Wieder das AG Regensburg. Auch dort scheint ein schlechtes Pflaster für die HUK-Coburg zu sein.
Das Amtsgericht Regensburg verurteilt erneut die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG, Willi-Hussong-Str. 2, 96442 Coburg mit Urteil vom 16.11.2009 mit dem Aktenzeichen 9 C 2508/09 auf Zahlung restlichen Sachverständigenhonorares aus abgetretenem Recht, wie folgt, wobei nach diesseitiger Ansicht die Begründung zweifelhaft erscheint. Sie wird auf jeden Fall zur Diskussion gestellt:
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 291,48 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit 21.07.2009 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtstreits tragen die Klagepartei 11% und die Beklagte 89%.
Tatbestand
Von der Abfassung des Tatbestandes wurde gemäß § 313a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
(1)
Die Klagepartei hat grundsätzlich aus abgetretenem Recht einen Anspruch gem. §§ 7 StVG, 823 BGB, 115 VVG auf Zahlung des vereinbarten Werklohns, soweit dieser wirksam vereinbart oder jedenfalls angemessen war, hier konkret in Höhe von noch weiteren 291,48 Euro.
(a)
Zwischen der Zedentin und der Klagepartei ist ein wirksamer Werkvertrag mit der Honorarvereinbarung („Preisblatt“) zustande gekommen. Dass die Zedentin diesen Vertrag nicht genau durchgelesen haben will (obwohl sie hierzu ausreichend Gelegenheit gehabt hatte) ändert nichts daran, dass aus Sicht des objektiven Empfängers sie mit ihrer Unterschrift unter dem Auftrag einen entsprechenden Werkvertrag schloss. Anders wäre dies nur gewesen, wenn die Zedentin überhaupt kein Erklärungsbewusstsein gehabt hätte. Hierfür gab es aber keine Anzeichen. Sie hatte sich nur für die Einzelheiten nicht interessiert und unterschrieben.
(b)
Das Gericht folgt noch weiterhin der Rechtsprechung des BGH aus dem Urteil vom 23.01.2007, Aktenzeichen VI ZR 67/06. Wenn eine Honorarvereinbarung zwischen dem Sachverständigen und dem Unfallgeschädigten geschlossen wurde, ist demnach grundsätzlich nicht die Preisgestaltung des Sachverständigen an sich gem. § 315 BGB zu prüfen, sondern es ist nur zu prüfen, ob der Unfallgeschädigte diesen Vertrag so schließen durfte und ob die erbrachten und abgerechneten Leistungen der Vereinbarung entsprachen.
Zwar hegt das Gericht Bedenken, ob diese Rechtsprechung auf Dauer so bestehen bleiben wird. Denn das Gericht zweifelt, ob es einen „echten“ gleichwertigen freien Markt für solche Gutachten gibt, wie dies beispielsweise auf dem Mietwagenmarkt der Fall ist.
In der Regel werden solche Gutachten von Einzelpersonen nämlich nur dann in Auftrag gegeben, wenn der Auftraggeber darauf vertraut, dass letztlich eine andere Rechtsperson (Versicherung, Unfallgegner) die Rechnung zahlen wird. Ansonsten werden solche Gutachten wohl noch regelmäßig von großen Auftraggebern (Leasinggesellschaften, Kfz-Händlern etc.) in Auftrag gegeben, wobei hier aber durch die Auftragsmengen und die entsprechenden Rabatte ein echter vergleichbarer Markt auch kaum vorhanden sei dürfte. In letzter Konsequenz birgt daher die Rechtsprechung des BGH die Gefahr, dass die Gutachter im Gleichschritt die Preise unkontrolliert steigern könnten. Sollte das irgendwann einmal der Fall sein, so ist zu erwarten, dass entweder der BGH seine Rechtsprechung (wie einst bei den Unfalltarifen im Kfz-Mietrecht) ändern wird, oder der Gesetzgeber über eine Gebührenordnung nachdenken muss.
