Mit Urteil vom 06.01.2009 (29 O 97/08) hat das LG Köln über Mietwagenkosten in insgesamt 21 Fällen entschieden und dem Autovermieter aus abgetretenem Recht einen Gesamtbetrag in Höhe von 16.219,32 € zzgl. Zinsen zugesprochen. Dabei hat das Gericht die Schwacke-Liste zu Grunde gelegt bei der Berechnung der Höhe der Mietwagenkosten. Die Fraunhofer Tabelle mußte – wieder mal – draußen bleiben, dies unter ausdrücklichem Hinweis auf die zT gegenteilige Rechtsprechung des OLG Köln.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Im Übrigen war sie abzuweisen.
Der Klägerin stehen restliche Schadensersatzansprüche im zuerkannten Umfang gem. §§ 7, 17 StVG, § 3 PflVG a.F. bzw. § 115 WG n.F., §§ 249 ff. BGB, § 287 ZPO i.V.m. §§ 535 Abs. 2, 398 BGB zu.
Die Klägerin hat im jeweiligen Schadensfall grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten auf der Grundlage der jeweiligen Pauschalen der Tarifart „Modus“ der gemieteten Fahrzeugklasse und des maßgeblichen PLZ-Gebiets nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 sowie auf Erstattung der insoweit angefallenen Nebenkosten.
Zum „erforderlichen“ Herstellungsaufwand im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB sind dem Grunde nach auch die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für die Dauer der Reparatur des Unfallfahrzeuges bzw. bis zur Ersatzbeschaffung zu zählen. Der Geschädigte kann hiernach Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Von mehreren erhältlichen Tarifen muss er sich dabei gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB auf den günstigeren verweisen lassen (vgl. BGH, NJW 2007, 3782 m.w.N.}. Als Mindestbetrag der zu ersetzenden Mietwagenkosten ist dabei grundsätzlich der am Markt übliche Normaltarif zu ersetzen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es zulässig, zu dessen Bestimmung in Ausübung tatrichterlichen Ermessens gem. § 287 ZPO auf den „Schwacke-Automietpreisspiege!“ als Schätzgrundlage zurückzugreifen. Geeigneter Anknüpfungspunkt hierfür ist der sog. gewichtete Normaltarif bzw. der Tarif „Modus“ für die Fahrzeugklasse und das jeweilige Postleitzahlengebiet des Geschädigten (vgl. nur BGH, NJW 2006, 2693; OLG Köln, NZV 2007, 199; LG Köln, Urt. v. 19.11.2008 – 9 S 171/08). Bei einer mehrtägigen Vermietung sind die entsprechenden Pauschalen heranzuziehen. Die jeweils berücksichtigungsfähige Reparaturdauer in den vorliegenden Schadensfällen hat die Beklagte unstreitig gestellt. Soweit die einzelnen Geschädigten vorsteuerabzugsberechtigt sind, ist jedoch nur der jeweilige Netto-Betrag anzusetzen. Ein Abzug wegen ersparter Eigenkosten ist angesichts der Anmietung einer jeweils kleineren Fahrzeugklasse nicht vorzunehmen.
Als Schätzgrundlage kann dabei auch der „Schwacke-Automietpreisspiegel für das Jahr 2006 herangezogen werden. Erhebliche Bedenken gegen dessen Richtigkeit, welche die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen zur Ermittlung des örtlich relevanten Marktpreises veranlassen würden, bestehen seitens des Gerichts letztlich nicht. Soweit die Beklagte die sog. Schwacke-Liste wegen einer fehlerhaften Erhebung der Daten für nicht anwendbar hält, dringt sie hiermit nicht durch. Zu berücksichtigen ist insoweit zunächst, dass die Schadensschätzung im Rahmen von § 287 ZPO dem Tatrichter ein besonders freies Ermessen einräumt (vgl. BGH, NJW 2008, 2910), wodurch auch dem Gesichtspunkt der Praktikabilität Rechnung getragen werden soll. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 2008, 1519; NJW-Spezial 2008, 713), der sich das Gericht anschließt, bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können (speziell der Schwacke-Liste), daher nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich geltend gemachte Mängel auf den zu entscheidenden Fall ausgewirkt haben. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Dass die Erhebung des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation mit dem Titel „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008″ zu anderen Ergebnissen gelangt und ihr deswegen der Vorzug zu geben sei, genügt aus Sicht des Gerichts in Kenntnis entgegengesetzter obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. OLG Köln, Urt. v. 10.10.2008 – 6 U 115/08; OLG München, Urt. v. 25.07.2008 – 10 U 2539/08; OLG Thüringen, Urt. v. 27.11.2008 – 1 U 555/07; aA aber bspw. LG Köln, Urt. v. 19.11.2008 – 9 S 171/08) allein nicht, um durchgreifende Zweifel an der Nutzbarkeit der Schwacke-Liste zu begründen. In zeitlicher Hinsicht ist dabei vorab zu berücksichtigen, dass der Mietpreisspiegel des Fraunhofer Instituts für die streitgegenständlichen Schadensfälle bis Februar 2008 bereits von vornherein weniger geeignet erscheint, weil die Befragung entsprechender Anbieter erst in der Zeit von Februar bis April 2008 stattfand. Des weiteren lässt sich aus Sicht des Gerichts keine derart überlegene Methodik der Fraunhofer-Erhebung feststellen, welche zugleich die Annahme einer mangelhaften Erhebung für den Schwacke-Mietpreisspiegel rechtfertigen könnte. Zwar wurde im Rahmen der Fraunhofer-Erhebung – anders als bei der Schwacke-Umfrage – eine anonymisierte Befragung von Mietwagenunternehmen durchgeführt Die Beklagte vermutet dabei aber bloß allgemein, dass die im Rahmen der Schwacke-Erhebung befragten Autovermieter bewusst ihre Preise „nach oben korrigiert“ hätten. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass der Schwacke-Mietpreisspiegel für das Jahr 2006 auf einer anderen Erhebungsmethodik beruht als der höchstrichterlich bereits gebilligte Mietpreisspiegel für das Jahr 2003 (vgl. insoweit auch OLG Köln, Urt. v. 18.03.2008 -15 U 145/07, OLGR 2008, 545). Umgekehrt erscheint aus Sicht des Gerichts die Wiedergabe von Preisen mit einer Vorbuchungsfrist von einer Woche durch das Fraunhofer Institut kaum geeignet, das typische Anmietungsszenario nach einer Unfallstation wiederzuspiegeln. Zudem wird in der Fraunhofer-Erhebung lediglich der Marktpreis für ein großflächigeres Gebiet mit zwei Postleitzahlen angegeben. Die Schwacke-Liste erscheint aufgrund der engmaschigeren Einteilung und der damit einhergehenden Differenzierung zwischen großstädtischen und ländlicheren Gebieten eher geeignet, den Normaltarif für den „örtlich“ relevanten Markt abzubilden.
Ein höherer Betrag als der auf dieser Grundlage ermittelte Normaltarif ist als sog. „Unfallersatztarif“ demgegenüber nur ersatzfähig, wenn die Besonderheiten der Unfallsituation (Notwendige Vorfinanzierung; Ausfallrisiko wegen falscher Bewertung der Unfallanteile; Fahrzeugvorhaltung; Notdiensteinrichtung; erhöhtes Beschädigungs- und Unterschlagungsrisiko bei Kfz ohne Kreditkartensicherheit; erhöhter Verwaltungsaufwand etc.) einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranJasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (z.B. BGH, NJW 2005, 51; NJW 2005, 1933; NJW 2006, 2621). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Beurteilung der Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots bei Inanspruchnahme des Unfallersatztarifs freilich eine generelle Betrachtung geboten und nicht auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Ob und in welcher Höhe unfallbedingte Zusatzleistungen des Vermieters höhere Mietwagenkosten rechtfertigen, ist insoweit ebenfalls gem. §287 ZPO zu schätzen, wobei regelmäßig ein pauschaler Aufschlag in Höhe von 20 % angemessen und ausreichend ist (vgl. OLG Köln, NZV 2007, 199 <201>). Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung an, dass im Unfallersatzgeschäft generell ein höherer Mietwagenpreis anzusetzen ist und ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif gerechtfertigt erscheint, ohne dass es der Darlegung konkreter Mehrleistungen für jeden Einzelfall bedarf (ebenso LG Köln, Urt. v. 19.11.2008 – 9 S 171/08; OLG Köln, NZV 2007, 199 <201>). Im Rahmen des §287 ZPO kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein bzw. bei Unternehmen dieser Art einen Aufschlag rechtfertigen, so dass die „erforderlichen“ Mietwagenkosten anhand objektiver Kriterien ermittelt werden können (vgl. BGH, NJW 2008, 2910; NZV 2008, 23, wonach es keine Rolle spiele, ob der Geschädigte außer der Vorfinanzierung der Mietwagenkosten weitere unfallbedingte Mehrleistungen in Anspruch genommen habe).
Über diesen pauschalen Aufschlag hinausgehende erforderliche Kosten hat die Klägerin demgegenüber nicht dargelegt.
Zusätzlich sind freilich die sog. „Nebenkosten“ zu berücksichtigen. Diese sind nach der Nebenkostentabelle zum Schwacke-Automtetpreisspiegel neben dem Normaltarif ohne Aufschlag (vgl. OLG Köln, NZV 2007, 199 <201>) erstattungsfähig. Dass insbesondere die Zusatzleistung „Zustellen/Abholen* jeweils erfolgte, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.12.200S schließlich ebenfalls unstreitig gestellt.
