Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum morgigen Tag der deutschen Einheit geben wir Euch hier ein ganz aktuelles Berufungsurteil des LG Bonn einschließlich der fehlerhaften Entscheidung des AG Bonn zum Thema der restlichen Sachverständigenkosten bekannt. Wieder war es die HUK-Coburg, die meinte, eigenmächtig die Sachverständigenkosten kürzen zu können. Teilweise ist es ihr in erster Instanz vor dem AG Bonn gelungen, das Gericht auf falsche Gleise zu lenken. Dies wurde aber – zu Recht – in der Berufungsinstanz korrigiert. Lest daher das nachfolgend aufgeführte Berufungsurteil der 5. Zivilkammer des LG Bonn. Obwohl das Thema der Zulässigkeit der Geltendmachung der Ansprüche des Geschädigten durch den Sachverständigen eigentlich durch ist, wird seitens der HUK-Anwälte dies immer wieder vorgebracht. Die HUK-Coburg tut so, als ob es höchstrichterliche Rechtsprechung zum RDG nicht gäbe. Ebenso wird die BGH-Rechtsprechung zu den Sachverständigenkosten schlicht ignoriert. Die Ignoranz der Rechtsprechung ist bei dieser Versicherung aus Coburg kaum zu überbieten. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und einen schönen Feiertag
Willi Wacker
5 S 26/13
112 C 59/12
Amtsgericht Bonn
Verkündet am 18.09.2013
Landgericht Bonn
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn … ,
Klägers und Berufungsklägers,
gegen
die Firma HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschland a. G., ges. vertr. d. d. Vorstand Herrn Detlef Frank, Willi-Hussong-Straße 2, 96450 Coburg,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn
auf die mündliche Verhandlung vom 04.09.2013
durch die Richterin am Landgericht … , den Richter am Landgericht …
und den Richter am Landgericht …
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 01.02.2013 – 112 C 59/12 – teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 107,89 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2012 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 75% und die Beklagte zu 25%. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Darstellung des Tatbestandes entfällt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO. Da die Revision nicht zugelassen wurde und der für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwerdewert von über 20.000,00 Euro nicht erreicht ist, ist ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.
1.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufunq ist statthaft. Zwar übersteigt der Wert der Beschwer nicht den nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Beschwerdewert von 600,00 Euro. Das Amtsgericht hat in dem Urteil jedoch die Berufung gegen die Entscheidung zugelassen; hieran ist das Berufungsgericht gebunden, § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO.
Rechtsfehlerhaft hat das Amtsgericht allerdings auf die Darstellung des Tatbestandes gemäß § 313 a ZPO verzichtet, obwohl durch die Zulassung der Berufung ein Rechtsmittel zulässig war. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung hat die Kammer von der ihr eingeräumten Möglichkeit abgesehen, den Rechtsstreit an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
2.
In der Sache führt die Berufung zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Urteils.
a) Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des von ihm erstellten Sachverständigengutachtens in Höhe von weiteren 61,64 Euro aus §§ 7 Abs. 1, 115 Abs. 1 VVG i. V. m. § 398 BGB zu.
aa) Die Ansprüche sind ihm von dem Geschädigten K. wirksam abgetreten worden. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 07.06.2011 – VI ZR 260/10 – (MDR 2011, 845) entschiedenen Fall hat der Geschädigte vorliegend nicht sämtliche Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall in Höhe der Gutachterkosten abgetreten, sondern ausdrücklich nur den Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten “ in Höhe des Bruttoendbetrages der Rechnung des beauftragten Sachverständigenbüros“, so dass die Abtretung hinreichend bestimmt ist.
Die erfüllungshalber erfolgte Abtretung ist nicht nach §§ 2, 3 RDG i.V.m. § 134 BGB nichtig. Denn die in der Einziehung der dem Geschädiqten zustehenden Ersatzansprüche gegen die Beklagte liegende Rechtsdienstleistung des Klägers ist nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubt. Hiernach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit allgemein erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn der Sachverständige den ihm abgetretenen Anspruch auf Erstattung seines eigenen Honorars gegenüber der gegnerischen Versicherung geltend macht (vgl. ausführlich LG Saarbrücken, Urteil vom 15.10.2010, 13 S 68/10, juris Rn. 19; Sabel, NZV 2006, 6, 11).
bb) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann der Geschädigte K. von der Beklagten Erstattung der Kosten des nach dem Verkehrsunfall vom 24.04.2012 in Bonn zur Feststellung des Schadensumfangs an seinem Fahrzeug eingeholten Sachverständigengutachtens des Klägers in voller Höhe verlangen.
