Mit Urteil vom 13.01.2012 (20 S 103/11) hat das Landgericht Düsseldorf das erstinstanzliche Urteil des AG Ratingen vom 07.06.2011 (10 C 480/10) teilweise aufgehoben und die KRAVAG Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 195,05 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das LG schätzt die Mietwagenkosten auf der Grundlage der Schwacke-Liste. Fraunhofer wird abgelehnt.
Aus den Entscheidungsgründen:
I.
Die Klägerin, eine Autovermietung, macht gegen die Beklagte, eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, aus abgetretenem Recht eines ihrer Kunden Ansprüche auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall am xx.xx.2010 in R. geltend.
Das Fahrzeug des Zeugen X, Typ BMW Z4 (Fahrzeugklasse 7), wurde bei dem Unfall beschädigt. Die Haftung der Beklagten aus dem zugrunde liegenden Verkehrsunfall ist dem Grunde nach unstreitig. Während des unfallbedingten Ausfalls seines Fahrzeugs mietete der Zeuge vom 23.08. – 25.08.2010 bei der Klägerin ein Ersatzfahrzeug der gleichen Fahrzeugklasse an und trat seinen Erstattungsanspruch an die Klägerin ab. Die Wirksamkeit der Abtretung steht zwischen den Parteien im Streit.
Die Klägerin erstellte für die Fahrzeugvermietung an den Zeugen X unter dem 01.12.2010 eine (korrigierte) Rechnung in Höhe von 602,80 € (Bl. 15 GA).
Die Beklagte leistete vorprozessual an die Klägerin 308,-€.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin neben Zinsen und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zuletzt noch eine restliche Zahlung von 195,05 € geltend gemacht, und zwar ausgehend von der Schwacke-Liste 2009 (Fahrzeugklasse 7, Postleitzahlengebiet 402, 3 Tage Modus) unter Zugrundelegung der folgenden Berechnung:
3 Tage Normaltarif 399,00 €
abzgl. 5 % Abzug ersparte Aufwendungen 19,95 €
Zwischensumme 379,05 €
3 Tage Aufpreis für Haftungsbefreiung 78,00 €
Zustellungskosten 23,00 €
Abholungskosten 23,00 €
Zwischensumme II 503,05 €
abzgl. vorprozessualer Leistungen 308,00 €
Klageforderung: 195,05 €
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 195,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.12.2010 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, sie von durch außergerichtliche Tätigkeit entstandenen Rechtsanwaltskosten freizustellen durch Zahlung von 39,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an Rechtsanwalt Y.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Abtretung der Ansprüche des Zeugen X an die Klägerin verstoße gegen § 134 BGB in Verbindung mit den §§ 1, 2, 3 und 5 RDG und sei deswegen unwirksam.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in dem oben genannten Umfang weiter. Sie beantragt,
gemäß dem Schlussantrag I. Instanz zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung von 195,05 € gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG in Verbindung mit §398 BGB.
Die Klägerin ist zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Mietwagenkosten aktivlegitimiert. Der Zeuge hat seine Ansprüche hinsichtlich der Erstattung der Mietwagenkosten gegen die Beklagte wirksam gemäß § 398 BGB an die Klägerin abgetreten. Insbesondere ist die Abtretung entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht wegen eines Verstoßes gegen §§ 1, 2, 3, 5 Abs. 1 RDG nichtig.
(Anm. des Bearbeiters: es folgt eine sehr detaillierte Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zu diesem Themenbereich. Seit dem Urteil des BGH vom 31.01.2012 (VI ZR 143/11) ist diese Auseinandersetzung jedoch obsolet, so dass auf die Wiedergabe insoweit verzichtet wird. Im Ergebnis (siehe oben) verneint das LG Düsseldorf einen Verstoß gegen das RDG.)
…….
Den vorstehenden Ausführungen schließt sich die Kammer an.
Die Höhe der im Rahmen von § 249 Abs. 2 BGB zu erstattenden erforderlichen Mietwagenkosten schätzt die Kammer nach § 287 Abs. 1 ZPO anhand der Schwacke-Liste 2009. Diese stellt ebenso wie frühere Schwacke-Listen grundsätzlich eine geeignete Schätzgrundlage zur Ermittlung des „Normaltarifs“ – entgegen der wiederholten Auseinandersetzungen der Parteien, die offenbar auf die Verwendung von Textbausteinen zurückzuführen ist, macht die Klägerin keinen Unfallersatztarif geltend – für das maßgebende Postleitzahlengebiet dar. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie im vorliegenden Fall ungeeignet ist, hat die Beklagte nicht dargetan.
