LG Berlin urteilt zu einer Nutzungsausfallentschädigung für insgesamt 37 Tage versicherungsbedingten Ausfall ( Berufungs-Urteil vom 21.2.2011 -44 S 190/10-).

Immer wieder entbrennt Streit um die Nutzungsausfallentschädigung. Nutzungsausfallentschädigung kann der derjenige Unfallgeschädigte verlangen, der sein Fahrzeug repariert und während der Reparatur das Fahrzeug nicht nutzen kann, wenn er auf einen Mietwagen verzichtet. So war es auch in dem Rechtsstreit, den nunmehr der Einzelrichter der 44. Zivilkammer des LG Berlin in der Berufungsinstanz zu entscheiden hatte. Der Unfall ereignete sich am 7.12.2009. Am 10.12.2009 erteilte der Kläger den Reparaturauftrag. Vom 10.12.2009 bis zum 15.1.2010 befand sich das Fahrzeug in der Reparaturwerkstatt. Auf die dem Kläger zustehende Nutzungsausfallentschädigung von 37 Tagen hat der  Kfz-Haftpflichtversicherer des Beklagten vorprozessual nur für 12 Tage gezahlt. Der Kläger macht mit seiner Klage vor dem Amtsgericht Mitte in Berlin noch für 25 Tage Nutzungsausfallentschädigung geltend. Während das erstinstanzliche Amtsgericht Berlin-Mitte (-107 C 3104/10-) noch von einer Schadenminderungspflichtverletzung des Klägers ausging, verneinte das Landgericht Berlin zutreffend eine solche. Lest das Berufungsurteil aber selbst:

Landgericht Berlin

Im  Namen des Volkes

44 S 190/10 LG Berlin

107 C 3104/10 AG Mitte

In dem Rechtsstreit

des …..                                            Klägers und Berufungsklägers

g e g e n

den …..                                           Beklagter und Berufungsbeklagter

hat die Zivilkammer 44 des Landgerichtes Berlin in Berlin-Mitte, Littenstr. 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 21.2.2011 durch den Richter am KG … als Einzelrichter am gleichen Tage folgendes Urteil verkündet:

Auf die Berufung des Klägers, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 21.9.2010 verkündete Urteil des AG Mitte – 107 C 3104/10 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 955,91 € nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 603,93 € freizustellen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreites haben der Kläger 11% und der Beklagte 89% zu tragen.

Gründe:

1. Die zulässige Berufung des Klägers ist zum überwiegenden Teil begründet.

a) Der dem Kläger gegen den Beklagten gem. §§ 7,8 StVG, 249, 823 BGB zustehende Schadensersatzanspruch umfasst auch eine Nutzungsausfallentschädigung für 37 Tage, nämlich den Zeitraum vom 10.122009 bis einschließlich 15.1.2010. Hierauf hat die Haftpflichtversicherung des Beklagten vorprozessual Nutzungsausfallentschädigung für 12 Tage gezahlt, so dass der Kläger noch für verbleibende 25 Tage Nutzungsausfallentschädigung zu je 29,–€, zusammen 725,–€ beanspruchen kann. Zutreffend hat das AG Mitte in dem angefochtetenen Urteil ausgeführt, dass der Kläger aufgrund seiner Schadensminderungspflicht verpflichtet war, unverzüglich einen Reparaturauftrag zu erteilen. Hier hat der Kläger auch auf Nachfragen des Gerichtes in der mündlichen Verhandlung vom 21.2.2011 keinen plausiblen Grund dafür genannt, warum der Reparaturauftrag erst am 10.12.2009 erteilt worden ist, obwohl der Unfall sich am 7.12.2009 ereignet hatte. Unter diesen Umständen kann der Kläger Nutzungsausfallentschädigung erst für die Zeit ab erteilung des Reparaturauftrages beanspruchen. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Klägers stand ihm sein Fahrzeug ab dem 16.1.2010 wieder zur Verfügung., nachdem die Zahlung der Haftpflichtversicherung des Beklagten an diesem Tage eingegangen war. Der Kläger kann daher Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit vom 10.12.2009 bis einschließlich 15.1.2010 beanspruchen. Eine Verletzung der Schadensminderungsoflicht gem. 3 254 Abs. 2 BGB braucht der Kläger sich nicht entgegen der Auffassung des Amtsgerichtes einspruchsmindernd entgegen halten zu lassen. Der Kläger hat vorgetragen, dass er nicht über die erforderlichen Barmittel verfügte, um die Reparaturkosten in Höhe von rund 5.500,– € bar zu bezahlen. Er hat entsprechende Kontoauszüge vorgelegt. Der für die Verletzung der Schadensminderungspflicht darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat daraufhin weder konkret vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass der Kläger entgegen seiner Angaben doch über entsprechende Barmittel verfügt hätte. Dem Erstgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die Haftpflichtversicherung massiver hätte auf die Ausdehnung der Ausfallzeit hingewiesen werden müssen. Hierzu hat der Kläger bereits in erster Instanz zutreffend darauf hingewiesen, dass der Geschädigte nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nicht verpflichtet ist, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar einen Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen (BGH NJW 1980, 290, 291; BGH NJW 2002, 2553 f). Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird, wobei die Darlegungs- und Beweislast beim Kläger liegt (BGH aaO.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Erstgericht zitierten Rspr. des 12. Zivilsenates des KG (KGR Berlin 2009, 852f.). Zum einen hat das KG in der zitierten Entscheidung darauf abgestellt, dass dort Nutzungsausfallentschädigung für einen außergewöhnlich langen Zeitraum von 3 Monaten verlangt wurde. Zum anderen war das Anwaltsschreiben in dem vom KG entschiedenen Fall hinsichtlich der kreditfinanzierten Reparatur zu allgemein gehalten. Eine für die entstandene Nutzungsausfallzeit ursächliche Verletzung der Schadensminderungspflicht des Klägers scheidet im übrigen auch deshalb aus, weil der Beklagte selbst nicht geltend macht, im Falle eines entsprechenden Hinweises hätte die hinter ihm stehende Haftpflichtversicherung  die Reparaturkosten  zu einem früheren Zeitpunkt bezahlt. Es fehlt daher an der Ursächlichkeit der vom Beklagten geltend gemachten Verletzung der Schadensminderungspflichtverletzung für den eingetretenen Schaden. Für diese ist aber nach allgem. Grundsätzen der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.

b) Da der Kläger aufgrund der verspäteten Zahlung der hinter dem Beklagten stehenden Haftpflichtversicherung sein Fahrzeug – unstreitig – erst am 16.1.2010 abholen konnte, steht ihm auch auch ein Anspruch auf Erstattung der ihm von der Reparaturwerkstatt für die Standzeit vom 25.12.2009 bis 15.1.2010 in Rechnung gestellten Standkosten in unstreitiger Höhe von 230,91 € zu. Insgesamt kann der Kläger daher 959,91 € beanspruchen.

c) Ein Anspruch auf Erstattung weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren über den zuerkannten Betrag in Höhe von 603,93 € hinaus steht dem Kläger demgegenüber nicht zu. Zutreffend ist das AG Mitte in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des BGH bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall, wie er hier vorliegt, der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG als angemessen anzusehen ist (BGH MDR 2007, 491 f.).

2. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordern, § 543 Abs. 2 ZPO.

So das Berufungsurteil des Einzelrichters der 44. Zivilkammer des LG Berlin.

Dieser Beitrag wurde unter Haftpflichtschaden, Nutzungsausfall, Rechtsanwaltskosten, Urteile abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu LG Berlin urteilt zu einer Nutzungsausfallentschädigung für insgesamt 37 Tage versicherungsbedingten Ausfall ( Berufungs-Urteil vom 21.2.2011 -44 S 190/10-).

  1. Bruno Reimöller sagt:

    Hi Willi,

    so ist es richtig: Wer nicht hören will, muss fühlen (sprich: zahlen).

    In diesem Urteil erkennt man mal wieder die Arroganz der Versicherer. Lassen sie den armen Kerl mit dem reparierten Auto in der Werkstatt im Regen stehen, statt die nach Gesetz zu erbringenden sofort fälligen Kosten zu zahlen. So müssen sie jetzt die Mehrkosten tragen. Super!! Solche Urteile müssen noch mehr publik gemacht werden.

    Und dann lese ich im gleichen Blog, dass der Versicherung modifiziert ein Nachbesichtigungsrecht eingeräumt werden sollte. Warum? Damit sie noch mehr die Regulierung verzögern oder die selbst gemachten Lichtbilder in die Restwertbörse einstellen können. Nein! Und nochmals Nein! Einstellen in Restwertbörse ist nicht mehr. Die Restwertbörsen und die Versicherungen müssen sich davon verabschieden. Vor dem Urheberrechtsurteil des BGH die Augen zu verschließen, hieße doch die Realität aus den Augen zu verlieren. Da nützt auch der Ideenreichtum der Versicherungen nix.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert