Mit Urteil vom 02.04.2009 (3 S 71/08) hat das LG Hannover die HDI Industrie Versicherung AG in der Berufungsinstanz zur Freistellung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 690,04 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Auch nach dem LG Hannover gilt die Schwacke-Liste, die von der Versicherung vorgelegten Erhebungen über Marktpreise werden nicht anerkannt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie überwiegend Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte über den vorgerichtlich bereits gezahlten Betrag hinaus einen Anspruch auf Schadensersatz in Form der Freistellung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe eines Betrags von 690,04 € gemäß §§ 7, 17 StVG, 249 ff. BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WG, 1 PflVG.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (z.B. NZV 2006, 463) kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichchen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst vornimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann). Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet der am Markt übliche Normaltarif.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist es zulässig, zu dessen Bestimmung in Ausübung tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf das gewichtete Mittel des „Schwacke-Automietpreis-Spiegels“ im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zurückzugreifen (BGH, NZV2006, 463; NZV2008, 1519; NZV2009, 27; OLG Köln, NVZ 2007, 199; LG Bonn, NZV20o7, 362).
Demnach ist der Eurotax-Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 eine geeignete Schätzgrundlage für die Ermittlung, welches der Normaltarif ist.
Soweit die Beklagte die Schwacke-Liste für nicht anwendbar hält, kann sie hiermit nicht durchdringen. Es ist nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen, sondern Einwendungen gegen die Grundlage der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2008,1519), der sich die Kammer anschließt, bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können (speziell der Schwacke-Liste), nämlich nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich geltend gemachte Mängel auf den zu entscheidenden Fall ausgewirkt haben.
Das ist vorliegend nicht der Fall. Dass die Beklagte unter Berufung auf verschiedene Publikationen geltend macht, die Methodik der Schwacke-Erbebungen sei ungeeignet, weil bei der Angebotdabfrage 2006 die Autovermieter selbst die Informationen gegeben hätten, genügt nicht, um Zweifel an der Richtigkeit der Schwacke-Liste zu rechtfertigen (vgl. LG Landshut, 13 S 1261/08, zitiert nach juris; LG Köln 9 S 171/08, zitiert nach juris). Zum einen ist Grundlage der vorliegenden Schadensschätzung der Automietpreisspiegel 2007, während sich das von der Beklagten vorgelegte Gutachten von Professor Klein mit dem Mietpreisspiegel 2006 beschäftigt. Zum anderen hat der BGH vom 24.06.2008 (Az.: VI ZR 234/07, NJW2008, 1910) in seiner Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass der Einwand, die Verfasser des Eurotax-Schwacke-Automietpreisspiegels hätten ihren Ermittlungen lediglich eine Sammlung schriftlicher Angebotspreise der Autovermieter zugrunde gelegt und nicht auf Ergebnisse von Marktuntersuchungen über die tatsächlich gezahlten Mietpreise abgestellt, keine erhebliche und zu beachtende Einwendung gegen die Schwacke-Liste ist.
Sonstiger konkreter Sachvortrg der Beklagten liegt nicht vor. Die vorgelegte Tabelle, die das Ergebnis einer Internetumfrage nach den marktüblichen Normalpreisen sein soll, ist unbrauchbar, da sie weder Zeitraum, Postleitzahlen-Gebiet noch sonstige Details ihrer Entstehung erkennen lässt. Konkrete Vergleichsangebote von bestimmten Beklagte nicht vorgetragen.
Dagegen hat der Kläger einen Mietvertrag der Firma Sixt vorgelegt (BL 68 d. A.), aus dem sich ergibt, dass die Tarife über den von der Beklagten behaupteten Tarifen liegen.
Da die streitgegenständliche Mietwagenrechnung (unstreitig) dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 entspricht und der Schwacke-Mietpreisspiegel 2007 eine zuververlässige und sachgerechte Schätzungsgrundlage darstellt, entsprechen die hier abgerechneten Mietwagenkosten dem Normaltarif. Der Abrechnung liegt somit kein Unfallersatztarif zugrunde.
