Honorartabelle (vgl. Honorartabelle gültig ab 01.03.2013, AS I, 195) sah folgende Nebenkosten vor:
„Fahrtkosten:
PLZ … und … […] 9,00 € pauschal
bis 50 km 0,85 € / km
51 – 70 km 42,50 € pauschal
71 – 100 km 49,50 € pauschal
101 – 130 km 56,50 € pauschal
Fotokosten:
Farbfoto (Erstausdruck) 2,30 € / Foto
Farbfoto (Zweitausdruck) 1,30 € / Foto
Porto, Telefon, etc 16,20 € pauschal
(…)
Orginalseiten 2,00 € / Seite
Kopien 0,50 € / Seite
Der Sachverständige besichtigte das beschädigte Fahrzeug am 14.10.2013 in der Kfz-Werkstatt … in der …Straße 1 in …, wo sich das Fahrzeug der Geschädigten seit dem Verkehrsunfall befand. Die Entfernung vom Geschäftssitz der Klägerin beträgt einfach 10,7 km.
Der Sachverständige gelangte in seinem Gutachten vom 15.10.2013 (AS ll, 147 ff.) zu Reparaturkosten in Höhe von 4.516,78 € und einer Wertminderung in Höhe von 200 €. Ferner stellte der Sachverständige fest, dass das Fahrzeug nicht fahrbereit ist. Das Sachverständigengutachten hat- ohne den Lichtbildanhang – eine Länge von 14 Seiten. Darin enthalten ist die Reparaturkostenkalkulation.
Die Rechnung der Klägerin vom 15.10.2013 (AS I 27) enthält folgende Positionen:
„Grundhonorar 462,00 €
20 km á 0,85 € / km 17,00 €
11 Fotos á 2,30 € / Foto 25,30 €
11 Fotos (Zweitabzug) á 1,30 € / Foto 14,30 €
Schreibkosten (14 Seiten) á 2,00 € / Seite 28,00 €
28 Kopien á 0,50 € / Kopie 14,00 €
Porto, Versand, Telefon 16,20 €
Netto 576,80 €
19% MwSt. 109,59 €
Bruttogesamtbetrag 686,39 €
Die Haftpflichtversicherung LVM des Beklagten hat, auch nach mehrfacher Aufforderung zur Zahlung, lediglich einen Betrag in Höhe von 680,68 € bezahlt.
Mit Schreiben vom 16.01.2014 (AS I, 37) wurde der Beklagte unter Fristsetzung bis zum 30.01.2014 aufgefordert, den ausstehenden Betrag in Höhe von 5,71 € zu bezahlen.
Die Klägerin macht mit ihrer Klage den Differenzbetrag in Höhe von 5,71 € geltend. Sie hat die Rechtsauffassung vertreten, dass die Geschädigte einen Anspruch auf Begleichung ihres kompletten Schadens und somit auch des vollständigen Rechnungsbetrages für das Sachverständigengutachten habe. Die Geschädigte dürfe sich auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen damit begnügen, den ihr in ihrer Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Sie müsse nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Fürsorglich machte die Klägerin geltend, dass es sich bei den geltend gemachten Sachverständigenkosten um eine ortsübliche und angemessene Vergütung handele. Würden die Nebenkosten nach JVEG berechnet werden, ergäben sich Kosten in Höhe von mindestens 163 € zuzüglich MwSt.
Die Beklagte hat in erster Instanz bestritten‚ dass die eingeklagten Gebühren unfallbedingt erforderlich und ortsüblich/angemessen seien. Sie seien übersetzt. Weitere Gebühren als die vorgerichtlich regulierten in Höhe von 680,68 € seien nicht geschuldet. Insbesondere seien die Fahrtkosten, die Schreibkosten und die Kosten für Fotos zu bestreiten. Die Fahrtkosten seien nicht abrechenbar. Welche Strecke zu welchem Besichtigungsort zurückgelegt werden sei und weshalb dies unfallbedingt erforderlich gewesen sei, werde nicht mitgeteilt. Das Gutachten enthalte keine 14 Schreibseiten. Es enthalte sieben Schreibseiten. Die weiteren Seiten seien entweder als Fotos abgerechnet, oder enthielten eine Reparaturkostenkalkulation, die von einer Fremdfirma stamme und lediglich ins Gutachten kopiert werde.
