Mit Urteil vom 25.11.2009 (4 O 1216/09) hat das LG Chemnitz die HDI Direkt Versicherung AG u. a. zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten auf der Basis des Normaltarifs der Schwacke-Liste 2003 (!) in Höhe von 152,18 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlichen RA-Kosten verurteilt. Die Fraunhofer Tabelle findet ausdrücklich keine Anwendung. In der Berufungsinstanz ist dieses Urteil vom OLG Dresden am 31.03.2010 (7 U 21/10) aufgehoben worden, danach stand dem Geschädigten ein Unfallersatztarif zu. Sobald diese Begründung vorliegt, wird sie nachgeliefert.
Aus den Entscheidungsgründen des LG Chemnitz:
Die zulässige Klage ist – soweit sie in der Hauptsache nicht erledigt ist – hinsichtlich eines Betrages in Höhe von EUR 152,18 begründet.
1. Der Hergang des Schadensereignisses vom xx.xx.2009 in C. im Kreuzungsbereich B.-/S.-straße ist zwischen den Parteien unstreitig.
Des Weiteren steht zwischen den Parteien außer Streit, dass die Beklagten vollumfänglich hinsichtlich der der Klägerin unfallbedingt entstandenen Schäden haften.
2. zwischen den Parteien besteht ebenfalls kein Streit darüber, dass nach Rechtshängigkeit die Schadenspositionen Reparaturkosten (EUR 5.236,24), Sachverständigenkosten (EUR 438,17) sowie allgemeine Unkostenpauschale (EUR 25,00) durch die Beklagten ausgeglichen worden sind.
Streitig sind zwischen den Parteien lediglich die von der Klägerin über den von der Beklagten regulierten Betrag (EUR 446,25) hinausgehend gelten gemachten Mietwagenkosten in Höhe von EUR 767,07.
Bezüglich der streitgegtenständlic.hen Mietwagenkosten besteht ein weiterer Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von EUR 152,18.
a) Unter Berücksichtigung der gefestigten Rechtsprechung des BGHs kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständig, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008, Az; VI ZR 308/07). Der Geschädigte hat mithin aus dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets einen wirtschaftlichen Weg zur Schadensbehebung zu wählen, weshalb er ausgehend von dem örtlich relevanten Markt nur den angemessenen Mietpreis verlangen kann. Im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO hat also das Gericht die Erforderlichkeit eines von dem Mietwagenunternehmen berechneten Tarifs – unabhängig von seiner Bezeichnung – anhand der auf dem örtlich relevanten Markt verlangten „Normaltarife“ zu schätzen (BGH, a.a.O.). Darüber hinausgehende Kosten kann der Geschädigte nur ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unzumutbaren Anstrengungen auf dem in der Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstiger Tarif zugänglich war. Dabei kommt es insbesondere auf die Frage der Erkennbarkeit der Tarifunterschiede für den Geschädigten darauf an, ob ein vernünftig denkender und wirtschaftlich Geschädigter unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Nachfrage zu einem günstigeren Tarif gehalten wäre. Dies ist der Fall, wenn er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Unfallersatztarifs haben muss, die sich insbesondere aus dessen Höhe ergeben könne. Dabei bei kann es je nach Lage des Einzelfalles erforderlich sein, sich nach anderen Tarifen zu erkundigen, gegebenfalls Konkurrenzangebote einzuholen. In diesem Fall kann es eine Rolle spielen, wie schnell der Geschädigte ein Ersatsfahrzeug benötigt. Allein das allgemeine Vertrauen darauf, ein – gegebenenfalls von der Werkstatt empfohlener – Autovermieter biete speziell auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Tarife an, rechtfertigt daher nicht zu Lasten des Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung ungerechtfertigt überhöhte Tarife zu akzeptieren {BGH, a.a.O.).
b) Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen hat die Klägerin vorliegend nur Anspruch auf den ihr zugänglichen normalen Mietwagentarif.
Bereits aus dem – unstreitigen Vortrag – der Klägerin ergibt sich, dass sich der berechtigte Fahrer der Klägerin vor Anmietung des Ersatz-Pkws nicht über die Mietwagentarife bei anderen Anbietern erkundigt hat. Nach dem Vortrag der Klägerin hat der berechtigte Fahrer lediglich das Angebot des von der Werkstatt vermittelten Mietwagenunternehmens angenommen. Die Unzugänglichkeit eines günstigeren Tarifs hat die Klägerin, nicht dargetan. Zu berücksichtigen ist vorliegend auch, dass sich dem berechtigten Fahrer der Klägerin unschwer erschließen musste, das inclusive Mehrwertsteuer tägliche Kosten in Höhe von EUR 165,11 brutto auf die Klägerin zukommen würden. Hochgerechnet auf einen Monat war mithin bei einer Kostenbelastung von rund EUR 5.000,00 zu rechnen. Es liegt auf der Hand, dass die Klägerin bzw. ihr berechtigter Fahrer – wie jeder andere Normalverdiener auch – von der Anmietung eines Fahrzeuges der Mittelklasse zu diesem Tarif abgesehen hätte, wenn er davon ausgegangen wäre, die Kosten selbst tragen zu müssen. Unter Brücksichtigung des Durchschnittseinkommens eines sächsischen Arbeitnehmers musste für die Klägerin die Inanspruchnahme eines solchen Tarifs als Selbstzahler ausgeschlossen erscheinen. Zu erklären ist die Anmietung des Ersatz Pkws zu dem streitgegenständlichen Tarif nur dadurch, dass – wie gerichtsbekannt üblicherweise erfolgend – die Zusage im Rahmen der Anmietung erteilt wurde, dass die Klägerin selbst kostenfrei gestellt werde.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ansonsten keinerlei Umstände darlegt, die eine Unzugänglichkeit eines günstigeren Mietwagentarifes begründen würden, soweit die Klägerin darauf abstellt, dass ihr berechtigter Fahrer auf die Anmietung eines Ersatz-Pkws dringend angewiesen sei, um seine Arbeitsstelle zu erreichen, ist zu berücksichtigen, dass die Beklagtna substantiiert dargelegt haben, dass die Arbeitsstelle des berechtigten Fahrers der Klägerin auch in zumutbarer Weise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist. Darüber hinaus darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass selbst die Inanspruchnahme von Taxiunternehmen vorliegend – im Verhältnis zu den in Ansatz gebrachten Mietwagenkosten – kostengünstiger gewesen wäre.
Unter Berücksichtung des Vorstehenden ist daher gemäß § 287 ZPO der erforderliche Tarif festzusetzen bzw. zu schätzen. Die Kammer schließt sich dabei vorliegend der ständigen Rechtsprechung der 6. Kammer des Landgerichtes Chemnitz an, nachdem der erforderliche Tarif anhand der Schwacke-Mietpreisliste für das Jahr 2003 nebst einem Inflationszuschlag von 10 Prozent bzw. einem Zuschlag für die Mehrwertsteuererhöhung von 3 Prozent zu geschehen hat.
Soweit die Klägerin vorliegend auf die Schwacke-Mietpreisliste für das Jahr 2008 bzw. die Beklagten auf die Mietpreisspiegel des Frauenhofer Instituts abstellen, vermag das Gericht diesen Schätzgrundlagen nicht zu folgen. Hinsichtlich des Mietpreisspiegels des Frauenhofer Instituts ist dabei zu berücksichtigen, dass dieser offensichtlich im Auftrag der Versicherungsindustrie erstellt wurde und lediglich die Preisbildung der großen Mietwagenunternehmen und darüber hinaus nur grob örtlich differenziert widerspiegelt. Bezüglich der Schwacke-Liste 2008 ist zu berücksichtigen, dass die Feststellugen allein auf Mitteilungen der betroffenen Mietwagenunternehmen beruhen und diese – u.a. – im Preisniveau 2003 zu 2006 zum Teil um etwa 60 Prozent gestiegene Tarif ausweisen, während sich die Inflationsrate im Zeitraum 2003 bis 2009 – nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien – im Bereich von 10,3 Prozent bewegt. Ersichtlich sind daher nach 2003 in die Preisbildungen der Schwacke-Liste die Interessen der Mietwagenunternehmen, mit eingeflossen.
d) Für den vorliegenden Fall ergibt sich damit folgende Berechnung, ausgehend von einem Mietwagen Gruppe 5, Postleitzahlengebiet 091: Das klägerische Fahrzeug war acht Jahre alt und daher eine Gruppe herunterzustufan.
Wochenpreis EUR 350,00
Tagespreis EUR 50,00
acht Tage: EUR 400,00
inflationsbedingter Zuschlag 13 % EUR 52,00
zuzüglich Zustellkosten brutto EUR 35,70
zuzüglich Haftungsfreistellung 155,93
abzüglich 10 % Eigenanteil auf die
Mietwagenkosten EUR 45,20
Mietwagenkosten insgesamt EUR 598,43
Abzüglich der beklagtenseits unstreitig geleisteten Zahlung in Höhe von EUR 446,25 ergibt sich mithin ein weiterer Zahlungsanpruch der Klägerin in Höhe von EUR 152,18.
Die prozssualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 a, 32 ZPO.
Soweit das LG Chemnitz.