Soweit eine grundsätzlich geeignete Schätzgrundlage angegriffen wird, kommt es nämlich darauf an, ob mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass die geltend gemachten Mängel der jeweils beanstandeten Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfange auswirken. Daran fehlt es dem Beklagtenvortrag.
Die Beklagte macht im Wesentlichen abstrakte Ausführungen dazu, dass die Schwacke-Liste erhebliche Defizite in der Methodik der Datenerhebung aufweise und daher keine geeignete Schätzgrundlage darstelle, so dass dem Fraunhofer-Mietpreisspiegel der Vorzug zu gewähren sei. Solche abstrakten Ausführungen reichen nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 12.04.2011, Az.: VI ZR 300/09.) jedoch nicht aus, die Eignung der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage in Frage zu stellen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu abweichenden Ergebnissen führen, genügt ebenfalls nicht, um die Geeignetheit der Schätzgrundlage im Rahmen von § 287 ZPO zu verneinen.
Die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote (Bl. 43 ff. GA) beziehen sich zwar zumindest teilweise auf die gleiche Fahrzeugklasse und denselben lokalen Mietmarkt. Sie sind dennoch nicht konkret genug, um Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung zu begründen.
Aus den vorgelegten Ausdrucken ergibt sich schon nicht, dass die mehr als ein halbes Jahr nach dem streitgegenständlichen Unfall ausgedruckten Angebote von März 2011 mit der am Markt vorgefundenen Situation im August 2010 vergleichbar sind. Desweiteren wird aus den Angeboten der genaue Leistungsumfang der Autovermietungen nicht deutlich, so dass auch aus diesem Grund eine Vergleichbarkeit ausscheidet. Schließlich erfordern die Internetangebote im Regelfall die Vorlage einer Kreditkarte oder ec-Karte. Die Klägerin rechnete hingegen auf Rechnung ab. Darin liegt ebenfalls ein Unterschied.
Unter Zugrundelegung der Schwacke-Liste 2009 ergibt sich für die dreitägige Anmietung des streitgegenständlichen Ersatzfahrzeugs ein Normaltarif von 399,-€, auf den die Klägerin mit Blick auf ersparte Eigenkosten selbst einen Abzug von 5 % (19,95 €) vorgenommen hat. Jedenfalls einen höheren Abzug hält die Kammer vorliegend nicht für geboten (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2011, Az.: 1 U 27/11.).
Die Kosten der Zustellung und Abholung des Mietwagens in Höhe von 46,- EUR sind ebenfalls ersatzfähig. Es ist dem Geschädigten nicht zuzumuten, selbst dafür zu sorgen, zu einer Mietwagenstation zu gelangen. Ein Unfallbeteiligter darf grundsätzlich diesen besonderen Service in Anspruch nehmen (so auch Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 02.03.2007, Az.: 19 U 181/06.).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind schließlich auch die Mehrkosten für eine Haftungsbefreiung (Urteil vom 25.10.2005 – VI ZR 9/05) erstattungsfähig. Wird für ein bei einem Verkehrsunfall beschädigtes Kraftfahrzeug ein Ersatzfahrzeug angemietet und dabei Vollkaskoschutz vereinbart, sind die hierfür erforderlichen Mehraufwendungen in der Regel als adäquate Schadensfolge anzusehen (vgl. Urteil vom 15.02.2005 – VI ZR 74/04). Die Höhe dieser Mehraufwendungen von 78,- € ist unstreitig.
Die tenorierten Zinsen sind gerechtfertigt aus §§ 286, 288 Abs. 1 ZPO.
Demgegenüber hat die Klägerin keinen Anspruch aus §§ 280, 286, 288 BGB auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Sie hat nicht dargetan, dass ihr Prozessbevollmächtigter vorgerichtlich für sie tätig geworden und deshalb eine Geschäftsgebühr angefallen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Mit Blick auf die Höhe der geltend gemachten Nebenforderung war das diesbezügliche Unterliegen der Klägerin bei der Ermittlung der Kostenquote zu berücksichtigen.
Die Revision wird hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit der Forderungsabtretung zugelassen. Die Zulassung der Revision ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Soweit das LG Düsseldorf.