Mit aktuellem Urteil vom 13.02.2009 (9 S 302/08) hat das Landgericht Karlsruhe die HDI Gerling Firmen und Privat Versicherung AG zur Zahlung weiterer 828,89 € zzgl. Zinsen verurteilt. Der Fraunhofer Tabelle wird eine Absage erteilt, die Schwacke-Liste zugrunde gelegt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat in der Sache in geringem Umfang Erfolg.
Der Kläger kann von der Beklagten weitere Mietwagenkosten in Höhe von EUR 828,89 beanspruchen. Dieser Betrag errechnet sich vorliegend nach den vertraglichen Vereinbarungen des Klägers und des Mietwagenunternehmens gemäß Mietvertrag vom 15.02.2008, jedoch abzüglich berechneter Winterreifen. In Abzug zu bringen sind weiter eine Eigenersparnis von 5% sowie die vorgerichtliche Zahlung der Beklagten in Höhe von EUR 873,46, Danach ergibt sich folgende Berechnung:
Mietpreis 18 Tage EUR 858,32
EUR 232,77
EUR 79,83
abzgl. 5 % Eigenersparnis EUR 58,57
Zwischensumme EUR 1.112,85
zzgl. Haftungsreduzierung EUR 317,70
gesamt EUR 1.430,55
zzgl. 19 % Mehrwertsteuer EUR 271,80
zu erstattende Kosten EUR 1.702,35
abzgl. vorgerichtl. Zahlung EUR 873,46
noch zu zahlen EUR 828,89
In ständiger Rechtsprechung der Kammer und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obertandesgerichts Karlsruhe wird die Eigenersparnis bei den Mietwagen-Rosten pauschal mit 5 % in Ansatz gebracht.
Kosten für die Winterreifen kann der Kläger im vorliegenden Fall entgegen den Feststellungen des Amtsgerichte nicht beanspruchen. Insoweit fehlt es sowohl an substantiiertem Vortrag des Klägers als auch an einem Beweisantritt. Die Beklagte hat bestritten, dass die Ausstattung des Fahrzeugs mit Winterreifen vereinbart worden sei, ebenso, dass das beschädigte Fahrzeug des Klägers überhaupt mit Winterreifen ausgestattet gewesen sei.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Geschädigte nach § 249 Abs.2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf ( BGH VersR 2007, 516,517; VersR 2007,1144; VersR 2008, 699,700). Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfaligeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann.
Im vorliegenden Fall kann die Frage, ob ein Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich ist im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, offen bleiben, da die vom Kläger geltend gemachten Mietwagenkosten den Normaltarif nach der Schwacke-Liste 2007 nur unwesentlich überschreiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann diese Frage unter anderem dann offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Scha-denminderungspflicht zugemutet werden kann (BGH VersR 2006, 564,565; VersR 2007, 515,516, NJW 2008, 2910,2911). Nach Auffassung der Kammer kommt es auch in den Fällen nicht auf die Erforderlichkeit eines Unfallersatztar’ffes an, in denen der abgerechnete „Unfallersatztarif‘ in etwa dem Normaltarif entspricht, wobei die Kammer in Fortführung ihrer Rechtsprechung Im konkreten Fall auf die Schwacke-Liste zurückgreift (wird ausgeführt). Bei einer Anmietung Anfang 2008 ist die Schwacke-Liste 2007 anzuwenden.
Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass der Kläger grundsätzlich verpflichtet gewesen ist, da bei der Anmietung keine Bf- und Notsituation vorhanden gewesen ist – die Anmietung erfolgte erst am folgenden Tag -, sich nach ortsüblichen Preisen zu erkundigen. Dass der Kläger dieser Erkundigungspflicht nicht nachgekommen ist, wirkt sich im vorliegenden Fall jedoch nicht aus, da der dem Kläger in Rechnung gestellte Betrag nur unwesentlich über dem Normaltarif nach Schwacke 2007 liegt. Die Kammer geht hierbei im PLZ Gebiet 751 (Anmieteort P.) bei einem Fahrzeug der Klasse 4 von folgender Vergleichsberechnung aus:
2 x Wochenpreis im Modus (EUR 495,00) 990,00 EUR
1 x 3-Tages-Pausehale 270,00 EUR
1 x Tagespauschale 90,00 EUR
gesamt 1.350,00 EUR
abzgl. 5% Eigenerspamis 67,50 EUR
Zwischensumme 1.262,50 EUR
Vollkasko (2 x 132,00, 66,00, 22,00) 352,00 EUR
Mietwagenkosten 1.634,50 EUR
Die Abweichung der dem Klager in Rechung gestellten Mietwagenkosten von EUR 1.702,35 zu den nach der Schwacke-Liste 2007 zu erstattenden EUR 1.634,50 liegt im vorliegenden Fall in einem Bereich, in welchem sich nach Auffassung der Kammer die unterlassene Erkundigungspflicht des Klägers nach günstigeren Tarifen nicht auswirkt bzw. vernachlässigt werden kann. Bei einer Abweichung von nur wenigen Prozenten kann einem Geschädigten eine Verletzung seiner Schadengeringhaltungs- bzw. Schadenminderungspflicht nicht vorgeworfen werden. Eine Erkundigungspflicht wird dann angenommen, wenn ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Mensch unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebotes zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten gewesen wäre. Dies ist dann der Fall, wenn er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen (Unfallersatz)Tarifs haben muss, die sich insbesondere aus dessen Höhe ergeben können (BGH Urteil vom 20.03.2007, VI ZR 254/05, Rn.12). Im vorliegenden Fall ist die Abweichung des angebotenen Tarifs vom Normaltarif nicht in einem Bereich, der es erforderlich gemacht hätte, nach günstigeren Tarifen nachzufragen. Bei der hypothetischen Prüfung, weiche Tarife einem Geschädigten bei einer entsprechenden Nachfrage nach günstigeren Tarifen genannt worden wären, legt die Kammer in ständiger Rechtsprechung die angegebenen Preise in den jeweiligen Schwacke-Listen zugrunde.
2. Die Höhe des ortsüblichen Normaltarifs ist im vorliegenden Fall gemäß § 287 ZPO unter Anwendung des Schwacke-Mietpreisspiegels zu bestimmen. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung der Kammer und wurde auch vom Bundesgerichtshof nicht beanstandet (BGH VersR 2006, 986,987; BGH Urteil vom 12.06.2007, VI ZR 161/06). Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden, bedarf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH Urteil vom 11.03.2008, VI ZR 164/07). Solche konkreten Mängel hat die Beklagte nicht dargelegt.
Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus der nunmehr vorliegenden Fraunhofer-Liste. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, dass diese Liste eine bessere und geeignetere Schätzgrundlage darstellt, Intemetrecherchen können nach Auffassung der Kammer zumindest derzeit von einem Geschädigten noch nicht erwartet werden. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass Internet in gleicher Weise verbreitet ist wie die Verfügbarkeit eines Telefons. Darüber hinaus ist einem Geschädigten nicht zumutbar über Internet einen Mietwagen anzumieten. Soweit in der Fraunhofer-Liste auch telefonische Auskünfte üblicher Mietwagenpreise erhoben worden sind, sind die Bereiche (nur einstelliger Postleitzahlenbezirk) zu groß und weisen dementsprechend auch zu große Unterschiede aus. Dass es je nach Stadt bzw. Stadtkreis deutliche Unterschiede ergibt, ist gerichtsbekannt, dies zeigen im Übrigen auch die Schwacke-Mietpreisspiegel 2003, 2006 und 2007. Insbesondere in Großstädten und in ländlichen Gebieten sind die Preise nicht ohne weiteres vergleichbar.
Soweit das LG Karlsruhe.