Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
und hier veröffentliche ich auch noch das Kammergerichtsurteil, das beim Hanseatischen OLG Hamburg in dessen Urteil vom 29.03.2012 (15 U 16/12) zitiert wurde. Auch hier hat die Redaktion wieder keine Mühen gescheut, das Urteil aus dem Jahre 2004 hervorzukramen und hier einzustellen. Und das am Sonntagmorgen.
Viele Grüße und noch einen schönen Sonntag
Euer Willi Wacker
Kammergericht
Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: verkündet am: 15.11.2004
12 U 18/04
17 O 422/02 LG Berlin
…
Auf die Berufung des Klägers wird das am 11. Dezember 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des Landgerichts Berlin – 17 O 422/02 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.734,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. Oktober 2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 83 % und die Beklagten 17 % zu tragen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger 72 % und den Beklagten 28 % zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat nur hinsichtlich der geltend gemachten Sachverständigenkosten Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Zutreffend beanstandet der Kläger, dass das Landgericht ihm die Kosten für das Gutachten des Sachverständigen … in Höhe von 1.002,94 EUR nicht zugesprochen hat. Grundsätzlich hat der Schädiger dem Geschädigten die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind, und zwar in der Regel auch dann, wenn das Gutachten objektiv ungeeignet ist (KG DAR 2003, 318; OLG Hamm, NZV 1999, 377; 2001, 433; Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 249 Rdnr. 40). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Geschädigte die Unbrauchbarkeit des Sachverständigengutachtens zu vertreten hat, etwa wenn er gegenüber seinem Privatsachverständigen erhebliche Vorschäden verschweigt und der Sachverständige deshalb zu einem fehlerhaften Ergebnis gelangt (Senat, Urteil vom 13. November 2000 – 12 U 4906/99 -), oder wenn ihn ein Auswahlverschulden trifft (OLG Hamm, NZV 1993, 228; 1994, 393; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Auflage, § 12 StVG Rdnr. 50). Derartige Umstände, die es rechtfertigen würden, dem Kläger einen Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten zu versagen, sind hier weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Mithin kann der Kläger über den vom Landgericht zugesprochenen Betrag hinaus weitere 1.002,94 EUR beanspruchen.
2. Ohne Erfolg beanstandet der Kläger demgegenüber, dass das Landgericht auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens des Sachverständigen den Wiederbeschaffungswert des klägerischen Motorrades mit lediglich 11.000,00 EUR in Ansatz gebracht hat.
aa) Allerdings kann dem Landgericht nicht gefolgt werden, eine Abrechnung auf Neufahrzeugbasis käme im vorliegenden Fall grundsätzlich nicht in Betracht. Eine Schadensabrechnung auf Neufahrzeugbasis setzt voraus, dass das Kraftfahrzeug eine erhebliche Beschädigung erlitten hat. Sie ist grundsätzlich bis zu einer Fahrleistung von 1.000 km und einer Zulassungsdauer von einem Monat möglich (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 249 Rdnr. 22 m. w. N.). Hier war das Motorrad des Klägers zum Unfallzeitpunkt nur etwa zwei Wochen zugelassen und hatte eine Laufleistung von lediglich 311 km hinter sich gebracht. Auch waren die Beschädigungen durchaus erheblich. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige … hat die Reparaturkosten mit immerhin 11.523,63 EUR angegeben. Die Auffassung des Landgerichts, der Kläger hätte, um auf Neufahrzeugbasis abrechnen zu dürfen, der Beklagten zu 1) das beschädigte Fahrzeug andienen müssen, findet, soweit ersichtlich, weder in der bisher veröffentlichten Rechtsprechung noch im Schrifttum eine Stütze.
bb) Gleichwohl hat das Landgericht auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen … vom 4. November 2003 den Wiederbeschaffungswert des Motorrades des Klägers zutreffend mit 11.000,00 EUR angesetzt. Zwar hat der Sachverständige auf Seite 7 seines Gutachtens ausgeführt, vom Fahrzeugwert sowie von den Umbaukosten sei im Hinblick auf den Besitzeintrag ein Abzug in Höhe von 10 % vorzunehmen. Dem kann, wie oben ausgeführt, aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Aus den weiteren Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich jedoch, dass er bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes von 11.000,00 EUR den genannten Abzug von 10 % tatsächlich nicht vorgenommen hat. Vielmehr hat er den Fahrzeuggrundwert von 8.000,00 EUR sowie 50 % der Umbaukosten in Höhe von 2.750,00 EUR in Ansatz gebracht und den sich so ergebenden Betrag von 10.750,00 EUR im Hinblick auf erforderliche Eintragungsgebühren auf 11.000,00 EUR aufgerundet. Hinsichtlich der Umbaukosten hat der Sachverständige auf Seite 5 seines Gutachtens überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, diese könnten nicht zu 100 % in Ansatz gebracht werden, da bei dem Umbau neuwertige Fahrzeugteile wie beispielsweise die Sitzbank lediglich ausgetauscht worden sind, sodass sich die Werterhöhung aus der Differenz zwischen dem ausgetauschten Teil und dem neu eingebauten Fahrzeugteil ergibt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass dem Kläger die bei dem Umbau ausgetauschten Fahrzeugteile verblieben sind. Deren Wert ist in der Rechnung vom 12. März 2002 hinsichtlich der Umbaukosten nicht in Abzug gebracht worden. Diese Ersatzteile stellen grundsätzlich einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Wert dar, den sich der Kläger jedenfalls unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen muss. Dass die ausgetauschten Fahrzeugteile tatsächlich keinen oder nur einen geringen wirtschaftlichen Wert gehabt hätten, hat der Kläger weder im ersten noch im zweiten Rechtszug vorgetragen. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens unter Berücksichtigung der Beweiserleichterung nach § 287 ZPO den Wiederbeschaffungswert des klägerischen Motorrades mit 11.000,00 EUR angesetzt hat.
3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.
Dank an die Redaktion, die auch sonntags arbeitet, damit die User dieses Blogs die notwendigen Informationen erhalten.
Kann man nicht oft genug erwähnen. Danke.