Sehr geehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
und schon wieder müssen wir über rechtswidrige Kürzungen durch die HUK-COBURG berichten. Der Geschädigte eines unverschuldeten Verkehrsunfalls beauftragte den Kläger, einen öffentlich bestellten und vereidigten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Mit Rechnung vom 3.3.2011 berechnete der Kläger für seine Tätikeit 1.016,45 € brutto. Hierauf zahlte die hinter dem Schadensverursacher stehende Kfz-Haftpflichtversicherung, die HUK-COBURG, lediglich 818,– €. Da der Schadensersatzanspruch des Geschädigten auf Erstattung der Sachverständigenkosten abgetreten war, forderte der Kläger den Differenzbetrag vom Unfallverursacher persönlich. Da auch dieser nicht zahlte, wurde das gerichtliche Verfahren gegen ihn eingeleitet. Der Direktor des örtlich zuständigen Amtsgerichts Bottrop gab nun dem Kläger in vollem Umfang recht. Lest selbst das Urteil aus Bottrop gegen den VN der HUK-COBURG und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
8 C 313/14
Amtsgericht Bottrop
IM NAMEN DER VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn Dipl-Ing. H.R. aus B.
– Klägers –
Prozessbevollmächtigte: RAe. D. I. & P aus A.
g e g e n
Herrn T. W. aus B. ( VN der HUK-COBURG)
– Beklagten –
Prozessbevollmächtigte: RAe. v. G. & C. aus E.
hat die 8. Zivilabteilung des Amtsgerichts Bottrop im schriftlichen Verfahren am 26.6.2015 am 26.6.2015 durch den Direktor des Amtsgerichts L. für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger restliche Gutachterkosten in Höhe von 198,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 612,45 seit dem 15.4.2011 bis zum 19.3.2014 und aus 198,45 € seit dem 20.3.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124,– € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Pukten über dem Basiszinssatz seit dem 27.3.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, es sei denn, dass der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Es wird das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 511 (4) ZPO zugelassen.
Tatbestand:
Mit der Klage macht der Kläger noch offenstehende Honoraransprüche nebst Zinsen aus abgetretenem Recht geltend. Hintergrund ist ein Verkehrsunfall, an dem die Auftraggeberin des Klägers – Frau A. P. – mit ihrem Pkw amtliches Kennzeichen E-.. …. beteiligt gewesen ist. Den Verkehrsunfall hat der Beklagte mit seinem Pkw amtl. Kennzeichen BOT- .. .. verursacht. Es ist unstreitig, dass der Beklagte den Unfallschaden zu 100% auszugleichen hat.
Der Beklagte hat über seine Haftpflichtversicherung auf das geltend gemachte Sachverständigenhonorar 818,– € gezahlt. Der Kläger hat der Unfallgeschädigten 1.016,45 € brutto mit Rechnung vom 3.3.2011, auf die Bezug genommen wird (Bl. 16; Anl. A 2), in Rechnung gestellt. Entsprechend steht ein Betrag von 198,45 € nebst Zinsen nocch offen, der mit der Klage geltend gemacht wird.
Des Weiteren werden gerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen geltend gemacht.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger restliche Gutachterkosten i.H.v. 198,45 € Zinsen daraus i.H.v. 5%-Punkten jährlich aus 612,45 € seit dem 15.4.2011 bis zum 19.3.2014 und aus 198,45 € seit dem 20.3.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124,– € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.3.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ferner beantragt er, das Rechtsmittel der Berufung zuzulassen.
Die für den Beklagten den Unfallschaden ausgleichende Haftpflichtversicherung hat nach ihrer Tabelle für die Entschädigung von Sachverständigen (Bl. 17, Bl. 307 der Akten), die nach der Unfallschadenshöhe gestaffelt ist, an den Kläger einen Betrag von 818,– € gezahlt.
Der Beklagte bestreitet, dass die Auftraggeberin des Klägers an dem Unfallwagen mit dem amtlichen Kennzeichen E-AS …. Eigentum hat. Insbesondere verweist der Beklagte darauf, dass die Auftraggeberin des Klägers den Pkw fremdfinanziert habe. Entsprechend fehle dem Kläger die Aktivlegitimation.
Auch sei die Abtretungserklärung hinsichtlich der Schadensersatzansprüche an den Kläger (Bl. 15 d.A. Anlage A1) vom 1.3.2011 unwirksam, da die Abtretungserklärung zu unbestimmt sei. Der von der Abtretung erfasste Betrag sei nicht hinreichend bestimmbar. Die Abtretung sei so formuliert, dass die Schadensersatzforderung auch dann in voller Höhe des Honorars übergeht, wenn die Gegenseite nur teilweise reguliert bzw. mit Mithaftungsanteile des Auftraggebers berücksichtige.
Zudem verstoße die Abtretungserklärung gemäß den §§ 305 Buchst. c, 307 ff. BGB.
Der Beklagte macht ferner geltend, dass der Kläger sein Honorar nicht nach den Vertragsvereinbarungen mit der Auftraggeberin konkret berechnet habe. Der Kläger sei gehalten, als Sachverständiger sein Honorar nach der Schadenshöhe zu bemessen. In der Vertragsvereinbarung sei die Berücksichigung von Nebenkosten nicht erwähnt.
Schließlich verstoße die Abtretungserklärung gegen § 5 RDG. § 2 RDG stelle klar, dass jede Tätigkeit in fremden Angelegenheten erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung darstelle, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles erfordere. Die Bestimmung bzw. Berechnung des Sachverständigenhonorars sei eine komplexe Angelegenheit, die einer rechtlichen Prüfung bedürfe.
