Mit Urteil vom 11.09.2008 (10 S 112/08) hat das LG Essen die Berufung gegen die Verurteilung zu Zahlung weiterer Mietwagenkosten durch das AG Dorsten vom 14.02.2008 (14 C 206/06) zurückgewiesen. Das Gericht zieht in seiner Entscheidung die Schwacke-Liste als Entscheidungsgrundlage heran, die Fraunhofer Tabelle wird abgelehnt.
Das Urteil im Wortlaut:
Tatbestand:
Wegen des Tatbestands wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 ZPO.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, weil der berechnete Unfallersatztarif den Normaltarif nur unwesentlich überschreitet, wobei nach Auffassung des Amtsrichters ein Aufschlag von 20 % zur Abgeltung der Mehrleistungen gerechtfertigt sei, die sich daraus ergeben, dass hier ein PKW aus Anlass eines Unfalls vermietet worden ist. Der Beklagte hat Berufung eingelegt, mit welcher u.a. wiederholt geltend gemacht wird, der Zeuge T. sei von der Klägerin nicht hinreichend über bestehende Alternativangebote aufgeklärt worden.
Für den Fall, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung stattgefunden haben sollte, sei davon auszugehen, dass der Zeuge gegen die ihn obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen habe, weil nicht substantiiert dazu vorgetragen worden sei, weshalb ihm günstigere Angebote der Klägerin nicht zugänglich gewesen seien. Außerdem sei es falsch, auf die Schwacke – Liste zurückzugreifen, als auch mit Nichtwissen bestritten wird, dass diese die ortsüblichen Mietpreise repräsentiere.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung ist zu Recht ergangen. Die Klägerin kann den Beklagten aus abgetretenen Recht des unfallgeschädigten Zeugen T. gem. §§ 7, 17 StVG, 823, 249 BGB auf Bezahlung der in Höhe von 791,53 € geltend gemachten restlichen Mietwagenkosten in Anspruch nehmen.
Für die Entscheidung kann es dahin stehen, ob es sich bei dem dem Geschädigten berechneten, den Normaltarif übersteigenden Unfallersatztarif um den erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung nach § 249 BGB handelt, weil dieser auf Leistungen des Vermieters beruht, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung erforderlich sind (so z.B. BGH NJW 2005, 135 ). Es kommt zudem nicht darauf an, ob die Klägerin im Rahmen der ihr dabei obliegenden sekundären Darlegungslast schlüssig dazu vorgetragen hat, dass dem Geschädigten der von ihr im übrigen angebotene Normaltarif nicht zugänglich war ( so zB. BGH NJW 2006,2693).
Auch kommt es nicht darauf an, ob dem Geschädigten gegen die Klägerin als Vermieterin des Ersatzfahrzeugs im Zusammenhang mit der Anmietung des PKW Schadensersatzansprüche zustehen. Da die Klägerin aus abgetretenen Recht des Unfallgeschädigten vorgeht, handelt es sich letztlich um einen Rechtsstreit zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger. In diesem Verhältnis ist aber unerheblich, ob dem Geschädigten gegenüber dem Fahrzeugvermieter Ansprüche im Zusammenhang mit der Tarifgestaltung zustehen ( BGH NJW 2005, 1043 ).
Der Beklagte hat den geltend gemachten Differenzbetrag schon deshalb auszugleichen, weil der konkret berechnete Unfallersatztarif den für tägliche Anmietung angebotenen Normaltarif nur unwesentlich übersteigt. Nur bei einer deutlichen Überschreitung des Normaltarifs kann von einer fehlenden Erforderlichkeit zur Schadensbeseitigung die Rede sein.
Nach Ansicht der Kammer stellt es unter den gegeben Umständen keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht dar, dass der Geschädigte am Unfalltag einen PKW zum Tagestarif angemietet hat. Denn zum damaligen Zeitpunkt, auf den abzustellen ist, war noch nicht absehbar, welchen Zeitraum die Reparatur seines PKW in Anspruch nehmen wird.
Im hier maßgeblichen Jahr 2005 betrug der Tagespreis des Standardtarif für ein Fahrzeug der Gruppe C für den ersten und zweiten Tag je 101,20 € und ab dem dritten Tag 97,86 €, so dass bei einer Anmietung für eine Dauer von 14 Tagen Mietwagenkosten von 1.388,72 € entstanden wären.
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht ist der so von der Klägerin angebotene Standardtarif nicht im Vergleich zu anderen Anbietern als überhöht zu bewerten.
Nach der Rechtssprechung des BGH – Urteile vom 4.7.2006 und 30.1.2007 – AZ: VI ZR 237/05 und VI ZR 99/06 – kann der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den Normaltarif auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermitteln.
Zwar hat die Beklagte schon erstinstanzlich pauschal und damit unbeachtlich Vorbehalte gegen die Heranziehung der Schwacke -Liste erhoben. Es ist nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadenschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall ausgewirkt haben ( BGH r+s 2008,258 ).
Auch der nunmehrige Verweis auf die vom Fraunhofer Institut im Auftrags des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft unter Auswertung einer anonymen Befragung der Mietwagenunternehmen erstellte, gegenüber der Schwacke -Liste niedrigere Mietpreise ausweisenden Liste ersetzt nicht den nach dem Bundesgerichtshof erforderlichen konkreten Tatsachenvortrag. Insbesondere ist auch nicht dargetan worden, dass Mietwagenunternehmen tatsächlich überhaupt nicht die in der Schwacke -Liste ausgewiesenen Normaltarife berechnen.
Dies zugrunde legend ist es dann aber gerechtfertigt, die Angemessenheit eines konkret angebotenen Normaltarif anhand der Schwacke – Liste zu überprüfen.
Soweit das LG Essen.
Hi Babelfisch,
mit dem von Dir eingestellten Berufungsurteil des LG Essen zeigt sich, dass auch das Revier in Schwacke-Hand ist und Fraunhofer im Pott keine Chance hat.
Gibt es noch weisse Flecken ohne Schwacke?
Dein Werkstatt-Freund