Mit Urteil vom 12.02.2008 (2 S 168/07) hat das LG Mühlhausen auf die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG Mühlhausen vom 02.10.2007 (3 C 240/06) dieses abgeändert und die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 650,42 € zzgl. Zinsen sowie weiterer vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung ist auch begründet.
Aufgrund des Verkehrsunfalls vom xx. xx.05 ist die Beklagte gemäß § 7 Abs. 1 StVG i. V. m. § 3 PflVG verpflichtet, dem Kläger auch die restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 650,42 Euro nebst Zinsen sowie die außergerichtlichen Kosten zu ersetzen.
Grundsätzlich kann der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten verlangen. Zur Herstellung erforderlich sind diejenigen Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte muss im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung wählen (BGH, Urt. v. 13. 6. 2006 – VI ZR 161/05).
Das bedeutet, er kann von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen. Die bloße Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zum Unfallersatztarif bedeutet aber noch keinen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil er auf Leistungen des Vermieters beruht, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung erforderlich sind (BGH, a. a. O.).
Grundsätzlich muss daher geprüft werden, ob ein vom Geschädigten beanspruchter Unfallersatztarif auf Grund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich i. S. d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist (objektbezogene Schadensbetrachtung). Dieser Prüfung bedarf es aber nicht, wenn feststeht, dass dem Geschädigten jedenfalls ein günstigerer Normaltarif bekannt und in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm die kostengünstigere Anmietung eines entsprechenden Fahrzeuges unter dem Gesichtspunkt der ihn gem. § 254 BGB treffenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden kann (BGH, Urt. v. 4. 7. 2006 –VI ZR 237/05). Die Prüfung ist auch dann entbehrlich, wenn feststeht, dass dem Geschädigten die Anmietung zum „Normaltarif“ nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist. Der Geschädigte kann dann den den Normaltarif übersteigenden Betrag im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung verlangen, auch wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt wäre (BGH, a. a. O.; bestätigt von BGH, Urt. V. 30. 1. 2007/ VI ZR 99/06).
Dabei beschreibt der BGH den Normaltarif, wie er ihn verwendet wissen will, dahin, dass jedenfalls „Normaltarif“ nicht der Tarif sein solle, der dem Unfallgeschädigten in seiner besonderen Situation angeboten werde, sondern derjenige, der dem Selbstzahler normalerweise angeboten und der unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet werde. In Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO könne der Tatrichter den „Normaltarif“ auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ im Postleitzahlengebiet des Geschädigten – gegebenenfalls mit sachverständiger Beratung -ermitteln (BGH, Urt. v. 30. 1. 2007 a. a. O.).
Der Geschädigte muss darlegen und erforderlichenfalls beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen kein wesentlich günstigerer Tarif auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – zugänglich war. Für die Frage der Erkennbarkeit der Tarifunterschiede für den Geschädigten kommt es insbesondere darauf an, ob ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebotes zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten gewesen wäre. Dies ist der Fall, wenn er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Unfallersatztarifs haben muss, die sich insbesondere aus dessen Höhe ergeben können. Dabei kann es je nach Lage des Einzelfalles auch erforderlich sein, sich nach anderen Tarifen zu erkundigen und ggf. ein oder zwei Konkurrenzangebote einzuholen. In diesem Zusammenhang kann es eine Rolle spielen, wie schnell der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug benötigt. Allein das allgemeine Vertrauen darauf, der ihm vom Autovermieter angebotene Tarif sei „auf seine speziellen Bedürfnisse zugeschnitten“, rechtfertigt es dagegen nicht, zu Lasten des Schädigers und seines Haftpflichtversicherers ungerechtfertigt überhöhte und nicht durch unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters gedeckte Unfallersatztarife zu akzeptieren. An die Überzeugungsbildung des Tatrichters sind auch in diesem Punkt die Anforderungen zu stellen, die für anspruchsbegründende Tatsachen gelten. Denn kann der Geschädigte nach § 249 BGB grundsätzlich nur den zur Herstellung „erforderlichen“ Betrag verlangen, so gilt dies erst recht für die ausnahmsweise Ersatzfähigkeit an sich nicht erforderlicher Aufwendungen wegen der Nichtzugänglichkeit eines günstigeren Normaltarifs (BGH, Urt. v. 30. 1. 2007 a. a. O.).
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hat der Kläger nicht gegen seine Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) verstoßen. Zum einen ist der Geschädigte nicht verpflichtet, innerhalb eines so weiten Bereiches Recherchen anzustellen und zum anderen wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, darzutun und ggf. zu beweisen, dass dort zu niedrigeren Konditionen hätte angemietet werden können. Für die Voraussetzungen einer Verletzung der Schadensminderungspflicht ist grundsätzlich die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig, den Kläger trifft eine sekundäre Darlegungslast. Insbesondere hat er die wohl ihm, nicht aber der Beklagten bekannten Umstände darzulegen, aus denen sich die Unzumutbarkeit schadensmindernder Maßnahmen ergibt (BGH, NJW 2007, 1676 (S. 1677). In diesem Sinne hat die Beklagte ihrer Darlegungslast nicht genügt. Mit ihrem Schriftsatz vom 05.01.07 hat sie lediglich die Behauptungen des Klägers aus dessen Schriftsatz vom 27.12.06 bestritten. Dort hatte er vorgetragen, dass er in den gelben Seiten für die Jahre 2005/2006 vier Firmen gefunden habe, die als Autovermieter in Frage kämen. Im Einzelnen ist dort vorgetragen worden, welche Firmen überhaupt noch am Markt waren und zu welchen Bedingungen ihm ein Wagen nach der Gruppe 6 angeboten worden wäre. Die Konditionen waren sämtlich ungünstiger als diejenigen, wie sie sich aus dem Mietvertrag vom 13.12.05 ergeben.
Da allein die Inanspruchnahme eines Unfallersatztarifs nicht gegen die Schadensminderungspflicht verstößt, kann der Kläger auch die restlichen Mietwagenkosten ersetzt verlangen.
Aus diesen Gründen steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Erstattung weiterer außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.
Da die Berufung somit begründet ist, war das angefochtene Urteil, wie geschehen, abzuändern.
Soweit das LG Mühlhausen.