Mit Urteil vom 12.05.09 hat der BGH zum Aktenzeichen VII ZR 88/08 entschieden, dass ein Zweitschaden am selben Karosserieteil eines Kfz keinen Anlass darstellt, die fiktive Abrechnung des Erstschadens nicht mehr zuzulassen.
Der Leitsatz lautet:
„Der Geschädigte kann vom Schädiger die fiktiven Kosten der Reparatur seines PKW auch dann verlangen, wenn das Fahrzeug bei einem späteren Unfall am gleichen Karosserieteil zusätzlich beschädigt worden ist, die Reparatur des Zweitschadens zwangsläufig zur Beseitigung des Erstschadens geführt hat und der Kaskoversicherer des Geschädigten aufgrund seiner Einstandspflicht für den späteren Schaden die Reparaturkosten vollständig erstattet hat.“
Sachverhalt:
Der Kläger erlitt mit seinem PKW am 10.06.06 einen Schaden in der Autowaschanlage der Beklagten. Der Schaden betraf die Frontschürze vorne links. Die Schadensbeseitigungskosten lagen insgesamt bei 1.148,35 €. Die beklagte Waschanlagenbetreiberin stritt eine Verursachung dieses Schadens in ihrer Waschanlage ab, so dass der Kläger klagen musste. Nach Klageerhebung verursachte die Ehefrau des Klägers am 28.12.06 mit dem PKW des Klägers einen Auffahrunfall. Die Frontschürze war nun komplett zerstört und musste erneuert werden. Die Kosten dieser Reparatur wurden vom Kaskoversicherer des Klägers bis auf die Selbstbeteiligung getragen.
Bei diesem Sachverhalt wies nun das AG die Klage des Klägers ab. Seine Berufung wurde vom Berufungsgericht ebenfalls zurückgewiesen. Die zugelassene Revision führte allerdings zur Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG.
Der BGH führt im angesprochenen Urteil aus, dass die beklagte Waschanlagenbetreiberin weiterhin verpflichtet bleibt, den dem Kläger am 10.06.06 möglicherweise in der Waschanlage entstandenen Schaden zu ersetzen, denn dieser Anspruch ist nicht nachträgilch untergegangen.
Entscheidend ist, dass die Leistungen des Kaskoversicherers des Klägers den Anspruch des Klägers gegen die beklagte Waschanlagenbetreiberin nicht getilgt hat.
Eine Erfüllungswirkung gemäß § 422 Absatz 1 BGB ist nicht eingetreten. Der Kaskoversicherer des Klägers und die beklagte Waschanlagenbetreiberin sind keine Gesamtschuldner im Sinne von § 421 BGB. Die Schuldgründe sind verschieden; die beklagte Waschanlagenbetreiberin haftet auf Schadensersatz; der Versicherer des Klägers ist gegenüber dem Kläger aufgrund des abgeschlossenen Kaskoversicherungsvertrages einstandspflichtig. Ein Gesamtschuldverhältnis kann bei dieser Konstellation nicht angenommen werden.
Eine Befreiung der beklagten Waschanlagenbetreiberin von ihrer Schadensersatzpflicht gegenüber dem Kläger könnte durch die Leistung der Kaskoversicherung des Klägers nur dann eingetreten sein, wenn der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die beklagte Waschanlagenbetreiberin durch die Kaskoleistungen auf den Kaskoversicherer kraft Gesetzes übergegangen wäre. Dies ist nach BGH nicht der Fall.
Auf den Versicherer gehen nach § 67 Absatz 1 VVG a. F. diejenigen Ansprüche über, die den durch den Versicherungsfall eingetretenen wirtschaftlichen Schaden ersetzen sollen.
Der Versicherungsfall, aufgrund dessen der Versicherer Leistungen an den Kläger erbracht hat, betrifft indes nicht die Beschädigung des Fahrzeuges des Klägers in der Waschanlage der Beklagten.
Der Kläger muss sich auf seinen Anspruch auf Schadensersatz gegen die beklagte Waschanlagenbetreiberin auch nicht die Leistung seiner Kaskoversicherung nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleiches anrechnen lassen.
