Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
von Seligenstadt geht es weiter nach Leipzig. Wieder einmal hatte die HUK-COBURG die berechneten Sachverständigenkosten gekürzt. Wieder einmal musste die HUK-COBURG, in diesem Fall die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse, verklagt werden. Wieder einmal wurden durch diesen Prozess Versichertengelder der HUK-COBURG vergeudet. Geklagt hatte der Sachverständige aus abgetretenem Recht. Dass der Schadensersatzanspruch des Geschädigten an den Sachverständigen abgetreten war, ändert nichts an der Rechtslage, dass der Schädiger die für die Begutachtung des verunfallten Fahrzeugs berechneten Kosten im Wege des Schadensersatzes ersetzen muss, sofern – wie hier – eine volle Haftung besteht. Obwohl das erkennende Gericht die Sachverständigenkosten über § 249 I BGB hätte lösen können, wurde wieder eine Angemessenheitsüberprüfung der Einzelpositionen über § 249 II BGB vorgenommen. Bestritten wurde seitens der beklagten HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse natürlich wieder alles einschließlich der eigenen Zuständigkeit. Man beachte, die HUK-COBURG bestreitet ihre eigene Zuständigkeit, obwohl sie vorgerichtlich bereits den überwiegenden Teil ersetzt hat! Ich überlasse es jedem einzelnen Leser, dazu seine eigene Meinung zu bilden. Ich finde, dass das dem – nach eigenen Worten – größten Kfz-Versicherer mehr als peinlich sein muss. Das Gericht hat sich jedoch – bis auf die Prüfung der Einzelpositionen – nicht aufs Glatteis führen lassen. Lest selbst das Urteil aus Leipzig und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 104 C 6827/16
Verkündet am: 27.03.2017
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
HUK Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., Querstraße 16, 04103 Leipzig, vertreten durch d. Vorstand
– Beklagte –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht …
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7.3.2017 am 27.03.2017
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 52,99 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.05.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu zahlen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 52,99 EUR festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Leipzig zuständig. Dies folgt aus § 21 ZPO. Die Beklagte hat den äußeren Anschein gesetzt, dass es sich bei ihrem Büro in Leipzig um eine Niederlassung handelt. Dieser äußere Anschein reicht aus für die Annahme einer Niederlassung im Sinne des § 21 ZPO ( OLG Köln 26.9.2012 8 AR 67/12). Es besteht auch ein innerer Zusammenhang, da die Beklagte durch ihr Büro in Leipzig die Schadensregulierung vorgenommen hat.
Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist auf Grund eines Verkehrsunfalls vom 12.05.2016 gegenüber der Firma … zu 100 % einstandspflichtig. In Höhe der Gutachterkosten hat die Geschädigte ihren Schaden an die Klägerin abgetreten. Dies ist bewiesen durch Vorlage der Originalabtretungsurkunde entsprechend Bl. 26 der Akte und die Erklärung des Geschäftsführers Herrn … in Anlage K10 (Bl. 106). Die Geschäftsführerstellung von Herrn … ist unstreitig. In der Erklärung Anlage K10 nimmt
Herr … auf die streitgegenständliche Auftragserstellung und Abtretung Bezug und bestätigt dass Herr … dazu bevollmächtigt war. Es ist streitig, ob Herr … die Unterschrift geleistet hat. Darauf kommt es nicht an, weil aus der Erklärung des Geschäftsführers hervorgeht, dass er mit Auftragserteilung und Abtretung einverstanden ist, diese also jedenfalls nunmehr genehmigt und zwar im Zweifel unabhängig davon, wer dies unterzeichnet hat.
Die Abtretungserklärung ist hinreichend bestimmt. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (BGH jürteil vom 7.6.2011 VI ZR 260/10) wurden nicht die Ansprüche aus dem Unfall in Höhe der Sachverständigenkosten abgetreten, sondern die Sachverständigenkosten. Dies ist hinreichend konkret.
