Mit Urteil vom 14.05.2009 (14 S 6/08) hat das LG Koblenz in der Berufung der beteiligten Versicherung gegen ein Urteil des AG Linz, mit dem diese zur Zahlung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 1.205,00 € zzgl. Zinsen verurteilt wurde, vollständig zurückgewiesen. Das Gericht bestätigte die Anwendung der Schwacke-Liste und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle sowie der Zinnschen Erhebung ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der von dem Amtsgericht Linz am Rhein zuerkannte Betrag entspricht dem gemäß § 249 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Geldbetrag, den die Klägerin aus abgetretenem Recht als Schadensersatz verlangen kann. Bei den geltend gemachten Mietwagenkosten handelt es sich um Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte.
Für die Beurteilung der Erforderlichkeit ist zunächst der objektiv erforderliche Aufwand zu ermitteln, wobei ein Vergleich mit dem üblichen „Normaltarif“ vorzunehmen ist. Es begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass das Amtsgericht im vorliegenden Fall von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgesehen und den „Normaltarif“ anhand des gewichteten Mittels des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ ermittelt hat.
Vielmehr bewegte es sich damit im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO. Zwar darf die Schadenshöhe nicht aufgrund falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und wesentliche, entscheidungserhebliche Tatsachen dürfen nicht außer Betracht bleiben. Es ist jedoch nicht Aufgabe des jeweiligen Tatrichters, allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind Einwendungen gegen die Grundlage der Schadensbemessung nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind; wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken.
Bereits im Hinweisbeschluss vom 05.02.2009 hat die Kammer darauf hingewiesen, dass sie den bis dahin gehaltenen Vortrag der Beklagten als nicht ausreichend ansieht, um Zweifel an der Geeignetheit der „Schwacke-Liste“ als Schätzgrundlage im konkreten Fall zu begründen, da der erforderliche Bezug zum Einzelfall nicht hergstelit sei.
An dieser Ansicht der Kammer vermochte auch der nachfolgende Vortrag der Beklagte nichts zu ändern. Die Beklagte hat verschiedene methodische Mängel der Erhebung von Schwacke vorgetragen. So beispielsweise, dass Fehlen des Korrektivs der Nachfrage, die von der Preisentwicklung des Verbraucherindex im Bereich Verkehr abweichende Preisentwicklung und die fehlende Anonymität. Zudem hat sie Werte aus den Erhebungen von Dr. Zinn sowie des Fraunhofer Instituts benannt, die unterhalb der sich aus der „Schwacke-Liste“ ergebenden Werte liegen.
Damit hat sie jedoch nicht mit konkreten Tatsachen aufgezeigt, dass sich die behaupteten methodischen Mängel der „Schwacke-Erhebung“ auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hebt deutlich hervor, dass ein Einzelfallbezug hergestellt werde muss und allgemein gehaltene Angriffe auf eine Schätzgrundlage gerade nicht ausreichen. Die Geeignetheit einer Schätzgrundlage wird zudem nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass abweichende Ergebnisse anderer Erhebungen vorgetragen werden. Dem Erfordernis des konkreten Einzelfallbezugs wird der Vortrag der Beklagten vorliegend nicht gerecht. Ihr Vorbringen – die Geltendmachung methodischer Mängel und abweichender Ergebnisse anderer Erhebungen – ist nicht geeignet, anhand konkreter Tatsachen darzulegen, wie sich die behaupteten Mängel auf den zu entscheidenden Fall auswirken sollen, vielmehr könnte der von der Beklagten gehaltene Vortrag in jedem anderen Fall, in dem es um die Erforderlichkeit der Mietwagenkosten geht, gleichermaßen angebracht werden. Weder das Behaupten der verschiedenen methodischen Schwächen der „Schwacke-Erhebung“ noch die Darstellung abweichender Werte anderer Untersuchungen stehen in einem konkreten Bezug zu dem vorliegenden Fall. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte beides kombiniert vorträgt Auch die Ergebnisse der anderen Erhebungen stellen keine konkreten Tatsachen dar, die geeignet sind, aufzuzeigen, wie sich die behaupteten Mängel auf den zu entscheidenden Fall auswirken.
Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass Sinn des § 287 ZPO ist, durch Heranziehung einer Schätzgrundlage eine umfassende Beweisaufnahme für jeden Einzelfall zu vermeiden. Auch deshalb ist der „Schwacke-Mietpreisspieger in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof trotz unvermeidbarer Ungenauigkeiten, die durch das Wesen einer Schätzung bedingt sind, als Schätzgrundlage grundsätzlich anerkannt. Würde der Vortrag der Beklagten, der sich für jeden anderen Fall gleichermaßen halten lässt, dazu führen, dass die Schätzgrundlage einer Überprüfung unterzogen und eine umfassende Beweisaufnahme durchgeführt werden muss, so würde § 287 ZPO für sämtliche Fälle streitiger Mietwagenkosten seine Bedeutung verlieren. Durch Vornahme weiterer Erhebung könnten zudem immer neue abweichende Ergebnisse präsentiert werden. Würde dies dann jeweils dazu führen, dass die bisher angewandte Schätzgrundlage zu überprüfen ist, so würde es nahzu unmöglich, eine geeignete Schätzgrundlage ausfindig zu machen.
Auch der seitens des Amtsgerichts vorgenommene pauschale Aufschlag von 20 % wurde der Klägerin zu Recht zugesprochen.
Nach Auffassung der Kammer ist ein solcher zwar nicht bei jedem Unfallgeschehen immer vorzunehmen. Sind jedoch unfallbedingte Leistungen erbracht worden, so müssen deren Kosten nicht im einzelnen nachvollzogen werden, sondern ihnen kann durch einen pauschalen Aufschlag, der nach § 287 ZPO der Schätzung des Tatrichters unterliegt, Rechnung getragen werden. Werden unfallspezifische Leistungen konkret dargelegt und gegebenenfalls bewiesen, so ist dies geeignet, einen pauschalen Aufschlag zu rechtfertigen.
Die Klägerin hat zur Erläuterung der unfallspezifischen Leistungen folgende Kosten und Risiken angeführt: Vorfinanzierung, Bonitäts-, Forderungsausfall-, Rechts beratungs-, Laufleistungsrisiko, Differenz zwischen Selbstbeteiligung des Vermieters und des Kunden, Umsatzsteuervorfinanzierung, Erfordenis eines Notdienstes, erhöhter Verwaltungsaufwand und Fahrzeugvorhaltung.
Zudem hat sie für beide Schadensfälle konkret vorgetragen, dass und welche unfallspezifischen Mehrleistungen erbracht worden sind. So wurde in beiden Fällen der Mietzins vorfinanziert und auf eine Bonitätsprüfung sowie die Sicherheitsleistung durch Vorlage einer Kreditkarte verzichtet. Darüberhinaus hat die Klägerin einen erhöhten Verwaltungsaufwand aufgrund des erhöhten Informationsbedürfnisses, der erfolgten Abtretung und der Prüfung der Angaben durch Anschreiben der betroffenen Versicherung, vorliegend der Beklagten, dargelegt. Im Fall K., in dem die Anmietung einen Tag nach dem Unfall erfolgte, kam zudem zum Tragen, dass die Anmietung nach Unfällen typischerweise kurzfristig erfolgt und somit mangels Planbarkeit ein entsprechender Fuhrpark vorgehalten werden muss. Damit ist sie ihrer Darlegungslast im Hinblick auf den Anfall unfallbedingter Mehraufwendungen hinreichend nachgekommen. Die seitens der Beklagten gegen diese Ausführungen vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. Inbesondere moniert die Beklagte, dass die genannten Risiken und Kosten teilweise doppelt angeführt sind. Die Angemessenheit eines pauschalen Aufschlages ist jedoch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zufolge gerade unabhängig davon, in welchem Umfang im konkreten Fall unfallspezifische Leistungen erbracht wurden. Entscheidend ist, dass überhaupt unfallbedingte Mehrleistungen erbracht worden sind. Dies ist vorliegend der Fall. Der gemäß § 287 ZPO vorgenommene Aufschlag von 20 % ist auch der Höhe nach zur Bemessung des durchschnittlichen Wertes der Mehrleistungen angemessen und ausreichend.
Auf die Zugänglichkeit eines günstigeren Tarifs kam es vorliegend nicht an, da diese zweite, subjektive Stufe der Schadensbetrachtung erst dann anzustellen ist, wenn der in Anspruch genommene Tarif den erforderlichen Herstellungsaufwand übersteigt. Der mit dem amtsgerichtlichen Urteil zugesprochene Betrag liegt jedoch innerhalb der Grenzen des objektiv Erforderlichen.
Hinsichtlich der Kosten für Zustellen und Abholen, Kaskoversicherung, Zusatzfahrer und Winterreifen hat die Beklagte im Berufungsverfahren keine Enwendungen vorgetragen. Auch diesbezüglich begegnet die Schadensschätzung nach § 287 ZPO auf Grundlage des „Schwacke-Metpreisspiegel“ aus den oben dargelegten Erwägungen keinen Bedenken.
Soweit das LG Koblenz.