In den Schadenfällen Nrn. 8, 17, 18 und 20 muss sich die Klägerin allerdings die von der Beklagten dargelegte Möglichkeit für die Geschädigten, ein günstigeres Ersatzfahrzeug anzumieten, gem. § 254 Abs. 2 BGB entgegenhalten lassen. Zwar verstößt der Geschädigte als Herr des Restitutionsverfahrens prinzipiell nicht gegen seine Schadensminderungspflicht, wenn die Ersatzwagenmiete dem Schwacke-Normaltarif entspricht. Ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten darf diese nach den vorgenannten Grundsätzen für zweckmäßig und notwendig halten. Vorliegend ist jedoch unstreitig geblieben, dass den Geschädigten in den vorgenannten Schadenfällen ein ohne weiteres zugängliches Ersatzangebot gemacht wurde. Hierauf muss sich die Klägerin verweisen lassen (vgl, BGH, NJW 2006, 1508; NJW 2008, 2910; NZV 2008, 23; vgl. auch BGH, NJW 2003, 2086 – „Porsche“). Der Vortrag der Beklagten ist insoweit als zugestanden anzusehen, § 138 Abs. 3 ZPO. Die in dem Schriftsatz vom 24.11.2008 enthaltene Erklärung, dass zu dem entsprechenden Vortrag der Beklagten eine konkrete Erwiderung nicht möglich sei, kann nicht als ausdrückliches Bestreiten angesehen werden. Ebenso wenig wurde das Beklagtenvorbringen konkludent bestritten, weil auf den entsprechenden Hinweis im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.11.2008 eine Klarstellung des eigenen Vortrages nicht erfolgte. Ein Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften liegt aus Sicht des Gerichts nicht vor. Dass die Entscheidungsfreiheit der jeweiligen Geschädigten durch die Hinweise auf günstigere Altemativangebote nicht mehr hinnehmbar gesteuert wurde, ist nicht ersichtlich (vgl. auch OLG Hamburg, VersR 1997, 1549).
Schließlich wird der ersatzfähige Aufwand aufgrund des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots durch die tatsächlich gezahlten Mietwagenkosten nach oben begrenzt.
Ausgehend hiervon stellt sich der erstattungsfähige Aufwand in Euro wie folgt dar:
Fall-Nr, |
Schwacke AMP 2006 | Zuschlag 20% |
Nebenkosten |
Summe |
Berechnet |
Zahlung |
Rostanspruch |
1 |
66,00 |
13,20 |
86,00 |
167,20 |
152,35 |
45,00 |
107,35 |
2 |
990,00 |
198,00 |
594,00 |
1.782,00 |
1.928,66 |
737,10 |
1.044,90 |
3 |
1.055,62 |
211,12 |
320,00 |
1.586,74 |
1.739,94 |
1.007,13 |
579,61 |
4 | 790,52 netto |
158,10 |
300,13 netto |
1.248,75 |
1.517,28 |
684,03 |
564,72 |
5 |
425,00 |
85,00 |
140,00 |
650,00 |
654,00 |
277,28 |
372,72 |
6 |
1.393,13 |
278,63 |
1.133,00 |
2.804,76 |
2.825,19 |
1492,22 |
1.312,54 |
7 |
1958,20 |
391,64 |
835,00 |
3.184,84 |
3.058,96 |
1.026,74 |
2.032,32 |
8 |
361,00 |
72,20 |
198,00 |
631,20 |
524,11 |
204,00 |
0, konkrete Verweisung |
9 |
440,10 |
88,02 |
335,00 |
863,12 |
889,98 |
812,45 |
50,67 |
10 |
115,00 |
23,00 |
91,00 |
229,00 |
212,86 |
172,00 |
40,86 |
11 |
2.079,00 |
415,80 |
1.442,00 |
3.936,80 |
3.893,82 |
701,80 |
3.192,02 |
12 |
632,95 |
126,59 |
374,00 |
1.133,54 |
1.185,45 |
486,51 |
647,03 |
13 | 1.173,53 netto |
234,71 |
383,19 netto |
1.791,43 |
1.796,59 |
1.251,30 |
540,13 |
14 |
255,00 |
51,00 |
164,00 |
470,00 |
445.76 |
334,00 |
111,76 |
15 |
1.804,92 |
360,98 |
492,00 |
2.657,90 |
2.768,08 |
1.805,34 |
852,56 |
16 |
2.180,99 |
436,20 |
677,00 |
3.294,19 |
3.614,36 |
925,72 |
2.368,47 |
17 |
236,98 |
47,40 |
164,00 |
446,38 |
445,76 |
114,00 |
0, konkrete Verweisung |
18 |
236,98 |
47,40 |
104,00 |
388,38 |
408,81 |
105,00 |
0, konkrete Verweisung |
19 |
246,21 |
49,24 |
176,00 |
471,45 |
481,14 |
171,00 |
300,45 |
20 |
178,50 |
35,70 |
94,00 |
308,20 |
333,42 |
120,00 |
0, konkrete Verweisung |
21 |
1.649,58 |
329,92 |
468,00 |
2.447,50 |
2.908,44 |
346,29 |
2.101,21 |
Gesamt |
16.219,32 |
Soweit das LG Köln.
Hallo,
ist bekannt gegen welche Versicherungsgesellschaft/en es hier ging???
Wäre interessant zu wissen……
Es stellt sich hier wieder einmal sicherlich einmal die Frage, ob die konkrete Verweisung nicht wettbewerbswidrig ist.
Grüße
Andreas
Hallo Herr Hentschel,
leider nein …..