Die Herstellung eines digitalen Fotos koste heutzutage 0,05 € pro Foto. Gestehe man dem Sachverständigen eine Gewinnspanne ein und setze diese mit 1000% an, könne ein Foto nicht mit mehr als 1,00 € netto in Abrechnung gebracht werden. Bei den Nebenkosten in Höhe von 136,61 € brutto handele es sich nicht um angemessene „Nebenkosten“, sondern um ein verkapptes, zweites Grundhonorar. Selbst die Porto- und Telefonkosten seien übersetzt. Die Rechnung kürze sich daher um 17 € netto Fahrtkosten, 17,50 € netto nicht geschriebene Seiten und „Schreibkopien“, 17,60 € netto überteuerte Fotos und „Zweitabzug“ und 16,20 € netto übersetzte Portokosten, insgesamt also um 68,30 € netto = 81‚28 € brutto. Die Klägerin habe inklusive des Grundhonorars einen Anspruch auf 508,50 € netto = 605,11 € brutto. Zur Streitvermeidung sei vorgerichtlich mehr gezahlt worden.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen (AS I, 337 ff.). Es hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte bereits vorgerichtlich eine ausreichende Zahlung geleistet habe, selbst wenn man das von der Klägerseite zugrunde gelegte Grundhonorar ansetze und daneben noch die geltend gemachten Nebenforderungen in Analogie zum JVEG (nach § 287 Abs. 1 ZPO) berechne. Unter Heranziehung des JVEG ergäben sich Nebenkosten in Höhe von 95,90 €. Zuzüglich Umsatzsteuer und Bruttogrundhonorar ergäbe sich insgesamt ein Betrag in Höhe von 663,90 €. Das Amtsgericht hat gemäß § 511 Abs. 4 S. 1 ZPO die Berufung zugelassen.
Gegen das am 25.04.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 02.05.2016 eingelegte und – nach gewährter Fristverlängerung bis zum 25.07.2016 – am 25.07.2016 begründete Berufung, mit welcher die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag auf Zahlung von 5,71 € nebst Zinsen weiter verfolgt. Zur Begründung trägt die Klägerin insbesondere vor, dass für die Entscheidung des Rechtsstreits – entgegen den Ausführungen des Amtsgerichts – ausschließlich auf das Schadensrecht und nicht auf das Werkvertragsrecht abzustellen sei. Nach schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten sei das streitgegenständliche Sachverständigenhonorar, namentlich die abgerechneten Nebenkosten, nicht zu beanstanden. Davon abgesehen habe das Amtsgericht das „Honorar nach dem JVEG“ falsch berechnet. Unter Anwendung des JVEG ergäben sich Nebenkosten in Höhe von 163 € zuzüglich MwSt. Die streitgegenständlichen Nebenkosten seien auch nach einer Vergleichsberechnung mit dem JVEG nicht übersetzt.
Die Klägerin beantragt:
Unter Abänderung des am 20.04.2016 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Bruchsal Az.: 4 C 283/15 wird der Beklagte/Berufungsbeklagte verurteilt, an den Kläger/Berufungskläger 5,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seitdem 31.01.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Beklagte weist darauf hin, dass der BGH (Az. VI ZR 50/15) zwischenzeitlich eine Abrechnung in Anlehnung an das JVEG ausdrücklich gebilligt habe. Das Amtsgericht habe daher auf Grundlage des ihm nach § 287 ZPO zustehenden Schätzermessens zu Recht das JVEG herangezogen. Die Berechnung des Amtsgerichts sei auch korrekt.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlage und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen hingewiesen.
II.
Die Berufung ist aufgrund der Zulassung durch das Amtsgericht statthaft und zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten aus abgetretenem Recht gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 VVG, §§ 249, 398 BGB der geltend gemachte restliche Anspruch auf Zahlung von Sachverständigenkosten in Höhe von 5,71 € vollumfänglich zu.
1. Der Geschädigten steht ein Anspruch auf vollständigen Ersatz des durch den Unfall entstandenen Schadens zu. Zu diesen Kosten gehören grundsätzlich die Kosten für ein Schadensgutachten, sofern das Gutachten zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Es ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass diese Voraussetzung nicht vorliege.
Auch ging die ursprünglich der Geschädigten zustehende Forderung gemäß § 398 BGB durch Abtretung auf die Klägerin über. Anhaltspunkte dafür, dass die Abtretung an die Klägerin unwirksam sein könnte, bestehen nicht. Insbesondere unterscheidet sich die im vorliegenden Fall verwendete Klausel von der Klausel, die Gegenstand des Urteils des BGH vom 21.06.2016 – VI ZR 475/15 war.
2. Der Anspruch gegen den Beklagten aus § 115 VVG i.V.m. § 7 StVG besteht in Höhe des geltend gemachten Umfangs.
Die vertragliche vereinbarte Vergütung (hierzu a.) ist Grundlage der Abrechnung (hierzu b.) und stellt den gemäß § 249 Abs. 2 BGB ersatzfähigen Schaden der (hierzu
c.).
a. Die Parteien haben am 15.10.2013 eine Preisvereinbarung getroffen.
Gemäß Ziff. 5 der klägerischen AGB berechnet sich bei Schadensgutachten das Sachverständigenhonorar auf Grundlage der Schadenhöhe und setzt sich aus einem Grundhonorar und Nebenkosten zusammen. Die in den AGB in Bezug genommene Honorartabelle umfasst nicht nur das Grundhonorar, sondern auch eine detaillierte Aufstellung der einzeln zu vergütenden Nebenkosten.
Diese AGB sowie die darin in Bezug genommene Honorartabelle sind gemäß § 305 Abs. 2 BGB Vertragsbestandteil geworden.
Gemäß § 305 Abs. 2 BGB werden Allgemeine Geschäftsbedingungen insbesondere dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei ausdrücklich auf sie hinweist und dem anderen Vertragspartner die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen.
Hier befand sich auf der Vorderseite der von der Geschädigten unterzeichneten Auftragserteilung ein ausdrücklicher Hinweis auf die umseitig abgedruckten AGB, so dass diese gemäß § 305 Abs. 2 BGB wirksam in den Vertrag einbezogen wurden.
Dies gilt auch hinsichtlich der in den AGB in Bezug genommenen Honorartabelle. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist auch ein Verweis auf andere allgemeine Regelungen zulässig (vgl. BGH NJW 2005, 1183). Das setzt zwar grundsätzlich voraus, dass dieses Regelungswerk (hier: Honorartabelle) wirksam gemäß § 305 Abs. 2 Ziff. 2 BGB in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einbezogen worden ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist danach grundsätzlich gehalten, seinem Vertragspartner die Kenntnisnahme von allen Bedingungen zu ermöglichen, die er dem Vertrag zugrunde legen will (vgl. BGH a.a.O.). Wird allerdings in AGB auf Preislisten Bezug genommen, so unterliegen diese nicht der Kenntnisverschaffungsobliegenheit des § 305 Abs. 2 Ziff. 2 BGB (vgl. Staudinger/Peter Schlosser (2013), BGB 5 305, Rn. 144). Es muss daher nicht entschieden werden, ob der Aushang der Honorartabelle in den klägerischen Büroräumen und/oder die Abrufbarkeit über die klägerische Homepage für eine Kenntnisverschaffung gemäß § 305 Abs. 2 Ziff. 2 BGB ausreichend ist.
Da die Parteien eine vertragliche Vergütung sowohl hinsichtlich des Grundhonorars als auch hinsichtlich der Nebenkosten getroffen haben, kommt es auf die Frage der Üblichkeit der Vergütung im Sinne von § 632 Abs. 2 BGB nicht an.
b. Die Abrechnung gemäß Rechnung vom 15.10.2013 entspricht der vertraglich vereinbarten Vergütung.
aa. Die Klägerin kann aufgrund der vertraglichen Vereinbarung Fahrtkosten in Höhe von 17 € abrechnen. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz vom 03.03.2017 vorgetragen, dass die Besichtigung des verunfallten Fahrzeugs in der Kfz-Werkstatt stattgefunden habe, in der sich das Fahrzeug befunden habe. Die Entfernung betrage einfach 10,7 km, weshalb abgerundet 20 km abgerechnet worden seien. Diesen Vortrag hat der Beklagte nicht mehr bestritten. Danach kann die Klägerin 20 km x 0,85 € = 17 € abrechnen.
Dies gilt unabhängig von der Frage, ob das verunfallte Fahrzeug fahrbereit war oder nicht. Der Geschädigte ist bei einem Schaden, der – wie hier – nicht lediglich einen oberflächlichen Blech- oder Lackschaden darstellt, nicht verpflichtet, eine Intensivierung des Schadens durch Verbringung des beschädigten Pkws in eigener Regie zu riskieren.
bb. Die Klägerin kann Schreibkosten in Höhe von 2 € pro Seite und Kopierkosten in Höhe von 0,50 € pro Kopie abrechnen.
Das Sachverständigengutachten der Klägerin vom 15.10.2013 (AS II, 147 ff.) hat – ohne den Lichtbildanhang – eine Länge von 14 Seiten. Die darin enthaltene Reparaturkalkulation ist Teil der gutachterlichen Leistung und kann daher als Teil der Schreibkosten abgerechnet werden. Da sich in den 14 Seiten keine Bilder befinden, erfolgt keine Doppelabrechnung von Bildem.
Die Klägerin hat daher Anspruch auf Schreibkosten in Höhe von 14 x 2 € = 28 € und auf Kopierkosten in Höhe von 28 x 0,50 € = 14 €.
cc. Auch die abgerechneten Fotokosten und die pauschalen Kosten für Porto, Versand und Telefon entsprechen der vertraglich vereinbarten Vergütung.
c. Darüber hinaus halten die Nebenkosten einer „gewissen Plausibilitätskontrolle“ stand.
(1.) Als erforderlich i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Der Geschädigte ist unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung gehalten, im Rahmen des Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf jedoch andererseits nicht das Grundanliegen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB aus den Augen verloren werden, nämlich, dass dem Geschädigten ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll (so ausdrücklich BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, NJW 2014, 1947, Tz. 7). Vom Geschädigten wird nicht verlangt, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als hätte er den Schaden selbst zu tragen. Bei alledem ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten zu nehmen. Der Geschädigte darf sich damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen seiner Wahl zu beauftragen. Zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes ist er grundsätzlich nicht verpflichtet (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, NJW2014, 1947; LG Karlsruhe, Urteil vom 17.05.2016 – 20 S 11/16). Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs obliegt dem Geschädigten im Rahmen des in § 249 BGB verankerten Wirtschaftlichkeitsgebots grundsätzlich nur eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten Preise.
