Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
die bereits angekündigte Fortsetzung der Rechtsprechung des AG Regensburg folgt heute. Nachstehend geben wir Euch das zweite Urteil aus Regensburg zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht im Schadensersatzprozess bekannt. In diesem Fall war es die VHV-Versicherung, die meinte, die Sachverständigenkosten eigenmächtig kürzen zu können. Wie auch das bereits veröffentlichte Urteil des AG Regensburg mit dem Aktenzeichen 3 C 479/14 gegen die HUK stellt auch dieses Urteil ein ordentliches Urteil aus der „Provinz“ dar, von dem sich einige (entgleiste) Richter in den „Metropolen“ eine Scheibe davon abschneiden können. Der VHV kann nur der Hinweis gegeben werden, nicht alles der HUK-COBURG nachzumachen. Sie fällt ebenso wie die HUK-COBURG auf die Nase. Lest aber selbst das Urteil und gebt – trotz Urlaubszeit – Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und noch einen schönen Abend.
Willi Wacker
Amtsgericht Regensburg
Az.: 3 C 487/14
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
Sachverständigebüro …
– Klägerin –
gegen
VHV Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand, VHV Platz 1, 30177 Hannover
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Rogensburg durch den Richter am Amtsgericht … am 27.05.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 254,07 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.02.2014 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
(entfällt gemäß § 495 a ZPO)
Entscheidungsgründe
Die Klage, mit welcher der Kläger als KFZ-Schadensgutachter gegen die Beklagte als Haftpfliohtversicherer des in den Unfall verwickelten PKW, amtliches Kennzeichen: … , aus abgetretenen Schadensersatzansprüchen der Geschädigten … aufgrund eines Verkehrsunfalls, bei welchem erstgenannter PKW aufgefahren war, eigenes restliches Gutachterhonorar in Höhe von noch 254,07 Euro geltend macht, ist begründet gemäß §§ 398 BGB, 7, 18 StVG, 115WG.
Die Alleinhaftung der Beklagten für das Unfallgeschehen ist zwischen den Parteien nicht streitig. Auf die mit dem vom Kläger erstellten Schadensgutachten bei der Beklagten eingereichten Honorarrechnung vom 20.01.2014 in Höhe von 534,46 Euro erstattete die Beklagte dem Kläger lediglich 280,39 Euro. Da die Rechnung des Klägers nicht zu beanstanden ist, war die Beklagte auf die Differenz zu verurteilen.
Die vorgenannte Sachverständigenvergütung stellt einen ersatzpflichtigen Folgeschaden des Unfallereignisses dar, da dies auch bei dem im konkreten Falle eingetretenen Schaden am Fahrzeug des Geschädigten, welchen der Kläger letztendlich mit netto 1.031,06 Euro bewertet hat, aus Sicht des Geschädigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, vgl. Palandt § 249 BGB Rz. 40.
Insbesondere handelte es sich nicht um einen bloßen Bggatellschaden, der eine derartige sachkundige Schadensfeststellung als überflüssig erscheinen ließe. Diese erübrigte sich im übrigen auch nicht im Hinblick auf die Möglichkeit, einen bloßen Kostenvoranschlag einer Fachwerkstätte einzuholen, da es dem Geschädigten grundsätzlich freisteht, ob er die Schadensbeseitigung überhaupt durchführen lässt, oder ob er auf Gutachtensbasis mit dem Schädiger abrechnet und die Ersatzleistung anderweitig verwendet.
Die Einwände der Beklagten gegen die Höhe der vom Kläger in Rechnung gestellten Vergütung sind unbehelflich, da der Schädiger vom Geschädigten grundsätzlich die erforderlichen unfallursächlichen Vermögenseinbußen in vollem Umfange zu ersetzen hat, § 249 BGB. Eine Grenze ergibt sich lediglich aus der Obliegenheit des Geschädigten zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 BGB.
Ein Verstoß gegen diese Vorschrift kann indes nicht festgestellt werden. Ein Geschädigter ist vor Beauftragung eines Schadensgutachtens mangels Kenntnis der branchenüblichen Marktpreise in aller Regel nicht geharlen, Marktforschung zu betreiben.