(c)
Gemessen an der gegenwärtigen obergerichtlichen Rechtsprechung war die Klageforderung im Kern begründet, da sie sich im Wesentlichen noch im Bereich des Üblichen laut BVSK-Tabelle bewegte (die oben dargelegten grundsätzlichen Bedenken einmal außen vor gelassen). Sie war nur wie folgt zu korrigieren:
Bei den Fahrtkosten war eine Preisspanne vereinbart. Hier muss das Gericht den konkret verlangten Preis auf das Bestreiten der Beklagten hin gem. § 315 BGB kontrollieren. Insoweit hat der Kläger nicht überzeugend und substantiiert darlegen können, warum er auf einen Preis von 1,15 Euro gekommen ist. Die Aussage, er sei mit „dem Mercedes“ gefahren, der sein teuerstes Kfz sei, lässt eine Kontrolle dieses Preises nicht zu. Das Gericht setzt daher den vereinbarten Mindestpreis von 0,30 Euro an, den es im Übrigen auch im Hinblick auf beispielsweise die steuerliche Kilometerpauschale (von ebenfalls 0,30 Euro) als angemessen ansieht, § 287 ZPO.
Abzug netto: 18 km*(1,15-0,30) Euro = 15,30 Euro.
Bei den Kosten für einen Original-Lichtbildsatz war eine Preisspanne vereinbart. Insoweit hat der Kläger nicht überzeugend und substantiiert darlegen können, warum er auf einen Preis von 2,50 Euro gekommen ist. Das Gericht setzt daher den vereinbarten Mindestpreis von 2,30 Euro an, den es im Übrigen auch im Hinblick auf die Tatsache, dass heutzutage Digitalbilder einen recht geringen Sach- und Zeitaufwand erfordern als mehr als angemessen ansieht, § 287 ZPO.
Abzug netto: 40 *(2,50-2,30) Euro = 8,00 Euro.
Bei dem Büromaterial sind Kosten angesetzt, welche aus Sicht des objektiven Empfängers (hier: der Zedentin) bereits in anderen Vereinbarungen enthalten sind. Das betrifft jedenfalls die Fotopapiere.
Diese Kosten sind bereits in den Kosten für die Lichtbildsätze erfasst. Dass daneben weitere Kosten anfallen, ist nicht vereinbart.
Abzug netto: 1,35 Euro
Bei den Kosten für Telekommunikation und Porto war keine Preisspanne vereinbart, sondern nur eine „Bandbreite“, welche aber unter den Vorbehalt der „Nachkalkulation“ gestellt war. Die angesetzten Preise waren daher einer gerichtlichen Kontrolle voll zugänglich. Insoweit hat der Kläger nicht überzeugend und substantiiert darlegen können, warum er auf einen Preis von 6,50 Euro für Telekommunikation gekommen ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass er im Schnitt vier bis sechs Telefonate führen muss, so sind hierfür bestenfalls Kosten von pauschal 2,00 Euro angemessen, § 287 ZPO.
Abzug netto: 4,50 Euro
Bei den Fahrzeitkosten, welche nicht vereinbart wurden und daher gem. § 315 BGB zu überprüfen sind, sieht das Gericht hingegen die angesetzten 60,00 Euro je Stunde und auch die angesetzte Fahrzeit von 20 Minuten von Mallersdorf nach Schierling noch als angemessen an.
Summa summarum war also um 29,15 Euro netto = 34,69 Euro brutto zu kürzen.
(2)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
So das Endurteil des AG Regensburg.
Bei dem Urteil würde mich mal der genaue Hintergrund interessieren.
Hier findet eine Preiskontrolle durch das Gericht statt! Der Richter prüft unter werksvertraglichen Gesichtspunkten.
Grüße
Andreas
@
„, da sie sich im Wesentlichen noch im Bereich des Üblichen laut BVSK-Tabelle bewegte …“
Müsste aber heissen,
im Bereich der Üblen BVSK-Tabelle bewegte ….
Hallo Andreas,
Du hast ja recht. Das Gericht ist in der Tat nicht berechtigt, im Schadensersatzprozess eine Preiskontrolle durchzuführen, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat ( BGH NJW 2004, 3326; BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann ), Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorares ( AG Essen NZV 1999, 255; AG Siegburg ZfS 2003, 237, 238; BGH DS 2007, 144; Roß NZV 2001, 321, 323; Wortmann DS 2009, 300 ).
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker