Mit Urteil vom 16.12.2008 (18 O 242/08) hat das LG Bonn die Beklagte(n) zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 5.390,93 € zzgl. Zinsen verurteilt. Auch das LG Bonn erteilt der Fraunhofer Tabelle eine Absage und legt die Schwacke-Liste zugrunde.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 5.390,93 € gegen die Beklagte aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 Abs. 2 BGB i. V. m. § 3 Nr. 1 PflVG i. V. m. § 398 BGB.
Die Ansprüche bestehen dem Grunde nach unstreitig. Die Parteien streiten nur um die Höhe der ersatzfähigen Mietwagenkosten.
Nach § 249 Abs. 2 BGB kann ein Geschädigter vom Schädiger den zur Schadenskompensation erforderlichen Geldbetrag verlangen. Zu den Kosten der Schadensbehebung nach einem Verkehrsunfall gehören grundsätzlich auch die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges.
Allerdings sind die Mietkosten nicht unbegrenzt erstattungsfähig, sondern nur soweit ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten sie für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, Urteil vom 15.02.2005 – VI ZR 160/04; Urteil vom 19.04.2005 – VI ZR 37/94). Ein gegenüber dem normalen Tarif für Selbstzahler („Normaltarif) erhöhter „Unfallersatztarif“ kann erforderlich i.d.S. sein, wenn die Mehrkosten aus betriebswirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt sind, d.h. auf unfallbedingten Mehrleistungen des Vermieters beruhen (BGH, Urteil vom 15.02.2005 – VI ZR 160/04).
Das Gericht schließt sich hinsichtlich der konkreten Berechnung der ersatzfähigen Kosten auch zur Aufrechterhaltung einer einheitlichen Rechtsprechung im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln nach wie vor der bisherigen und den Parteien bekannten Berechnungsweise an (vgl. OLG Köln, Urteil vom 02.03.2007 – 19 U 181/06; Beschluss 15.07.2008 – 4 U 1/08; LG Bonn Urteil vom 12.10.2007 -18 0 173/07, Urteil vom 08.09.2007 -18 0 174/07, Urteil vom 02.02.2007 – 231/06 sowie LG Bonn, Urteil vom 21.06.2007 – 9 0 110/07, Urteil vom 25.04.2007 – 5 S 197/06).
Der auf dem Markt übliche „Normaltarif“ kann gemäß § 287 ZPO auf Grundlage eines anerkannten Automietpreisspiegels geschätzt werden. Das Gericht darf die Höhe des Schadens nach § 287 ZPO schätzen, wenn die Beweiserhebung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Ein Sachverständiger müsste die Automietpreise für die jeweiligen Regionen feststellen. Dies könnte er nur durch aufwendiges Befragen der Autovermieter. Dieser Aufwand erscheint dem Gericht unverhältnismäßig, da eine entsprechende Analyse des Marktes für das gesamte Bundesgebiet differenziert nach Postleitzahlen erfolgt und im Schwacke-Automietpreisspiegel festgehalten ist.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Schwacke-Automietpreisspiegel nach wie vor eine geeignete Schätzgrundlage ( BGH Urteil 24.06.2008 – VI ZR 234/07). Es ist nicht ersichtlich, dass die von den Versicherern in Auftrag gegebene Untersuchung des Fraunhofer-Instituts auf überzeugendere Weise zu verlässlicheren Schätzungsgrundlagen gekommen ist. Soweit ersichtlich vertritt im Bezirk des OLG Köln bislang nur der 6.Senat des OLG Köln mit Urteil vom 10.10.2008 eine andere Auffassung. Die Gründe sind allerdings nicht so überzeugend, dass sie zur Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung mit Anlehnung an die Schwacke – Liste nötigen. Der 6. Zivilsenat hat im Verfahren 18 O 330/07 LG Bonn = 6 U 11/08 OLG Köln ausweislich des Verhandlungsprotokolls vom 13.06.08 im Anschluss an das Urteil des BGH vom 11.03.2008 (VI ZR 164/07) zunächst Zweifel gehabt, ob der pauschale Aufschlag von 20 % überhaupt noch haltbar sei. Dagegen sah der 4. Senat des OLG Köln ( Beschluss 15.07.2008 – 4 U 1/07) auch angesichts der zitierten BGH – Entscheidung keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechungspraxis abzuweichen. Im Urteil vom 10.10.2008 ist der 6. Senat des OLG Köln ( 6 U 115/08) wieder auf diese Linie eingeschwenkt, allerdings legt er dem 20 % – igen Aufschlag nicht mehr die Schwacke-Liste, sondern die Untersuchung des Fraunhofer – Instituts zugrunde, das ihm – so
die Klägerin – erst in der dortigen Spruchfrist vorgelegt worden ist. Zur Begründung weist der 6. Senat des OLG Köln im wesentlichen darauf hin, dass die Recherchen bei den Autovermietern ohne Offenlegung des Zwecks der Abfrage durchgeführt worden und zu durchgehend niedrigeren Werten gekommen seien. Letzteres kann allerdings kein maßgeblicher Gesichtspunkt sein. Ein höheres Maß an Verlässlichkeit könnte schon eher daraus hergeleitet werden, dass der Zweck der Umfrage gegenüber den einzelnen Befragten nicht offen gelegt worden sein soll.
Entscheidender ist jedoch, dass die Untersuchungen mit Differenzierung nach zwei Ziffern der PLZ bei weitem nicht so breit gestreut waren, wie sie es bei den nach drei PLZ- Gebieten struktierten Ermittlungen von Schwacke gewesen sind. Die Fraunhofer-Untersuchungen geben zum weit überwiegenden Teil nur Auskunft über 6 Internetanbieter. Marktkonformer dürften dagegen jene Preise sein, die breit gestreut, möglichst ortsnah und unter der Prämisse eingeholt worden sind, dass der Wagen möglichst sofort zur Verfügung stehen muss. Längere Vorbuchungsfristen werden dem
Markt für schnell zur Verfügung stehende Unfallersatzwagen nicht gerecht. Die mit einer solchen Vorbuchungsfrist ermittelten Preise dürfen deshalb nicht in die
Vergleichsbetrachtung einbezogen werden.
Ungeachtet all dessen bezieht sich die Fraunhofer – Untersuchung nicht auf die Jahre 2006/2007.
Geeigneter Anknüpfungspunkt für die Ermittlung eines angemessenen Normaltarifs bleibt deshalb der Schwacke-Automietpreisspiegel im Modus-Tarif für das jeweilige Postleitzahlengebiet. Es mag zwar sein, dass der Modus nicht exakt den Durchschnittspreis wiederspiegelt, da bei der Erhebung nicht berücksichtigt wird, in welchem Umfang die Anbieter mit ihrem jeweiligen Angebot auf dem Markt vertreten sind.
Gleichwohl dürfte er ein möglichst realistisches Abbild der Marktlage wiedergeben, sofern es auf dem Markt, insbesondere auch auf dem Internetmarkt, überhaupt noch eine konstante Preisbildung gibt.
Nicht zu beanstanden ist im Rahmen von § 287 ZPO auch, dass die Klägerin für die beiden Fälle und die Schwacke – Liste 2007 zugrunde gelegt hat, obwohl die Anmietung noch im Jahre 2006 erfolgte. Allerdings lagen die Anmietungen Ende November ( Fall L.) und Ende Dezember ( Fall D.) des Jahres 2006, weshalb die fortschreitende Preisentwicklung bei der Schätzung des angemessenen Preises schon miteinbezogen werden darf.
Auf den so ermittelten Wert darf – wie von nahezu allen Gerichten praktiziert – für den Unfallersatzwagenvermieter ein angemessener pauschaler Aufschlag vorgenommen werden. Dieser rechtfertigt sich aus den typischerweise bei einer Unfallersatzanmietung anfallenden Mehrkosten für den Vermieter. Zu diesen typischen Mehrleistungen gehören etwa die Vorfinanzierung, das Ausfallrisiko, die Vorhaltung schlechter ausgelasteter Fahrzeuge und das Erfordernis der Einrichtung eines Notdienstes (so schon LG Bonn, Urteil vom 07.09.2007 -18 0 174/07 und Urteil vom 12.10.2007 -18 0 173/07; siehe auch zuletzt BGH – Urteil vom 24.06.2008 – VI ZR 234/07 und auch das bereits zitierte Urteil des 6. Senats des OLG Köln vom 10.10.2008). Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob diese Mehrleistungen im konkreten Einzelfall immer aktuell geworden sind. Der Sinn der Pauschale besteht ja gerade darin, die typischerweise beim Unfallwagenersatzvermieter zu erwartenden Mehrkosten mit einem bestimmten Prozentsatz aufzufangen. Hinsichtlich der Höhe dieses Prozentsatzes soll es bei den 20 % verbleiben, die im Bezirk des OLG Köln auf der Basis des Urteils des 19. Zivilsenats ( NZV 2007, 199 ff.) durchgehend als angemessen angesehen werden.
Darüber hinaus sind tatsächlich angefallene Nebenkosten ersatzfähig, die von der Klägerin auf der Grundlage der Schwacke – Liste 2007 berechnet sind und als solche von der Beklagten nicht in Abrede gestellt werden.
Die so ermittelten Kosten begrenzen den Schadensersatzanspruch der Klägerin. Die ursprünglichen Rechnungen bleiben maßgeblich, soweit diese hinter den nach Schwacke ermittelten Werten zurückbleiben, was die Klägerin bei ihrer Berechnung auch berücksichtigt hat ( Fälle 1, 2, 3, 5, 7 der Anlage zur Klageschrift).
Demnach ergeben sich folgende, restliche Abrechnungsbeträge:
1. 229,35 €
2. 869,95 €
3. 50,81 €
4. 429,96 €
5. 198,76 €
6. 470,67 €
7. 612,19€
8. 1.404,38 €
9. 576,00 €
10. 548,86 €
Summe: 5.390,93 €
Die Verzinsung der einzelnen Restforderungen tritt jeweils 30 Tage nach Rechnungsstellung ein (§ 286 Abs. 3 BGB).
Soweit das LG Bonn.
hi babelfisch
das urteil ist doch in öffentlicher mündlicher verhandlung „im namen des volkes“ ergangen.
darf die öffentlichkeit dann nicht auch den namen der verurteilten versicherung erfahren?
Klar downunder,
bei der Verkündung schon, ansonsten sind bei der Anforderung von Abschriften die Parteien, die Parteivertreter, die Namen von Zeugen und Firmen sowie auch die Namen der Richter zu schwärzen.
Grüße aus der Suhle
Schwarzkittel
Genau so ist es, Schwarzkittel. Die vorliegenden Urteilsabschriften sind teilweise anonymisiert, so dass nicht in jedem Fall „Roß und Reiter“ benannt werden können.
…..warum nicht???
In der Diskusion hier kann doch gesagt werden wer das war oder?