Mit Urteil vom 25.04.2008 (14 S 98/07) hat das LG Koblenz auf die Berufung der Klägerin die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer, über das erstinstanzliche Urteil des AG Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 14.03.2007 (3 C 959/06) hinausgehende Verurteilung zur Zahlung in Höhe von 611,71 €, 882,29 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klägerin betreibt eine Autovermietung und macht gegen die Beklagte rückständige Mietzinsansprüche für die Überlassung eines Mietwagens geltend, die ihr von einem Mieter eines PKW nach einem Unfallgeschehen abgetreten wurden.
Die Beklagte ist die Haftpflichtversicherung des zu 100% einstandspflichtigen Unfallgegners. Der abgetretene Schadensersatzanspruch wird von der Klägerin auf insgesamt 2.658,00 EUR inkl. MwSt. beziffert. Die Beklagte leistete eine Zahlung in Höhe von 1.174,00 EUR, was nach ihrer Ansicht mehr als der erforderliche Betrag von 1.055,00 EUR zur Anmietung eines Ersatzfahrzeugs darstellt. Der Restbetrag wird mit der Klage eingefordert.
Das Amtsgericht hat der Klägerin den geltend gemachten Zahlungsanspruch in Höhe von 611,71 EUR zuerkannt und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten Berufung, mit der sie die Differenz ihres erstinstanzlichen Klagebegehrens in Höhe von 882,29 EUR weiterverfolgt.
Mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten Anschlussberufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung in vollem Umfang weiter.
II.
Die Berufung ist begründet, die Anschlussberufung ist unbegründet.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagte gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 3 PflVG, 249, 398 BGB ein Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten in vollem Umfang zu. Die Klägerin kann von der Beklagten insoweit die Zahlung von weiteren 882,29 EUR als Schadensersatz nach § 249 BGB verlangen. Die von ihr geltend gemachten Mietwagenkosten waren erforderlich.
Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Geschädigte nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen. Dies bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt nicht nur für Unfallgeschädigte erhältlichen Tarifen die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann(vgl. BGH NJW 2006, 2107).
Nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zunächst der objektiv erforderliche Herstellungsaufwand zu ermitteln und ggf. zu prüfen, ob über das objektiv erforderliche Maß hinaus ein Geschädigter im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung einen übersteigenden Betrag ersetzt verlangen kann.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gelangt die Kammer – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts – zu dem Ergebnis, dass der geltend gemachte Mietzinsanspruch das erforderliche Maß nicht überschreitet.
Auszugehen ist zunächst von einem Vergleich des Abgerechneten Tarifs der Klägerin mit sonstigen „Normaltarifen“. Im Rahmen der Ausübung tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO kann der „Normaltarif“ auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Automietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet der Klägerin geschätzt werden. Einen vergleichbaren „Normaltarif“ hat die Klägerin auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.11.2006 ermittelt. Dabei ist nach Auffassung der Kammer zutreffend der Normaltarif im gewichteten Mittel (1.932,00 EUR) und der Höchstbetrag des Normaltarifs (2.690,40 EUR) als Maßstab zur Ermittlung angenommen worden. Ausgehend von diesen Beträgen liegen die geltend gemachten Mietwagenkosten im Rahmen des Normaltarifs nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel.
Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte der Geschädigte den Mietwagen zu den Eintagespreisen anmieten. Er war nicht gehalten, Pauschaltarife in Anspruch zu nehmen. Selbst wenn aufgrund dieser Argumentation sich der objektiv erforderliche Mietzins reduzieren würde, wäre die Klägerin aufgrund der gebotenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung berechtigt, den weitergehenden Schaden ersetzt zu verlangen. Der Geschädigte muss darlegen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen kein wesentlich günstigerer Tarif auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt zugänglich war. Für die Frage der Erkennbarkeit der Tarifunterschiede für den Geschädigten kommt es insbesondere darauf an, ob ein vernünftiger wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten gewesen wäre. Dies ist der Fall, wenn er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Tarifs haben muss, die sich insbesondere aus dessen Höhe ergeben können. Dabei kann es je nach Lage des Einzelfalles auch erforderlich sein, sich nach anderen Tarifen zu erkundigen und ggf. ein oder zwei Konkurrenzangebote einzuholen. In diesem Zusammenhang spielt es eine Rolle, wie schnell der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug benötigt.
Das war hier nicht der Fall.