Schließlich habe der Kläger seine Aufwendungen nicht substantiiert dargelegt. Die Auftraggeberin habe gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen.
Die Parteien legen eine Vielzahl von sich widersprechenden Entscheidungen vor. Entsprechend beantragt der Beklagte, das Rechtsmittel der Berufung zuzulassen.
Unter anderem erwidert der Kläger mit Schriftsatz vom 17.3.2015 Bl. 454 d.A. und legt die Rechnung vom Kauf des Unfallwagens vom 4.2.2011 (Bl. 456 d.A.) vor.
Hierauf erwidert der Beklagte mit Schriftsatz vom 2.6.2015. Er ist nach wie vor der Ansicht dass dem Kläger die Aktivlegitimation fehle.
Auf den weiteren, eingeheden Sachvortrag der Parteien wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Resthonorars.
Der Kläger besitzt für die Geltendmachung der Klageforderung die Aktivlegitimation. Es kann dahinstehen, ob die Unfallbeteiligte Frau P. im Hinblick auf die Fremdfinanzierung des unfallbeschädigten Fahrzeugs Volleigentum hat. Jedenfalls ist sie die Auftraggeberin des Klägers und haftet diesem auf Zahlung des gerechtfertigten Honorars. Sie ist als Unfallbeteiligte verpflichtet, den Unfallschaden an ihrem Pkw darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen. Daher war sie berechtigt, im Zusammenhang mit der Schadensausgleichung den Sachverständigen zu beauftragen. Es ist unstreitig, dass der Beklagte als Unfallverursacher den Unfallschaden zu ersetzen hat. Entsprechende Regressansprüche hat sich der Kläger abtreten lassen.
Die Abtretungserklärung vom 1.3.2011 ist auch nicht unwirksam. Zur Sicherheit hat sich der Kläger Schadensersatzansprüche aus dem Unfallereignis vom 1.3.2011 abtreten lassen. Diese Ansprüche sind zwar in der Höhe nicht genau bestimmt. Für die Wirksamkeit reicht es jedoch aus, wenn diese Ansprüche bestimmbar sind. Dadurch, dass die Schadensersatzansprüche aus dem Unfallereignis resultieren, ist der Sachbereich eingegrenzt und damit bestimmbar, so dass für Außenstehende der Umfang der Schadensersatzansprüche bzw. die Zugehörigkeit zur Abtretungserklärung erkennbar ist.
Es liegt auch kein Vertoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesez vor. Das Urteil des LG Stuttgart vom 8.12.2010 ist nicht einschlägig. Der Kläger macht nicht Honoraransprüche aus eigenem Recht gegenüber Haftpfflichtversicherungen serienmäßig geltend. Vielmehr liegt dem vorliegenden Verfahren ein Einzelfall zugrunde, da sich der Kläger Ansprüche gegenüber dem Unfallverursacher hat abtreten lassen.
Im Übrigen greift das Rechtsdienstleistungsgesetz nicht ein. Ein Verstoß wäre nur dann gegeben, wenn der Kläger für seine Honoraransprüche durch Abtretung der Ansprüche der Frau P. nicht das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung bzw. des Forderungsbestandes übernehmen würde. Da die Abtretung die Honoraransprüche des Klägers betrifft, trägt der Kläger in Bezug auf seine Honorransprüche das volle wirtschaftliche Risiko. Ein Verstoß gegen das RDG kann nicht angenommen werden.
Auch hinsichtlich der durch den Kläger geltend gemachten Schadenshöhe ist die Klage im vollen Umfang begründet.
Die durch den Unfall geschädigte Frau P. kann die objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten ersetzt verlangen. Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Insbesondere ist von der Rechtsprechung mehrfach klargestellt worden, dass dem Unfallgeschädigten bei Auswahl des Sachverständsigen eine Marktforschung nicht auferlegt werden kann. Dass die Rechnung des Klägers gegenüber Frau P. überhöht ist, kann nicht nachvollzogen werden. Aus zahlreichen Verfahren ist bekannt, dass Sachverständige neben einem Grundhonorar berechtigterweise Nebenkosten in Rechnung stellen. Diese Vorgehensweise ist von der Rechtsprechung mehrfach bestätigt worden. Es ist richtig, dass ein Sachverständiger auf die von ihm in Ansatz gebrachten Nebenkosten bei Vertragsabschluss nicht hinweisen muss. Letztlich ist das Honorar nach der Ortsüblichkeit festzusetzen. Nur in groben Ausnahmeefällen, in denen eine Überhöhung des Honorars offensichtlich zu erkennen war, wurden von der Sachverständigenrechnung Abstriche gemacht. Letzteres ist im vorliegenden Verfahren nicht gegeben. Insbesondere kann man nicht bei der Bestimmung des Sachverständigenhonorares – wie der Beklagte es im Sinne seiner Haftpflichtversicherung aber sehen möchte – von einer Umfragetabelle der Haftpflichtversicherungen ausgehen.
Die Nebenforderungen des Klägers sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gerechtfertigt.
Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708, 711 ZPO.
Es war das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 511 (4) ZPO zuzulassen, da es bezüglich des Streitgegenstandes zahlreiche widersprechende Entscheidungen gibt.
Der Streitwert wird auf 198,45 € festgesetzt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
… (Es folgt die übliche Rechtsbehelfsbelehrung, von deren Veröffentlichung wir absehen).