Mit Urteil vom 07.07.06 hat das AG Schwandorf ein Gutachterhonorar des SV Walter Zistler bestätigt und in voller Höhe zugesprochen.
Die Entscheidung trägt das Aktenzeichen 2 C 915/05 und kann bei mir bestellt werden.
Das AG Schwandorf führt folgendes aus:
"Unter Berücksichtigung der vom BGH in den am 04.04.06 in den Verfahren X ZR 80/05 und X ZR 122/05 verkündeten Urteile ist dann, wenn die Parteien eine bestimmte Vergütung nicht vereinbart haben und eine Taxe im Sinne von § 632 Abs. 2 BGB für die Erstellung von Schadensgutachten der hier fraglichen Art nicht besteht, nach § 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Als übliche Vergütung können nicht nur ein fester Satz oder gar ein fester Betrag herangezogen werden. Wenn die Leistungen einem als einheitlich empfundenen Wirtschaftsbereich zuzuordnen sind, kann sich eine Üblichkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB auch über eine im Markt verbreitete Berechnungsregel ergeben.
Darüber hinaus bewegt sich die übliche Vergütung auch innerhalb einer bestimmten Bandbreite. Fehlen feste Sätze oder Beträge kann es daher für die Annahme einer üblichen Vergütung ausreichen, dass für die Leistung innerhalb einer solchen Bandbreite liegende Sätze verlangt werden, innerhalb derer die im Einzelfall von den Parteien als angemessen angesehene Vergütung ohne Weiteres auszumachen und ggfls. zu ermitteln ist.
Es ist auf den Gegenstand der Leistung und die das Verhältnis der Parteien prägenden Umstände abzustellen. Diese bestimmen den Inhalt der von den Parteien getroffenen Absprachen und bilden in aller Regel eine hinreichende Grundlage für die Festlegung der interessengerechten Vergütung (unter dem zitierten Begriff Parteien sind hier der Kläger und der SV gemeint).
Zwar ist nach den Ausführungen des BGH eine Beurteilung des vom SV verlangten Honorars in Bezug auf seine Üblichkeit nicht unter Heranziehung der Grundsätze des JVEG geboten, jedoch wird, wenn der SV sich bei seiner Honorarbestimmung betragsmäßig an die vom JVEG sich ergebenden Sachverständigenkostenforderungen anlehnt, die übliche Vergütung gegeben sein, denn der BGH führt aus, dass der Übertragung der Grundsätze des JVEG auf Privatgutachter der Umstand entgegen stehen würde, dass Privatgutachter im Unterschied zu gerichtlichen SV dem Auftraggeber nach allgemeinen Regeln sowohl vertragsrechtlich als auch deliktsrechtlich haften würden. Dies kann nur so verstanden werden, das dann, wenn vom SV etwa die Kosten, die sich nach den Grundsätzen des JVEG ergeben würden, eingehalten worden sind, die verlangte Vergütung auch als üblich anzusehen ist. Nur wenn die Honorarforderung darüber hinausgehen würde sind dann die sonstigen vom BGH hier aufgestellten Grundsätze zu beachten.
Überprüft man im Hinblick darauf die Rechnung des SV vom 22.09.05, so wird man beim Grundhonorar ebenfalls von etwa 4 Arbeitsstunden ausgehen können, die nach dem JVEG mit jeweils 75,00 € zu bemessen sind, so dass sich bei dem vom SV verlangten Grundhonorar um keinen Ausreißer handelt.
Nach den zitierten Entscheidungen des BGH kann die Honorarbemessung des SV auch in der Weise erfolgen, dass er neben dem Grundhonorar Pauschalen für Nebenkosten wie Schreibkosten, Porti, Telefon, Fotografien und Fahrten bei der Bemessung seines Gesamthonorars berücksichtigen kann. Eine solche Bestimmung des Gesamthonorars ist nach den vom BGH dargelegten Grundsätzen, die für die Bestimmung der Gegenleistung nach billigem Ermessen gelten, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Deshalb sind die in der Rechnung aufgeführten pauschalen Fahrtkosten, nachdem sich der SV in Waldmünchen befindet und das Fahrzeug in Bodenwöhr zu begutachten war, nicht zu beanstanden. Auch die Fotokosten, Schreibgebühren und die Pauschale für Porto, Telefon, Fax, Büromaterial stellen keine übermäßigen, außerhalb jeglicher Realität liegenden Pauschalen dar, so dass auch diese als üblich anzusehen sind. Insoweit erfolgt seitens des Gerichts eine Schätzung gem. § 287 ZPO.
Die einseitige Honorarfestsetzung des SV erweist sich daher als im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB billigem Ermessen entsprechend, ist mit der Leistungsbestimmung für die Beklagte verbindlich geworden und demzufolge fällig."
Eigenes Resümee:
Die Entscheidung des AG Schwandorf zeigt, wie schwer immer noch manchen Gerichten die richtige Rechtsanwendung fällt.
Obwohl das Gericht die beiden BGH-Entscheidungen verinnerlicht zu haben scheint glaubt es, eine Krücke benutzen zu müssen, um die Klage zusprechen zu können.
Die JVEG-Sätze werden mit der eigenen Annahme des Gerichts zur Gutachtenserstellungsdauer von etwa 4 Stunden multipliziert und der Richter glaubt so, eine Vergleichsbasis für die Angemessenheitskontrolle des vom SV konkret verlangten Gutachterhonorars schaffen zu können.
Derartige Vergleiche sind ebenso unnötig wie verfehlt.
Wie leicht und treffend man es besser machen kann steht in dem von mir besprochenen Urteil des AG Saarlouis und des LG Saarbrücken zu lesen (vgl. meine Urteilskommentare vom 13.07. und 25.07.06).
Ich verstehe das AG Schwandorf so, dass der Richter den Vergleich zu den JVEG-Sätzen deshalb herangezogen hat, um zu verdeutlichen, dass der SV Walter Zistler so gering bemessen hat, dass es auch den Entschädigungsgrundsätzen des JVEG entsprochen hätte und dass es deshalb von vorneherein jegliche Üblichkeits- und Billigkeitskontrolle besteht.
Die Entscheidung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass jetzt wieder die JVEG-Sätze als Üblichkeitsmaßstab herangezogen werden könnten; dem hat der BGH in der Entscheidung X ZR 80/05 eine glasklare Absage erteilt.
SV sind deshalb gut beraten, wenn sie dazu übergehen, mit ihren Kunden den Werklohn für die Erstellung des Gutachtens im Einzelfall ausdrücklich zu vereinbaren. In diesen Fällen entfällt jede Üblichkeits- oder Billigkeitskontrolle.
Gleichzeitig sollten die SV nicht mehr mit einer Sicherungsabtretung sondern mit der Abtretung an Erfüllungs statt arbeiten und die Deliktsforderung des Geschädigten auf Erstattung des Gutachterhonorares dann als einzig verbliebenen, eigenen Anspruch selbst verfolgen.
Bereits im Jahr 2003 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die 5. Ausführungsverordnung des RBerG nicht mehr anwendbar ist.
Die Abtretung an Erfüllungs statt steht deshalb nicht mehr unter dem Erlaubnisvorbehalt des RBerG.
Auch der BGH in Strafsachen hat sich dieser Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts jetzt angeschlossen, so dass neue Wege in der Unfallschadensabwicklung beschritten werden können.
Mitgeteilt von Peter Pan im August 2006