Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
zum guten Schluss stellen wir Euch heute auch noch ein weiteres Urteil des BGH zum Thema Beweiserleichterung für den Geschädigten auf der Grundlage des § 287 ZPO vor. Während der VI. Zivilsenat des BGH schon in dem Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – von dem besonders freigestellten Tatrichter im Rahmen des § 287 ZPO sprach, bleibt der III. Zivilsenat des BGH – zu Recht – bei § 287 ZPO bei einer Norm der Beweiserleichterung für den Kläger. Die in dem nachfolgenden Urteil vorgenommene Hervorhebung durch Fettschrift stammt vom Autor. Die anderen Zivilsenate des BGH sehen daher zu Recht nach wie vor in § 287 ZPO eine Darlegungs- und Beweiserleichterung für den Kläger. Demgegenüber steht die Ansicht des VI. Zivilsenats unter Mitwirkung des Bundesrichters Wellner, wonach der Tatrichter im Rahmen der Schadenshöhenschätzung besonders frei gestellt sei. Insoweit ist die Ansicht des VI. Zivilsenats als Mindermeinung anzusehen. Lest aber selbst das Urteil des III. Zivilsenats des BGH und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 345/12 Verkündet am: 10. Oktober 2013
in dem Rechtsstreit
BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – III ZR 345/12 – OLG Frankfurt/Main
. LG Frankfurt/Main
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten, einen Sachverständigen für Grundstücksbewertung, unter dem Vorwurf der Erstellung eines fehlerhaften Gutachtens auf Schadensersatz in Anspruch.
Im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens erstattete der Beklagte auf Ersuchen des Amtsgerichts U. vom 22. Januar 2003 ein Gutachten über den Verkehrswert des Grundstücks L. Weg 8 in W. . Das Grundstück war zu dieser Zeit mit einem 1897 errichteten Einfamilienhaus (Fachwerkgebäude) und einer 1981 errichteten Garage bebaut. Zum Stichtag am 11. Februar 2003 ermittelte der Beklagte in seinem Gutachten vom 6. März 2003 einen Grundstücksverkehrswert von gerundet 109.000 €. Den Bodenwert bemaß er mit 66.276 €, den Gebäudewert mit 51.904,38 € und den Wert der Außenanlagen mit 11.000 €. Er gab an, dass Baumängel und Bauschäden insoweit aufgenommen worden seien, „wie sie zerstörungsfrei, das heißt offensichtlich erkennbar waren“ (S. 8). Für das Einfamilienhaus vermerkte der Beklagte unter der Rubrik „Baumängel/Bauschäden“ (S. 12, 13): „Feuchtigkeitsschäden, Putzschäden“, sowie unter der Rubrik „sonstige Besonderheiten“ (S. 12): „Unterhaltungsstau“. Er gelangte zu der Allgemeinbeurteilung: „Der bauliche Zustand ist befriedigend. Es besteht ein erheblicher Unterhaltungsstau und allgemeiner Renovierungsbedarf.“ (S. 13). Zur Garagendecke teilte der Beklagte mit, dass diese früher als Terrasse genutzt worden und dies wegen eines Feuchtigkeitsschadens zur Zeit nicht möglich sei (S. 13). Für Bauschäden, Unterhaltungsstau und Modernisierungserfordernisse brachte der Beklagte insgesamt einen Betrag von 20.500 € in Abzug (S. 20).
Nach entsprechender Festsetzung des Verkehrswerts durch das Versteigerungsgericht erhielt der Kläger im Versteigerungstermin vom 4. Mai 2004 für ein Meistgebot von 69.900 € den Zuschlag. Der Kläger beabsichtigte, das Haus zu renovieren und anschließend zu vermieten. Nach vollständiger Entkernung gelangte er indes zu der Einschätzung, dass eine Sanierung wirtschaftlich nicht sinnvoll sei und das Gebäude abgerissen werden müsse.
Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte habe grob fahrlässig ein in mehrfacher Hinsicht unrichtiges Verkehrswertgutachten erstellt, und sich hierfür auf Gutachten des Sachverständigen H. vom 5. Juli und 7. September 2005 bezogen, die dieser in einem vom Kläger beantragten selbständigen Beweisverfahren vor dem Amtsgericht F. erstattet hat. Insbesondere seien das Ausmaß der Feuchtigkeitsschäden und das Vorhandensein von Fäulnisschäden verkannt worden. Das Einfamilienhaus sei abbruchreif und wertlos. Seinen Schaden hat der Kläger mit 191.542 € beziffert.
Der Beklagte ist dem Vortrag des Klägers im Einzelnen entgegengetreten. Er hat insbesondere erwidert, der von ihm ermittelte Verkehrswert sei (zum Bewertungsstichtag) zutreffend gewesen, und jedenfalls habe er nicht grob fahrlässig gehandelt.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass den Beklagten jedenfalls kein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden treffe. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Klägers – nach Einholung weiterer Gutachten der Sachverständigen H. und E. – das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und den Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels verurteilt, an den Kläger 50.578,41 € nebst Zinsen zu zahlen.
Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Beklagte schulde dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 50.578,41 €, weil er ein unrichtiges Gutachten erstattet habe. Der von ihm angegebene Wert des Hauses und dessen Zustand hätten der wahren Sachlage nicht entsprochen. Der Beklagte habe auch grob fahrlässig gehandelt.
Wie in den Gutachten des Sachverständigen H. dargestellt, seien von außen Putzschäden sowie unregelmäßig hohe durchfeuchtete, vermooste/ veraigte Außenputzflächen zu erkennen gewesen. Aus technischer Sicht sei zu erkennen gewesen, dass die durchfeuchteten Außenputzflächen auch im Bereich der Decke über dem Kellergeschoss und damit auch im Bereich der dort eingemauerten Balkenköpfe vorhanden gewesen seien. Daraus habe abgeleitet werden können, dass die Fachwerkhölzer der Außenwand und damit auch die Balkenköpfe der Decke über dem Keller erheblichen Feuchtebelastungen ausgesetzt gewesen seien und dass bei einem derart alten Haus das Risiko von Fäulnisschäden des Holzwerks nicht auszuschließen gewesen sei. Insgesamt habe der Beklagte aus den von außen sichtbaren Hinweisen herleiten können, dass zumindest ein Schadensrisiko für Feuchte- und Fäulnisschäden habe bestehen können. Die Feststellungen des Sachverständigen H. belegten, dass das Vorhandensein von massiven Feuchtigkeitsschäden, die auf die Substanz des Hauses einwirkten, „mit Händen zu greifen“ gewesen sei. Damit sei der wahre Zustand des Gebäudes grob fahrlässig verharmlost worden.
Der Kläger hätte das Objekt nicht ersteigert, wenn ihm die Schäden sowie die damit verbundenen Abrisskosten und der Herstellungsaufwand für einen Neubau bekannt gewesen wären. Er könne somit den Geldbetrag verlangen, den er aufgewendet habe, solange er auf die Richtigkeit des Gutachtens des Beklagten vertraut habe. Die auf dieser Grundlage ersatzfähigen Aufwendungen beliefen sich auf insgesamt 103.778,41 €. Hiervon sei der vom Sachverständigen E. ermittelte Grundstückwert von 53.200 € abzuziehen.
II.
Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Maßstäbe, die der Beurteilung zu Grunde zu legen sind, ob ein Sachverständiger im Versteigerungsverfahren grob fahrlässig ein unrichtiges Grundstücksverkehrswertgutachten erstattet hat, nicht beachtet.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht für die Anspruchsgrundlage allein auf § 839a BGB abgestellt.
a) Innerhalb ihres Anwendungsbereiches enthält diese Vorschrift eine abschließende Regelung der Haftung des gerichtlichen Sachverständigen und verdrängt dessen bisherige deliktsrechtliche Haftung nach §§ 823 ff BGB (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 14/7752, S. 28; Senatsurteil vom 9. März 2006 – IM ZR 143/05, BGHZ 166, 313, 315 Rn. 5).
b) § 839a BGB findet auch für Ansprüche des Meistbietenden im Zwangsversteigerungsverfahren gegen den Verkehrswertgutachter (§ 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG) Anwendung. Der Ersteher (Meistbietende) ist „Verfahrensbeteiligter“ (des Zwangsversteigerungsverfahrens) im Sinne von § 839a BGB (Senatsurteil vom 9. März 2006 aaO S. 315 f Rn. 6 ff; s. auch Senatsurteil vom 6. Februar 2003 – III ZR 44/02, NZM 2003, 411). Er darf in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, dass der Gutachter bei der Ermittlung des Verkehrswerts sorgfältig und sachgemäß verfahren ist (s. Senatsurteile vom 6. Februar 2003 aaO und vom 9. März 2006 aaO S. 316 Rn. 7 f; vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. Mai 2006 – V ZB 142/05, NJW-RR 2006, 1389, 1390 Rn. 9).
2. Der Anspruch aus § 839a BGB setzt zunächst voraus, dass der vom Gericht ernannte Sachverständige – hier: der Verkehrswertgutachter nach § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG – ein unrichtiges Gutachten erstattet. Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht für das Verkehrswertgutachten des Beklagten rechtsfehlerhaft bejaht.
a) Unrichtig ist ein Sachverständigengutachten, wenn es nicht der objektiven Sachlage entspricht; dies ist insbesondere der Fall, wenn es von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht oder aus dem festgestellten Sachverhalt falsche Schlüsse zieht (s. OLG Rostock, OLGR 2006, 803; OLG Saarbrücken, OLGR 2009, 196, 197; OLG Köln, Urteil vom 8. Dezember 2010 – 2 U 8/10, BeckRS 2011, 25253; vgl. auch Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 839a Rn. 3; MünchKommBGB/Wagner, 6. Aufl., § 839a Rn. 17; Bamberger/Roth/Reinert, BGB, 3. Aufl., § 839a Rn. 5; Staudinger/Wöstmann, BGB [2013], § 839a Rn. 9; Erman/Hecker, BGB, 13. Aufl., Rn. 4).
Für das Verkehrswertgutachten nach § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG ist zu berücksichtigen, dass es der Feststellung des Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts dient und gerade auch in dieser Hinsicht, also bezüglich des festgestellten Verkehrswerts, „unrichtig“ sein muss (OLG Schleswig, DS 2008, 32 f; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387; Hintzen in Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl., §74aRn. 71).
Mit der Wertermittlung und Festsetzung soll vornehmlich der „Verschleuderung“ des Grundbesitzes entgegengewirkt werden (s. dazu Senatsurteil vom 6. Februar 2003 aaO; BGH, Beschluss vom 18. Mai 2006 aaO; OLG Rostock DS 2008, 386, 387; Hintzen aaO § 74a Rn. 32). Baumängel und Bauschäden haben in diesem Zusammenhang insoweit Bedeutung, als sie sich auf den Verkehrswert auswirken (vgl. § 194 BauGB, § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 5 Satz 2, § 24 WertV 98; s. auch OLG Schleswig aaO S. 33; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387 f; Hintzen aaO § 74a Rn. 71). Anders als der speziell mit der Feststellung von Baumängeln beauftragte – und diesbezüglich besonders sachkundige – Gutachter darf sich der Verkehrswertgutachter im Allgemeinen mit der Inaugenscheinnahme des Versteigerungsobjekts begnügen und muss erst dann weitere Ermittlungen zu etwaigen Mängeln anstellen oder entsprechende Hinweise geben, wenn hierzu nach den Umständen des konkreten Falls Anlass besteht (s. dazu eingehend OLG Naumburg, Urteil vom 3. August 2005 -11 U 100/04, juris Rn. 30, 34; vgl. auch OLG Schleswig aaO S. 32 f; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387). Da der Zutritt zum Versteigerungsobjekt nicht erzwungen werden kann, ist es nicht immer vermeidbar, dass das Gutachten auf der Grundlage unvollständiger oder ungesicherter Tatsachen oder aufgrund von Unterstellungen erstattet werden muss, wobei dies im Gutachten freilich kenntlich zu machen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 – VI ZR 312/02, NJW 2003, 2825, 2827; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387; Hintzen aaO § 74a Rn. 51, 71; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 74a Anm. 10.5 und 10.6).
Weiterhin zu beachten ist, dass der Verkehrswert eines (bebauten) Grundstücks regelmäßig nur annäherungsweise und nicht exakt im Sinne einer mathematischen Genauigkeit ermittelt werden kann. Sowohl die Wahl der Wertermittlungsmethode als auch die Ermittlung selbst unterliegen notwendig wertenden Einschätzungen, die nicht geeignet sind, die Gewissheit zu vermitteln, das Objekt werde bei einer Veräußerung genau den ermittelten Wert erzielen (BGH, Beschlussvom 19. Juni 2008 – V ZB 129/07, NJW-RR 2008, 1741, 1742 Rn. 11). Dementsprechend sind mehr oder weniger unterschiedliche Ergebnisse – in gewissen Toleranzen – unvermeidbar (BGH, Urteil vom 2. Juli 2004 – V ZR 213/03, BGHZ 160, 8, 14; s. auch OLG Schleswig aaO S. 34; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387), so dass kleinere Diskrepanzen zwischen dem vom Regressgericht festgestellten und dem vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert nicht – jedenfalls nicht ohne Weiteres – zu dessen Lasten gehen (vgl. dazu OLG Schleswig aaO; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387 ff; OLG Köln aaO; MünchKommBGB/Wagner aaO § 839a Rn. 17; Hintzen aaO § 74a Rn. 71). Die Erheblichkeit oder Unerheblichkeit einer Schätzungsabweichung darf dabei allerdings nicht schematisch nach einem bestimmten Prozentsatz beurteilt werden, sondern ist nach den besonderen Umständen des einzelnen Falls zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 1. April 1987 – IVa ZR 139/85, NJW-RR 1987, 917).
b) Diese Maßgaben hat das Berufungsgericht verkannt. Es hat seine Würdigung allein auf das Gutachten eines Bauschadenssachverständigen ohne Fachkunde eines Verkehrswertgutachters gestützt, sich dementsprechend nur mit der Frage der zutreffenden Darstellung der vorhandenen oder zu vermutenden Baumängel befasst und hierbei den – maßgeblichen – Punkt der (Undichtigkeit des Verkehrswerts und seiner Ermittlung durch den Beklagten aus dem Blick verloren.
aa) Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen zur Unrichtigkeit des vom Beklagten ermittelten Verkehrswerts des Objekts – zum maßgeblichen Stichtag (11. Februar 2003) – getroffen hat.
Soweit es um die vom Sachverständigen H. beschriebenen Feuchtigkeits- und Fäulnisschäden geht, ist deren Auswirkung auf den Verkehrswert (zum Ermittlungsstichtag) ungeklärt. Aus den mutmaßlichen Sanierungskosten (s. dazu Gutachten SV H. vom 5. Juli 2005, S. 52, 53, 54, 64-65, 73-74, 76) ergibt sich kein zwingender Schluss auf eine entsprechende Minderung des Verkehrswerts (vgl. § 24 WertV 98; s. dazu auch OLG Schleswig aaO S. 33; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387 f). Der Sachverständige H. hat von sich aus wiederholt darauf hingewiesen, dass er als Sachverständiger für Schäden an Gebäuden keine Fachkunde für Fragen der Verkehrswertermittlung besitze (Schreiben vom 21. Juli 2009, S. 2; Gutachten vom 7. Juli 2010, S. 5), was der Beklagte im Verfahren auch gerügt hat. Der Sachverständige E. hat sich lediglich zu dem Verkehrswert des Grundstücks zum Stichtag am 19. Juli 2011, als vom Wohnhaus nur noch Teile der Grundmauer und der Bodenplatte vorhanden waren (Gutachten vom 24. August 2011, S. 4, 15, 21), beziehungsweise zu dem reinen Bodenwert am 11. Februar 2003 (Ergänzungsgutachten vom 27. Februar 2012, S. 11) geäußert, nicht aber zum Verkehrswert des (bebauten) Grundstücks am 11. Februar 2003.
bb) Hinsichtlich der Richtigkeit der Beschreibung von Baumängeln im Gutachten des Beklagten hat sich das Berufungsgericht – anders als das Landgericht – nicht damit auseinandergesetzt, dass der Beklagte in seinem Gutachten ausdrücklich auf das Vorhandensein von „Feuchtigkeitsschäden, Putzschäden, Unterhaltungsstau“ (S. 12, 13) sowie darauf hingewiesen hatte, dass Baumängel nur insoweit aufgenommen worden seien, „wie sie zerstörungsfrei, das heißt offensichtlich erkennbar waren“ (S. 5), und dass er für Bauschäden, Unterhaltungsstau und Modernisierungserfordernisse immerhin eine Verkehrswertminderung um 20.500 € vorgenommen hatte (S. 20). Ob der vom Sachverständigen H. vermisste weiter gehende Hinweis auf einen Verdacht auf
Fäulnis- und weitergehende Feuchtigkeitsschäden (s. Gutachten vom 5. Juli 2005, S. 48 ff, 74; Ergänzungsgutachten vom 7. September 2005, S. 5 ff) auch im Rahmen eines Verkehrswertgutachtens nach § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG hätte erteilt werden müssen und sein Fehlen die Unrichtigkeit der hierin enthaltenen Angaben zu begründen vermag, ist nicht ausreichend dargelegt. Der Sachverständige H. ist – dies gilt auch hier – Sachverständiger für Bauschäden, nicht für Verkehrswertermittlung. Er hat darauf hingewiesen, dass die Feststellung von Baumängeln in einem noch bewohnten Haus Schwierigkeiten bereiten kann (Gutachten vom 5. Juli 2005, S. 54-55) und dass die Fäulnisschäden und die Schäden am Fachwerk nicht ohne Bauteilöffnung beziehungsweise „nicht direkt und nicht offensichtlich“ zu erkennen gewesen seien (Ergänzungsgutachten vom 7. September 2005, S. 5, 6).
3. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe grob fahrlässig gehandelt, ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Das Berufungsgericht hat seine Würdigung allein auf das Gutachten eines Bauschadenssachverständigen ohne Fachkunde eines Verkehrswertgutachters gestützt und wesentliche Umstände nicht berücksichtigt.
a) Grobe Fahrlässigkeit erfordert einen in objektiver Hinsicht schweren und in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es muss eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegen, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (s. etwa BGH, Urteile vom 8. Juli 1992 – IV ZR 223/91, BGHZ 119, 147, 149; vom 29. Januar 2003 – IV ZR 173/01, NJW 2003, 1118, 1119; vom 12. Juli 2005 – VI ZR 83/04, NJW 2006, 1271, insoweit in BGHZ 163, 351 nicht abgedruckt; vom 11. Juli 2007
– XII ZR 197/05, NJW 2007, 2988, 2989 Rn. 15 und vom 17. Februar 2009
– VI ZR 86/08, NJW-RR 2009, 812, 813 Rn. 10, jeweils mwN).
Dieser Maßstab gilt gleichermaßen für die Haftung des Sachverständigen nach § 839a BGB; der Gutachter muss unbeachtet gelassen haben, was jedem Sachkundigen hätte einleuchten müssen, und seine Pflichtverletzung schlechthin unentschuldbar sein (s. OLG Schleswig, DS 2008, 32, 33; OLG Saarbrücken, OLGR 2009, 196, 198; OLG Köln, BeckRS 2011, 25253; vgl. auch OLG Celle, DS 2010, 32, 33 und OLG Rostock, OLGR 2006, 803, die allerdings – entgegen der Ansicht des erkennenden Senats – darauf abstellen wollen, dass die Unrichtigkeit des Gutachtens jedermann, also auch den entscheidenden Richtern, auf Grund naheliegender Überlegungen hätte einleuchten müssen). Die Beschränkung der Haftung des vom Gericht beauftragten Gutachters dient der inneren Freiheit, derer er bedarf, um sein Gutachten unabhängig und ohne Druck eines möglichen Rückgriffs erstatten zu können (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7752 S. 28; Bamberger/Roth/Reinert aaO § 839a Rn. 8; Palandt/Sprau aaO § 839a Rn. 3).
Freilich kann es im Einzelfall gerechtfertigt sein, von einem bestimmten äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des damit einhergehenden objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und eine gesteigerte subjektive Vorwerfbarkeit zu schließen (s. dazu allgemein BGH, Urteile vom 8. Juli 1992 aaO S. 151 und vom 29. Januar 2003 aaO; zu § 839a BGB: OLG Celle aaO; MünchKommBGB/Wagner aaO § 839a Rn. 35, zu sehr auf objektive Umstände abstellend freilich Rn. 18).
Allgemein unterliegt die Beurteilung des (Nicht-)Vorliegens grober Fahrlässigkeit der tatrichterlichen Würdigung, die mit der Revision nur beschränkt angreifbar und vom Revisionsgericht nur dahin zu überprüfen ist, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (s. etwa BGH, Urteile vom 29. Januar 2003 aaO; vom 12. Juli 2005 – VI ZR 83/04, BGHZ 163, 351, 353; vom 11. Juli 2007 aaO Rn. 16 und vom 17. Februar 2009 aaO Rn. 9 mwN). Die Darlegung und der Nachweis eines (mindestens) grob fahrlässigen Verschuldens des gerichtlichen Sachverständigen obliegen dem Geschädigten (OLG Saarbrücken aaO S. 197; Erman/Hecker aaO; Stau-dinger/Wöstmann aaO § 839a Rn. 28; MünchKommBGB/Wagner aaO § 839a Rn. 35).
b) Nach diesen Maßstäben erweist sich die Würdigung des Berufungsgerichts als fehlerhaft. Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung des Verschuldens des Beklagten den erforderlichen Bezug auf die Unrichtigkeit der Verkehrswertermittlung außer Acht gelassen, wesentliche Umstände nicht berücksichtigt und von der gebotenen Hinzuziehung eines geeigneten, nämlich einschlägig fachkundigen, Sachverständigen abgesehen.
aa) Für die Beurteilung, ob der Beklagte im konkreten Fall grob fahrlässig gehandelt hat, hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass auch von außen massive Feuchtigkeitsschäden zu erkennen und geradezu „mit Händen zu greifen“ gewesen seien, dass der Beklagte auf die Möglichkeit (das ernste Risiko) von Fäulnisschäden und weitergehenden Feuchtigkeitsschäden habe schließen müssen und dass die Feststellung eines „befriedigenden“ Gebäudezustands grob verharmlosend gewesen sei.
bb) Dabei hat es nicht beachtet, dass nicht der Sorgfaltsmaßstab eines Bauschadenssachverständigen – wie hier etwa derjenige des Sachverständigen H. – zugrunde zu legen ist, sondern der Sorgfaltsmaßstab eines Verkehrswertgutachters. Denn im vorliegenden Fall geht es um die Frage der grob fahrlässigen Erstellung eines unrichtigen Verkehrswertgutachtens. Bezüglich der Verkehrswertermittlung fehlte es dem Sachverständigen H. indes nach eigener Angabe an der nötigen Fachkunde, wie es der Beklagte im Verfahren auch gerügt hat. Dass das Berufungsgericht insoweit über eigene Sachkunde verfügt hätte, ist weder im Berufungsurteil dargetan noch sonst erkennbar. Um den Grad des Verschuldens eines Sachverständigen zuverlässig beurteilen zu können, bedarf es vielfach – und so auch hier – der Hinzuziehung eines Sachverständigen für das betroffene Fachgebiet; dessen Einschätzung ist für den Tatrichter zwar nicht bindend, doch muss er sich hiermit nachvollziehbar auseinandersetzen (vgl. zur Beurteilung eines Behandlungsfehlers als „grob“: BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 139/10, NJW2012, 227, 228 Rn. 9 mwN). Daran fehlt es hier, weil das Berufungsgericht in Bezug auf die Frage, ob der Beklagte (mindestens) grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet hat, überhaupt keinen Verkehrswertsachverständigen hinzugezogen hat.
cc) Das Berufungsgericht hat aber auch wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen – nämlich die Hinweise des Beklagten auf das Vorhandensein von „Feuchtigkeitsschäden, Putzschäden, Unterhaltungsstau“ (S. 12, 13 seines Gutachtens) und darauf, dass Baumängel nur insoweit aufgenommen worden seien, „wie sie zerstörungsfrei, das heißt offensichtlich erkennbar waren“ (S. 5 des Gutachtens), sowie den Ansatz einer Verkehrswertminderung für Bauschäden, Unterhaltungsstau und Modernisierungserfordernisse in Höhe von immerhin 20.500 € (S. 20 des Gutachtens). Ob der vom Sachverständigen H. festgestellte Verdacht auf Fäulnis- und weitergehende Feuchtigkeitsschaden einem Verkehrswertgutachter „ins Auge fallen“ musste, ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich. Der Sachverständige H. ist – wie wiederholt aufgezeigt – Sachverständiger für Bauschäden, nicht für Verkehrswertermittlung. Zudem hat der Sachverständige H. darauf hingewiesen, dass die Feststellung von Baumängeln in einem noch bewohnten Haus Schwierigkeiten bereiten kann (Gutachten vom 5. Juli 2005, S. 54-55) und dass die Fäulnisschäden und die Schäden am Fachwerk nicht ohne Bauteilöffnung beziehungsweise „nicht direkt und nicht offensichtlich“ zu erkennen gewesen seien (Ergänzungsgutachten vom 7. September 2005, S. 5, 6). Dies alles sind Gesichtspunkte, die typischerweise gegen ein grobes Verschulden des Verkehrswertgutachters sprechen und die das Berufungsgericht – anders als das Landgericht – in seine Würdigung, soweit ersichtlich, nicht miteinbezogen hat.
dd) Zu Recht macht die Revision auch darauf aufmerksam, dass das Berufungsgericht sich nicht ausreichend mit der Frage befasst hat, ob und inwieweit Fäulnis- und weitere Feuchtigkeitsschäden bereits aufgrund des Gebäudezustands im Februar 2003 „offensichtlich“ vor- oder nahelagen. Der Sachverständige H. fand das Wohnhaus bei seiner Begutachtung im März 2005 weitgehend entkernt und abgerissen vor und konnte sich für seine Beurteilung weitgehend nur auf Fotografien (des Beklagten) aus 2003 und (des Klägers) aus 2004 stützen (s. Gutachten vom 5. Juli 2005, S. 47, 49-51, Anlage 2).
