Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
zum Wochenende veröffentlichen wir hier noch ein etwas älteres Angemessenheits-Berufungsurteil aus Arnsberg zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht, das allerdings einige gute Ansätze zeigt. Dann prüft das erkennende Berufungsgericht aber leider wieder die werkvertragliche Angemessenheit der Einzelpositionen nebst Kürzung von Nebenkostenpositionen, was schadensersatzrechtlich Unsinnn ist, denn es kommt, wie hier bereits mehrfach erwähnt, nicht auf Angemessenheitsgesichtspunkte, sondern auf die Erfoderlicheit im Sinne des § 249 BGB an. Auch unangemessene Kosten im Sinne des Werkvertragsrechtes können erforderlich im Sinne des § 249 BGB sein, sofern der Geschädgte aus seiner Ex-ante-Sicht heraus diese für zweckmäßig und notwendig erachtet. Im Übrigen ist der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige nicht dessen Erfüllungsgehilfe. Eventuelle Fehler des Sachverständigen gehen, wenn ein Auswahlverschulden nicht vorliegt, nicht zu Lasten des Geschädigten, sondern zu Lasten des Schädigers. Erfreulich ist, dass das Berufungsgericht – ebenso wie das Amtsgericht Menden – das Honorartableau der HUK-COBURG nicht als geeignete Schätzgrundlage angesehen hat. Lest aber selbst das Berufungsurteil des LG Arnsberg und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker
3 S 58/14 Verkündet am 03.06.2014
2 C 90/13
Amtsgericht Menden
Landgericht Arnsberg
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Menden vom 27.02.2014 (3 C 90/13) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 110,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 65,95 € seit dem 6.12.2012 sowie aus weiteren 44,72 € seit dem 28.02.2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 40 % und die Beklagte 60 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidunggründe:
I.
Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht restliche Schadensersatzansprüche in Gestalt von Sachverständigenhonorar aus einem Verkehrsunfall vom 22.11.2012 in … geltend.
Unternehmensgegenstand der Klägerin ist der Ankauf und die Einziehung von Forderungen. Bei dem Unfall wurde der PKW des Halters … (Geschädigter) mit dem amtlichen Kennzeichen … durch den bei der Beklagten versicherten PKW der Unfallverursacherin … beschädigt. Es entstand ein wirtschaftlicher Totalschaden. Den Wiederbeschaffungswert des beschädigten Fahrzeugs ermittelte der eingeschaltete Sachverständige mit 3.900,- €, den Restwert mit 100,- €. Die 100%ige Einstandspflicht der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig.
Der Geschädigte unterzeichnete am 23.11.2012 eine Sicherungsabtretung zugunsten der Sachverständigenbüros … („KFZ-Sachverständigenbüro“) mit folgendem Wortlaut:
„Ich trete hiermit meinen Schadenersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe des Brutto-/Netto-Endbetrages der Rechnung des beauftragten Sachverständigenbüros unwiderruflich erfüllungshalber gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeug ab.“
Bezüglich des weiteren Inhalts wird auf die Abtretungserklärung Bezug genommen, Anlage K1, Bl. 7 d.A..
Das KFZ-Sachverständigenbüro rechnete unter dem 28.11.2012 einen Betrag in Höhe von 684,85 € ab (Anlage K2, Bl. 8 d. A.). Die Beklagte zahlte an die Klägerin 658,83 € Sachverständigenhonorar.
Bereits am 9./15.11.2012 hatten die Klägerin und das KFZ-Sachverständigenbüro folgende Abtretungsvereinbarung (Anlage K8, Bl. 82 d. A.) unterzeichnet:
„Der Sachverständige erklärt hiermit gegenüber den Versicherungen und allen anderen Debitoren, dass er die Forderungen aus Gutachterleistungen von Haftpflicht- und Kaskoschäden, die dem Sachverständigen vom Geschädigten sicherungshalber abgetreten wurden, an die [Klägerin] weiter abgetreten hat. [Die Klägerin] hat die Abtretung angenommen. Ebenso tritt der Sachverständige die aus dem Schadensfall resultierende Honorarforderung gegenüber dem Geschädigten an die [Klägerin] ab.“
Die Klägerin beauftragte ihre Rechtsanwälte zur außergerichtlichen Geltendmachung der Forderung.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Geschädigte habe seinen Anspruch auf Erstattung des Sachverständigenhonorars wirksam an das Kfz-Sachverständigenbüro abgetreten. Das Sachverständigenbüro habe seinerseits den nicht beglichenen restlichen Honoraranspruch wirksam an die Klägerin abgetreten. Sie sei berechtigt, auf Basis der Werte der Honorarbefragung des BVSK 2010/2011 abzurechnen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 179,29 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2012 sowie 39,00 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Eigentümerstellung des Geschädigten bezüglich des beschädigten Fahrzeugs mit Nichtwissen bestritten. Sie hat die Ansicht vertreten, dass es sich nicht um eine Honorarforderung, sondern um eine Schadensersatzforderung handele, die nicht von der Abtretung umfasst sei. Die Abtretung des Geschädigten sei unbestimmt, da nicht klar sei, ob der Brutto- oder Netto-Betrag gemeint sei. Der Geschädigte könne zudem nur die dem Maßstab des Honorartableaus 2012 der Beklagten entsprechenden Sachverständigenkosten verlangen und sei dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht nachgekommen. Die Nebenkosten seien nach der Honorarvereinbarung nicht zu zahlen, jedenfalls seien sie hier mit 56 % des Grundhonorars zu hoch. Schließlich hat sie die Erforderlichkeit der vom Sachverständigenbüro abgerechneten 21 Lichtbilder bestritten.
Wegen der weiteren Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Klägerin habe einen Anspruch auf weitere 65,95 € aus §§ 7 StVG, 823 BGB, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG. Zur Begründung hat es zunächst ausgeführt, die Beklagte sei angesichts der weitgehenden vorgerichtlichen Regulierung des Gesamtschadens nach Treu und Glauben gehindert, die Aktivlegitimation der Klägerin zu bestreiten. Zu ersetzen seien die für einen Laien nicht erkennbar überhöhten Sachverständigenkosten. Eine Marktforschung sei nicht zu betreiben. Ein Missverhältnis bestehe erst bei einer Überhöhung von mehr als 25 %. Ohne Honorarvereinbarung sei das ortsübliche Honorar zu zahlen, wenn sich dieses im Rahmen des Erforderlichen halte. Auf Basis der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 könne der Sachverständige das angesetzte Grundhonorar von 452,- € verlangen Die Nebenkosten seien jedoch teilweise zu kürzen. Das Honorartableau 2012 sei keine geeignete Schätzgrundlage, da es sich um Sondervereinbarungen der Beklagten mit wirtschaftlich schwächeren Marktteilnehmern handele.
Die Klägerin wendet sich mit der Berufung gegen dieses Urteil und begehrt weiterhin vollständigen Ersatz der Sachverständigenkosten gem. Abrechnung. Hierzu vertritt sie die Ansicht, jedenfalls sei für den Geschädigten als ursprünglichem Forderungsinhaber eine etwa zu hohe Honorarforderung nicht erkennbar gewesen. Die Annahme einer erkennbar überhöhten Abrechnung sei allerdings schon deswegen ausgeschlossen, weil sich das Honorar hier innerhalb des Honorarkorridors der BVSK-Befragung bewege. Der Sachverständige sei berechtigt, neben dem Grundhonorar Nebenpositionen in Ansatz zu bringen, mit dem Grundhonorar werde nur die gutachterliche Leistung abgedeckt. Die Nebenkosten seien hier zudem ordnungsgemäß abgerechnet worden, die entsprechenden Aufwendungen insbesondere bzgl. der Restwertermittlung entstanden.
Sie beantragt,
das Urteil des Amtsgericht Menden vom 18.02.2014, Az.: 3 C 208/13, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie insgesamt 179,29 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2012 sowie 39,00 € vorgerichtliche Kosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag.
II.
1.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, nachdem das Amtsgericht diese gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zugelassen hat.
2.
Die Berufung ist teilweise begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 110,67 € infolge eines Verkehrsunfalls aus abgetretenem Recht gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 VVG, §§ 249 Abs. 2 S. 1, 398 BGB zu.
a)
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Forderung auf Zahlung der noch offenen Sachverständigenkosten ist wirksam an die Klägerin abgetreten worden.
Die Abtretungen verstoßen nicht gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB.
aa)
Zunächst ist von der ursprünglichen Aktivlegitimation des Geschädigten, also seiner Eigentümerstellung bzgl. des beschädigten Fahrzeugs, auszugehen.
Unstreitig hat die Beklagte den weit überwiegenden Teil des beim Verkehrsunfall entstandenen Schadens gegenüber dem Geschädigten reguliert. Eine solche Teilzahlung ohne Abgabe weiterer Erklärungen kann zwar nach ständiger Rechtsprechung nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewertet werden, das vorgerichtliche Verhalten der Beklagten führt jedoch dazu, dass ein lediglich pauschales Bestreiten der Eigentümerstellung der Geschädigten als prozessual unbeachtlich anzusehen ist. Angesichts des vorgerichtlichen Regulierungsverhaltens der Beklagten hätte sie substantiiert unter Darlegung tatsächlicher Anhaltspunkte vortragen müssen, warum nunmehr doch Zweifel an der Eigentümerstellung des Geschädigten bestehen sollten. Die Klägerin hat jedenfalls konkludent eine solche Eigentümerstellung behauptet.
bb)
Die Abtretung der Ersatzforderung von der Geschädigten an das KFZ-Sachverständigenbüro verstößt nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, da die Forderungseinziehung sich als Nebenleistung zum eigentlichen Tätigkeitsfeld des Sachverständigen darstellt, die gem. § 5 Abs. 1 RDG keiner Erlaubnis bedarf (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 19. Februar 2014, 7 U 111/12).
Die Abtretung ist auch hinreichend bestimmt. Der Geschädigte hat die Gutachterkosten in der Abtretungserklärung ausreichend bestimmbar abgetreten. Es ist gerade nicht eine Mehrzahl von Schadenspositionen betroffen. Die Abtretung beschränkt sich konkret auf den möglichen Schadensposten der Sachverständigenkosten. In der Abtretungserklärung heißt es, dass der Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe des Brutto-/Netto-Endbetrages der Rechnung des beauftragten Sachverständigenbüros abgetreten wird. Durch den Bezug auf die erteilte Rechnung des Sachverständigen ist die Forderung auch der Höhe nach bestimmbar. Der Zusatz Brutto-/Netto trägt erkennbar nur dem Umstand Rechnung, dass abhängig vom Geschädigten die Ersatzpflicht des Unfallgegners bezüglich der Umsatzsteuer in unterschiedlicher Höhe besteht.
cc)
Auch in der Abtretung des KFZ-Sachverständigenbüros an die Klägerin ist kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz zu sehen.
Die Klägerin kauft die Forderungen des KFZ-Sachverständigenbüros auf und treibt die Forderungen im eigenen Namen ein. Eine Zulassung als Inkassounternehmen ist hierfür nicht erforderlich. Eine Wahrnehmung fremder Rechte liegt damit schon gar nicht vor, dass Risiko, ob die Forderung realisiert werden kann, liegt vollständig bei der Klägerin.