Es ist jedenfalls durch die Erklärung des Geschäftsführers der Zedentin die Gebührentabelle der Klägerin vereinbart. Ausweislich des vorgelegten Formulars war die Gebührentabelle vereinbart, allerdings ist auf der Rückseite nur ein Auszug abgedruckt. Dies ist jedoch unschädlich. Für die Vereinbarung einer Preistabelle ist nicht erforderlich, dass diese dem Kunden auch vorgelegen hat. Auch ohne die Vorlage ist die Preistabelle vereinbart, wenn sich der Kunde, wie hier mit der Abtretungserklärung, mit der nicht in Augenschein genommenen Preistabelle einverstanden erklärt.
Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sind die Kosten der Schadensfeststellung zu ersetzen, soweit dies zu zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist. Die Kosten sind nur dann als nicht erforderlich anzusehen, wenn sie so hoch sind, dass sie für den Geschädigten deutlich über den üblichen Preisen liegt. Dabei spielt der Kenntnisstand und die Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten eine Rolle. Die Zedentin hat mehr Wissen über Kosten von Gutachten zur Schadensfeststellung als ein durchschnittlicher Geschädigter. Trotzdem sind solche Umstände nicht ersichtlich.
Die Beklagte kürzte die Rechnung nur von 882,40 Euro netto auf 829,41 Euro netto, d.h. um 6%. Dies ist keine solche Diskrepanz, die einem gewöhnlichen Geschädigten als überhöhte Rechnung hätte auffallen können und müssen. Aber auch aus Sicht der besser informierten Geschädigten stellte sich die Gebührenvereinbarung bzw. Rechnung nicht als überhöht dar. Die Rechnung hält sich im Grundhonorar im Rahmen der BVSK-Befragung. Dieses beträgt 780 Euro. Dazu kommen 20 Euro Abrufkosten. Diese waren laut Gebührentabelle (Bl. 33) war, auf deren Anfall bei der Klägerin kommt es nicht an.
Die Nebenkosten liegen nicht so über dem Üblichen, dass der Zedentin dies hätte auffallen müssen. Übliche Fahrkosten werden entsprechend der ADAC Autokostentabelle auf 0,70 Euro pro Kilomete geschätzt (vgl. BGH-Urteil v. 26.04.2016, VI ZR 50/15). Die gefahrenen Kilometer sind streitig, zugestanden sind 8,6 km Entfernung, also 17,2 km, d.h. 12,04 Euro. Berechnet wurde eine Anfahrtspauschale von 26 Euro. Eine Anfahrtspauschale kann grundsätzlich vereinbart werden, diese ist der Höhe nach auch nicht unüblich.
Die Fotokosten werden entsprechend dem JVEG auf 2,00 Euro pro Foto geschätzt, mithin auf 20 Euro wie abgerechnet. Die Anzahl der Lichtbilder ist nicht zu beanstanden. Übersichtsaufnahmen des Fahrzeuges sind üblich. Die Schadensstelle wurde aus mehreren Perspektiven aufgenommen.
Die Schreibkosten können nach der Rechtsprechung auf 16,80 Euro entsprechend 1,40 Euro pro Seite geschätzt werden. Berechnet wurden 26,40 Euro. Allerdings könnten 15,00 Euro Telefonkosten statt der berechneten 10 Euro angesetzt werden.
Das ergäbe insgesamt 51,80 Euro übliche Nebenkosten ohne Fahrtkosten. Die berechneten Nebenkosten ohne Fahrtkosten belaufen sich auf 56,40 Euro.
Eine Diskrepanz von 4,60 Euro vermag die fehlende Erforderlichkeit nicht zu begründen.
Dafür dass die Forderung bereits vom Zedenten erfüllt wurde und der Klägerin nicht mehr zusteht, ist die Beklagte darlegungs-und beweisbelastet.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Aus meiner täglichen Erfahrung kann ich berichten, dass es trotzdem die HUK und Allianz sind, deren Regulierungsverhalten an „die Einäugigen unter den Blinden“ erinnert. Aber auch da gibt es natürlich Sachbearbeiter und deren direkte Vorgesetzte, die eher Letzteren zuzurechnen sind. Den Letzteren öffnet man aber schnell beide Augen mit dem Verweis, sehr geneigter Captain-HUK Leser zu sein. Und darum geht es ja in erster Linie, die eigenen Forderungen erst einmal erfolgreich durchzusetzen.
BG