Allerdings sind als „erforderlicher Herstellungsaufwand“ gem. § 249 Abs. 2 BGB nur diejenigen Kosten zu erstatten, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Verlangt der Sachverständige Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung eines Sachverständigen insoweit als nicht erforderlich iSv 5 249 Abs. 2 S. 1 BGB erweisen. Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachten tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen, die gem. 5 287 ZPO zu schätzen sind (so ausdrücklich BGH, Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15, TZ. 13, NJW 2016, 3092).
(2.) Im vorliegenden Fall lagen die Kosten des Gutachtens innerhalb des Rahmens dessen, was zur Zeit des Unfalls auf dem für die Geschädigte in ihrer konkreten Unfallsituation zugänglichen regionalen Markt von Sachverständigen geltend gemacht wurde. Das von der Klägerin abgerechnete Grundhonorar und die Nebenkosten liegen entweder innerhalb der BVSK-Befragung 2013 oder sogar deutlich darunter.
Selbst wenn auch in den Nebenkosten Gewinnanteile enthalten sein sollten, ändert dies nichts daran, dass es sich um ein Abbild des Preises einer am Markt verfügbaren Sachverständigenleistung handelt. Soweit der Beklagte die Kosten für die Herstellung eines digitalen Fotos darlegt, führt dies bereits im Ansatz nicht weiter. Es ist – außerhalb des § 138 BGB – nicht Aufgabe der Zivilgerichte, bei entsprechenden Marktkonstellationen im Rahmen der Erforderlichkeit iSv § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine Kontrolle der wirtschaftlichen Angemessenheit der Preise vorzunehmen (so ausdrücklich BGH, Urteil vom 15.09.2015, VI ZR 475/14, Tz. 12 „Ölspur“). Ob die Kosten daher überhöht waren, kann nicht aus einem bloßen Vergleich mit den tatsächlichen Sachkosten abgeleitet werden, sondern hängt von der konkreten Kalkulation ab (so auch LG Karlsruhe, Urteil vom 17.05.2016 – 20 S 11/16). Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass dies dazu führt, dass die Versicherungen aufgrund der vorliegend gegebenen Dreieckskonstellation in gewisser Weise diesen Marktgegebenheiten ausgesetzt sind. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es die Versicherungen sind, die oberhalb von Bagatellschäden in der Regel auf Gutachten bestehen und nicht ersichtlich ist, dass der Geschädigte einen günstigeren Zugang zu einem derartigen Gutachten hat.
Auch die in der Entscheidung des BGH vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092 mitgeteilten tatsächlichen Feststellungen zeigen die große Bandbreite der von Sachverständigen generell abgerechneten Nebenkosten auf.
(3.) Darüber hinaus war es jedenfalls der Geschädigten in der konkreten Situation nicht erkennbar, dass sie ein günstigeres Gutachten bekommen könnte. Dies liegt im Gegenteil nach Auffassung des Gerichts eher fern: Weder ist dargetan, dass die Geschädigte bereits zuvor einmal einen Unfall hatte oder auf sonstige Weise irgendwie in Kontakt mit einer Unfallregulierung stand. Auch ist das Zeitmoment zu berücksichtigen, da Versicherungen im Allgemeinen unter dem Aspekt des eventuellen Nutzungsausfalls erfahrungsgemäß auf die schnelle Einholung eines Gutachtens drängen. Darüber hinaus zeigt der Umstand, dass der Beklagte einen Preis von 605,11 € brutto als angemessen erachtet und die Differenz zu den geltend gemachten 686,39 € brutto nicht einmal 15 % ausmacht, dass die Geschädigte in der konkreten Unfallsituation eine evtl. Überhöhung nicht feststellen konnte. Die Differenz zwischen dem von der Versicherung des Beklagten außergerichtlich bezahlten Betrag in Höhe von 680,68 € zu den geltend gemachten 686‚39 € beträgt sogar weniger als 1%.
Insbesondere musste die Geschädigte nicht überprüfen, ob mit den vereinbarten Nebenkosten allein die Einzelkosten (also solche Kosten, die dem Produkt direkt zugerechnet werden können, z.B. Papier und Toner) oder auch Gemeinkosten (also solche Kosten, die dem einzelnen Kostenträger nicht direkt zugerechnet werden können, wie Gehälter für das Büropersonal, Abschreibungen, Kapitalkosten etc.) abgerechnet werden sollten. Dass die Nebenkosten keine Gemeinkostenanteile enthalten (durften), ist weder dem geschlossenen Vertrag zu entnehmen, noch ist eine dahingehende Übung ersichtlich oder gar allgemein bekannt.
Der Geschädigte muss in der Unfallsituation auch nicht beurteilen, ob neben der Grundgebühr auch die Nebenkosten Gewinnanteile bzw. Vergütungsanteile etwa für die Fahrzeit enthalten können. Von einem juristisch nicht vorgebildeten Geschädigten können Überlegungen dazu, ob die Ingenieurtätigkeit des Gutachters allein durch die Grundgebühr abgedeckt werden sollte, während die Nebenkosten allein zum Ersatz tatsächlich angefallener Aufwendungen dienen, jedenfalls nicht verlangt werden (ebenso LG Karlsruhe, Urteil vom 17.05.2016 – 20 S 11/16).
(4.) Das vorliegende Ergebnis widerspricht auch nicht dem Urteil des BGH vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092.
Der Entscheidung kann angesichts der dort vorgenommenen Betonung des tatrichterlichen Ermessenspielraumes nicht entnommen werden, dass der Bundesgerichtshof die Kilometerkosten auf 0,70 € festgelegt habe (so aber Kääb‚ FD-StrVR 2016, 379869). Der Bundesgerichtshof hat vielmehr die dortige tatrichterliche Schätzung des Landgerichts Saarbrücken (Urteil vom 19.12.2014, Az. 13 S 41/13) lediglich gebilligt und hierbei den tatrichterlichen Schätzungsspielraum deutlich betont (vgl. aaO. Rn. 14 und 18 „revisionsrechtlich nicht zu beanstanden“ und Rn. 26 „verschiedene Orientierungshilfen sachgerecht und revisionsrechtlich hinzunehmen“).
Das erkennende Gericht schließt sich in Ausübung seines tatrichterlichen Ermessensspielraums der Annahme des Landgerichts Saarbrücken (a.a.O.) nicht an.
Die Heranziehung des JVEG als Maßstab übergeht, dass dieses gem. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 JVEG auf die Tätigkeit des gerichtlich herangezogenen Gutachters beschränkt ist. Diese Tarife sind nur zugänglich, wenn ein Beweissicherungsverfahren beantragt werden würde, was wiederum Kosten in Höhe von über 100 EURO verursachen würde. In diesem Fall hat der Sachverständige jedoch mit der Staatskasse als Auftraggeber einen solventen Schuldner, was bei der privaten Erstattung eines Gutachtens nicht sicher ist. Ob die gegnerische Versicherung zu 100 % eintritt, kann nämlich unmittelbar nach dem Schadensfall idR noch nicht sicher beurteilt werden. Darüber hinaus bemisst sich das Grundhonorar bei einer Berechnung nach dem JVEG nach Stundenbasis, wird also ebenfalls anders kalkuliert als in der Anlage K 3. Insofern sind die Fallkonstellationen nicht vergleichbar.
In dem vom Landgericht Saarbrücken entschiedenen Fall (a.a.O.) war mit der getroffenen Honorarvereinbarung die lngenieurleistung des Sachverständigen durch das Grundhonorar abgegolten und mit den Nebenkosten wurde nur Ersatz von tatsächlich angefallenen Aufwendungen verlangt (dies hatte eine Auslegung der dortigen vertraglichen Vereinbarung ergeben). Aus diesem Grund kam das Landgericht Saarbrücken zu dem Ergebnis, dass sich die Frage, ob die Nebenkostenabrechnung überhöht ist, nicht durch einen Vergleich mit der BVSK-Honorarbefragung ermitteln lässt, da hierin nicht allein auf die tatsächlich entstandenen Aufwendungen abgestellt wird, sondern in den Nebenkosten in der Regel Gewinnanteile enthalten sind. Daher hat das Landgericht Saarbrücken zur Überprüfung der Frage, ob die Nebenkosten überhöht sind, auf das JVEG zurückgegriffen.
Hier ist der zwischen der Geschädigten und der Klägerin getroffenen Vergütungsvereinbarung nicht zu entnehmen, dass die lngenieurleistung des Sachverständigen durch das Grundhonorar abgegolten sein soll und mit den Nebenkosten nur Ersatz von tatsächlich angefallenen Aufwendungen verlangt werden kann. Daher kann für die Frage, ob die Nebenkostenabrechung überhöht ist, auf die BVSK-Befragung zurückgegriffen werden (siehe oben).
Davon abgesehen geht das Landgericht Saarbrücken in der genannten Entscheidung (a.a.O.) davon aus, dass ein Geschädigter im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle Nebenkosten eines Kfz-Sachverständigen jedenfalls dann nicht mehr für erforderlich halten darf, wenn die hierfür vorgesehene Vergütung nach den Regelungen des JVEG um mehr als 20% überschritten wird. Das Amtsgericht und der Beklagte sind der Meinung, dass nach den Regelungen des JVEG der Klägerin ein Sachverständigenhonorar in Höhe von 663,90 € brutto zustünde (vgl. AS II, 59). Die Differenz zu dem geltend gemachten Betrag in Höhe von 686,39 € beträgt ca. 4 %, so dass die in der Entscheidung vom BGH (Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092) gebilligten Voraussetzungen des Landgerichts Saarbrückens (a.a.O.) für eine erkennbar überhöhte Vergütung hier nicht ansatzweise vorlägen.
3. Der Ausspruch zu den Zinsen beruht auf §§ 286, 288 BGB. Verzug ist mit Ablauf der dem Beklagten mit Schreiben vom 16.01.2014 auf den 30.01.2014 gesetzten Frist eingetreten. Soweit die Klägerin in erster Instanz noch Zinsen ab dem 31.10.2013 geltend machte, ist insoweit von einer Klagerücknahme auszugehen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da der Bundesgerichtshof mit dem Urteil vom 26.4.2016 – VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092 – die maßgeblichen Rechtsfragen geklärt hat. Hierin ist ausgeführt, dass der Prüfungsmaßstab eine gewisse Plausibilitätskontrolle ist und dass das Tatgericht einen weiten Schätzungsspielraum gem. § 287 ZPO hat. Wie unter II., 2., c., (4.) ausgeführt, kann dem Urteil nicht entnommen werden, dass die im dortigen Einzelfall gebilligte Schätzung gem. § 287 ZPO auch für andere Gerichte verbindlich ist.
Verkündet am 10.05.2017
Wer den Cent nicht ehrt, ist des EURO nicht wert.-…… Nur die Begründung für die Tat ist einfältig und unehrenhaft sowie Lichtjahre entfernt von guten kaufmännischen Sitten. Und auch die Überlegungen des Amtsgerichts kommen nicht gut dabei weg. Es kommt mir vor, als ob unser Rechtsstaat auf morschen Pfahlbauten errichtet wurde, die mit zunehmender Geschwindigkeit verrotten. Dann ist auch der Aufstand des Volkes nicht mehr fern und auch ein paar Berufungsurteile werden daran nichts ändern. Warum scheut sich die Justiz ansonsten so, die kriminellen Drahtzieher vermehrt in die Pflicht zu nehmen?
D.H.
Man beschäftige sich nur einmal mit der rechtfertigenden Begründung der LVM-Versicherung hinter dem Beklagten:
„Die Beklagte hat in erster Instanz bestritten‚ dass die eingeklagten „Gebühren“ unfallbedingt erforderlich und ortsüblich/angemessen seien. Sie seien übersetzt. Weitere „Gebühren“ als die vorgerichtlich regulierten in Höhe von 680,68 € seien nicht geschuldet. Insbesondere seien die Fahrtkosten, die Schreibkosten und die Kosten für Fotos zu bestreiten. Die Fahrtkosten seien nicht abrechenbar. Welche Strecke zu welchem Besichtigungsort zurückgelegt werden sei und weshalb dies unfallbedingt erforderlich gewesen sei, werde nicht mitgeteilt. Das Gutachten enthalte keine 14 Schreibseiten. Es enthalte sieben Schreibseiten. Die weiteren Seiten seien entweder als Fotos abgerechnet, oder enthielten eine Reparaturkostenkalkulation, die von einer Fremdfirma stamme und lediglich ins Gutachten kopiert werde.
Die Herstellung eines digitalen Fotos koste heutzutage 0,05 € pro Foto. Gestehe man dem Sachverständigen eine Gewinnspanne ein und setze diese mit 1000% an, könne ein Foto nicht mit mehr als 1,00 € netto in Abrechnung gebracht werden. Bei den Nebenkosten in Höhe von 136,61 € brutto handele es sich nicht um angemessene „Nebenkosten“, sondern um ein verkapptes, zweites Grundhonorar. Selbst die Porto- und Telefonkosten seien übersetzt. Die Rechnung kürze sich daher um 17 € netto Fahrtkosten, 17,50 € netto nicht geschriebene Seiten und „Schreibkopien“, 17,60 € netto überteuerte Fotos und „Zweitabzug“ und 16,20 € netto übersetzte Portokosten, insgesamt also um 68,30 € netto = 81‚28 € brutto. Die Klägerin habe inklusive des Grundhonorars einen Anspruch auf 508,50 € netto = 605,11 € brutto. Zur „Streitvermeidung“ sei vorgerichtlich „mehr“ gezahlt worden.“
Vom Irrsinn gepeinigt und vom Pferd noch getreten sowie auch noch vom Affen gebissen? Das kann doch auch eine Amtsrichterin nicht mehr für voll nehmen, denn ein solcher Vortrag ist schadenersatzrechtlich unerheblich. Es ist geradezu peinlich, wenn dann damit noch eine Berufungskammer des Landgerichts beschäftigt werden muss, die allerdings – bis auf wenige Schönheitsfehler – dann Klartext gesprochen hat und so couragiert war, den Vorstellungen der von der Beklagtenseite bemühten BGH-Rechtsprechung nicht zu folgen.
Olga P.
Der mit diesem Vorgang befasste Kfz.-Sachverständige hatte mit dem Endbetrag seiner Kostennote auf Reparaturbasis schon deutlich unterdurchschnittlich abgerechnet. Der versicherungsseitig hierauf abgestellte Vorwurf einer Nichterforderlichkeit und Überhöhung, ist nicht nur eine bodenlose und mit dem Gesetz nicht zu vereinbarende Frechheit, sondern auch verbunden mit einer Behinderung in der Berufsausübung und Diskriminierung des betroffenen Kollegen. Nach Vorlage des Urteils der Berufungskammer des LG Karlsruhe sollte einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eigentlich nichts im Wege stehen, denn dieser Weg muss über kurz oder lang eh beschritten werden.
Die Beklagte hatte in erster Instanz bestritten‚ dass die eingeklagten „Gebühren“ unfallbedingt erforderlich und ortsüblich/angemessen seien. Sie seien „übersetzt“.
Weitere Gebühren als die vorgerichtlich regulierten in Höhe von 680,68 € seien nicht geschuldet. Insbesondere seien die Fahrtkosten, die Schreibkosten und die Kosten für Fotos zu bestreiten. Die Fahrtkosten seien nicht abrechenbar. Welche Strecke zu welchem Besichtigungsort zurückgelegt werden sei und weshalb dies unfallbedingt erforderlich gewesen sei, werde nicht mitgeteilt. Das Gutachten enthalte keine 14 Schreibseiten. Es enthalte sieben Schreibseiten. Die weiteren Seiten seien entweder als Fotos abgerechnet, oder enthielten eine Reparaturkostenkalkulation, die von einer Fremdfirma stamme und lediglich ins Gutachten kopiert werde.
Die Herstellung eines digitalen Fotos koste heutzutage 0,05 € pro Foto. Gestehe man dem Sachverständigen eine Gewinnspanne ein und setze diese mit 1000% an, könne ein Foto nicht mit mehr als 1,00 € netto in Abrechnung gebracht werden. Bei den Nebenkosten in Höhe von 136,61 € brutto handele es sich nicht um angemessene „Nebenkosten“, sondern um ein verkapptes, zweites Grundhonorar. Selbst die Porto- und Telefonkosten seien übersetzt. Die Rechnung kürze sich daher um 17 € netto Fahrtkosten, 17,50 € netto nicht geschriebene Seiten und „Schreibkopien“, 17,60 € netto überteuerte Fotos und „Zweitabzug“ und 16,20 € netto übersetzte Portokosten, insgesamt also um 68,30 € netto = 81‚28 € brutto. Die Klägerin habe inklusive des Grundhonorars einen Anspruch auf 508,50 € netto = 605,11 € brutto. Zur Streitvermeidung sei vorgerichtlich mehr gezahlt worden. “
Pottkieker
“ Fürsorglich machte die Klägerin geltend, dass es sich bei den geltend gemachten Sachverständigenkosten um eine ortsübliche und angemessene Vergütung handele.“
In Beschränkung auf schadenersatzrechtlich beurteilungsrelevante Parameter sollte man auf werkvertraglich
ausgerichtete Sichtweiten verzichten.
Auf Basis des § 249 S.1 BGB ist entscheidungserheblich, dass eine rechtsgültige Honorarvereinbarung vorlag und insoweit der pauschale Vortrag der Beklagtenseite nicht als „erheblich in Betracht zu ziehen war. Die Geschädigte wollte die Gutachterkosten überhaupt nicht fiktiv abrechnen, so dass das ganze Getöse um die Einwendungen, Infragestellungen, Diskriminierungen durch die Beklagtenseite und ihre Anwälte schwer nachvollziehbar ist
Scouty
Wenn in einem Rechtsstaat, wie die BRD, Recht zur reinen Machtfrage verkommt und sich auch in der Justiz immer wieder Personen finden, die damit – ganz gewiss nicht „Im Namen des Volkes“- paktieren, so wirft das einen bezeichnenden Schatten auf das Bundesjustizministerium und das Bundeskartellamt. Auch ersichtliches Wohlverhalten kann mehr als nur fragwürdig sein. Wirst Du in der Straßenbahn als Schwarzfahrer ohne Fahrschein erwischt, so soll das ein Straftatbestand sein. Auch Versicherungsbetrug wird als ein Straftatbestand gehandelt! Warum verfährt man in der Justiz mit ersichtlicher Übervorteilung der Unfallopfer anders? Da scheinen – zumindest nach meinen Informationen – die Uhren in den USA anders zu ticken. Die Absicht, absprachegemäß und mit Vorsatz Verkehrsunfallopfer gänzlich oder auch nur zum Teil um ihre nach dem Gesetz zugestandenen Schadenersatzansprüche zu bringen, muss dringendst unter einer neuen Sichtweite geahndet werden und die Drahtzieher gehören aus dem Verkehr gezogen. Die gravierenden Versäumnisse der Justiz unter dem Deckmantel einer Schonzeit sind nicht mehr hinnehmbar und darauf wird das Wahlvolk vielleicht auch reagieren.
G.v.H.