Die Abtretung umfasst auch die geltend gemachte Forderung. Eine „Forderung aus Gutachterleistung von Haftpflicht- und Kaskoschäden“ ist auch die hier geltend gemachte Schadensersatzforderung, die der Sachverständige wegen seiner Gutachter-Tätigkeit von der Geschädigten erlangt hat. Die Unterscheidung zwischen den Begriffen „erfüllungshalber“ und „sicherungshalber“ lässt die Bestimmtheit der Forderung im konkreten Fall nicht entfallen. Alle Beteiligten wussten, um welche Forderung es sich handelt. Die Unterscheidung ist zudem nur im Innenverhältnis relevant und nicht für die Einziehungsbefugnis gegenüber dem Schuldner. Spätestens durch das Verhalten der Klägerin und des KFZ- Sachverständigenbüros durch die Weitergabe der Unterlagen und der Geltendmachung der Forderung war klar, dass sich die Abtretung auch auf diese Forderung beziehen soll.
b)
Als Haftpflichtversicherung hat die Beklagte nach einem Verkehrsunfall auch grundsätzlich die Kosten für die Einschaltung eines Sachverständigen zu zahlen. Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gehören diese Kosten zum zu ersetzenden Herstellungsaufwand, soweit sie objektiv erforderlich sind.
Die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten für die Schäden aus dem Verkehrsunfall ist ebenso außer Streit wie die Tatsache, dass das streitgegenständliche Gutachten zur Beurteilung der Schäden erforderlich und zweckmäßig war.
aa)
Relevant ist dabei zunächst, in welcher Höhe dem ursprünglichen Anspruchsinhaber, dem Geschädigten, ein Schaden entstanden ist, denn nur in dieser Höhe konnte eine Forderung abgetreten werden.
Eine konkrete Honorarvereinbarung hat es zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen nicht gegeben. Sie einigten sich nur pauschal darauf, dass die Berechnung des Honorars in Anlehnung an die Höhe des Kfz-Schadens erfolgen soll. Die Geltendmachung von Nebenkosten ist durch diese kurze und offene Formulierung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Da eine genaue Absprache nicht erfolgt ist, schuldete die Geschädigte die übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB.
Ungeachtet der geäußerten Bedenken gegen die Verwertbarkeit der BVSK-Honorarbefragung sieht die Kammer diese mit einem Großteil der Rechtsprechung als geeignete Schätzgrundlage für die Bestimmung der üblichen Vergütung an. Die in der Honorartabelle enthaltenen Werte beruhen auf einer relativ breiten Erfassungsgrundlage (im Falle der Honorarbefragung 2010/2011 635 Sachverständigenbüros, zudem 40 weitere Büros als Vergleichsmaßstab), was in erheblichem Umfang dafür spricht, diese Werte als übliche Vergütung sachverständiger Tätigkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB anzusehen. Jedenfalls entspricht eine Schätzung auf dieser Grundlage nach § 287 ZPO pflichtgemäßem Ermessen.
Die abgerechnete Grundgebühr des Sachverständigen von 452,- € liegt am unteren Rand des HB-V-Korridors der BVSK-Honorarbefragung 2011 und ist danach nicht zu beanstanden.
Eine Überschreitung des Honorarkorridors ergibt sich jedoch teilweise bezüglich der Nebenkosten. Die Abrechnung des Sachverständigenbüros stellt insoweit teilweise nicht die übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB dar.
Zunächst hat das Amtsgericht die Fahrtkostenpauschale unter Berücksichtigung der Werte der BVSK-Honorarbefragung zu Recht von 50,60 € netto auf 20,44 € netto gekürzt. Dem Sachverständigenbüro hätte die Möglichkeit offen gestanden, Fahrtkosten kilometergenau abzurechnen. Bei einem Rückgriff auf eine Fahrtkostenpauschale sind jedoch die Werte der Honorarbefragung als Obergrenze für eine übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB zu beachten.
Zu Recht ist darüber hinaus die Position 6 der Rechnung (Auslagen / Nebenkosten) mit einem Nettobetrag von 27,50 € gestrichen worden. Sämtliche denkbaren und im Rahmen der Honorarbefragung abgefragten Nebenkosten sind in den anderen Rechnungspositionen enthalten, so dass nicht ersichtlich ist, welcher Zusatzaufwand hier abgerechnet werden soll. Dies wird seitens der Klägerin auch nicht näher erläutert.
Eine Kürzung der Fotokosten und Schreibgebühren ist dagegen nicht gerechtfertigt. Die Zahl der hier angefertigten Fotos übersteigt den üblichen Rahmen nicht, zumal Beschädigungen auf beiden Fahrzeugseiten und im Motorbereich zu dokumentieren waren. Es sind daher 21 Lichtbilder zu vergüten. Der angesetzte Wert von 2,60 € pro Foto liegt so minimal über dem HB-V-Korridor (-2,57 €), dass eine Kürzung nicht erforderlich ist. Auch die angesetzten Schreibkosten liegen innerhalb des Korridors. Die Menge von 23 Seiten entspricht der Anzahl der Seiten des Gutachtens. Es stellt nach Ansicht der Kammer auch keine unzulässige Doppelberechnung dar, dass die Seiten, auf denen sich die Lichtbilder finden, bei der Ermittlung der Schreibkosten berücksichtigt werden. Zum einen wird mit der Position Schreibkosten ein gänzlich anderer Kostenaufwand abgedeckt, als mit der Position Lichtbilder, zum anderen findet sich auch auf den Seiten, auf denen die Lichtbilder zu sehen sind, Text (Kopf- und Fußzeile, Nummerierung der Bilder).
Die dem Sachverständigen entstandenen Kosten für die Restwertermittlung sind von der Klägerin in der Berufungsbegründung nachvollziehbar erläutert worden. Nachdem dieser Sachvortrag unstreitig geblieben ist, sind die angesetzten 25,– € netto daher insgesamt zu berücksichtigen.
Danach ergibt sich insgesamt ein restlicher Honoraranspruch in Höhe von 110,67 €, also 44,72 € mehr, als vom Amtsgericht zugesprochen.
bb)
Der Geschädigte hat auch nicht gegen eine Schadensminderungspflicht verstoßen. Erforderlich und zu ersetzen sind grundsätzlich die Sachverständigenkosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (BGH, Urt. v. 11.02.2014, VI ZR 225/13). Zwar obliegt einem Geschädigten grundsätzlich nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 242 BGB eine Schadensminderungspflicht. Er muss die Aufwendungen für die Schadensbehebung in Grenzen halten. Verlangt wird jedoch nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen. Bei der Beurteilung der Einhaltung dieser Schadensminderungspflicht ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen. Es ist Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten und seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten und für ihn bestehende Schwierigkeiten zu nehmen. Es wird dabei nicht verlangt, dass der Geschädigte eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben muss (BGH, a.a.O.). Dadurch, dass der ausgewählte Sachverständige in der Form abgerechnet hat, dass sich das Honorar und die Nebenkosten im Korridor der BVSK-Honorarbefragung 2011 befanden, besteht schon keine Unüblichkeit der Honorarsätze, die vom Geschädigten hätte erkannt werden müssen.
c)
Der geltend gemachte Zinsanspruch besteht gem. den §§ 180 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB, aber nur ab dem 28.02.2013, dem Zeitpunkt des Fristablaufs aus dem Schreiben vom 20.02.2013. Das Schreiben vom 04.12.2012 kann nicht als endgültige Erfüllungsverweigerung nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB angesehen werden, da ausdrücklich auf die Möglichkeit ergänzenden Sachvortrags zur Anspruchsbegründung hingewiesen wurde. Soweit der Klägerin für den in erster Instanz zugesprochenen Betrag Zinsen ab dem 06.12.2012 zugesprochen wurden, greift das Verschlechterungsverbot.
d)
Der Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten ist dem Kläger ebenfalls bereits erstinstanzlich zugesprochen worden und nicht mehr Gegenstand der Prüfung durch die Kammer.
e)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Hallo, Willi,
Dein Eingangskommentar zu diesem Urteil ist verständlich.