Im übrigen hält sich die vom Sachverständigen geltend gemachte Vergütung auch an die für den Fall des Fehlens einer vorherigen Vergütungsvereinbarung nach § 632 Abs. 2 BGB anzunehmende übliche Vergütung. Die vom Sachverständigen verlangte Vergütung bewegt sich im Rahmen der Bestimmung nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB und ist daher entsprechend § 315 Abs. 3 BGB für den Geschädigten verbindlich.
Bei der Bewertung schließt sich das Gericht der BVSK-Honorarbefragung 2011 des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V., Berlin, an mit der Folge, dass die Vergütung sich in Abhängigkeit der Höhe des zu begutachtenden Schadens bemisst, vgl. dazu BGH NJW 2007, 1450. Dabei hält das Gericht im Interesse der Reduzierung von Verwaltungskosten Pauschalierungen für zulässig. Daraus errechnet sich in genannter Schadenshöhe ein Grundhonorarkorridor, bei welchem je nach Schadenshöhe zwischen 50% und 60% der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen, in Höhe von 1.000 – 1.250 Euro netto von netto 246,– Euro bis 277,– Euro zzgl. Nebenkosten und Mehrwertssteuer.
Der Sachverständige hat bei seiner Honorarrechnung das Grundhonorar zwar nicht in einem Korridor abgerechnet, in welchem je nach Schadenshöhe zwischen 50% und 60% der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Überschreitung nur als unerheblich anzusehen ist und deshalb allein die Ermessensausübung des Sachverständigen nach § 315 BGB nicht unbillig macht, vgl. auch BGH, DAR 2014, Seite 194.
Auch die Nebenkosten halten sich im Rahmen und sind nicht zu beanstanden.
Die Fahrtkosten von L. nach S. sind erstattungsfähig, da im Rahmen der freien Sachverständigenwahl als noch erforderlich anzusehen und auch ein Sachverständiger am Ort Fahrtkosten zur Werkstätte geltend machen würde.
Der 2. Fotosatz ist nach Meinung des Gerichts erstattungsfähig, da ein Geschädigter regelmäßig das Gutachten einschließlich der Originalfotos bei der gegnerischen Haftpflichtvericherung einreicht, er sich ohne den 2. Satz deshalb sämtlicher seiner Beweismittel begeben würde und sie im Streitfalle erst dort wieder anfordern müsste.
Zinsen: §§ 296, 238 BGB
Kosten: § 91 ZPO
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO
Hallo, Willi,
die hirnrissige Argumentation der VHV führt zu einem Vollcrash, denn die ist so was von abgedreht, dass ich mich frage, ob diese Versicherung aus Ersparnisgründen alle Juristen entlassen hat. Deshalb muss man sich auch nicht auf eine Korrespondenz hierzu einlassen, sondern ad hoc den VN als Schädiger in die Pflicht nehmen.
Ist auch ganz einfach und übersichtlich:
Eingehendes Kürzungsschreiben von der Buchhaltung lesen lassen, Weitergabe an Anwaltskanzlei mit der Bitte, Mahnbescheid oder direkt Klage gegen den VN als Schädiger auszubringen und schon ist der Vorgang wieder vom Tisch. Auch hier freuen sich die Versicherungsvertreter unbändig, wie der VN seine Zufriedenheit artikuliert. Und der bekommt schließlich auch noch das Urteil mit einem Kurzkommentar, damit er weiß, wie seine Versicherung ihn als Kanonenfutter mißbraucht hat. Wie war dazu noch der Kommentar eines VN nach dem Urteil bezüglich seiner Versicherungsverträge ?
„Das war das erste Mal, das einzige Mal und das letzte Mal.“ Eine praxisorientierte Einsicht, wie ich meine. Aber nachher ist man meist schlauer als vorher und das sollte man auch bei der Wahl des Versicherers sorgfältig ausloten.
Ein Hinweis auf http://www.captain-huk.de kann da inzwischen schon fast Berge versetzen und das ist euer Verdienst. Danke.
Einen schönen Abend
Holger S.