Die unter Berücksichtigung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB zur Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil, auf das insofern verwiesen wird, zutreffend wiedergegeben. Danach ist jedoch – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts – der weitere Betrag von 61,64 Euro ebenfalls erstattungsfähig.
Dieser Betrag errechnet sich aus den von dem Sachverständigen in Ansatz gebrachten Schreibkosten inkl. Kopien sowie der Fotokosten. Die Ansicht des Amtsgerichts, für einen Laien sei erkennbar, dass diese Kosten offensichtlich unverhältnismäßig seien, da sie integraler Bestandteil eines Gutachtens seien, teilt die Kammer nicht.
Wird mit dem Amtsgericht – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Kammer (vgl. Urteil vom 28.09.2011, 5 S 148/11, m. w. N.) – grundsätzlich nicht beanstandet, dass entsprechend der Vergütungsvereinbarung zwischen dem Kläger und dem Zedenten neben einem Grundhonorar weitere Nebenkosten geltend gemacht werden, müssen diese Nebenkosten insgesamt Berücksichtigung finden. Von einem Laien kann nicht erwarten werden, dass er hinsichtlich der Nebenkosten differenziert zwischen Porto-, Telefon-, Foto- und Fahrtkosten, die zulässigerweise gesondert abrechnungsfähig sein sollen und Schreib-, Kopier- und weiteren Zusatzkosten. Vielmehr ist regelmäßig eine Gesamtbetrachtung geboten. Ist – wie vorliegend auch das Amtsgericht meint – die Beschreibung der durch das Grundhonorar abgegoltenen Leistung nicht so eindeutig, dass eine mögliche doppelte Abgeltung der Kosten durch die weiteren Nebenkosten dem Geschädigten hätte auffallen müssen, sind sämtliche Kosten erstattungsfähig.
cc) Da der Schaden aufgrund der Rechnung des Sachverständigen konkret feststeht, ist entgegen der Auffassung der Beklagten die Vorschrift des § 287 ZPO nicht einschlägig. Ein Verstoß des Geschädigten gegen die aus § 254 BGB folgende Schadensminderungspflicht liegt aus den von dem Amtsgericht dargestellten Gründen nicht vor.
dd) Auf die ursprünglich bestehende Forderung von 745,89 Euro hat die Beklagte vor Zustellung des Mahnbescheides 638,00 Euro gezahlt. Abzüglich des in erster Instanz ausgeurteilten Betrags von 46,25 Euro steht ihm somit noch der mit der Berufung weiter verfolgte Anspruch auf Zahlung von 61,64 Euro zu.
b) Der weitergehende Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.
3.
Die Entscheidung der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz beruht hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Klageforderung auf § 91 a ZPO.
Nachdem die Zahlung vor Rechtshängigkeit erfolgt ist, hat das Amtsgericht zu Recht die Kosten dem Kläger auferlegt. Im Übrigen hat die Kosten nach § 91 Abs. 1 ZPO die Beklagte als unterlegene Partei zu tragen, ebenso wie die Kosten des Berufungsverfahrens.
4.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
III.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die sich auf die Entscheidung eines Einzelfalls beschränkende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 61,64 Euro
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112 C 59/12
Amtsgericht Bonn
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn …
Klägers,
gegen
die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstückungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschland a. G., ges. vertr. d. d. Vorstand Detlef Frank, Willi-Hussong-Straße 2, 96450 Coburg,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Bonn
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 01.02.2013
durch die Richterin …
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 46,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 03.06.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe begründet.
I.
1. Die Zulässigkeit ergibt sich aus § 32 ZPO, da der Verkehrsunfall, aufgrund dessen die abgetretenen Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, in Bonn stattgefunden hat. Die vollständige Haftung der Beklagten für den eingetretenen Schaden ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstrittig.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Zahlung weiterer Gutachterkosten in Höhe von 46,25 EUR gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG i.V.m. § 398 Abs. 1 BGB.
a. Die geltend gemachte Forderung wurde dem Kläger mit hinreichend bestimmter Abtretungserklärung vom 30.04.2012 erfüllungshalber abgetreten.
b. Nach der Erstattung eines Teilbetrages in Höhe von 638,00 EUR durch die Beklagte stand noch ein Restbetrag in Höhe von 46,25 EUR offen. Die Zahlung dieses Betrages verweigert die Beklagte unter Verweis darauf, das in Ansatz gebrachte Sachverständigenhonorar sei u.a. unter Berücksichtigung dessen, dass die BVSK-Honorarbefragung kein tauglicher Maßstab für die Bestimmung der erforderlichen Grundvergütung sei und neben dem Grundhonorar Nebenkosten nicht erstattungsfähig seien, übersetzt. Dem Einwand folgt das Gericht unter Berücksichtigung der schadensrechtlichen Grundsätze indes nur teilweise.
Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Die Frage der Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten richtet sich dabei danach, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (BGH, Urteil v. 23.01.2007 – Aktz. VI ZR 67/06).
Zwar steht es dem Geschädigten nach schadensrechtlichen Grundsätzen frei, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (vgl. Hörl NZV 2003, 305, 306 f.; Wortmann ZfS 1999, 1, 2; ders. VersR 1998, 1204, 1210). Er kann vom Schädiger nach Maßgabe des § 249 Abs. 2 BGB gleichwohl als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. BGHZ 115, 364, 369; 160, 377, 383; 162, 161, 165). Der Geschädigte ist somit nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.
Bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, ist dabei Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten zu nehmen (vgl. BGHZ 115, 364, 368 f.; 132, 373, 376 f.; 155, 1, 4 f.; 162, 161, 164 f.; 163, 362, 365). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGHZ, 163, 362, 367 f.).
Ein Kraftfahrzeugsachverständiger überschreitet nicht bereits deshalb die Grenze der rechtlich zulässigen Preisgestaltung, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt. Nach der Rechsprechung des Bundesgerichtshofes dienen Schadensgutachten in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen, wobei die richtige Ermittlung des Schadensbetrages als Erfolg geschuldet wird (vgl. BGH, Urteil v. 23.01.2007 – Aktz. VI ZR 67/06). Da der Sachverständige für die Richtigkeit haftet, trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH, Urteil v. 04.04.2006 – Aktz. X ZR 122/05).
Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt damit letztlich nur dann zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2006 – Aktz. 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.06.2008 – Aktz. 1 U 246/07, LG Saarbrücken, Urt. v. 29.08.2008 – Aktz. 13 S 108/08).
Gemessen daran muss der Kläger eine teilweise Kürzung des Anspruchs hinnehmen. Eine willkürliche Festsetzung des Grundhonorars von 520,00 EUR netto liegt aus Sicht des Geschädigten ebenso wenig vor wie ein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung. In dem nach einem Verkehrsunfall zur Feststellung des Schadensumfangs am Fahrzeug des Klägers eingeholten Sachverständigengutachten bezifferte der Kläger als Sachverständiger die voraussichtlichen Reparaturkosen inklusive Mehrwertsteuer mit 4.923,70 EUR.
Gemäß Rechnung vom 03.05.2012 wurden für das Gutachten Kosten in Höhe von 745,89 EUR in Rechnung gestellt. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung liegt nicht vor. Gegenteiliges hat auch die Beklagte nicht hinreichend qualifiziert vorgetragen.
Etwas anderes gilt indes hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten. Zwar teilt das Gericht nicht die Ansicht der Beklagtenseite, wonach Nebenkosten neben einem pauschalierten Grundhonorar grundsätzlich nicht erstattungsfähig sein sollen. Es ist vielmehr danach zu differenzieren, was aus Sicht eines unbefangenen Laien verständigerweise im Grundhonorar inbegriffen ist und was daneben an weiterem Aufwand berechtigterweise als Auslage in Ansatz gebracht werden kann. Nur wenn sich dem Geschädigten aufdrängen muss, dass die im Rahmen der Nebenkosten aufgeführten Positionen bereits durch das Grundhonorar abgegolten sind, dass bestimmte Leistungen also faktisch doppelt in Rechnung gestellt wurden, ist von einer willkürlichen Honorarfestsetzung durch den Sachverständigen auszugehen, die zu einer Anspruchskürzung des Geschädigten führt.
(1) An der Erstattungsfähigkeit der Porto- und Telefonkosten bestehen gemessen daran sowie unter Berücksichtigung der dem Laien zugänglichen Telefon- Internet und Versandtkostentarife keine Bedenken, da Kosten in Höhe von 18,00 EUR jedenfalls nicht unverhältnismäßig sind. Es handelt sich bei diesen Kosten auch um typischerweise anfallende Auslagen, die nicht zwingend im Zusammenhang mit der eigentlichen Gutachtenerstellung stehen, sondern die aus zwingenden organisatorischen Gründen, etwa im Zusammenhang mit der Übersendung des Gutachtens, anfallen.