Das Landgricht Arnsberg bezieht sich auf etwas, was es nicht gibt. Gemeint ist die „Üblichkeit.“
Angesichts der Tatsache, dass der BVSK nach Insiderinformationen mit lediglich 4,5 % aller Kfz-Sachverständigen in Deutschland vertreten ist, von denen wiederum ca. 1/4 SSH-Sachverständige sind, also dierekt an die Assekuranz angebunden und allein deshalb diese Sachverständigen keineswegs abrechnen dürfen, was betriebswirtschaftlich vertretbar bzw. erforderlich ist, muss die diesem Berufsverband vom LG Arnsberg unterstellte Bedeutung doch sehr verwundern, wenn es dazu in den Entscheidungsgründen heißt:
„Ungeachtet der geäußerten Bedenken gegen die Verwertbarkeit der BVSK-Honorarbefragung sieht die Kammer diese mit einem Großteil der Rechtsprechung als geeignete Schätzgrundlage für die Bestimmung der üblichen Vergütung an. Die in der Honorartabelle enthaltenen Werte beruhen auf einer relativ breiten Erfassungsgrundlage (im Falle der Honorarbefragung 2010/2011 635 Sachverständigenbüros, zudem 40 weitere Büros als Vergleichsmaßstab), was in erheblichem Umfang dafür spricht, diese Werte als übliche Vergütung sachverständiger Tätigkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB anzusehen.“
Von relativ breiter Erfassungsgrundlage und „geeigneter“ Schätzgrundlage kann also nicht gesprochen werden. Ist der Berufungskammer des LG Arnsberg die Definition der Üblichkeit lt. BGH etwa nicht bekannt?
Dein einleitender Kommentar verdeutlicht mal wieder -auf den Punkt gebracht-, was schadenersatzrechtlich negiert wurde. Weder das AG Arnsberg noch die Berufungskammer waren deshalb hier berechtigt, eine „Kürzung“ vorzunehmen, zumal übersehen wird, dass selbst bei „üblichen“ Abrechnungsmodalitäten eine Bandbreite zu beachten ist. Schadenersatzrechtlich hätte es genügt, ein Auswahlverschulden und einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht anzusprechen sowie die Nichterheblichkeit des Beklagtenvortrag. Schlussendlich wären mit einer Gesamtkostenbetrachtung „zu Recht“ keine Abzüge veranlasst gewesen, von der Stellung des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädigers einmal ganz abgesehen.
Mit besten Grüßen
aus dem Sauerland
G.H.
Hallo, Willi,
da liest man in den Entscheidungsgründen des Urteils der Berufungskammer des LG Arnsberg:
„Zunächst hat das Amtsgericht die Fahrtkostenpauschale unter Berücksichtigung der Werte der BVSK-Honorarbefragung zu Recht von 50,60 € netto auf 20,44 € netto gekürzt. Dem Sachverständigenbüro hätte die Möglichkeit offen gestanden, Fahrtkosten kilometergenau abzurechnen. Bei einem Rückgriff auf eine Fahrtkostenpauschale sind jedoch die Werte der Honorarbefragung als Obergrenze für eine übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB zu beachten.“
Wie bitte? Zunächst befremdet schon einmal die Einzelüberprüfung einer Nebenkostenposition. War nicht bekannt, w o das Fahrzeug besichtigt wurde und w o das Büro des beauftragten Sachverständigen liegt?
Jedwede Honorarbefragung eines Berufsverbandes in schadenersatzrechtlicher Betrachtung als eine Art gesetzlich zu beachtender Gebührenordnung zu verwenden, muss schon irritieren.