Die Grundsätze des Vorteilsausgleiches beruhen auf dem Gedanken, dass dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen sind, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen. Dabei sind nicht alle durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruches übereinstimmt, das heißt dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Bezogen auf den Fall bedeutet dies allerdings, dass die Versicherungsleistung der Kaskoversicherung, die der Kläger wegen des Unfalles vom 28.12.06 erhalten hat, ihm zum einen nicht im Zusammenhang mit dem Schadensereignis vom 10.06.06 zugeflossen ist. Zum anderen hat der Kläger diese Versicherungsleistung durch die Zahlung der Versicherungsprämien selbst erkauft, was dem Schädiger nicht zugute kommen kann (vgl. BGH vom 19.12.1978, VI ZR 218/76 = VersR 1979, Seite 323).
Der Anspruch des Klägers auf Ersatz der fiktiven Herstellungskosten nach § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB ist darüber hinaus weder durch die zusätzliche Beschädigung bei dem Unfall vom 28.12.06 noch durch die anschließende Reparatur untergegangen. Der Hinweis der Revisionserwiderung, der Anspruch sei deshalb entfallen, weil die Herstellung nunmehr unmöglich sei und der Schaden auf Kosten eines Dritten ohne jede Belastung des Geschädigten beseitigt worden sei, geht fehl. Diese Umstände können den einmal entstandenen Schadensersatzanspruch nicht nachträglich beseitigen und so den Schädiger entlasten.
Dem Geschädigten steht es aufgrund seiner Dispositionsfreiheit grundsätzlich frei, ob er den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag nach dessen Zahlung wirklich diesem Zweck zuführen oder anderweitig verwenden will. Selbst wenn er von vorneherein nicht die Absicht hat, die der Berechnung seines Anspruchs zugrunde gelegte Wiederherstellung zu veranlassen sondern sich anderweitig zu behelfen oder die Entschädigungszahlung überhaupt einem sachfremden Zweck zuführen will, kann der Geschädigte Ersatz der zur Behebung des Schadens erforderlichen Reparaturkosten verlangen (BGH vom 23.05.06, VI ZR 192/05).
Lässt der Geschädigte die Sache reparieren und werden die Kosten hierfür von einem Dritten übernommen, dessen Leistung nicht zugleich die Schuld des Schädigers erfüllt, kann jedenfalls dann nichts anderes gelten, wenn die Leistung des Dritten aus einer Versicherung erfolgt, die der Geschädigte mit seinen Beiträgen finanziert hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Reparatur vor oder nach Erhalt des Schadensersatzes durchgeführt wird. Zwar ist grundsätzlich die Schadensentwicklung bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen; es kann dem Geschädigten jedoch nicht zum Nachteil gereichen, wenn er von seiner Dispositionsbefugnis Gebrauch macht bevor der Ersatzpflichtige geleistet hat (BGH vom 23.03.1976, VI ZR 41/74 = BGHZ 66, 239 (244)).
Praxishinweis:
- Der Erstschädiger kann aus einem weiteren Schadensereignis und dessen Regulierung durch einen Dritten für sich keine Vorteile ziehen und seine eigene Schadensersatzpflicht dadurch nicht minimieren oder herunter rechnen.
- Wäre die zeitliche Reihenfolge umgekehrt – erst der Kaskoschaden und später der Schaden in der Waschanlage – könnte der Schädiger zwar ebenfalls nicht einwenden, dass der Geschädigte die Schadenswiedergutmachung von seiner Kaskoversicherung erhält, weil sich diese eigene Schadensvorsorge des Geschädigten nicht anspruchsmindernd für den Schädiger auswirken darf; der Schädiger könnte jedoch einwenden, dass an den bereits vorbeschädigten Teilen durch die Waschanlage nicht noch einmal zusätzlicher oder weiterer Schaden verursacht worden ist. Nur wenn der Geschädigte in dieser Situation nachweisen könnte, dass eine abgrenzbare und konkret bezifferbare Schadensausweitung eingetreten ist, bleibt der Schädiger für diesen Bereich weiter haftbar.
Es ist zu befürchten, dass der eine oder andere Haftpflichtversicherer dieses BGH-Urteil durch eine Fehlinterpretationsanweisung zu umgehen versuchen wird.
Deshalb habe ich es hier etwas ausführlicher dargestellt.