(2) Sofern weiterhin Kosten für einen 2. Fotosatz in Rechnung gestellt werden, die nicht originärer Bestandteil der sachverständigen Begutachtung sind, sondern die infolge der – oftmals vom Gericht erbetenen – Vervielfältigung für die Parteien des Verfahrens entstehen, so sind diese berücksichtigungsfähig. Für einen Laien handelt es sich bei diesen Materialkosten für eine zweite Ausfertigung des Gutachtens um Auslagen, die nicht (zwingend) vom ursprünglichen Grundhonorar erfasst sind aber dennoch berechtigterweise in Ansatz gebracht werden können. Der Betrag von 2,00 EUR pro Farbfoto ist dabei im Verhältnis zu der Leistung, die neben dem Produkt die Dienstleistung mitumfasst, bei Betrachtung vom objektiven Empfängerhorizont nicht offensichtlich unangemessen hoch.
(3) Die pauschal berechneten Fahrtkosten von netto 15,00 EUR stellen ebenfalls einen nicht zu beanstandenden Kostenpunkt dar, zumal diese der Höhe nach unter Berücksichtigung der gemeinhin bekannten km-Pauschalen und den marktüblichen Anfahrtspauschalen im werkvertraglichen Sektor nicht offensichtlich willkürlich und aus Sicht eines Laien nicht dem originären Gutachtenauftrag zuzuordnen sind.
(4) Die Schreibkosten inkl. Kopien in Höhe von 21,00 EUR netto erachtet das indes nicht als gesondert berücksichtigungsfähig. Es ist aus Sicht eines Laien nicht nachvollziehbar, dass trotz der routinemäßig automatisierten und mithilfe von EDV-Programmen durchgeführten Schadensberechnung, die sich auch anhand der optischen Gestaltung des Gutachtens jedem deutlich manifestiert, Schreibkosten in Höhe von 3,00 EUR pro Seite anfallen sollen. Sofern sich in dem Gutachten individuelle Eingaben – etwa zu Schadensursache und -umfang – befinden, so nehmen diese in dem automationsgestützten Routineverfahren einen derart geringen Umfang ein, dass es offensichtlich unverhältnismäßig wäre, für den minimalen Schreib- bzw. Eingabeaufwand Schreibkosten pro Seite in Rechnung zu stellen (vgl. Landgericht Saarbrücken, Urteil v. 10.02.2011 – Aktz. 13 S 109/10.). Abgesehen davon besteht das geschuldete Werk gerade in einem in Schriftform gehaltenen Gutachten, weshalb die Schreibkosten mit dem Grundhonorar verwirkt sind (vgl. auch AG Saarbrücken, Urteil v. 05.05.2011 – Aktz. 42 C 10/11).
(5) Dass Kosten für die im Rahmen der Begutachtung angefertigten Farbfotos im ersten Satz gesondert mit 2,80 EUR / Stück netto berechnet werden, erscheint willkürlich und unter Berücksichtigung dessen, dass Farbbilder ein integraler Bestandteil der geschuldeten jedenfalls einfachen Endausfertigung des Gutachtens sind, auch aus Sicht eines Laien unverhältnismäßig. Der Betrag von 30,80 EUR netto ist damit nicht berücksichtigungsfähig.
Neben dem Grundhonorar von 520,00 EUR netto! 618,80 brutto schuldet die Beklagte damit nur
die Fahrtkosten/Entfernungspauschale in Höhe von 15,00 EUR netto
die Port-, Telefonkosten in Höhe von 18,00 EUR netto
Fotokosten 2. Satz 22,00 EUR netto
= 55,00 EUR netto
also 65,45 EUR brutto,
nicht aber
1. die Fotokosten in Höhe von: 30,80 EUR netto
2. die Schreibkosten inkl. Kopien in Höhe von 21,00 EUR netto
= 51,80 EUR netto
also 61,64 EUR brutto.
Nachdem die Beklagte einen Betrag von 638,00 EUR bereits gezahlt hat, schuldet sie auf die berechtigte Gesamtforderung von 684,25 EUR damit noch einen weiteren Betrag in Höhe von 46,25 EUR. Der darüber hinaus geltend gemachte Anspruch besteht indes nicht.
c. Auch ein Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB ist für das Gericht nicht ersichtlich. Denn die insoweit darlegungs- und – beweisbelastete Beklagte hat nicht vorgetragen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Sachverständigentarif ohne weiteres zugänglich war.
d. Der Anspruch auf Ersatz der einbehaltenen Sachverständigenkosten hat sich durch die Abtretung des Geschädigten an den Kläger seiner Natur nach auch nicht verändert (OLG Naumburg, Urteil v. 20.01.2006 – Aktz. 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029 ff.).
e. Der Anspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges zu verzinsen, §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 3 S. 2, 288 BGB.