„Der 2. Fotosatz ist nach Meinung des Gerichts erstattungsfähig, da ein Geschädigter regelmäßig das Gutachten einschließlich der Originalfotos bei der gegnerischen Haftpflichtvericherung einreicht, er sich ohne den 2. Satz deshalb sämtlicher seiner Beweismittel begeben würde und sie im Streitfalle erst dort wieder anfordern müsste.“
Danke! Diesen Gedankengang hatte ich gestern auch. Der Allsecur wurde sogar nur ein Fotosatz seitens des SV in Rechnung gestellt und die bekannte Kanzlei Dr. Ei** und Partner führte doch tatsächlich in der Klageerwiderung aus, dass man die Fotos sowie den einen Fotosatz ja auch in einer Drogerie entwickeln lassen könnte.
In Rechnung gestellt wurden 13 Bilder zu 31,20 € netto
Daraufhin ging die Replik mit folgender Berechnung raus:
1 Fotosatz für die Zedentin
1 Fotosatz für die Versicherung
1 Fotosatz für die Dokumentationspflichten / Archivierung des SV
Insgesamt handelt es sich sodann um 39 Bilder á 0,80 €. Anheim bzw. ins Ermessen des Gerichts will die Beklagten 1,00 € pro Bild stellen……Einfach mal den Vortrag der Beklagten ad absurdum geführt, denn durch die Entwicklung von etwaigen Lichtbildern in einer Drogerie würde sich sodann die Erstellung des Gutachtens verzögern, was widerrum zu erhöhten Mietwagenkosten und oder Nutzungsausfall führen würde! IRRSINN!
……und nebenbei wurde für den Betrag, Grundhonorar, den die Beklagte als angemessen erachtet, nichteinmal ein Beweis angeführt!
P.s.: Nächstes Mal bezahle ich auch nur meine halbe Versicherungsprämie, weil ich nur diesen Betrag (meinen Betrag) für angemessen halte!
@ Schwier
ja,das sind schon Vollblutjuristen in dieser Anwaltskanzlei!
Bestechende Argumentation als Markenzeichen,sauber und höflich zu Papier gebracht—-nur halt leider oft Lichtjahre von der Rechtslage entfernt.
Bei schwachen Gerichten ist da der Erfolg keineswegs ausserhalb jeglicher Reichweite.
Meine Favoriten sind allerdings die BLD-ler.
Die haben´s erst drauf,nur Spezialisten für jedes noch so kleine Rechtsgebiet und was für Kaliber,leck mich am A….!
Einem Kollegen fällt dabei immer die Telefonbuchwerbung ein.
Die absolute Spitzenposition besetzt aber unangefochten ein RA aus Essen mit seinem abgedrehten Verfügungsantrag gegen unsere Bundesmutti,den er zur Selbstdarstellung auch auf seiner HP veröffentlicht hat.
Selbst gestandene Richter sollen unter vorgehaltener Hand regelmässig ihren tiefen Respekt über diesen strahlenden Leitstern seiner Zunft kundtun mit der rhetorischen Frage,was der denn wohl wieder geraucht habe.
Der ist einfach nur genial!
Und dann wären da noch die Heerscharen von Vermietmäulern in Diensten von Verschisserungen,die sich als scheinbar gestandene Juristen erblöden,die Fehlinterpretationsanweisungen ihrer Brötchengeber in ihren Schriftsätzen umzusetzen.
Es führt zur Anwaltshaftung,liebe Vermietmäuler,wenn man ungeprüft die fehlerbehaftete Rechtsauffassung seines Maulmieters zu Papier bringt und deshalb den Prozess verliert.
Würde mich mal interessieren,ob diese Verschisserungen ihre Verluste aus verlorenen Prozessen bei ihren Anwälten „im Interesse ihrer Versichertengemeinschaft“regressieren,oder ob dieses Argument der „Vermögensbetreuungspflicht für VN“ immer nur zur Rechtfertigung der Kürzungen gegen die Unfallopfer vorgeschoben wird.
Klingelingelingelts?
Hallo, Herr RA Schwier,
schadenersatzrechtlich braucht man sich darüber wohl kaum den Kopf zerbrechen, denn Fotos sind ein beweissichernder Bestandteil eines vollständigen und damit verkehrsfähigen Beweissicherungs-Gutachtens.