Wie kommt eine Berufungskammer dazu, dem Geschädigten in einer Einzelposition der Nebenkosten eine solche Überlegung auf Zubilligung von Schadenersatz überhaupt anzubieten? Der Gesetzgeber hat auch der Berufungskammer des LG Arnsberg keinen kartell- oder monopolrechtlichen Prüfungsauftrag hinsichtlich vertraglicher Preisabsprachen von Marktteilnehmern (hier zwischen der Geschädigten und dem Sachverständigen) erteilt mit der Maßgabe, für eine Vielzahl von Fällen verbindliche Vorgaben zur Honorarstruktur, zur Abrechnungshöhe und zur grundsätzlichen Höhe einzelner Abrechnungspositionen zu machen. Jedenfalls ist das dem Urteil des LG Arnsberg nicht zu entnehmen. Aus der Gesetzgebung sind deshalb auch keine tragfähigen Anhaltspunkte für die rechtfertigende Behauptung abgreifbar, die da lautet:
„Bei einem Rückgriff auf eine Fahrtkostenpauschale sind jedoch die Werte der Honorarbefragung als Obergrenze für eine übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB zu beachten.“
Hier zeigt sich mehr als deutlich, dass das LG Arnsberg den BGH-Hinweis nicht verstanden hat, dass die ex ante Position des Geschädigten schadenersatzrechtlich entscheidungserheblich ist und keine ex post Betrachtung unter dem Baldachin werkvertraglicher Prioritäten. Ausserdem negiert diese Berufungskammer den BGH-Hinweis, dass ein Gericht schadenersatzrechtlich nicht gehalten ist, einen gerechten Preis festzulegen. Genau das ist hier allerdings mit der Zubilligung von Schadenersatz in Einzelpositionen des Nebenkostenbereichs erfolgt und offensichtlich war es auch unpassend, der Position des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädigers Beachtung zu schenken.
G.v.H.
Guten Abend, Willi Wacker,
interessant an diesem Urteil sind die Ausführungen der Beklagteseite mit dem Antrag auf Klageabweisung:
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
1. Die Beklagte hat die Eigentümerstellung des Geschädigten bezüglich des beschädigten Fahrzeugs mit Nichtwissen bestritten.
2. Sie hat die Ansicht vertreten, dass es sich nicht um eine Honorarforderung, sondern um eine Schadensersatzforderung handele, die nicht von der Abtretung umfasst sei.
Die Abtretung des Geschädigten sei unbestimmt, da nicht klar sei, ob der Brutto- oder Netto-Betrag gemeint sei.
3. Der Geschädigte könne zudem nur die dem Maßstab des Honorartableaus 2012 der Beklagten entsprechenden Sachverständigenkosten verlangen und sei dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht nachgekommen.
Die Nebenkosten seien nach der Honorarvereinbarung nicht zu zahlen, jedenfalls seien sie hier mit 56 % des Grundhonorars zu hoch. Schließlich hat sie die Erforderlichkeit der vom Sachverständigenbüro abgerechneten 21 Lichtbilder bestritten.
Diese hochsensiblen Ausführungen der Beklagtenseite muss man mit Bedacht und Ruhe seinem Verständnis zuführen.
Souverän hat jedoch das Landgericht Arnsberg die Infragestellung der Aktivlegitimation, wie fast regelmäßig so oder so ähnlich von der Beklagtenseitevorgetragen, im wahrsten Sinne des Wortes abgebügelt.
Die Einwendung zu 2. kann man wohl nicht als ernsthaft gemeint bezeichnen.-
Die Erklärungen der Beklagtenseite zu 3. sind klar und eindeutig.
Schadenersatz ist nur nach dem HUk-Coburg Honorartableau erforderlich. Deshalb hat der Geschädigte gegen seine SCHADENMINDERUNGSPFLICHT verstoßen mit einem daraus abzuleitenden AUSWAHLVERSCHULDEN.
Unter Punkt 4. behauptet dann die Beklagtenseite doch tatsächlich mit 56 % seien die Nebenkosten „zu hoch“.
Wieviel sind es denn nach dem HUK-Tableau und wie aufgeteilt nach den Abrechnungspositionen der Sachverständigenrechnung?
Der Trick mit der angeblichen „Doppelverrechnung“ zieht auch nicht mehr und ist bei der Berufungskammer des LG Arnsberg auch nicht gut angekommen, wie man in den Entscheidungsgründen nachlesen kann.
Im Gegensatz zu den Erwartungen der Beklagtenseite hat auch das LG Arnsberg dem HUK-Coburg Tableau nicht die behauptete maßstäbliche Bedeutung beigemessen.
Mit besten Grüßen
Knurrhahn