II.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, 91 a ZPO. Sofern der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, waren die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes der Klägerseite aufzuerlegen. Da der Betrag von 638,00 EUR am 12.06.2012 und damit noch vor Zugang des Mahnbescheidantrages beim Mahngericht am 13.06.2012 beim Kläger eingegangen ist, sind die Kosten vor Anhängigkeit beglichen worden, so dass die Klage in der Höhe unbegründet gewesen wäre. Da die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war (unter 10 %) und keine höhere Kosten veranlasst hat, waren die Kosten der Klägerseite aufzuerlegen.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 708 Nr. 11, 709, 713
ZPO.
IV.
Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zuzulassen.
Streitwert: 745,89 bis zum 13.08.2012
. 107,89 EUR ab dem 14.08.2012
Das waren die Urteile des AG und des LG Bonn. Und nun bitte Eure Kommentare.
Hallo Leute,
die HUK-Anwälte konnten die in erster Instanz tätige junge Richterin noch aufs Glatteis führen, bei den erfahrenen Richtern und der Richterin am Landgericht klappte das dann nicht mehr. Gottlob hatte die junge Richterin die Berufungs zugelassen, obwohl sie in diesem Fall auch den Tatbestand hätte mitabfassen müssen. Diesen zivilprozessualen Fehler hat dann aber wieder das LG korrigiert. Man sah förmlich, dass die Richterin mit ihrem Dezernat vermutlich überfordert war.
Aber der liebe Gott hat ein Einsehen und korrigiert kleine Fehler in der Berufungsinstanz.
Grüße aus Niedersachsen
Richard Bemerode
hallo, Willi Wacker,
da sind in den Entscheidungsgründen 2 herauszustellende Passagen, die genau das bestätigen, was hier schon oftmals schadenersatzrechtlich zutreffend angemerkt worden ist.
„Ist – wie vorliegend auch das Amtsgericht meint – die Beschreibung der durch das Grundhonorar abgegoltenen Leistung nicht so eindeutig, dass eine mögliche doppelte Abgeltung der Kosten durch die weiteren Nebenkosten dem Geschädigten hätte auffallen müssen, sind sämtliche Kosten erstattungsfähig.
cc) Da der Schaden aufgrund der Rechnung des Sachverständigen konkret feststeht, ist entgegen der Auffassung der Beklagten die Vorschrift des § 287 ZPO nicht einschlägig. Ein Verstoß des Geschädigten gegen die aus § 254 BGB folgende Schadensminderungspflicht liegt aus den von dem Amtsgericht dargestellten Gründen nicht vor.“
Da findet sich nichts von einem Verhältnis des Grundhonorars zu der Summe der Nebnenkosten und einem „Höchstentschädigungssatz“ und da gibt es auch ex post nichts zu rechnen, zu schätzen und zu vergleichen.
DIE Berufungskammer hat das zutreffend erkannt und die Beklagte damit mal wieder kräftig abgekanzelt. Keine gute Werbung für die HUK-Coburg.
Gruß zum morgigen Feiertag
G.v.H.
Es bedarf keiner Schätzung,da der Schaden aufgrund der Rechnung des Sachverständigen konkret feststeht und die vom Amtsgericht angeführten Gründe nicht die Annahme eines Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht rechtfertigen.
Deutlicher kann man es nicht sagen, dass nicht von Amts wegen ein „gerechter“ Preis zu ermitteln ist ( so wiederholt auch AG Leipzig unter Bezugnahme auf den BGH). Mit diesem Berufungsurteil wurde noch einmal klar herausgestellt, dass
> eine ex post Betrachtung in Abstellung auf eine Honorarerhebung
> und eine vergleichende Rechnung im Nebenkostenbereich
> sowie die Frage der Verhältnismäßigkeit zwischen Grundhonorar und Nebenkosten
schadenersatzrechtlich abzuweisen ist.
Das muss doch den wirklich qualifizierten Juristen in den Diensten div. Versicherungen zu denken geben, um warnend und Einhalt gebietend, ihre daraus gewonnenen Erkenntnisse dem jeweiligen Vorstand mitzuteilen, sofern dieser nicht selbst kompetent ist. Aber wer traut sich dann schon, wenn er bei Widerspruch um seinen komfortablen Job fürchten muß?
Elisa