Auf die Frage, ob dem Kläger ein wesentlich günstigerer Tarif unter Berücksichtigung Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – zugänglich war, kommt es deshalb nicht mehr an.
Selbst wenn man davon ausginge, die in Rechnung gestellten Mietwagenkosten würden den Normaltarif übersteigen, wären diese Kosten – ungeachtet der Zulässigkeit eines pauschalen Aufschlags auf den Normaltarif – nicht zu beanstanden. Denn dem Kläger war ein wesentlich günstigerer Tarif nicht zugänglich. Unstreitig hat der Kläger unmittelbar an einem Sonntag angemietet und unwidersprochen hat er vorgetragen, dass insoweit eine Eilsituation bei der Anmietung bestand, weil er dringend auf das Ersatzfahrzeug angewiesen war, nachdem sein eigenes Fahrzeug unfallbedingt nicht mehr fahrbereit war. Dem Kläger stand mithin für die Anmietung keine Zeit zur Verfügung und die Anmietmöglichkeiten waren aufgrund des Sonntages ohnehin eingeschränkt. Lediglich am Hauptbahnhof – dort erst ab 16.00 Uhr – und am Flughafen – dort gegen Zuschläge – hatten nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers Autovermieter geöffnet. Unter diesen Umständen war es dem Kläger nicht möglich, zunächst Angebote bei mehreren Mietwagenanbietern zu erfragen. Insbesondere war es dem Kläger weder zumutbar noch überhaupt technisch möglich, über das Internet weitere Recherchen anzustellen.
Da der Kläger den Normaltarif nach Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 abrechnet, kommt es auch nicht darauf an, ob er sich am nächsten Werktag bzw. nach Wegfall der Eil-/Notsituation um eine kostengünstigere Anmietung hätte bemühen müssen.
Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen kommt nicht in Betracht, da der Kläger auf die Anmietung eines typengleichen Ersatzfahrzeuges verzichtet und ein Modell niedrigerer Klasse gemietet hat.
Die Kosten für die Winterbereifung sind erstattungsfähig. Gerichtsbekannt sind die Kosten für Winterreifen ebenso wie die Kosten der Haftungsbefreiung nicht Mietpreisen enthalten, sondern extra zu vergüten.
Nicht zu erstatten sind die Kosten für einen Zusatzfahrer, da der Kläger für die Erforderlichkeit eines zweiten Führers, nachdem diese von der Beklagten bestritten worden ist, nichts vorgetragen hat.
Die Rechnung vom 08.05.2007 ist deshalb um die Kosten für den Zusatzfahrer in Höhe von 110,88 €zzgl. Mehrwertsteuer, somit 131,95 €, zu kürzen.
Der erstattungsfähige Aufwand für den Mietwagen beläuft sich damit auf 1.645,61 €. Abzüglich der bereits erfolgten Zahlung der Beklagten ergibt sich ein Betrag von 690,04 €, hinsichtlich dessen der Kläger von der Verbindlichkeit gegenüber dem ……. freizustellen ist.
Ferner steht dem Kläger ein Anspruch auf Freistellung von weiteren vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 57,23 € zu. Zugrundezulegen ist entsprechend der Aufstellung des Klägers auf Seite 5 der Klageschrift (Bl. 3 d, A.) unter Berücksichtigung der reduzierten Mietwagenkosten ein Streitwert von 6.023,25 €. Zutreffend hat das Amtsgericht im angefochtenen Urteil dargelegt, dass hier lediglich eine 1,3 fache Geschäftsgebühr erstattungsfähig ist. Damit errechnet sich zuzüglich der Entgeltpauschale sowie der Mehrwertsteuer ein Gesamtbetrag von 603,92 €, von dem die bereits gezahlten 546,69 € abzuziehen sind. Auf den somit verbleibenden Betrag von 57,23 € bezieht sich die Freistellungsverpflichtung der Beklagten hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers.
Im übrigen war die Klage ab- und die Berufung zurückzuweisen.
Soweit das LG Hannover.