Mitgeteilt von Peter Pan im September 2009
Hallo Peter Pan,
mit dem von dir beschriebenen Urteil des 7. Zivilsenats des BGH hat dieser die fiktive Schadensabrechnung ausdrücklich anerkannt. Mit diesem Urteil ist auch das Argument der Versicherer widerlegt, wenn diese schreiben, zur endgültigen Schadensabrechnung auch der Verbringungskosten, der Ersatzteilpreisaufschläge und der geforderten Fachwerkstattlöhne reichen Sie bitte die Reparaturkostenrechnung ein. Ein derartiges Ansinnen wird mit obiger Entscheidung ad absurdum geführt. Warum aber die 7. Zivilabteilung?
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Jurastudentin
Hi Peter Pan,
mit dem BGH-Urteil des 7. Zivilsenats vom 12. Mai 2009 hat der BGH festgeschrieben, dass ein Zweitunfall nicht zu Gunsten des Erstschädigers ausfallen kann und darf. Mit dem Erstunfall ist dem Geschädigten, unabhängig, ob es sich um einen Kaskoschaden handelt oder nicht, bereits ein Schaden entstanden. Dieser Schaden kann nicht dadurch beseitigt werden, dass an der gleichen Stelle ein weiterer Schaden eintritt.
Mit Eintritt des Erstschadens war der Geschädigte berechtigt, diesen fiktiv, also auf Gutachtenbasis, abzurechnen. Was der Geschädigte mit dem vom Schädiger zu ersetzenden Schadensersatzbetrag macht, ist seine Sache und geht den Schädiger nichts an. Der Geschädigte kann den erforderlichen Geldbetrag zur Reparatur verwenden oder sonst verwenden. Das ist einzig und allein seine Sache. Wenn er den Geldbetrag zur Reparatur verwendet, ist der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt. Passiert dann der Zweitunfall wird dieselbe Stelle, die allerdings repariert ist, wieder beschädigt, so dass der Geschädigte erneut einen Schadensersatzanspruch hat. Nichts anderes muss gelten, wenn der Geschädigte, aus welchen Gründen auch immer, diesen Erstschaden noch nicht repariert hat, wozu er berechtigt ist.
Ich finde, ein prima Urteil für die fiktive Schadensabrechnung.
MfG
Werkstatt-Freund
Hallo Jurastudentin
der VII. Senat beim BGH ist u.a. für das Werkvertragsrecht zuständig.
Hier ging es um Schadensersatz wegen Schlechterfüllung des
Reinigungsvertrages-der Schaden war in der Autowaschanlage
entstanden-daher die Zuständigkeit des VII.Senates.
M.f.G.Peter
Hallo Peter Pan,
Danke für den Hinweis. Ich ging bisher davon aus, dass der 10. Zivilsenat für Vertragsrecht, damit auch für Werkvertragsrecht, zuständig sei. Aus diesem Grunde wurden ja auch die BGH-Urteile für Sachverständigenhonorare, in denen der Sachverständige gegen seinen Kunden klagte, hier angegeben. Vgl. hierzu Ihre Anmerkungen zu dem geänderten Schreiben der HUK-Coburg. Aber trotzdem Danke, man lernt eben nie aus.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Jurastudentin
Jurastudentin Mittwoch, 02.09.2009 um 17:32
Hallo Peter Pan,
danke für den Hinweis. Ich ging bisher davon aus, dass der 10. Zivilsenat für Vertragsrecht, damit auch für Werkvertragsrecht, zuständig sei. Aus diesem Grunde wurden ja auch die BGH-Urteile für Sachverständigenhonorare, in denen der Sachverständige gegen seinen Kunden klagte, hier angegeben. Vgl. hierzu Ihre Anmerkungen zu dem geänderten Schreiben der HUK-Coburg.
Hallo, Jurastudentin u. Peter Pan,
wird aus nachvollziehbaren Gründen jetzt zunehmend der VN der HUK-COBURG als Schädiger direkt auf vollständige und korrekte Schadenregulierung in Anspruch genommen, so nimmt ihm ja seine HUK-COBURG alles ab und stellt ihm einen versierten Anwalt zur Seite. Was wird dem VN denn von der HUK-COBURG hierzu erklärungshalber erzählt ?
– Dass man lediglich unberechtigte Ansprüche zurückweisen muß ?
– Dass der Sachverständige -vom Unfallopfer beauftragt- überhöht abgerechnet hat ?
– Dass der Sachverständige nicht im üblichen Rahmen angemessen abgerechnet hat ?
– Dass der Sachverständige zu teuer war ?
All das muß der VN ja zunächst mal glauben und das Verhalten seiner HUK-COBURG als richtig und verständlich empfinden.
Wenn er dennoch zur Zahlung verurteilt wird, erhält er von seiner HUK-COBURG oder deren Rechtsanwälten auch eine Kopie des Urteils in dem er schwarz auf weiss nachlesen kann, dass er von seiner Versicherung unzutreffend informiert wurde ?
Ich glaube, dass hier zur sachlichen Richtigstellung ein großer Informationsbedarf besteht, dem rein vorsorglich auch in jedem Fall entsprochen werden sollte und zwar schon beginnend mit der Zuschrift der HUK-COBURG an den Sachverständigen. Der VN muß bereits an dieser Stelle aufgeklärt werden, was seine HUK-COBURG da so treibt und erkennen, wie er hier – nahezu zwangsweise- eingespannt bzw. instrumentalisiert wird.
Kann er schließlich dann auch noch in der Urteilskopie nachlesen, welcher Sachverhalt maßgeblich ist bzw. warum er zur Zahlung verurteilt worden ist, hat er sicher ein paar Fragen an seine Versicherung, die er beantwortet haben möchte. So kommt es zu mehr Klarheit und mehr Wahrheit und das wollen wir doch alle.
Gruß
Lorenz
Hallo Lorenz,
Du hast meines Erachtens genau das Problem erkannt. Wenn der Schädiger dirkt in Anspruch genommen wird, weil seine Versicherung nicht oder nicht vollständig reguliert, wird er von mir auf diese Tatsache hingwiesen und gleichzeitig unter Fristsetzung aufgefordert, den von ihm angereichteten Schaden zu ersetzen. Dazu ist er verpflichtet. Wenn dann der Schädiger nicht zahlt, wird entweder bei dem Zentralmahngericht Mahnbescheidsantrag gestellt oder Klage erhoben. In den Mahnverfahren bestellt sich dann häufig die Versicherung zum Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers und legt Widerspruch ein, wodurch das Verfahren auch in den ordentlichen Rechtstreit einmündet. Im Falle der Klageerhebung bestellt sich die Versicherung ebenfalls häufig zum Prozeßbevollmächtigten des Beklagten. Dann führt die Versicherung den Rechtsstreit als sei sie selbst verklagt und informiert ihren VN nur insowqeit als dass sie nunmehr den Rechtstreit führt und die Kosten trägt. Weiter erfährt der VN nichts. Er erhält keine Abschriften der Schriftsätze. In der Regel erfährt der VN noch nicht einmal von dem Urteil. Jetzt ist es Sache des Klägeranwalts, den Beklagten auf das Urteil hinzuweisen und eventuell einzuleitende Vollstreckungsmaßnahmen im Falle der nicht fristgerechten Zahlung, wobei die standesrechtlichen Richtlinien einzuhalten sind, d.h. der gegnerischen Versicherung ist zur Info eine Abschrift des Schreibens direkt an den Beklagten zuzuleiten. Damit ist dann der Beklagte auch über das Urteil informiert. Es kann aber durchaus auch andere Möglichkeiten geben.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Hi, Lorenz,
Dein Beitrag ist wie die frühe Morgenröte nach der Dämmerung zu werten. Man sieht, dass das Brainstorming-Karussel Fahrt aufnimmt und die Saat langsam aufgeht. Wir fragen hier jede Richterin und jeden Richter, ob das Internetportal http://www.captain-huk.de bekannt ist und viele greifen inzwischen darauf zurück, um Hintergründe zu erfahren und aktuell informiert zu bleiben. Ich meine, dass dies doch schon mal ein guter Anfangserfolg ist, der sich nahezu mit Windeseile potenziert. Was die alte und die jetztige Redaktion hier geleistet haben, ist einer besonderen Anerkennung wert und allen Aktiven darüber hinaus meine Anerkennung. Es gibt sie noch, die Unerschrockenen, die unabhängig sind und diese ihre Unabhängigkeit auch zu wahren wissen. Aber damit macht nun keine Partei Wahlkampf und deshalb ist für mich dieser Wahlkampf ein Wahlkrampf. Die damit vergeudeten Gelder wären besser angelegt für eine Fortbildung in der Moral und für die Beseitigung der Armut in unserem Lande. Aber wer will solche unaktrativen Themen schon besonders beleuchtet wissen?
Mit Gruß aus dem Kohlenpott
H.U.
Mit diesem Urteil hat der 7. Zivilsenat des BGH die fiktive Schadensabrechnung bestätigt und die Dispositionsfreiheit des Geschädigten gestärkt. Dem Geschädigten steht es auf Grund seiner Dispositionsfreiheit grundsätzlich frei, mit der beschädigten Sache zu verfahren wie er will. Er kann die beschädigte Sache reparieren oder die unreparierte Sache weiter nutzen und den zu ersetzenden Geldbetrag anderweitig verwenden. Er kann mit dem vom Schädiger zur Verfügung zu stellenden Finanzierungsbedarfsbetrag als erforderlichen Wiederherstellungsbetrag frei entscheiden, ob er den Betrag der Reparatur zuführt oder anderweitig verwenden will. Selbst wenn er von vornherein nicht die Absicht hat , die der Berechnung seines Schadensersatzanspruchs zu Grunde gelegte Wiederherstellung – aus welchen Gründen auch immer – zu veranlassen, sondern sich anderweitig zu behelfen oder die Entschädigungszahlung überhaupt anderweitig verwenden will, kann der Geschädigte Ersatz der zur Behebung des Schadens erforderlichen Reparaturkosten verlangen (BGHZ 168, 43,47). Ihm stehen die fiktiven Reparaturkosten (ohne Mehrwertsteuer) zu.
Repariert der Geschädigte mit dem ihm zur Verfügung gestellten Schadensersatzbetrag den Fahrzeugschaden und tritt dann der Zweitschaden (Kaskoschaden) ein, den die (eigene) Kaskoversicherung reguliert(mit Ausnahme der SB), so liegen zwei voneinander zu trennende Schadensereignisse vor. Der Erstschädiger kann von dem weiteren Schadensereignis (Zweitschaden) und dessen Regulierung durch einen Dritten für sich keinen Vorteil ziehen und seine eigene Pflicht zur Schadensersatzleistung nicht dadurch minimieren oder herunterrechnen. Mit dem Erstschaden (Haftpflichtschaden) ist ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Erstschädiger erwachsen unabhängig von der späteren Reparatur. Dieser Schadensersatzanspruch ist auch nicht den Zweitschaden (Kaskoschaden) nachträglich entfallen. Ein einmal eingetretener Schaden kann ohnehin nicht im Nachhinein gemindert oder beseitigt werden. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Reparatur vor oder nach Erhalt des Schadensersatzes erfolgt ist. Es kann dem Geschädigten nicht zum Nachteil gereichen, dass er von seiner Dispositionsfreiheit – zulässigerweise – Gebrauch gemacht hat, bevor der Ersatzverpflichtete Schadensersatz geleistet hat (BGHZ 66, 239, 244).
Wie der BGH im umgekehrten Fall, erst der Kaskoschaden, dann der Haftpflichtschaden in der Waschanlage,entschieden hätte, bleibt fraglich und ist wohl so zu entscheiden, ob eine Reparatur nach der Leistung der Kaskoversicherung durchgeführt worden ist oder nicht. Im Falle, dass der Kaskoschaden noch nicht ausrepariert worden ist, kommt es darauf an, ob eine Schadensausweitung eingetreten ist oder nicht, wobei die Beweislast beim Geschädigten liegt.
Mit freundlichen Grüßen
RA: Wortmann
Hallo Willi Wacker,
vielen Dank für deine Anmerkung zum obigen Urteil. Ich befürchte nur, dass die Versicherungen auch dieses grundlegende Urteil zum Anlass nehmen, etwas ganz anderes aus dem Urteil zu lesen. Man wird sehen.
Ein schönes Wochenende
Euer Friedhelm S.