Irreführung und Selbstbetrug liegen nahe bei einander. Liegt diese Schizophrenie der Assekuranz mit dem Paten GDV darin begründet, dass für die Versicherungsvorstände im Berufsleben ganz andere „Wertmaßstäbe“ gelten als in ihrem Privatleben ? Welche eigenartigen Leitbilder beherrschen eine solche Gesellschaft? Es gibt keine andere Kraft gegen den Totalitätsanspruch des GDV mit der Assekuranz im Rücken als den mündigen Bürger, denn es geht dabei schlicht und einfach darum, unser Bekenntnis zur Demokratie zu verwirklichen und zwar in allen Lebensbereichen, speziell aber auch in unserem Berufsalltag. Verantwortung tragen, heißt auch, sich unbequem machen. Konfrontation im Sinne der Auseinandersetzung
wird damit zu einem wesentlichen Bestandteil des Strebens nach Wahrheit. Wer den Konflikt als vermeintlich ehrenrührig interpretiert und sich davon distanziert bzw. diesen verdrängt, scheut die Wahrheit. Ein bezeichnender und der eigenen Beruhigung dienender Ausspruch ist dabei: “ Na ja, wir kommen ja auch so noch ganz gut klar.“ Bedeutet das dann, dass man vorher etwa nicht korrekt abgerechnet hat? Wir haben ein ganzes Wochenende vielleicht Zeit, auch darüber einmal nachzudenken oder das auch zu verdrängen mit der
Feststellung: „Dazu fehlt mir die Zeit.“
Trotzdem wünschen wir
ein erholsames, entspanntes und sonniges Wochenende
Bodo B.
@G.v.H.
„Die gravierenden Versäumnisse der Justiz unter dem Deckmantel einer Schonzeit sind nicht mehr hinnehmbar und darauf wird das Wahlvolk vielleicht auch reagieren.“
Das Wahlvolk wird vielleicht reagieren? Selten so gelacht. Das Wahlvolk macht genau das, was es schon immer gemacht hat. Genau wie in den USA. Mama und Papa haben schon immer Demokraten oder Republikaner gewählt. Daran wird sich in der Familiendynastie auch in den nächsten 100 Jahren nichts ändern. Selbst wenn einem die gewählte Partei dann skrupellos das Fell über die Ohren zieht. Deshalb gibt es im September auch wieder Merkel und irgend einen Vizekanzler aus der SPD oder möglicherweise sogar einen Lindner von der FDP. Und der Schäuble kann dem Wahlvolk mit neuen Gesetzen für die Versicherer immer schön weiter die Hosen ausziehen.
Zum Urteil.
Leider auch bei dieser Entscheidung jede Menge Fehler. § 249 Abs. 2 anstatt Abs. 1, Überprüfung von Einzelpositionen auf „Angemessenheit“ usw.
Darüber hinaus hat § 287 ZPO in Entscheidungen zu den Sachverständigenkosten nichts, aber auch gar nichts zu suchen, da der Schadensbetrag durch konkrete Rechnung nachgewiesen ist. 287 ZPO lässt eine Kürzung von nachgewiesenen Schadenspositionen nicht zu. § 287 ZPO = Beweiserleichterung für den Kläger und kein Freibrief zur ex-post Kürzung von fakturierten Schadenspositionen durch das Gericht.
@Hansi
„Leider auch bei dieser Entscheidung jede Menge Fehler. § 249 Abs. 2 anstatt Abs. 1, Überprüfung von Einzelpositionen auf „Angemessenheit“ usw.
Darüber hinaus hat § 287 ZPO in Entscheidungen zu den Sachverständigenkosten nichts, aber auch gar nichts zu suchen, da der Schadensbetrag durch konkrete Rechnung nachgewiesen ist. 287 ZPO lässt eine Kürzung von nachgewiesenen Schadenspositionen nicht zu. § 287 ZPO = Beweiserleichterung für den Kläger und kein Freibrief zur ex-post Kürzung von fakturierten Schadenspositionen durch das Gericht.“
Das mit dem Wahlvolk war provozierend gemeint. Gleichwohl danke ich dir für die Kommentierung. Zu allen ansonsten von dir angesprochenen Punkten gehe ich mit dir einig. Dennoch enthält dieses Urteil des LG Karlsruhe auch einige beachtenswerte Hinweise. Weier so.-
Mit freundlichen Grüßen
G.v.H.
Tolle und dennoch bedenkliche fast hilflose Kommentare hier zu lesen, woran liegt es? Die Strafbarkeit des Korrupten und der dummen Selbstherrlichkeit von gewissenlosen Entscheidern ist wohl der Schlüssel! So ist dieses hervorragende Urteil wieder ein Beispiel, dass unser System nicht völlig missbraucht wird und es noch ehrenwerte Streiter und Streithelfer gibt. Anzuwendender 249 Satz 1, falsches 287 und fehlender Vorteilsausgleich sind Fehler, aber zu tolerieren, oder?
Die Frage ist ja auch immer, mit was für Krücken des AG sich das LG auseinandersetzen musste. Und wer die seitenlangen Schriftsätze der Versicherungen kennt, weiß wie schnell man in eine falsche Richtung abdriftet. Das LG scheint sich mit allen Entscheidungspunkten des AG auseinandergesetzt zu haben, stellt aber am Anfang klar heraus, dass der Sachverständige gemäß Honorarvereinbarung abgerechnet hat und zum Zeitpunkt der Unterschrift für den/die Geschädigte/n keine Überhöhung erkennbar war.
Das sollte als Kernaussage mitgenommen werden, genauso wie der Hinweis, warum JVEG keine geeignete Schätzgrundlage ist.
Viele Grüße
Kai