4. Auch die Ausführungen zum Eintritt eines kausalen Schadens sind nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Zu dem ersatzfähigen Schaden gehört jeder durch das unrichtige Gutachten und die darauf beruhende gerichtliche Entscheidung adäquat verursachte und in den Schutzbereich der verletzten Sachverständigenpflicht fallende Vermögensschaden. Der zu leistende Schadensersatz soll die Vermögenslage herstellen, die bei pflichtgemäßem Verhalten des Sachverständigen eingetreten wäre, das heißt hier: wenn der Grundstückswert korrekt ermittelt worden wäre. Demnach kann der Schadensersatz entweder dahin gehen, dass der Geschädigte so gestellt wird, als hätte er das Objekt nicht ersteigert, oder darauf gestützt werden, dass der Geschädigte bei korrekter Wertfestsetzung das Grundstück zu einem niedrigeren Meistgebot hätte ersteigern können. Dem Geschädigten obliegt es, dazulegen und nachzuweisen, dass er das Grundstück nicht oder zu einem niedrigeren Meistgebot ersteigert hätte, wobei die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO gelten. Die insoweit zu stellenden Anforderungen müssen umso strenger sein, je geringer die Differenz zwischen dem vom Sachverständigen ermittelten und dem richtigen Verkehrswert ist und je deutlicher das zum Zuge gekommene Meistgebot unter diesen Werten liegt (s. zu alledem Senatsurteil vom 9. März 2006 – III ZR 143/05, BGHZ 166, 313, 318 f Rn. 13 f; Staudinger/Wöstmann aaO § 839a Rn. 25).
b) Diese Maßgaben hat das Berufungsgericht zwar zutreffend wiedergegeben. Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass es auch für die Frage der Schadenskausalität (jedenfalls: in erster Linie) auf die (Un-)Richtigkeit des ermittelten Verkehrswerts und nicht des im Verkehrswertgutachten beschriebenen Gebäudezustands ankommt. Auf die Kenntnis des Inhalts des (Bauschadens-)Gutachtens des Sachverständigen H. kann für die Kausalitätsbetrachtung nicht abgestellt werden, maßgebend ist vielmehr das Verhalten des Erstehers bei „richtiger“ Verkehrswertermittlung. „Abrisskosten“ und den „Herstellungsaufwand für einen Neubau“ zu ermitteln, war nicht Aufgabe des bei dem Beklagten in Auftrag gegebenen Verkehrswertgutachtens nach § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG.
5. Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht wird unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen insbesondere – erneut – zu prüfen haben, ob der Beklagte (mindestens) grob fahrlässig ein unrichtiges Verkehrswertgutachten erstellt hat, und sich hierzu gegebenenfalls spezieller sachverständiger Hilfe bedienen müssen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
Soweit das Berufungsgericht dem Beklagten vorhält, er habe bei seiner persönlichen Anhörung angegeben, die in seinem Gutachten (dort S. 13) aufgeführten Feuchtigkeitsschäden beträfen (allein) die Garage, und seine Beschreibung des Gebäudes als „befriedigend“ beziehe sich auf den Standard der Zeit der Errichtung des Gebäudes, ist dies im Terminprotokoll vom 20. Februar 2008 zwar so vermerkt, in der Sache jedoch offensichtlich unrichtig. Die Eintragung „erkennbar, Feuchtigkeitsschäden, Putzschäden“ in der Rubrik „Bauschäden und Baumängel“ auf Seite 13 oben im Gutachten des Beklagten bezieht sich zweifelsfrei auf das „Einfamilienhaus“ (Nummer 3.2, s. S. 9 ff des Gutachtens), und für die Garage ist weiter unten auf Seite 13 ebenfalls ein „Feuchtigkeitsschaden“ beschrieben worden. Die Einschätzung zum baulichen Zustand als „befriedigend“ ist ihrerseits im Zusammenhang mit den vorangehenden und den direkt anschließenden Bemerkungen „Feuchtigkeitsschäden, Putzschäden, mangelnde Wärmedämmung, mangelnder Schallschutz, erheblicher Unterhaltungsstau, allgemeiner Renovierungsbedarf“ zu lesen.
Schlick Wöstmann Tombrink
. Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 09.02.2007 – 2-19 0 153/06 –
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 10.10.2012 – 3 U 56/07 –
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