In einem anderen Zusammenhang ist die Frage nur, in wie vielfacher Ausfertigung der Sachverständige das Gutachten zur Verfügung stellen sollte und wie es sich mit den Dokumentationspflichten für das Handaktenexemplar verhält. Danach wären zukünftig mindestens 3 Fotoausfertigungen, wenn nicht sogar 4 Exemplare berücksichtigungsfähig. Und nun noch eine Anmerkung zu Dumpingfotopreisen in der Drogerie.
Es handelt sich doch wohl um Fotos, die anschließend aufgeklebt und beschriftet werden müßten. Außerdem kämen Zeitaufwandkosten für die Anfahrt zur Drogerie, die Wartezeit und für die Rückfahrt von der Drogerie
hinzu, sowie weitere Bearbeitung im Büro. Danach müsste JEDES Foto mit einem Stückpreis von ca. 8,50 € bei nur 2-facher Ausfertigung in Rechung gestellt werden ohne Berücksichtigung höherer Portokosten und weiterer Nebenkosten. Wer bei Gericht einen solchen Quatsch vortragt, sollte der zuständigen Anwaltskammer namhaft gemacht werden, denn das hat nichts mehr mit einer sachlichen Begründung in einer auf Klageabweichung ausgerichteten Stellungnahme zu tun. Es soll ja auch Fälle der hier angesprochenen Kanzlei geben, in denen Seiten füllend die Berechtigung der abgerechneten Fahrtkosten entgegengetreten wurde, obwohl solche überhaupt nicht angefallen waren und abgerechnet wurden. Hier stellt sich mir die Frage, ob die Gerichte einen solchen abwegigen Vortrag eigentlich erdulden bzw. akzeptieren müssen, der einzig und allein darauf angelegt ist, eine vom BGH schadenersatzrechtlich verworfene
Überprüfung dann doch unter werkvertraglichen Gesichtspunkten quasi zu erzwingen, wenn eine Richterin oder ein Richter bezüglich der notwendigen Unterscheidung nicht ganz sattelfest ist.
BORIS
Eine Diskussion über reine Fotoentwicklungskosten ist völlig neben der Sache. Gutachter, die sich darauf einlassen, verkennen den Haftungsanspruch als auch den Wert ihrer Dienstleistung gegenüber dem Kunden sowie gegenüber dem Schädiger, insbesondere des Haftpflichtversicherers.
Die Fotodokumentation im Schadengutachten dokumentiert den mechanischen Zerstörungsgrad am Fahrzeug und dient somit dem Geschädigten als Beweismittel gegenüber dem Schädiger. Die Fotodokumentation macht den in der Kalkulation prognostizierten Reparaturaufwand nachvollziehbar. Die Lichtbilder dokumentieren zusätzlich den Fahrzeugzustand, geben Aufschluss über die Identität des Fahrzeuges und entwickeln Beweiskraft zwecks Klärung der Schuldfrage bezüglich des Unfallherganges. Ein Restwertanbieter stützt sein Gebot auf die Aussagekraft qualifizierter Lichtbilder.
Jedes einzelne Lichtbild unterliegt bekanntlich dem Urheberrecht des Erstellers. Urheberrechte, die regelmäßig vom Schädiger zwecks Schadensersatzkürzungen übergangen werden, Stichwort Restwertbörse, Eucon, Controlexpert.
Hallo, Virus,
natürlich ist die „Argumentation“ der Fallensteller neben der Sache liegend und wir im Münsterland bezeichnen das als Spökenkiekerei. Zu honorieren ist aber neben den Herstellungskosten, die Dokumentationsqualität und die Dokumentationsplausibilität sowie die Dokumentationsvollständigkeit und hier kommen wir in den Bereich der Fachfotografie und was die kosten muß und auch kosten darf kann demnächst hier einmal verdeutlicht werden.
Mit besten Grüßen
aus Wolbeck
Heinrich Quaterkamp jun.
Ld. ist es aber so, dass man als RA auf derartigen Parteivortrag reagieren muss, denn ansonsten kommt so mancher Richter auf die Idee, dass pauschal 100,00 € doch angemessen wären.