Zum Unfallzeitpunkt war nicht abzusehen. welchen Zeitraum die Reparatur seines Fahrzeugs in Anspruch nehmen würde. Entscheidend für eine erstattungsfähige Ausfalldauer ist, ab wann der Geschädigte dies hätte beurteilen können. Da dem Geschädigten dies zum Unfallzeitpunkt nicht möglich war, war er zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses gehindert, ggf. günstigere Wochentarife zu vereinbaren. Es kann auch nicht zum Nachteil eines Mieters gereichen, wenn sich erst im nachträglich herausstellt, dass der Nutzungszeitraum des angemieteten Fahrzeugs zehn Tage andauert. Der Geschädigte war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags auch nicht gehalten, von sich aus alternative Angebote sonstiger Vermieter einzuholen. Die Dauer der Anmietung war unklar. Der PKW wurde am Unfalltag angemietet. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass der Geschädigte sich auf der Heimreise aus dem Urlaub befand. Er führte einen Wohnwagen mit, so dass er so schnell wie möglich ein Ersatzfahrzeug benötigte; auch um den Wohnwagen aus der Unfallstelle fortzuschaffen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Geschädigten auf Nachfrage ein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich gewesen wäre. Wie bereits ausgeführt, hielt sich der berechnete Tarif der Klägerin im Rahmen der auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Normaltarife. Zur Einholung von Alternativangeboten bestand hier keine Veranlassung. Vor diesem Hintergrund bestehen für die Kammer keine Zweifel, dass dem Geschädigten unter Berücksichtigung seiner subjektiven Möglichkeiten kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war.
Soweit die Beklagte einwendet, durch Nutzung des Mietwagens würde der Geschädigte die Abnutzung des eigenen Fahrzeugs vermeiden und hierfür einen Abzug ersparter Aufwendungen in Höhe von 20 % vornehmen möchte, so vermag die Kammer diesem Vortrag nicht zu folgen. Mietet der Geschädigte ein einfacheres Fahrzeug, dann entfällt der Ersparniszuschlag, da es der Billigkeit widersprechen würde, denn dadurch würde der Geschädigte unzumutbar belastet und der Schädiger unbillig begünstigt [Palandt, 66.A., § 249 Rdnr. 32]. So liegt der Fall hier. Der Geschädigte hat ausweislich der Rechnung der Klägerin vom 29.08.2006 ein Fahrzeug der Kategorie 8 angemietet und nicht eins, das der gleichen Gruppe des Unfallwagens (Kategorie 9) angehörte.
Der Geschädigte durfte auch entgegen der Ansicht der Beklagten ein Fahrzeug mitsamt Anhängerkupplung anmieten. Er befand sich auf der Rückreise aus dem Urlaub und führte eine Wohnwagen mit. Infolge der Beschädigung seines Fahrzeugs benötigte er entsprechend ein Fahrzeug, welches eine Anhängerkupplung enthielt, um den Wohnwagen von der Unfallstelle fortzuschaffen. Der Geschädigte durfte den Wohnwagen auch nach Hause fahren und war nicht dazu angehalten, den Wohnwagen bei der Werkstatt unterzubringen, die die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs durchführte. Selbst wenn der Geschädigte seinen Wohnwagen dort abgestellt hätte, so hätte die Beklagte für die Kosten der Unterstellung aufkommen müssen, die möglicherweise höher ausgefallen wären als die in Ansatz gebrachten 9 EUR für die Anhängerkupplung.
Auch der Einwand der Beklagten, die Haftungsbefreiung sei nur zu 50 % zu berücksichtigen, da das eigene Fahrzeug des Geschädigten nicht vollkaskoversichert war, greift nicht durch. Bei den Kosten für eine Teil- bzw. Vollkaskoversicherung handelt es sich nach der Nebenkostentabelle zum Schwacke-Automietpreisspiegel um zu berücksichtigende Nebenkosten, die bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs grundsätzlich erstattungsfähig sind. Unabhängig davon, ob das bei dem Verkehrsunfall beschädigte Fahrzeug ebenfalls volloder teilkaskoversichert war, bestehet jedenfalls grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse der Kunden, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen – so wie hier – in der Regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge [vgl. BGH NJW 2005, 1041].
Hinsichtlich der weitergehenden Zinsforderung macht sich die Kammer die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts zu eigen mit der Folge, dass die weitergehende Forderung abzuweisen war. Im übrigen wurde die abgewiesen Zinsforderung auch nicht weiter mit der Berufung angegriffen.
Die Unbegründetheit der Anschlussberufung der Beklagten ergibt sich insoweit aus den obigen Ausführungen.
Der Anspruch über die Nebenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1, 708, 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für die Berufung die Anschlussberufung auf insgesamt 1.494,00 EUR (Berufung: 882,29 EUR, Anschlussberufung 611,71 EUR) festgesetzt.